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II. Abgrenzung zu ähnlichen Technologien

Bereits in den 1960er Jahren wurden Konzepte entwickelt, mit denen höhere Anforderungen an die Leistungsfähigkeit von Rechnern nicht mehr ausschließlich durch die Konstruktion immer leistungsstärkerer einzelner („Super“-)Rechner, sondern durch die (sowohl effizientere als auch flexiblere) Zusammenschaltung mehrerer Rechner bewältigt werden sollten.42 Diese Vorläufer des Cloud Computing und die Unterschiede zur heute verwendeten Technologie werden nachfolgend dargestellt, um auf diesem Wege die Besonderheiten der hier in Rede stehenden Technologie deutlicher herauszuarbeiten.

1. Verteilte Systeme: Cluster- und Grid-Computing

Sowohl beim sog. „Cluster-“ als auch beim „Grid-Computing“ werden zunächst mehrere Rechner zu sog. „Knoten“ verbunden, um dann wiederum mehrere dieser „Knoten“ zu einem Gesamtsystem zu verbinden. Der zentrale Unterschied zwischen „Cluster-“ und „Grid-Computing“ besteht insoweit darin, dass ersteres auf der Zusammenschaltung mehrerer identischer Knoten besteht, die an einem Ort über ein Hochgeschwindigkeitsnetzwerk verbunden werden, während bei letzterem die einzelnen „Knoten“ hinsichtlich Hardware, Software sowie im Hinblick auf die Anbindung an das „Grid“ differieren.43 „Grid-Computing“ wird typischerweise für einen sehr begrenzten und klar spezifizierten Anwenderkreis verwendet, z.B. in der Wissenschaft oder im Pharma-Segment.44 Der Zugriff erfolgt insoweit meist eher über ein organisationseigenes Intranet als über das Internet.45

Eine entscheidende Weiterentwicklung bei Cloud-Systemen gegenüber den Vorläufern besteht in der erheblich höheren Dynamik und Flexibilität. Während in Grid- und Cluster-Systemen die verfügbaren Ressourcen meist im Vorfeld verteilt werden, erfolgt bei Cloud-Systemen eine bedarfsorientierte Bereitstellung, weshalb nur Cloud-Systeme auf sich verändernden Ressourcenbedarf adäquat reagieren können.46 Außerdem ist der Grad der Virtualisierung bei Cloud Computing deutlich höher, wo ausschließlich mit virtuellen Ressourcen gearbeitet wird.47 Letztlich dürfte der Hauptgrund für den „Siegeszug“ der Cloud-Technologie nicht zuletzt in ihrer Ausrichtung an Wirtschaftlichkeitsaspekten liegen, die bei Grid- und Cluster-Verfahren nicht bzw. nur in geringerem Maße gegeben ist.48

2. IT-Outsourcing

Cloud Computing steht im Kontext des seit den 1980er-Jahren zunehmend verbreiteten Konzepts des sog. IT-Outsourcing, das vor allem für die Vielzahl der Unternehmen relevant wird, für die IT zwar wichtig ist, jedoch nicht zu ihren eigenen Kernkompetenzen zählt.49 Die Cloud-Technologie in ihrer heutigen Form ist jedoch eine deutliche Modifikation bzw. Weiterentwicklung klassischer Outsourcing-Konzepte.50 So ermöglicht die für Cloud Computing charakteristische vollständige Entkopplung von Kundenstandort und Rechenzentrum eine wesentlich höhere Flexibilität aufgrund der Verteilbarkeit der ausgelagerten Dienste auf unterschiedliche Standorte.51 Zudem sinkt die Abhängigkeit des Kunden vom Anbieter, da er jederzeit auf unterschiedliche Cloud-Dienste von unterschiedlichen Anbietern zugreifen kann und sich im Regelfall nicht langfristig an einen Dienstleister binden muss.52 Das hat allerdings auch zur Folge, dass der Kunde keine individuelle Anpassung der angebotenen Dienste durch den Anbieter erwarten kann, sondern dass er diese regelmäßig selbst vornehmen muss.53

3. Das Application-Service-Provider-Modell

Das sog. Application-Service-Provider-Modell (ASP) ist ein direkter Vorläufer des Cloud Computing in der Variante des Software-as-a-Service (dazu siehe unten). Auch beim ASP werden dem Kunden bedarfsorientiert Softwareanwendungen zur Verfügung gestellt, etwa über einen Terminal-Server-Zugang.54 Der Anbieter stellt die Anwendung i.d.R. über das Internet oder ein privates Datennetz bereit und übernimmt für den Kunden Aufgaben wie Administration, Datensicherung sowie das Einspielen von Upgrades oder Patches.55 Hier unterscheidet sich ASP vom sog. Applikations-Hosting, bei dem ebenfalls eine Software zur Verfügung gestellt wird, der Kunde aber Administration usw. selbst übernimmt.56 Ebenso wie das eigentliche Cloud Computing ist auch das ASP-Modell eine besondere Form des IT-Outsourcing.57 Wenn das ASP-Konzept heute trotz der großen Parallelen zu Cloud Computing (speziell SaaS) als weitgehend durch letzteres überholt anzusehen ist, so liegt das daran, dass bei ASP-Modellen praktisch keine gemeinsame Nutzung physischer Ressourcen stattfindet, sondern für jeden Nutzer eine dezidiert-individuelle Infrastruktur bereitzustellen ist, weshalb die gewünschten Skaleneffekte letztlich oft nicht erreicht werden.58

4. Utility-Computing

Eher eine (in der Rückschau in mancherlei Hinsicht durchaus prophetische) Vision aus den Anfangszeiten des Internets als eine tatsächlich relevante Vorläufertechnologie des Cloud Computing verbirgt sich hinter dem Stichwort „Utility Computing“. Der Informatiker John McCarthy sagte anlässlich eines Vortrags auf dem MIT Centennial 1961 voraus, dass es eines Tages möglich sein werde, Rechnerleistung im Rahmen der öffentlichen Versorgung vergleichbar mit dem Strom- oder dem Telefonnetz zu beziehen.59 Nachdem einige frühe Versuche, diese Vision in die Tat umzusetzen gescheitert waren, nicht zuletzt wegen fehlender Verbreitung des Internets und unzureichender Hardware, wurde sie mit dem Aufkommen von Cloud Computing wieder aufgegriffen und ist heute in mancher Hinsicht bereits Realität.60

42 S. Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 13ff. 43 S. Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 15f. 44 Meir-Huber, Cloud Computing, S. 19; Repschläger/Pannicke u.a., HMD 2010, 6, 7 mit einem Beispiel; Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 24. 45 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 25. 46 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 25f. 47 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 25f. 48 Vgl. dazu Repschläger/Pannicke u.a., HMD 2010, 6, 7; außerdem zur deutlich höheren kommerziellen Bedeutung von Cloud Computing gegenüber der Grid-Technoplogie Meir-Huber, Cloud Computing, S. 19. 49 Vgl. Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 16. 50 Schmidt-Bens, Cloud Computing, S. 2f. 51 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 26f., die allerdings auch ein Beispiel für Prozesse benennen, die sich nicht für eine Auslagerung in die Cloud eignen. 52 Schmidt-Bens, Cloud Computing, S. 3. 53 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 27. 54 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 16f. 55 Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 23. 56 Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 23. 57 Repschläger/Pannicke u.a., HMD 2010, 6, 7; Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 24. 58 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 17; auch Repschläger/Pannicke u.a., HMD 2010, 6, 7, wonach es sich bei ASP und SaaS um „das gleiche Modell, [...] aber unterschiedliche Entwicklungsstufen und Ausprägungen“ handelt. 59 Vgl. das abgedruckte Originalzitat bei Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 19; ferner Repschläger/Pannicke u.a., HMD 2010, 6; siehe aber auch Schorer, in: Hilber, Handbuch, C/1, Rn. 2, wo das Konzept des Utility-Computing dem kanadischen Forscher und Wissenschaftsminister Douglas Parkhill zugeschrieben wird, wobei dessen Buch erst 1966 erschien. 60 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 19.

Der strafprozessuale Zugriff auf Inhaltsdaten in der Cloud

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