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II. Holland 1991

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Aber fangen wir doch am besten vorne an. Es war die Zeit, in der ich für meine Verhältnisse schon recht viel Haschisch rauchte. Zehn bis 15 Joints waren an der Tagesordnung. Am liebsten war mir Schwarzer Afghane – zwar teurer, aber er hielt am längsten und war in der Verarbeitung leicht zu handhaben. Andere Sorten musst du zu stark erhitzen, um sie in einem Joint zu verarbeiten. Den Schwarzen, den wir benutzten, konnte man bequem zwischen den Fingern formen wie Kaugummi. Einfach zwischen Daumen und Zeigefinger so lange drehen, bis er weich und zu einer kleinen Stange wird. Sieht aus wie Fensterkitt. Ab damit auf das vorbereitete Papier, Tabak drauf und einen selbst gebastelten Filter aus Pappe dazu. Fertig ist der Joint. Eigentlich ganz einfach. Der Filter ist eigentlich gar kein Filter – nur ein Stück gerollte Pappe. Eher ein Mundstück, damit man beim Rauchen nicht ständig Tabakkrümel zwischen die Zähne bekommt. Damals bekam ich auf jeden Fall schon nicht mehr viel auf die Reihe, weil ich ständig platt war. Das war aber kein Grund, mit dem Kiffen aufzuhören. Am schlimmsten war es, wenn ich total zugesoffen war und dann noch einen Joint geraucht hatte. Dann wurde mir regelmäßig schön schlecht. Rauchte ich den Joint bevor ich saufen ging, war die Welt in Ordnung.

Dann kam eine desaströse Fahrt nach Holland. Normalerweise schmuggelte ich im Monat etwa ein Kilo normalen Standard. Den Stoff besorgte ich mir bei einem Privatdealer in einer kleinen holländischen Stadt. Die Qualität war gut, manchmal sogar besser als im Coffeeshop. Aber, das Wichtiger war: billiger.

Am besagten Tag fuhr ich auf jeden Fall mit zwei Freunden, mit denen ich normalerweise nie fuhr, nach Holland. Ich war so durch den Wind, dass ich das Geld vergaß, mit dem ich das Dope bezahlen wollte. Das trübte meine Stimmung aber irgendwie nicht weiter und wir beschlossen schließlich, einfach einen Trip nach Holland zu machen und dort ein wenig zu entspannen. Ich checkte meine verbliebenen Finanzen und die eingesteckten 250 Mark waren ausreichend, um was loszumachen. Ich lotste meinen Fahrer zu einem schwimmenden Coffee-Shop, der als Schiff am Ufer eines Flusses in der kleinen Stadt lag. Als wir ankamen, grauste es mir schon vor dem Abstieg in das Innere des Schiffes. Um in den Verkaufsraum zu gelangen, musste man eine steile Eisentreppe hinabklettern. Das war schon ein bisschen Gefummel – aber nach einem längeren Aufenthalt die Treppe wieder hochzukommen, ohne sich zum Affen zu machen oder wehzutun, das war schon schwieriger. Wir saßen dann also in lustiger Runde, rauchten Dope und tranken Dosenbier bis zum Abwinken. Zu später Stunde, wir hatten volle Breite erreicht und leckere 250 Gramm in der Tasche, mussten wir dann zurück auf die Leiter. Nach langem Kampf schafften wir es auf den Parkplatz und plötzlich stand ein südländisch aussehender Typ vor mir. Ich fragte ihn, was er wolle und er stammelte, ich müsse ihm unbedingt 50 Mark leihen. Ich lachte, zeigte ihm freundlich den Vogel und sagte, dass ich keine 50 Mark mehr habe. Daraufhin machte er eine schnelle Bewegung in Richtung seiner Jackentasche – trotz voller Breitseite schlug ich ihm direkt auf die Nase und trat ihm seitlich ins Kniegelenk. Dann drehte ich mich zu meinen Kumpels um, die gerade auf den Parkplatz kamen und rief ihnen zu, sie sollen sich beeilen. Als ich mich gerade wieder umdrehte, sah ich, wie der Typ am Boden erneut zu seiner Jackentasche griff – ein Fehler, denn ich war mir sicher, er griff nach einer Waffe. Ich trat ihm zuerst mit voller Wucht ins Gesicht und danach erneut aufs Knie. Ich sprintete zu den anderen, wir stiegen ins Auto und machten, dass wir wegkamen. Was wirklich in der Jackentasche war, weiß ich bis heute nicht.

Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, erklärte ich dem Fahrer den kürzesten Weg nach Deutschland. Zugeraucht und besoffen wie wir waren, pennte ich schnell ein, der Fahrer verfuhr sich natürlich und nahm die Strecke über Belgien und Luxemburg. Eine äußerst beschissene Wahl. Zuerst merkte ich nichts, aber nachdem wir die belgisch-luxemburgische Grenze passiert hatten, weckte er mich und stammelte etwas von Zöllnern. Ich kam langsam zu mir und sah einen Wagen der Luxemburger Zoll. Sie hatten uns auf einer Brücke ausgebremst und unser Fahrer warf mir panisch die 250 Gramm Dope auf den Schoß. Stotternd rief er: „Raus! Raus damit!“

Es war bereits dunkel und ich noch mächtig breit – ich schaffte es gerade so, einen Spalt des Fensters zu öffnen und das Hasch hinauszubefördern. Die Platten landeten allerdings direkt neben unserem Auto.

Mittlerweile hatten die Zollbeamten die Fahrerseite unseres Wagens erreicht und fragten nach unseren Papieren, die wir ihnen bereitwillig aushändigten. Nachdem sie lange genug in unseren Ausweisen geschnüffelt hatten, forderten sie unseren Fahrer auf auszusteigen und den Kofferraum zu öffnen. In dem Moment schaute einer der Beamten an der Beifahrerseite des Autos vorbei und bemerkte offenbar das Päckchen am Boden. Er kam langsam näher. Ich war mir sicher, dass er das Dope gesehen hatte. Er kam zu meinem Fenster und fragte mich durch den Spalt in Luxemburger Dialekt, was da auf dem Boden liege. “Sieht aus wie Schokolade,“ antwortete ich. „Ich zeig dir gleich Schokolade, Du Saupreuß! Sofort aussteigen und Hände nach oben halten“, war seine Antwort.

Wir bekamen alle Handschellen verpasst und mussten auf dem Rücksitz des Zollfahrzeugs Platz nehmen. Dann fuhren wir den Weg, den wir gekommen waren, zurück und auf der Fahrt laberte einer der Beamten etwas von „einer Tüte, die aus dem fahrenden Auto geflogen sei.“ Ich kam ins Grübeln. Hatte einer meiner Kumpels etwas gekauft, von dem ich nichts wusste? Oder waren die Zöllner auf dem besten Wege, uns so richtig zu verarschen? Wie sich herausstellte, war leider letzteres der Fall. Plötzlich hielt das Zollfahrzeug an und einer der Beamten fischte eine Tüte vom Asphalt, die so aussah, als sei sie schon öfter mal aus einem fahrenden Auto geflogen. Allerdings aus einem mit Zollkennzeichen.

Schließlich erreichten wir die kleine Zollstation und wurden in verschiedene Räume gebracht, die alle mit kleinen Sichtfenstern verbunden waren. Dann wurde die Überraschungstüte ausgepackt und zum Vorschein kam mindestens ein halbes Kilo Dope in verschiedenen Sorten. Ich wurde zuerst vernommen. Ganz klassisch in der Guter-Bulle, Böser-Bulle-Verteilung. Einer einfühlsam, der andere droht. Leider blieb es diesmal nicht bei Drohungen. Vom bösen Cop bekam ich gleichmäßig ein Paar in die Fresse, während der andere ihm stets sagte: „Hör’ auf damit!“ Und an mich gewandt: „Gib’ einfach zu, dass es deine Tüte war!“ Ich konnte nicht anders und antwortete: „Leck mich am Arsch, du Fatzbeidel!“ Die Antwort kam prompt: „Das Einzige, was wir von Euch übernommen haben, ist die Brutalität der GESTAPO, du Saupreuß.“ Im gleichen Moment brach er mir die Nase.

Seltsamerweise hatte ich keine Schmerzen, sondern spürte nur ein dumpfes Pochen in der Nase und das Blut strömte direkt in mein Hemd. Ich wollte die Handschellen abgenommen bekommen – dann hätten wir schon gesehen, wer hier wen vermöbelt. Stattdessen riss er mich vom Stuhl und brach mir mit Schlägen seiner Taschenlampe zwei Rippen. Das war ihm vollkommen egal.

Unser Fahrer musste eine ausführliche Leibesvisitation über sich ergehen lassen und gab aus Angst direkt mal zu, dass die Tüte doch von uns sei.

Ich wollte das alles nicht so einfach hinnehmen. Allerdings musste ich erstaunt feststellen, dass die Beamten der Luxemburger Polizei und des Luxemburger Zolls weit mehr Freiheiten haben, als ihre deutschen Kollegen. Ich ersparte mir eine Anzeige. Wollte ich im Grunde sowieso nicht. Mir ging es eher darum rauszufinden, wo ich den Arsch noch mal treffen könnte – zunächst wusste ich nicht mal, wo diese beschissene Zollstation überhaupt lag. Meinen Mitfahrern erzählte ich nichts von meinen Plänen – schließlich stand uns noch eine Gerichtsverhandlung bevor und man konnte nicht wissen, was die beiden Trottel da alles auspacken würde, wenn sie nicht mal in der Lage waren, untergeschobenes Dope zu leugnen.

Auf jeden Fall durften wir nach der ganzen Aktion noch in der gleichen Nacht weiter und nach Hause. Drogentests gab es zu dieser Zeit noch nicht – sonst hätten wir die Nacht ganz bestimmt in einer Luxemburger Zelle verbracht.

Erst zwei (!) Tage später rollten die deutschen Zöllner dann bei mir zu Hause an. Ich wohnte noch bei meinen Eltern, die von der ganzen Aktion natürlich nicht sehr erbaut waren. Allerdings gab es nix zu finden – zwei Tage später. Wer dann seine Bude nicht sauber hatte, der muss einfach bestraft werden.

Bis die Verhandlung begann, dauerte es eine Zeit. Ich hatte ein separates Verfahren, da die beiden anderen noch etwas Zusätzliches am Laufen hatten und ich außerdem über ein bisschen Vitamin B verfügte. Verwandtschaft bei Gericht – da konnte man schon mal ein gutes Wort für mich einlegen. In der Verhandlung war auf einmal keine Rede mehr von der Tüte voll Dope – und Zollbeamte waren auch keine geladen. Der Richter verpasste mir eine Geldstrafe und wollte mich nach Hause schicken. Ich protestierte und fragt nach der Tüte, die doch angeblich bei uns gefunden worden sei. Der Richter entgegnete, er wisse nichts von einer Tüte. Ich wurde wütend und verlangte, die beiden Zollbeamten zu laden und die Tüte, die sie angeblich bei uns gefunden hatten als Beweismittel vorzulegen. Der Richter schaute mich ungläubig an und fragte mich, ob ich unbedingt eine höhere Strafe wolle. Ich war der Meinung, das sei mein Problem und verlangte erneut, die beiden Affen samt Tüte in den Gerichtssaal zu schaffen. Dann würde sich schon alles aufklären. Aber der Richter wollte einfach nicht und damit war die Sache erledigt. Ende. Schade eigentlich, denn so habe ich nie herausgefunden, wer die beiden Arschlöcher waren. Und nach der Verhandlung kümmerte ich mich auch nicht weiter darum. Es war mir egal.

Auf jeden Fall war die ganze Chose ein Wendepunkt. Ich verlor die Lust am Kiffen. Erstens hatten sie mich erwischt, zweitens vertrug es sich nicht mit meinen Saufexzessen und drittens nervte mich die Tatsache, dass ich meistens so stoned war, dass ich nichts mehr auf die Kette bekam schon irgendwie.

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