Читать книгу Island - Gefundene Einsamkeit, pures Abenteuer & ein Neuanfang - Dirk Haas - Страница 8
Kapitel 3 – Rechts oder Links herum Der Hafen von Seyðisfjörður
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Nachdem ich den Wecker auf 7 Uhr gestellt hatte, war ich schon richtig aufgeregt, Island auf dem Oberdeck zu sichten. Total überrascht war ich dann durch das, was sich da vor meinen Augen abspielte. Irritiert fragte ich einige andere Schaulustige auf Deck, ob wir erst vor Grönland Ankerlichten, bekam aber zur Antwort, dass Grönland nicht auf dem Fahrplan des Schiffes stehe und die Küste vor uns nur Island sein kann. Der Schock setzte sich ganz tief, denn was ich da vor mir sah, waren nur Eis- u. schneebedeckte Berge. Außerdem stellte sich zudem jetzt noch ein scharfer Wind ein, der die gefühlte -20°Grad Kältemarke locker unterbieten konnte. War April als Anreisezeit für Island nicht ein bisschen zu früh gewählt, quälte mich mein Entdeckergeist auf einmal. Ein Gefühl der Ernüchterung machte sich zunehmend in mir breit! Was aber hatte ich denn anderes erwartet? Karibik, Badestrände oder Sonnenbrand auf den Bahamas?! Wie der Name schon im englischen gesprochen „Iceland“ [Eisland], wurde Island dieser Bezeichnung aus der Ferne schon mal mehr als gerecht.
Als wir in Seyðisfjörður gegen 8 Uhr Anker lichteten, räumte ich mein Zimmer und verließ mit meinem Wohnmobil 3 Stunden später als letzter Passagier, das Fahrzeugdeck. Die Räumung der Kleinfahrzeuge auf den Zwischendecks war die Voraussetzung für das Ausfahren der größeren Fahrzeuge, wie mein Wohnmobil. Wieder jedoch setzte ich bei der Abfahrt mit meinem Heckträger an der Rampe auf. Auf meine Beschwerde hin versprach man mir, auf der Rückfahrt einen Platz auf Deck 3 anstatt Deck 4 zu organisieren. So richtig glauben wollte ich das nicht, da mir ja schon bei den Telefonaten vor Buchung der Fähre von Smyril Line versichert wurde, auf das Schiff lediglich ebenerdig auffahren zu können. Auch, dass ich 30cm neben dem Aufzug parken musste, hinterließen auf der Seite meines Wohnmobils leichte Spuren. Größere Blessuren jedoch wurden meinem Wohnmobil erspart.
Nun stand ich nur noch vor dem Zoll, auf der letzten Etappe, um in die Wildnis entlassen zu werden. Die Zollkontrolle fiel dabei relativ locker aus. Der Zollbeamte war sehr angetan von meinem nagelneuen Wohnmobil und auch sehr begeistert vom Interieur, sowie dem ganzen technischen Schnickschnack. Die Angaben über mitgebrachtes interessierten ihn dennoch, wobei ich dann auch die Wahrheit erzählte. Er war sehr kulant und ließ mich ohne Nachzahlung passieren!
So kam es dann, nach langen geschlagenen 4 Tagen Überfahrt von Hirtshals nach Seyðisfjörður, dass ich um 11 Uhr 20 am 24. April des Jahres 2012 mit meinem Carthago-Wohnmobil isländischen Boden befuhr. Meinen ersten Boxenstopp legte ich an einem Parkplatz der Ortstankstelle ein. Ich musste erst mal alles wirken lassen, endlich wieder geerdet mir der Tatsache bewusst werden, angekommen zu sein. Und siehe da, das Thermometer war mir wohlgesonnen: Bei Sonnenstrahlen und 11 Grad plus, stellte sich die Zuversicht ein, das Abenteuer könne beginnen. So begab ich mich auf eine erste Fahrt nach Egilsstaðir. Dort angekommen wusste ich nichts Besseres, als meine ersten isländischen Kronen abzuheben, um im nahegelegenen Bonus einkaufen zu können. Das gefiel mir sehr, da die Preise dort sehr moderat ausfielen. Bonus ist die isländische Antwort auf Aldi und hat sich seit der Wirtschaftskrise 2008 in vielen größeren Städten etabliert. Bei meiner Ankunft bekam ich für einen Euro umgerechnet 166 Kronen.
Treibstoff, Diesel oder Benzin lagen bei 1,45 €. Also eigentlich auf ähnlichem Niveau, wie zur gleichen Zeit in Deutschland. Alkohol, welcher nur in ausgewiesenen staatlichen Einrichtungen, sogenannten VinBodums verkauft wird, ist sehr teuer. Die Preise dort haben es in sich, aber dafür gibt es überwiegend gute Weine, Bier und auch Hochprozentiges. 12 Euro für einen ¾ Liter Mittelklassewein waren locker drin, schreckten mich dennoch nicht davor ab, ein bisschen Vorrat für die bevorstehende Wildnis anzulegen. Ich wusste ja nicht, was mich wann wieder an Einkaufsmöglichkeiten erwartete. So wollte ich zumindest meine Grundausstattung an Vorräten vervollständigen, um mich autark versorgen zu können.
Nach den wichtigsten Provianteinkäufen war nur noch zu entscheiden in welcher Richtung das Abenteuer beginnen durfte. Rechts um die Insel oder links im Kreis herum? Das war die entscheidende Frage! Die einzige und beste Straße die Island umrundet, heißt Pjödvegur N1, also Ringstraße und lässt von Egilsstaðir nicht viele Richtungsentscheidungen zu. Da auch ein Wohnmobiltour-Buch diese Richtung als erstes beschrieb, entschied ich mich die Nordroute einzuschlagen. Allerdings kam ich auf dieser Strecke nicht weit, da das Wetter sich deutlich verschlechterte, während ich immer mehr auf eine Hochebene auffuhr. Die Sicht wurde durch einsetzendes Schneetreiben stark eingeschränkt und auch der Straßenzustand machte mir Sorgen. Schneeverwehungen sowie Windböen erschwerten mehr und mehr die Fahrt. Nach gefahrenen 50 km musste ich eine Denkpause einlegen und fand einen Rastplatz, bei dem ich meinen Laptop erst mal mit der „Welt“ verbinden wollte. Die Simyokarte, dachte ich, muss funktionieren und buchte sogleich das 100MB Wochenpaket. Leider jedoch ließ mich kein isländischer Anbieter in sein Netz, obwohl Signalstärke und Anbieter ausreichend verfügbar waren. Das ärgerte mich sehr, wollte ich doch die aktuellen Straßenzustände sowie das Wetter erfahren, um meine Tour neu überdenken und planen zu können.
Guten Gewissens weiterfahren konnte ich auf dieser Straße unmöglich. Also blieb mir nur die Flucht zurück nach Egilsstaðir. Dort würde ich mir einen isländischen Surfstick kaufen und könnte dann aufs Neue mit meiner Planung loslegen. Gedacht, getan, fuhr ich zurück nach Egilsstaðir und befand mich höhenbedingt, wieder auf klimatisch milderem Terrain. Ich musste die Strecke den Temperatur- und Straßenverhältnissen anpassen, soviel war mir auch aus fotografischer Sicht sofort klar, denn Schneestürme fotografieren sich sehr schlecht. In Egilsstaðir fand ich, dank meinem Navi, gleich einen Vodafoneshop und deckte mich erst mal mit einem Surfstick und 20 GB Datenvolumen ein. Das Starterpaket für ca. 65 Euronen sollte für den Anfang genügen, so war ich auch gleich online und sah mir die Wetterkarten von Island an. Sehr hilfreich waren dabei folgende Seiten:
Wetterkarten: http://en.vedur.is/
Straßenverhältnisse: http://www.vegagerdin.is/english/
Unmittelbar wurde mir klar, dass der Norden überwiegend kälter und teilweise unbefahrbar war, sowie vielerorts unter einer Schneedecke begraben lag. Der Süden Islands hingegen, versprach deutlich höhere Temperaturen und keinen Schnee in Küstennähe! Logischerweise entschloss ich mich daraufhin für die Südroute.
Spät am Abend suchte ich mir für meine erste Nacht einen Schlafplatz aus. Zumal um diese Jahreszeit noch alle Campingplätze geschlossen hatten, blieb mir nichts anderes übrig, als einen der vielen Stell- und Rastplätze aufzusuchen. Wie sich aber herausstellte, sind diese oftmals sehr schön gestaltet und mit einer tollen Aussicht versehen. Generell ist in Island übernächtigen zur Fahrtaufnahme gestattet, nur kampieren, im Sinne von Mobiliar aufbauen, sollte vermieden werden. Auch zu beachten sind Hinweisschilder für LKW-Rastplätze. Diese dürfen nicht angefahren werden! Aus eigener Erfahrung macht man sich damit keine Freunde und wird auch des Öfteren von vorbeifahrenden Fahrzeugen angehupt!
Sodann war ich auf der Ringstraße in Richtung Südumrundung aufgebrochen und machte noch einen Abstecher nach Reyðarfjörður. In der Hoffnung einen würdigen Aussichtsplatz zur Rast vorzufinden, fuhr ich den gleichnamigen Fjord auf der Nordseite des Weges immer Richtung Atlantik und entdeckte einen herrlichen Stellplatz mit exklusivem Sonnenuntergang, der so gegen 22 Uhr 30 stattfand. Nach ersten Belichtungserfolgen mit meinem Kameraequipment wurde es ganz schön kalt. Starke Windböen setzten ein. Bei -3 Grad war eine funktionierende Heizung zwingend erforderlich und dank meiner Fußbodenheizung und 4 Gasflaschen Reserve musste ich fürs Erste nicht frieren. Dankend stieg ich in meine warme Behausung und schob das Thermometer, nach den Außensicherungsarbeiten (Heckstützen ausgefahren, Radkeile angebracht) im Wohnmobil erwartungsvoll auf 25 Grad. Einfach genial!
Abbildung 5, Einfahrt in den Hafen von Seyðisfjörður
Abbildung 6, Erster Bodenkontakt bei Ankunft