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V. Technische Grundvoraussetzungen für Cloud Computing

Es waren unterschiedliche Entwicklungen und Fortschritte in der Informationstechnologie erforderlich, bevor Cloud Computing in der heutigen Form technisch realisierbar wurde. Die wesentlichen Entwicklungsschritte sollen im nachfolgenden Abschnitt im Überblick dargestellt werden.

1. (Breitband-)Internet, Hochleistungsserver, Multicore-Prozessoren und Web 2.0

Zunächst sind Entwicklung und Verbreitung der Internettechnologie ersichtlich eine unabdingbare Voraussetzung für die Existenz von Cloud-Technologien. Dabei lässt sich der Begriff „Internet“ grundsätzlich in zwei unterschiedlichen Richtungen deuten. Zum einen kann darunter die physische Verbindung von Rechnern und anderen Endgeräten wie Mobiltelefonen oder Fernsehern auf der ganzen Welt mittels Koaxialkabeln, Kupferdrähten, Glasfasern und Radiowellen verstanden werden.100 Dem steht es nahe, wenn das BVerfG das Internet als „elektronische[n] Verbund von Rechnernetzwerken“101 beschreibt. Zum anderen bezeichnet der Begriff „Internet“ aber auch eine einheitliche, auf dem TCP/IP-Modell basierende Verständigungsmethode, die den Datenaustausch zwischen den physisch miteinander verbundenen Rechnern und Rechnernetzwerken ermöglicht.102 Dabei wird jedem der beteiligten Rechner durch das Internet Protocol (IP) eine eigene IP-Adresse zugeordnet.103 Das Transmission Control Protocol (TCP) sorgt sodann für eine Funktionalität des Datenaustausches, vor allem dafür, dass die in kleinere Teile zerlegten Datenpakete beim Empfänger wieder richtig zusammengefügt und eventuelle Fehler gemeldet werden.104

Es ist letztlich die Kombination der weltweit verbundenen physischen Ressourcen und der von diesen genutzten einheitlichen Kommunikationsverfahren, durch die nicht nur internetbasierte Anwendungen wie das World Wide Web, E-Mail-Kommunikation, Instant Messaging und Internettelefonie ermöglicht werden.105 Vielmehr ist diese Infrastruktur eben auch Grundvoraussetzung für die Idee des Cloud Computing, da ohne Internettechnologie der Zugriff der Nutzer auf die in der Cloud gespeicherten Daten von ihren jeweiligen (auch unterschiedlichen) Endgeräten nicht denkbar wäre. Damit Cloud Computing zu einem für ein breites Publikum verfügbaren Phänomen werden konnte, war überdies nicht nur das Internet als solches notwendig, sondern hinzukommen musste vielmehr auch die große Verbreitung leistungsfähiger (Breitband-)Anschlüsse.106 Auch Hochleistungsserver sind als technische Grundbedingung der Funktionstauglichkeit von Cloud Computing unabdingbar.107

Insbesondere die Erfindung der Multicore-Prozessoren, bei denen sich auf einem Chip mehrere Recheneinheiten (Kerne) befinden, war eine Voraussetzung dafür, dass Cloud Computing zu einer preisgünstigen – und damit in größerem Umfang marktfähigen – Dienstleistung werden konnte.108 Heutzutage arbeiten Server meist mit mehreren Multicore-Prozessoren, wobei durch Virtualisierungstechnologien jeder einzelne Kern als (virtueller) CPU verwendet werden kann.109

Schließlich sind die Verknüpfung mit den Standard-Webbrowsern und dem Web 2.0 sowie die Anwendung von Cloud-Konzepten auf mobilen Endgeräten von großer Bedeutung für die erfolgreiche Verbreitung der Technologie. Grundsätzlich soll für den Nutzer allein der Internetzugang über einen gebräuchlichen Browser (Internet Explorer, Firefox, Safari, Chrome usw.) notwendig sein, um den Zugang zu den unterschiedlichen Anwendungen zu erhalten, während lokale Installation bzw. Konfiguration von Software obsolet wird.110 In Kombination mit Web 2.0 entsteht eine attraktive Darstellung der Cloud-Dienste, die der Nutzer über den Browser wie herkömmliche Software bedienen kann, so dass ein interaktives Arbeiten ermöglicht wird.111 Diese Dienste sind über mobile Endgeräte (sog. „Thin Clients“) überall und jederzeit verfügbar, wodurch der klassische PC an Bedeutung einbüßt.112 Auch die Bedeutung des verwendeten Betriebssystems wird geringer, da dieses in letzter Konsequenz nur noch dazu dient, die Nutzung des Browsers – und damit den Zugang zu den gewünschten Cloud-Diensten – zu ermöglichen.113

2. Virtualisierung

Die Technik der Virtualisierung (vgl. bereits oben), worunter in der Informatik üblicherweise die Abbildung logischer Ressourcen auf physische Ressourcen (= Hardware) verstanden wird,114 spielt für das Cloud Computing eine zentrale Rolle.115 Durch die Implementation von Virtualisierungstechnologien wird mittels einer zusätzlich geschaffenen (logischen) Ebene zwischen Software- und Hardwareumgebung eine Abstraktion von der tatsächlich physisch vorhandenen Hardware bewirkt, wobei dem Benutzer der Unterschied zwischen logischen und physischen Ressourcen idealerweise verborgen bleibt.116 Dieses Instrument ermöglicht es, dass unterschiedliche Benutzer gleichzeitig und unabhängig voneinander auf dieselbe Hardware (z.B. Speicherplatz und/oder Rechenleistung) zugreifen und dabei verschiedene Programme ausführen können, ohne dass dabei die Sicherheit oder die Individualität der einzelnen Nutzer in Frage gestellt wird.117 Grundsätzlich kann zwischen Hardware- und Softwarevirtualisierung, innerhalb letzterer wiederum zwischen System- und Anwendungsvirtualisierung unterschieden werden.118

Durch Virtualisierung lassen sich deutliche Kostensenkungen bewirken, da die sog. Beschreibungsdatei, über die virtuelle Ressourcen erzeugt werden, wenn sie einmal fertiggestellt wurde, beliebig viele Ressourcen erzeugen kann, ohne dass physisch zusätzliche Hardware angeschafft werden muss.119 Nur durch die Nutzung solcher Verfahren ist es den Anbietern von Cloud Computing also möglich, einer Vielzahl von Nutzern die entsprechenden Leistungen zu vergleichsweise niedrigen Kosten anzubieten.

Generell gilt, dass Cloud Computing nicht auf völlig neuartigen Technologien beruht, sondern dass die entsprechenden Verfahren und Methoden in der Informationstechnologie bereits seit einiger Zeit existieren.120 Die größten Veränderungen, die durch die zunehmende Verbreitung von Cloud-Technologien bewirkt werden, spielen sich vielmehr in den Prozess- und Organisationsstrukturen der diese Technologie betrieblich nutzenden Unternehmen ab.121

100 Kurose/Ross, Computernetzwerke, S. 23. 101 BVerfGE 120, 274 (276). 102 Böckenförde, Ermittlung, S. 32. 103 Störing, Zugriffsmöglichkeiten, S. 12f. 104 Meininghaus, Zugriff, S. 7; Scherff, Computernetzwerke, S. 320f. 105 Kurose/Ross, Computernetzwerke, S. 26. 106 Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 3; Meir-Huber, Cloud Computing, S. 13. 107 Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 3, die Hochleistungsserver als das „Herz von Cloud Computing“ bezeichnen. 108 Schorer, in: Hilber, Handbuch, C/1, Rn. 37. 109 Schorer, in: Hilber, Handbuch, C/1, Rn. 37. 110 Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 4 und 13; zu den Anforderungen an den verwendeten Browser näher Schorer, in: Hilber, Handbuch, C/1, Rn. 32ff. 111 Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 4. 112 Schorer, in: Hilber, Handbuch, C/1, Rn. 91. 113 Schorer, in: Hilber, Handbuch, C/1, Rn. 35. 114 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 17. 115 Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 15; Meir-Huber, Cloud Computing, S. 22; vgl. aber auch den Hinweis bei Schorer, in: Hilber, Handbuch, C/1, Rn. 13, dass die Verwendung von Virtualisierungstechniken allein es nicht rechtfertigt, von Cloud Computing zu sprechen, sofern nicht auch die weiteren charakteristischen Merkmale erfüllt sind; vertiefend zur Virtualisierung siehe Schorer, a.a.O., Rn. 40ff. 116 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 17f.; zur Verwendung sog. Hypervisoren in diesem Zusammenhang näher Schorer, in: Hilber, Handbuch, C/1, Rn. 40f. 117 Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 3f. 118 Näher Meir-Huber, Cloud Computing, S. 23. 119 Schorer, in: Hilber, Handbuch, C/1, Rn. 42. 120 Schorer, in: Hilber, Handbuch, C/1, Rn. 29. 121 Schorer, in: Hilber, Handbuch, C/1, Rn. 29.

Der strafprozessuale Zugriff auf Inhaltsdaten in der Cloud

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