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Silvester

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Es ist der 31. 12. und ungefähr acht Uhr abends. Wir wollen gerade losgehen und unsere Verabredung treffen. Ich gebe zu, es ist selten, viel zu selten dass wir ausgehen. Meine Frau geht gerne aus. Ich dagegen bin froh mal meine Ruhe zu genießen. Ich muß mir deshalb oft zynische Bemerkungen gefallen lassen. Manchmal geht sie auch mit ihren Freundinnen allein weg. Aber irgendwie kommt immer was dazwischen. So auch diesmal. Wir sind also in Hut und Mantel und da, da klingelt das Telephon. Das klingeln löst bei mir das übliche Magenkrampfen aus. Ich ahne nichts Gutes. Aber vielleicht ist es nur ein verfrühter Gruß zum neuen Jahr. Diesmal gebe nicht ich meiner Frau die schuld an dem störenden Anruf, sondern ich werde Opfer ihrer sarkastischen Bemerkungen. “Du wolltest ja sowieso nicht weg gehen. Bestimmt hast du dir eine Kuh bestellt” Etwas ärgerlich sage ich “ Ja eine mit einem ganz großen Euter.” Zwischenzeitlich hat das Telephon nicht aufgehört zu läuten und ich hebe ab. Nun erfahre ich, dass mein großer Nachbarkollege zwar Notdienst hat, aber in Warnemüde Sylvester feiert. Und eine Boxerhündin Schwierigkeiten bei der Geburt hat. Ich lamentiere über die laxe Dienstauffassung meines Kollegen und höre mich sagen: „Na dann kommen sie mal her.“ Meine Frau guckt, als hätte sie in eine Zitrone gebissen und zieht sich stampfend zurück. Ich ärgere mich. Über meine großzügige Zusage, meinen unzuverlässigen Kollegen und nicht zuletzt über meine Frau. Als es klingelt, steht sie dann aber in Arbeitssachen in der Praxis und sagt: “ Dann lass uns mal anfangen!” Die Boxerhündin gehört einer hübschen Krankenschwester aus unserem Krankenhaus. Sie heißt Corinna Schiffer. Ich kenne sie schon lange, aber nie war sie Patientin bei mir. Sie ging immer zu dem großen Kollegen, der immer der “Beste” ist. Heute hat sie ihren Freund mitgebracht. Er ist bestimmt zehn Jahre jünger als sie. Beide sind aufgeregt wie bei der eigenen Geburt. Nach den üblichen Begrüßungen und Entschuldigungen kann ich mich meiner Patientin widmen. Die Hündin presst in regelmäßigen abständen aber bisher ist kein Welpe geboren worden. Obgleich Corinna als Schwester in der Gynäkologischen Abteilung des Krankenhauses arbeitet, ist sie völlig hilflos. ich beginne mit der Untersuchung. Erstmal Ultraschall dann eine vaginale Exploration. Der erste Welpe liegt quer und versperrt den natürlichen Ausgang. Die Hündin muß auf den Tisch und ich versuche die Fehllage zu beheben. Mit viel Mühe und einer Unmenge von Verrenkungen und Flüchen gelingt es. Der erste Welpe ist da aber tot. Das war auch nicht anders zu erwarten. Das Ergebnis meiner Handlung befriedigt Corinna und Freund Thomas nicht. Da erscheint meine Frau mit frischem Kaffee. Ein Lichtblick. Ich hege die Hoffnung, dass die restlichen Welpen nun von allein auf die Welt kommen und genieße meinen Kaffee. Vielleicht können wir doch noch die Verabredung ein- halten. Wir kommen zwar zu spät, aber immerhin. Die wenigen Gastgeber rechnen nie damit, dass wir pünktlich kommen. Schließlich bin ich der Meinung, wenn der Tag noch stimmt, bin ich pünktlich!

Als der Kaffee alle ist, hat sich nichts weiter getan. Nicht mal der Hauch einer Wehe zeigt sich. Ich erinnere mich an ein berühmtes Zitat. Lass alle Hoffnung fahren... Die Hündin ist so geschafft von den vorangegangenen Strapazen, dass sie keine Kraft für weitere Wehen hat. Ich muß die Hündin stabilisieren und mit Oxitocin-Injektionen die restlichen Welpen ans Tageslicht befördern. Wobei Tageslicht irgendwie unpassend ist. Jeder einzelne Welpe benötigt seine eigene Oxitocin-Injektion. Als alle zwölf da sind, ist es zwölf Uhr. Wir haben allen Grund ein Fläschchen zu öffnen. Und so feiern wir Sylvester zu 17.. Irgendwie wurde es ganz lustig. Corinna ging später wieder zu dem anderen Tierarzt. Ich war ein bisschen verärgert. Zwischenzeitlich hat sie sich entschlossen, sogar ihr Pferd von mir behandeln zu lassen.

Erna geht zu Fuss

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