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Abschied – Biofarm am Wiener See
Оглавление‚Das Leben ist immer hier‘.
Es war noch früh - und ganz von alleine wand sich der Satz aus ihren erwachenden Gedanken. So frisch wie der Tag, den sie durch die offene Türe besah, war er auf eigene Art bedeutsam. Mit Betonung auf ‚hier‘.
Noch war es still. Frühsommermorgen. Fast kühl, weiche Luft, nur ein paar Vögel zwitscherten. Erste Sonnenwärme saugte die Feuchtigkeit der Nacht auf und Nebelfetzen, die eben noch schwer über den Wiesen standen, verschwanden wie von Geisterhand im Nichts.
Hier, das war in diesem Moment die Biofarm am Wiener See. Seit Anfang 2064, seit sieben Jahren, umschloss sie das sumpfige Südende des großen Steppensees, der die Region Wien von den weiten Anbaugebieten im Osten trennte. Der wenige Kilometer breite Streifen aus Äckern, Wäldern und Wiesen bildete, als naturnahe Insel, eine Ausnahme. Umgeben war sie von landwirtschaftlicher Wüste. Tausende Quadratkilometer Einheitsflächen industriellen Landbaues. Hochleistungspflanzen, gentechnisch optimiert und hochempfindlich gegen jede Art unkontrollierten Einflusses. Das war ESCO-Land. Die ‚European Seed Company‘ war in den zwanziger Jahren aus einem Mineralölkonzern und einem Schweizer Chemieunternehmen hervorgegangen, die nach dem Ölzeitalter gemeinsam die Landwirtschaft entdeckten. Unter geschickter Ausnutzung der finanziellen und nationalen Zerwürfnisse in Europa hatten sie einen Großteil der europäischen Ackerfläche aufgekauft.
Der Kern der Farm war ein altes kleines Dorf. Dazu fanden sich wieder errichtete Holzhäuser aus aufgelassenen Dörfern der Gegend. Ungeordnet um das Kerndorf gestellt, waren sie schnell und mit wenig Geld gewachsen. Jetzt war der runde Hof das Zentrum, an dem die Schule lag, das Verwaltungsgebäude, ein altes Gebäude als Jugend- und Versammlungshaus sowie das erste Wohnhaus. In diesem hatte sie ihre Wohnung. Sie, das war Eva Teichmann, 36 Jahre alt und seit 7 Jahren verheiratet mit Jasiri Tyrese, dem gleichaltrigen Gründer und Leiter der Farm.
In der Wohnung stand Eva inzwischen halb angezogen vor dem Spiegel. Ihr Körper war immer noch aufgewühlt von kurzer, aber heftiger Liebe. Einer der Momente, der das Glück, den Wahnsinn und das Wissen um die Grenzen ihrer Beziehung so ehrlich abbildete, wie sie es gerade noch vertrugen. Nun begann der Tag. Fahrig nahm sie ihr zerknautschtes Gesicht wahr und mit zu schnellen Bewegungen versuchte sie, sich herzurichten. Wollte heute schön sein, denn Jasiri reiste ab, praktisch, weil viel zu tun war und seriös, weil eine Besuchergruppe kam. Das war viel auf einmal. Für diese Perfektion fehlte ihr das Talent. Davon war sie überzeugt. Ihr braun gelocktes Haar stand schräg in die Luft und der Umgang mit Schminke überforderte sie regelmäßig, obwohl sie es mochte. Nebenbei kaute sie an einem Brot aus der Farmbäckerei und trank in kleinen Schlucken heißen Tee.
‚Das Leben ist immer hier‘ – der Satz verfolgte sie. Sie kaute auf ihm herum wie auf ihrem Brot. Besser sollte sie an den kommenden Tag denken.
Ihr Leben spielte sich zwischen Öffentlichkeit und Untergrund ab. Wobei Eva sich um das Öffentliche kümmerte und so Jasiri den Rücken freihielt. Denn auch wenn alles friedlich und natürlich wirkte: Ein großer Teil dessen, was sie auf der Farm taten, widersprach den gültigen Gesetzen für die Landwirtschaft und galt als Gefährdung der Europäischen Ordnung. Geladen mit der Energie des afrikanischen Aufbruches, war Jasiri vor 10 Jahren als junger Anwalt aus Afrika nach Wien gekommen. Das in Regeln und Lobbynetzwerken erstarrte Europa hatte ihn auf teuflische Weise fasziniert. Er war ganz besessen davon, dem etwas entgegenzustellen und zu zeigen, dass es auch anders geht. Der Prozess, bei dem es um den Erhalt geschützter Arten im Wiener See gegangen war, die jedoch den Betrieb von ESCO störten, kam da gerade recht. In einem Husarenstück hatte Jasiri die Richter dazu gebracht, ihm ein Stück Land zu überlassen. Als Ausgleich, und sofern er ESCO nicht gefährde. Ein sehr feinmaschiger Zaun teilte nun den See, und der so gerettete Südteil bildete das Zentrum des heutigen Farmgeländes. Seitdem wuchs ihr Betrieb. In der Region waren sie beliebt oder zumindest respektiert, von der Industrie und der Patentpolizei aber wurden sie bekämpft. Am Rande der Legalität gelang ihnen, trotz des fast vollständigen Verbotes von Zucht und Anbau patentfreier Pflanzen, Landbau in bester Bio-Qualität.
Eva gab das Bürsten auf. „Strohpuppe“ entfuhr es ihr. Aber egal. Im Lauf der Jahre hatte sich auch bei ihr ein gewisser Gleichmut eingestellt. Schließlich löste sie das Problem mit einem Tuch und wusch ihr Gesicht wieder ab. Bald würde die Besuchergruppe kommen, sie würde sie über die Farm führen, nett sein und aufmerksam, was sie wem sagte. Beim Aufräumen entdeckte sie einen Sensor in der Bürste. Was auch immer der maß, sie zerquetschte ihn und warf ihn weg. Schnell zog sie sich fertig an, und lächelnd ging sie wenig später auf die Gruppe zu, die bereits wartend auf dem Hof herumlief.
„Guten Morgen!“ Sie blinzelte in die Sonne und betrachtete die Gruppe von vier Erwachsenen und zwei Kindern. „Ich bin Eva Teichmann“, sie blickte sich um, „willkommen zu unserer Farmführung“. Sie bückte sich zu den beiden Kindern: „Und ihr wollt sicher auch unsere Schule sehen, oder?“
„Ich will lieber toben, mein Freund hat erzählt, hier gehen die Kinder nur die halbe Zeit in die Schule.“
„Das stimmt.“ Eva grinste, der Junge hatte begriffen, worum es geht. „Meistens sind alle irgendwo draußen.“
„Hallo, wir sind Ferdinands Eltern.“ Freundliche, unkomplizierte Leute standen da, das rundwangige Strahlen der Mutter war ein offenes Buch. „Der würde am liebsten sofort hier einziehen.“
„Das ist schön“, Eva wurde ernst, „aber Sie wissen hoffentlich, was das heißt?“
Tatsächlich würden viele Firmen diese Leute nie wieder beschäftigen. Doch Ferdinands Eltern wollten wohl wirklich. Sie wandte sich an die Mutter des anderen Kindes. Eine gepflegte Frau, professionell, praktisch, vermutlich alleinerziehend. Die wiegelte gleich ab: „Ich möchte nicht hier her ziehen“, sagte sie und zog ihre Tochter zu sich, „aber Franziska soll hier zur Schule gehen, wir wohnen in der Nähe.“ Die Frau tänzelte verlegen, wusste nicht, ob sie dazugehörte oder nicht. Franziska drückte sich an das Bein ihrer Mutter. „Mama, ist das die Lehrerin?“
Freundlich beugte sich Eva herunter, wartete, bis Franziska sie vorsichtig anschaute: „Nein, das bin ich nicht. Aber ich leite die Schule, und ich hole nur nette Lehrer!“ Das Kind drückte sich noch enger an das Bein seiner Mutter.
Eva wandte sich der sechsten Person zu, ein junger Mann, der sie unverhohlen von oben bis unten musterte, mit den Blicken auszog.
Sie sah mit ihren 36 Jahren ziemlich gut aus, das war ihr bewusst: einen Meter siebzig groß, schlank, unter den braunen, schulterlangen Locken ein gerades Gesicht, leicht hervorstehende Augen, wohlgeformt. Ihre etwas ungelenk schiefe Haltung verriet etwas kräftiges, zupackendes hinter ihrer Gestalt. Das wirkte wohl anziehend. Sie war Männerblicke gewohnt, aber diese gingen weit. Zu weit. Trotzdem lächelte sie ihn an: „Und was führt Sie auf unsere Farm?“
„Weiterbildung.“ Er schnappte leicht beim Sprechen. „Alternativer Landbau und so. Ich bin Umweltingenieur.“
„Soso, na, dann gehen wir mal los.“ Vorsicht. Das konnte ebenso gut ein Mann von ESCO sein, oder von der Patentpolizei. ‚Du kannst mir viel erzählen‘ dachte sie, ertappte sich aber, wie sie gegen ihren Willen beim Losgehen leicht mit dem Hintern wippte. Das hatte der Typ also schon erreicht. Sie ärgerte sich über ihre eigene Unsicherheit. Den Triumph wollte sie ihm eigentlich nicht gönnen.
Die Tour verlief über die Felder und Eva erklärte die Farmarbeit. Sie versicherte, alle Pflanzen seien pollenfrei und zeigte, wie sie ernteten und Lieferungen zusammenstellten, und sie führte sie über den Farmmarkt, wo Privatleute ebenso wie Restaurant- und Ladenbesitzer einkauften. Die Fragen des Ingenieurs, woher die Pflanzen kämen, welche Patente sie hätten und wem die Farm eigentlich gehöre, überging sie freundlich; den Wareneingang ließ sie weg, bei deren Prüfung alle Farmmitarbeiter ständig Sensoren und Sender aus allem entfernten, was hereinkam.
Ferdinand war glücklich und seine Eltern bewegten sich, als ob sie hier immer schon hergehörten. Franziska gefiel der Schulgarten und sie nickte schließlich auf die Frage, ob sie hier zur Schule gehen wolle.
Am Schluss lud sie das Elternpaar ein, sich mit dem Verwalter Mirko Nemec genauer zu unterhalten und erklärte Mutter und Tochter die Schuleinschreibung. Den Umweltingenieur verabschiedete sie freundlich: „Ich glaube, Sie passen besser zu einem anderen Betrieb.“ Mit kaltem, trotzigem Blick machte er sich grußlos davon.
Eva versuchte, sich sein Gesicht zu merken, doch kaum hatte sie durchgeschnauft, war es verblichen. Diese Leute waren alle gleich. Zum Glück war ihr kleines Paradies einigermaßen geschützt. Der Status eines afrikanischen Betriebes, der offiziell an Diplomaten lieferte, eine schwer durchschaubare Gesellschaftsstruktur und die Region Wien als wohlwollender Vermieter trugen dazu bei. Solange keiner genau mitbekam, wie sie arbeiteten, konnte niemand nachweisen, dass die Farm eigentlich an oder gar hinter den Grenzen der Legalität arbeitete und Jasiri ihren Nachschub regelmäßig aus Afrika einschmuggelte.
Der Preis für das Idyll war die ständige Bedrohung. Durch Leute wie den angeblichen Umweltingenieur. Jasiri hatte den Ausweg der Anonymisierung gefunden, eine Art digitaler Geisterzustand, der ihre Ehe jetzt belastete, hervorgerufen durch eine Manipulation der zentralen Computersysteme. Sie musste sich damit abfinden. Sie war die Frau eines Chefs, der immer wieder in einer anderen Welt verschwand. In Afrika, das so weit weg war, so verlockend − und so isoliert vom Rest der Welt, mit anderen Regeln und Vorstellungen. Dennoch, sie wollte hier nie wieder weg. Die Farm war ihre Familie geworden. Eine Familie, die von anderen argwöhnisch beobachtet wurde. Was das bedeutete, sollte Eva bald erleben. Doch noch genügte es, wenn sie mögliche Spione erkannte und elegant abblitzen ließ.
Als die Besucher fort waren, ging sie zurück ins Haus. Im Schlafzimmer kramte Jasiri, der seine Tasche packte. Lässig warf er seine wenigen Dinge hinein, die Tasche blieb halb leer. Wie immer schuf seine Anwesenheit eine leicht vibrierende Lebendigkeit im Raum.
„Ah, gut dass Du kommst“, er blickte kurz auf, als sie das Zimmer betrat, „ich muss bald los. Deine Schwester hat sich gemeldet, ich hab es Dir aufgeschrieben.“
„Da war wieder so ein Typ, der uns ausspionieren wollte.“ Eva nahm das Tuch ab und schüttelte ihre Haare aus. „Um davon abzulenken, hat er mich die ganze Zeit angeglotzt. − Musst Du jetzt schon los?“, zart, aber deutlich drückte sie sich an ihn.
„Auch Spione haben Geschmack.“ Die Arme, die sie umschlangen, schienen sein breites Grinsen ins Unendliche zu verlängern: „Ich würde Dich auch anglotzen. − Und ja, ich habe noch Zeit – aber nur kurz.“
Kurz. Immerhin. Nicht darüber nachdenken, den Moment nehmen: „Dann komm, lass uns noch zusammen rausgehen, das tut uns gut.“ Achtlos hängte sie den Zettel neben den Spiegel, räumte ihre Frühstücksreste weg und beobachtete, wie er seine Tasche fertig packte. Mit wenig Gepäck reisen, das hatte inzwischen auch sie von Jasiri gelernt und es freute sie, ihm dabei zuzusehen. Sie war stolz auf Jasiri.
Kurz darauf stellte er die Tasche vor der Tür ab; sie hakte sich bei ihm ein und zog ihn auf ihren üblichen Weg, an den Gemüsebeeten vorbei über die Obstwiesen zu einer kleinen, abgelegenen Kuppe mit einem Baum. Diese Kuppe war ihr ganz privater Platz inmitten des öffentlichen Farmlebens. Hier hatten sie sich zum ersten Mal geliebt, vor 8 Jahren, als alles losging. Etwas von der Stimmung war seitdem an diesem Platz geblieben. Ein Prickeln. In vertrauter Bewegung landeten sie nebeneinander im Gras.
Doch Jasiri war schon nur noch halb da. Die Spannung in seinem Körper verriet: Im Geiste war er schon unterwegs. Unterwegs in die andere Welt.
„Ich muss diesmal alleine fahren.“ Ernst blickte Jasiri über die Wiesen. „Das macht es schwieriger, deshalb muss ich schon so früh los.“
„Was war mit Quasiz? Ich habe ihn noch nie gemocht, aber wenn er Dir fehlt − ich kann ja mitkommen. Irgendwann will ich auch nach Bawesi, überhaupt nach Afrika.“ Sie wusste, dass das nicht ging.
„Ich konnte ihm nicht mehr vertrauen.“ – Jasiri warf ein Steinchen die Kuppe hinab, wollte verbergen, dass er sich ärgerte. „Aber mit ihm war das Reisen einfach.“ Das stimmte. Für Eva wäre es viel komplizierter. Sie war nicht anonymisiert, sie könnten sie überall aufspüren. Und dann wüssten sie, wie sie ihren Nachschub bekämen. All das wusste sie. Leider. Hinzu kam die afrikanische Sicht auf ihre Beziehung. Europäerin und, noch schlimmer, Ehefrau – ablehnen würden sie sie in seinem Dorf.
„Diese verfluchte Anonymisierung! Die macht alles nur noch schlimmer.“ Begleitet von einem Schnauben flog dem Steinchen ein Stöckchen hinterher. „Sie saugt Dich aus meinem Leben“, Eva suchte nach Worten, „wenn Du weg bist, bist Du verschwunden, wie ein Gespenst.“ Ganz eng rückte sie an ihn, einen Arm um seinen Rücken, den Kopf an seine Schulter gedrückt. Sie hielt ihn. „Mein schwarzer Mann verschwindet in einem schwarzen Loch – und ich bleibe hier.“
„So ist es nun mal“, Jasiri seufzte, während er sich sanft befreite. Er bemühte sich, sie seine zunehmende Abwesenheit nicht spüren zu lassen. Doch er sprach schon wie aus einer anderen Welt. „Wir haben diesen Weg gewählt, ich weiß keinen besseren.“ Und er hatte Recht. „Wir brechen Grenzen und Regeln, tauchen ins Niemandsland. Leben zwischen den Welten. Mit allen Abgründen.“
„Ist es so schlimm?“
Von weit weg blickte er sie an. „Nicht immer.“ Und dann erzählte er: „Nur − die Leute, die du dort triffst, sind nicht alle gut, und manchmal erlebst du Dinge, von denen du lieber nichts wüsstest. Man muss aufpassen, dass sie dich nicht hineinziehen.“ Jasiri schüttelte sich. Fast unmerklich. Nur ein Zucken spürte Eva. Er löste sich.
„Ich muss gleich los. Ich will heute noch bis Rom kommen.“
„Wann kommst Du wieder?“
„Wenn alles gut geht, bin ich in acht Tagen zurück.“
Sie küssten sich noch einmal. Eva hauchte ihm ein „pass auf Dich auf!“ ins Ohr und flüsterte: „Ich denke an Dich.“
Er zog sie noch einmal an sich, sie schlang sich um ihn, sie sanken herunter ins Gras und für einen wunderbaren Moment war es wie vor acht Jahren.
Als sie wenig später wieder auf den Hof gingen, kam auch schon das Rufauto. Langsam, wie es für den fahrerlosen Betrieb vorgeschrieben war, rollte es über den Hof, hielt an, blinkte. Jasiri nahm seine Tasche, sendete mit seinem Kommunikator den Mietcode und das Auto öffnete sich, er setzte sich ans Steuer, winkte und fuhr los.
Weg war er. Mal wieder. Allein blieb Eva auf dem Hof stehen und sah ihm nach. Es tat weh, ihn gehen zu sehen. Auf seinem Weg durfte er keine Spuren hinterlassen. Solange er fort war, würde er sich nicht bei ihr melden.
Sie wusste das alles. Ihr Kopf wusste es, Ihr Körper wusste es, ihr Herz. Das war ihr Leben. Schmerzhaft war es trotzdem. Und zu allem Übel genoss sie den Schmerz sogar. Schließlich half er ihr, ein Gefühl zu verdrängen, das sie verunsicherte. Sie bewunderte Jasiri, ihren Anführer, Ideengeber und Beschützer. Sie brauchte ihn, sie war in ihn verliebt, doch was war es, was nun tatsächlich mit ihr verwachsen war? Jasiri? Oder eher das Projekt ihrer Farm? Da war auch eine winzige, blöde, eigenartige Erleichterung, die seine Abreise immer in ihr weckte. Das erschreckte sie. Doch wie jedes Mal verdrängte sie diesen Gedanken, ließ den Schmerz hinter sich und machte sich ebenfalls auf den Weg.
Zurück im Haus, machte sie sich an ihre Arbeit. Die Leitung der Schule verlangte jede Menge Verwaltung. Sie musste genau dokumentieren, was sie den Kindern beibrachten und welche Ergebnisse sie erzielten. Es verlangte viel Fingerspitzengefühl, glaubwürdig zu sein und nichts zu berichten, was auf Regelverstöße hinwies. Das gleiche galt für alles andere. Vor ihr lagen Broschüren, die an die Kleinbauern gingen, meist Stadtbewohner, die Balkone und Dächer bepflanzten.
Das Formulieren machte ihr Freude. Hier ergänzten Jasiri und sie sich wirklich gut. Er, der ungestüme Regelbrecher, sie, die Vorsichtige, die alles so darstellte, dass es nicht angreifbar war.
Konzentriert machte sie sich an die Arbeit. Von draußen drangen die Farmgeräusche durch das Fenster und sie vergaß die Zeit, ging auf im wuseligen, rebellischen Betrieb, der inzwischen so gut funktionierte, mit Jasiri als Oberrebell und ihr als Rebellenbraut. Die Finger flogen über die Tasten, ein Lächeln flog über ihr Gesicht. Sie fühlte sich wohl.