Читать книгу Vieles scheint unmöglich, bis du es schaffst! - Dirk Leonhardt - Страница 10
Mein Mann kann
ОглавлениеVon Ilsa Leonhardt
Als ich Dirk kennenlernte, bereite er sich gerade auf einen Sprint-Triathlon vor. Er hatte damals bereits seinen ersten Ironman gefinisht, musste aber für die Kurzdistanz noch etwas an seinem Tempo arbeiten. Ich hatte großen Spaß daran, ihn bei seinen Intervall-Trainingseinheiten mit der Stoppuhr auf dem Rad zu begleiten und ihn anzutreiben, während er keuchend neben mir herrannte. Er startete in jenem Jahr nicht nur auf Kurzdistanzen, sondern auch bei mehreren Volksläufen, und ich war immer gerne mit dabei, wenn er ein Rennen absolvierte. Ich fand es schön, ihn dabei zu motivieren und genoss die Wettkampf-Atmosphäre.
In den Folgejahren probierte sich Dirk dann auch auf Ultra-Distanzen aus und begann mit dem 24-Stunden-Schwimmen. Auch hier war ich natürlich mit dabei, denn meinen Freund wollte ich bei solch einer Herausforderung nicht alleine lassen. Zudem war mir die Zuschauer- und Supporter-Funktion aus meiner Kindheit bestens bekannt. Mein Vater ist Sportlehrer und überaus sportbegeistert, und so ging ich mit ihm mehrmals pro Woche zu den unterschiedlichsten Wettkämpfen. Er spielte bei den Senioren Handball, übte sich im Brückenspringen, war Schiedsrichter beim Basketball, beim Boxen und beim Ringen. Ich war damals selbst als Basketballerin aktiv und liebte Sport – in der passiven als auch aktiven Rolle. Viele Ausflüge haben wir mit sportlichen Aktivitäten verbunden und so war ich bestens vorbereitet auf das, was mich in den kommenden Jahren mit Dirk erwarten sollte.
Selbst als ich hochschwanger war, begleitete ich Dirk zu einem 24-Stunden-Schwimmen. Ich nutzte die Zeit nicht nur für den Support meines Mannes, sondern auch für mich selbst und bin dabei mehr als zehn Kilometer geschwommen. Damit hatte ich trotz unübersehbarem Babybauch einen der vorderen Plätze belegt. „Wir hatten auf jeder Bahn die Sorge, dass das Baby hier im Schwimmbad zur Welt kommt“, erzählten mir die Rundenzählerinnen lachend, als ich bei der Siegerehrung meine Urkunde in Empfang nahm.
Bei allen Ultra-Distanzen überwogen stets die Freude und der Spaß an der Sache gegenüber den eigenen Strapazen – denn es ist klar, dass auch die Supporter besondere Ausdauerleistungen vollbringen müssen, wenn ein Ultra-Athlet an den Start geht. Was mich jedoch stets belastet, ist die Sorge um Dirks Gesundheit. Ich weiß, dass er bei Wettkämpfen bis zum Ende kämpft und immer alles gibt. Deshalb fordere ich von ihm jedes Mal das Versprechen ein, dass er auf seinen Körper hört und es nicht übertreibt. Daher geht es mir auch besser, wenn ich selbst an der Strecke stehe und mit eigenen Augen sehe, wie es ihm geht. Ich kann in seinem Gesicht exakt ablesen, was in ihm vorgeht. Außerdem weiß ich genau, welche Hebel und Knöpfe ich drücken muss, um Dirk zu motivieren, aufzumuntern oder eben noch ein bisschen anzuspornen.
Als mir Dirk von seiner Idee erzählte, den Weltrekord für den längsten Triathlon zu überbieten, wusste ich sofort, dass er das schaffen kann. Gemeinsam hatten wir den Versuch der bisherigen Rekordhalterin Ilaria Corli über die sozialen Medien verfolgt, und mir war damals schon klar: „Mein Mann kann das auch.“ Ich machte mir eher Sorgen über den enormen Zeitbedarf und wie unsere Kinder reagieren würden, wenn der Papa viele Wochen ständig unterwegs ist und vielleicht auch Verletzungen davonträgt. Vollkommen überrascht oder schockiert war ich daher nicht, als ich von Dirks Rekordplan hörte. Schließlich kenne ich ihn schon viele Jahre.
Rückblickend möchte ich den Rekord nicht missen und finde es gut, dass wir ihn gemeinsam als Familie angegangen sind. Die Rückmeldungen aus unserem Umfeld, aber auch von Menschen, die wir bis dahin noch gar nicht kannten, waren so unglaublich und haben mich darin bestärkt, dass dieser Sport einfach großartig ist und sich alle Qualen und Strapazen gelohnt haben. Auch, wenn es manchmal schwer fällt – viel schwerer, als man sich das vorstellen kann, wenn man keinen Ultrasportler zum Ehemann hat – aber für mich gilt: Mein Mann kann. Und ich erst recht!
Da meine Familie für mich klare Priorität hat, absolviere ich im Vorfeld eines Rennens eigentlich immer zu wenige Trainingskilometer. Der Vorteil bei langen Wettkämpfen ist aber, dass es dabei nicht so sehr auf körperliche Fitness ankommt, sondern eher auf mentale Stärke und vielleicht auch auf Erfahrung. Damit kann ich einen Trainingsrückstand gut kompensieren. Außerdem lege ich mein Training möglichst so, dass die gemeinsame Zeit mit den Kindern nicht wirklich eingeschränkt wird, indem ich zum Beispiel erst nach dem Abendessen mit dem Training starte. Die meisten Hobbysportler wären aber wohl ziemlich erstaunt, mit wie wenigen Trainingsstunden ich in meine Wettkämpfe gehe. Entsprechend findet sich mein Name natürlich nicht besonders weit oben in den Ergebnislisten – aber das ist mir auch nicht so wichtig. Viel wichtiger ist mir, dass ich mit meinem Tun und Handeln ein Vorbild für meine Kinder bin und mich meine Frau dabei unterstützt. Natürlich macht sie sich im Vorfeld immer wieder Sorgen, ob ich alles gut überstehen werde, aber ebenso kann sie sich für meine Sportprojekte auch mehr als begeistern.
Die Zeit mit der Familie hat Priorität Nr. 1.