Читать книгу Der strafprozessuale Zugriff auf Inhaltsdaten in der Cloud - Dirk Meinicke - Страница 7
ОглавлениеI. Definition und grundlegende Charakteristika
In einer knappen Definition20 lässt sich Cloud Computing als Möglichkeit zur Nutzung von IT-Infrastruktur, die über ein Netzwerk (i.d.R. das Internet) zur Verfügung gestellt wird, beschreiben, wobei vom Anbieter je nach Bedarf z.B. Speicherplatz, Rechenleistung oder Software bereitgestellt werden kann.21 Der Kunde nutzt also den Zugang zum Internet, um die von einem anderen zur Verfügung gestellte Soft- und Hardware zu verwenden.22 Es lassen sich insbesondere fünf charakteristische Merkmale von Cloud Computing ausmachen:23
1. Ressource-Pooling
Zunächst ist das Konzept des sog, Ressource-Pooling zu nennen. Damit ist das Zusammenfassen („Poolen“) bestimmter physischer Ressourcen, z.B. von Rechenleistung, Speicherkapazität oder Netzwerkbandbreite gemeint, wodurch ein zentral abrufbarer Vorrat entsteht, der bedarfsorientiert auf die einzelnen Nutzer verteilt wird.24 Die Verteilung erfolgt auf der Basis sog. Virtualisierungen, das bedeutet, dass durch die Einführung einer logischen Abstraktionsebene von der tatsächlich vorhandenen Hardware abstrahiert wird.25 Es werden also logische Ressourcen auf physische Ressourcen abgebildet, wobei der Benutzer einer logischen Ressource in der Anwendung keinen Unterschied im Vergleich zur Verwendung der physischen Ressource selbst erkennen kann.26 Wer Cloud Computing-Leistungen in Anspruch nimmt, erhält also virtuell seine eigene (physische) Struktur, „ein Stück Hardware, Betriebssystem und Software für sich selbst“,27 während er sich tatsächlich mit einer Vielzahl anderer Nutzer dieselben Ressourcen teilt. Diese Technik der Virtualisierung ist für die Funktionsweise des Cloud Computing von großer Bedeutung (vgl. auch unten).28
Der Parallelbegriff im Bereich der Datenhaltung zum auf physische Ressourcen bezogenen Begriff der Virtualisierung ist das sog. Konzept der Mandantenfähigkeit, der Multi-Tenancy. Dabei wird von physischen Datenbeständen abstrahiert und mit lediglich logisch separierten Einheiten gearbeitet, weshalb nur eine einzige Software-Basis für alle Nutzer zum Einsatz kommt.29
2. Rapid Elasticity
Ein weiteres zentrales Funktionsmerkmal von Cloud Computing-Systemen ist die sog. „rapid Elasticity“ (im Deutschen inzwischen meist als „unverzügliche Elastizität“ übersetzt). Diese hat zur Folge, dass das System extrem flexibel auf wechselnde Belastungen reagieren kann, was für den Nutzer den Eindruck erweckt, er könne über praktisch unbegrenzte Ressourcen verfügen.30 Dieses Phänomen der scheinbaren Unerschöpflichkeit wird auch als „infinite Scalability“ bezeichnet.31 Die Vorteile lassen sich z.B. anhand eines Konzertveranstalters veranschaulichen, der Tickets online anbietet.32 Arbeitet dieser mit einer Cloud Plattform, spielt es keine Rolle, ob gerade Karten für den Auftritt eher unbekannter Bands oder eines internationalen Weltstars im Angebot sind. Selbst wenn es im letztgenannten Fall zu einem plötzlichen und sprunghaften Anstieg der Zugriffe kommt, verhindert die rapid Elasticity, dass die Server „in die Knie gehen“ und die Seite für Nutzer nicht mehr verfügbar ist.
3. On Demand self-service
In engem Zusammenhang mit dem Phänomen der rapid Elasticity steht der sog. „on demand self-service“, was mit „bedarfsorientierter Selbstbedienung“ übersetzt werden kann. Dieses Konzept ermöglicht es dem Nutzer eines Cloud-Dienstes, jederzeit und ohne die Einschaltung von Mitarbeitern des Anbieters praktisch vollautomatisiert („automatic computing“) die erforderliche Menge an Ressourcen anzupassen, wodurch der Anbieter zugleich Personal einspart und so attraktive Preise zur Verfügung stellen kann.33 Zusätzliche Leistungen, z.B. Serverzeit oder Speicherplatz, können vom Nutzer in der Situation einer kurzfristig eintretenden Bedarfserhöhung regelmäßig online gebucht und sodann vom Anbieter meist innerhalb weniger Minuten oder gar Sekunden bereitgestellt werden.34 Diese Automatisierung ist zwingend erforderlich, um die schnelle und flexible Nutzbarkeit der Cloud-Angebote zu realisieren, wodurch deren Attraktivität erheblich gesteigert wird, da Erhöhungen der Leistungsfähigkeit für den Nutzer anderenfalls zumeist mit Installationen oder gar Hardwarezukäufen verbunden sind.35
4. Broad network-access
Die jederzeitige flexible Nutzung von Cloud-Diensten erfordert weiterhin einen umfassenden Netzwerkzugriff („broad network-access“).36 Das besagt im Kern nichts anderes, als dass die angebotenen Leistungen für den Nutzer standardmäßig über das Internet verfügbar sein sollten.37 Dadurch wird insbesondere die dezentrale Nutzung über unterschiedliche Endgeräte gewährleistet, von herkömmlichen Rechnern über Notebooks, Tablets und sogar Smartphones, sofern eine hinreichend große Bandbreite zur Verfügung steht.38
5. Measured service
Als fünftes funktionelles Merkmal des Cloud Computing kann die nutzungsbezogene Zahlung angesehen werden, was die Messung des Nutzungsvolumens erfordert, (engl. „measured service“).39 Die Notwendigkeit einer Messung, die je nach Art der genutzten Ressourcen unterschiedlich abläuft, folgt letztlich aus den vier zuvor dargestellten Prinzipien.40 Ein transparentes und einsichtiges Kontrollverfahren dient sowohl den Interessen des Anbieters als auch des Nutzers (vgl. etwa die Internetseite trust.salesforce.com).41
20 Vgl. zu den Definitionsschwierigkeiten im Einzelnen Dalby, Grundlagen, S. 149f. 21 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 20; vgl. außerdem den Nachw. zu der – in der Sache ähnlichen, jedoch etwas ausführlicheren – Definition des Branchenverbandes BITKOM bei Schorer, in: Hilber, Handbuch, C/1, Rn. 7. 22 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. ix: „Cloud Computing is using the Internet to access someone else’s software running on someone else’s hardware in someone else’s data center“. 23 Nach Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 21 sowie Schorer, in: Hilber, Handbuch, C/1, Rn. 8 m.w.N. 24 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 22. 25 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 18; vgl. zur Virtualisierung in Cloud-Systemen auch Meir-Huber, Cloud Computing, S. 13. 26 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 17; auch Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 15f. 27 Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 3f. 28 Meir-Huber, Cloud Computing, S. 22. 29 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 22; zur Mandantenfähigkeit auch Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 14. 30 Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 14; Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 23. 31 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 23. 32 Angelehnt an Meir-Huber, Cloud Computing, S. 12f. 33 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 23f. 34 Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 13 mit einem Beispiel. 35 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 23f. 36 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 24. 37 Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 13. 38 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 24. 39 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 24; Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 15. 40 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 24 41 Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 15.