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Cooking Italy
ОглавлениеLA MIA PASSIONE
Lange bevor ich mich selbst in die Küche stellte, um für meine Familie und Freunde zu kochen, schaute ich während meiner Sommerferien in Kalabrien gerne meiner Tante Catharina zu, wie sie stundenlang in ihrem „Magazin“, wie sie es nannte, alles Mögliche an Lebensmitteln einkochte, einlegte, köchelte und zubereitete. Damals ahnte ich noch nicht, dass das irgendwann einen Einfluss auf mein Leben nehmen würde.
Meine Sommerferien in Kalabrien beschränkten sich meist auf ein Dorf und einen Strand. Meine Familie betreibt dort bis heute Landwirtschaft. In diesem Dorf ist man Selbstversorger. Man hält sich Hühner für die Eier, eine Ziege wegen der Milch und für den Käse, den man daraus macht, man hat Olivenbäume und Weintrauben, um auch sein eigenes Öl und den eigenen Landwein zu produzieren. Im Januar kauft man ein oder zwei Schweine und füttert sie mit einem Teil der Ernte, um im Dezember dann daraus Salami und Schinken für das komplette Jahr zu machen. Die Männer der Familie ernten das ganze Jahr über Obst und Gemüse, das die Frauen dann quasi täglich in Gläser einmachen und einkochen, um damit über den Winter zu kommen. Das sind meine Kindheitserinnerungen an mein Italien, das ich so kennen- und lieben gelernt habe.
In der Pubertät war Italien für mich dann aber eher ein Graus. Ein kleines Dorf, sechs Wochen weg von meinen Freunden in Deutschland, Langeweile pur und täglich das Gleiche. Erst mit etwa 23 entdeckte ich Italien neu. Ich hatte mich für eine Ausbildung zum Hotelfachmann entschieden. In der schönen Pfalz. Die Gastronomie hat es mir einfach angetan, und so kam auch nach und nach die Lust am Kochen. Das war die Zeit, in der ich mich mehr und mehr für nachhaltige Lebensmittel interessierte und mich wieder an den ökologischen Kreislauf erinnerte, den ich als Kind in Kalabrien erleben durfte.
So begann ich meine Reisen durch die Küchen Italiens. Ich erkannte schnell, dass diese Küchen einfach gehalten, für jeden nachvollziehbar und voller Stolz auf Produkte sind, die es so eben nur in jeder jeweiligen Region Italiens gibt. Italien ist eines der Länder der Welt mit extrem hoher Biodiversität. Ich liebe dieses Land von Südtirol bis Sizilien. Ich liebe die Vielfalt der Produkte und deren intensiven Geschmack.
Schon vor vielen Jahren war das für mich der Anlass, mit einem Foodblog zu beginnen, in dem ich von meinen Erfahrungen mit Rezepten von Hausfrauen aus den verschiedenen Regionen Italiens erzähle. Rezepte, die mir Mütter und Großmütter bei meinen Reisen zeigten. Klassische, traditionelle Gerichte aus italienischen Familien. Allen voran natürlich die Rezepte meiner Tante Catharina aus Kalabrien.
Schnell merkte ich, dass sich die Menschen tatsächlich für diese ursprünglichen Rezepte aus kleinen Dörfern interessierten. Weg von dem, was man oft in italienischen Restaurants serviert bekommt. Ich wollte mehr wissen und berichten über die verschiedenen Regionen, warum man im Norden mehr mit Butter und sogar Sahne kocht, während man in Kalabrien Wurstsorten wie Nduja oder Soppressata verwendet. Mehr über den Einfluss des Orients in Sizilien und Sardinien und mehr über Agnolotti im Piemont oder Tortelli in der Toskana. Ich besuchte Manufakturen, besondere Produzenten, bekannte Köche und bereise bis heute jedes Jahr mehrere Regionen Italiens, um noch mehr über dieses ganz besondere Land und die besonderen Küchen zu erfahren.
Braucht die Welt ein weiteres italienisches Kochbuch? Das habe ich mich oft gefragt. Doch meine Erfahrung als Foodblogger und Koch haben mir gezeigt: Noch immer servieren hierzulande italienische Restaurants Gerichte, die es in dieser Form in Italien eigentlich nicht gibt. Noch immer redet man im Allgemeinen von der „cucina italiana“, die man eigentlich in Regionen aufteilen müsste. Jede Region für sich hat ihre eigenen Spezialitäten und jede Familie wiederum ihr eigenes, einzig richtiges Rezept.
„Casalinga“ heißt wörtlich übersetzt „Hausfrau“, und genau darum geht es mir in meinem Buch. Es ist eine Reise durch die Küchen der Hausfrauen Süditaliens.
Noch immer kennen viel zu wenige die Küche Kalabriens, Apuliens, Siziliens, Kampaniens und des restlichen Süditaliens. So habe ich mich entschlossen, eine Tour durch sechs Regionen Süditaliens zu starten, um einen wenn auch nur wirklich kleinen Einblick in diesen besonderen Teil des Landes zu geben. Neben den wichtigsten Rezepten aus jeder Region habe ich meine Reise mit einem tollen Foto- und Videoteam aus Kalabrien in Bildern festgehalten. Denn so lernt man diese vielen außergewöhnlichen Orte Süditaliens noch besser kennen.
Die Reise beginnt bei meinem guten Freund Luigi Sabatini in der Maremma, der südlichen Toskana. Kenner wissen natürlich, dass selbst der südlichste Teil der Toskana nicht zu Süditalien gehört.
Ich beginne aber dort, weil die Maremma für mich einen ganz besonderen Stellenwert hat. Eine Region, die, genau wie weite Teile Süditaliens, von Landwirtschaft und einer ganz besonderen Küche geprägt ist. Es ist mir eine Herzensangelegenheit, die Maremma in meinem Buch vorzustellen, und ich hoffe, man wird mir diese Ausnahme nicht übel nehmen.
Ich wünsche viel Spaß auf den nächsten Seiten, die mit viel Liebe und Leidenschaft entstanden sind. Ich hoffe sehr, dass man die Magie dieser Reise und den Wert dieser Rezepte aus den verschiedenen Regionen erkennt und spürt.