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III. Der Kreditkartenbetrug
ОглавлениеKurz nach der Hollandaktion saß ich in einer Kneipe, die für ihr lichtscheues Publikum bekannt war. Plötzlich kam ein Typ herein, den ich eigentlich nur flüchtig kannte. Er war schweißgebadet, kam zügig in meine Richtung, grüßte und fragte mich im gleichen Atemzug, ob ich eine Kreditkarte kaufen wolle, die er mir dann auch direkt unter die Nase hielt. Ich wollte wissen, wessen Karte das sei und was ich damit überhaupt anfangen könne. Er schaute sich nervös um und sagte schließlich: „Ach, behalt sie doch!“, schmiss das Ding auf den Tisch und rannte aus der Kneipe.
Wenig später kamen meine Cousine und ihr Mann und setzten sich zu mir. Wir quatschten über dies und das und schließlich erzählte ich ihnen natürlich auch von dem Typ und seiner Kreditkarte. Ich zeigte ihnen mein „Geschenk“ und sagte, ich sei ein bisschen ratlos, was ich damit anstellen solle. Mit meinen 18 Jahren und einem Hang zu Bargeld hatte ich so ein Ding bisher noch nie in der Hand gehalten. Ditsch, der Mann meiner Cousine, bekam sofort große Augen und wurde ganz zappelig. War richtig aus dem Häuschen. Er erklärte mir, dass man mit so einer Karte richtig Kohle machen könne und wie einfach das im Übrigen wäre. Zuerst: die Unterschrift auf der Rückseite der Karte üben – die müsse schon perfekt sein. Wo man mit der Karte zahlen könne, stünde auf jeder Ladentür. Allerdings gebe es auf jeder Karte ein Limit, das nicht überschritten werden dürfe. Das war alles neu für mich – aber es schien, als wisse er, wovon er da redete. Dann erklärte er mir genau, wie das ganze funktioniert: „Du gehst ins Geschäft, kaufst dir eine Hose und die bezahlst du dann mit der Karte. Die Verkäuferin nimmt die Karte und zieht sie durch ein Gerät. Ich nenne es Ratscher. Dann kommt ein Beleg. Den unterschreibst du, packst deine Hose ein und fertig.“
So weit, so einleuchtend. „Nun zum Limit. Bist du über dem Limit – sagen wir mal 2.000 Mark – muss der Verkäufer bei der Bank anrufen und deine Kreditwürdigkeit überprüfen.“ „Und was ist, wenn die nach meinem Personalausweis fragen?“, warf ich ein.
„Da mach dir mal keine Sorgen“, beruhigte er mich, „das passiert so gut wie nie.“
Ditsch war ganz heiß auf die Nummer und wollte direkt wissen, wann wir loslegen würden. Er schlug vor, dass ich in den Laden gehen solle und er würde draußen Schmiere stehen – falls doch was schiefgehen sollte. Ich fand seinen „Plan“ natürlich weniger spitze. Ich war gerade mal 18 Jahre und sollte schon mit Kreditkarte zahlen? Das glaubt mir kein Schwein! Er stimmte mir zu, aber hatte auch direkt die passende Lösung parat. Ich solle mich einfach in meinen feinsten Zwirn schmeißen – Sakko, Hemd, volles Programm. Dann würde das schon laufen. Außerdem gebe es gegen ihn gerade noch einen Haftbefehl – da sei das Risiko einfach zu groß. So ganz überzeugt war ich noch nicht. Aber neugierig. Ich wollte wissen, ob es wirklich so einfach war, wie Ditsch behauptete.
Komplett blöde waren wir ja nicht – deshalb fuhren wir in die nächstgrößere Stadt mit Campingplatz, mieteten uns dort ein und ich übte die Unterschrift, bis ich sie im Schlaf konnte.
Bei einem kleinen Juwelier machten wir dann die Probe auf’s Exempel. Ditsch stand etwas abseits des Ladens – er wäre sicher abgehauen, sobald er gemerkt hätte, dass etwas schiefging – und ich stiefelte in den Laden. Als die Verkäuferin Zeit für mich hatte, gab ich vor, ein Geburtstagsgeschenk für meine Freundin zu suchen. Eine hübsche Kette sei vielleicht das richtige. Ditsch hatte mir eingeschärft, ich solle eine Summe von 550 Mark nicht überschreiten. Deshalb suchte ich eine passende Panzerkette aus 333er Gold für 450 Mark aus und ließ mir das gute Stück als Geschenk verpacken. Kein Problem, der Herr. Dann zog ich mein Portemonnaie hervor und tat nach einem flüchtigen Blick hinein ganz erstaunt: Leider hätte ich nicht genug Bargeld – ob auch Kreditkarte möglich sei? Kein Problem, der Herr. Lächelnd verpackte die Dame mein Geschenk, legte es auf den Ladentisch und holte den „Ratscher“. Zusammen mit einem Beleg legte sie meine Karte ein. Dann machte es zweimal ratsch und ich bekam die Karte zurück. Als sie mir den Beleg vorlegte, dachte ich kurz, ich schaffe es nicht. Aber weit gefehlt. Ich meisterte die Unterschrift, als wäre es meine eigene. Ich bekam meinen Einkauf überreicht, steckte meine Karte samt Beleg weg, bedankte mich artig und verließ den Laden. Erst hinter der nächsten Häuserecke wurde mir ganz heiß und mein Herz begann zu rasen.
Ditsch war sofort neben mir. Und wollte wissen, ob es funktioniert habe. „Ich weiß noch nicht genau wie, aber es hat funktioniert“, sagte ich.
Der Probelauf war geglückt und wir fuhren zufrieden zurück zum Campingplatz. Am Abend genehmigte ich mir tüchtig einen und so konnten wir mit unserer Arbeit am nächsten Tag auch erst gegen Mittag beginnen. Wir fuhren zurück in die Stadt, diesmal aber in die Fußgängerzone. Hier bummelten wir umher und kontrollierten, welche Juweliere unsere Karte akzeptieren wurden. Insgesamt machten wir drei verschiedene Läden aus, in denen nur eine Verkäuferin zu sehen war und bei denen die Fluchtmöglichkeiten ideal zu sein schienen. Ich nahm mir die Läden der Reihe nach vor – und es klappte wie am Schnürchen. Keine Zwischenfälle.
Da der Tag noch jung war, fuhren wir in die nächste Stadt und suchten hier zwei weitere Läden aus, in denen ich jeweils eine Kette kaufte. Eine davon bekam meine Cousine, die andere ging an Ditsch.
Zurück auf dem Campingplatz kam ich mit einem Pärchen ins Gespräch, die in unserer Nähe campten. Ich verkaufte ihnen zwei Ketten für 400 Mark und lud die anderen zum Essen ein. Und gesoffen wurde auch reichlich. Noch am gleichen Abend hatte ich eine absolut glorreiche Idee. Wir würden nach Luxemburg fahren, dort tanken und jede Menge Kippen kaufen. Natürlich mit der Karte. Die Kippen könnten wir dann in Deutschland gegen Bares weiterverticken. Das war wesentlich lukrativer und einfacher, als Goldketten zu kaufen und zu verkaufen. Zu dieser Zeit waren die Grenzen noch nicht offen – ein Umstand, den es zu beachten galt. Ich beschloss am nächsten Morgen zu fahren, wenn alle auf der Arbeit sind und nahm einen Freund mit, da Ditsch noch immer per Haftbefehl gesucht wurde. Für eine Grenzüberfahrt leider etwas zu riskant.
Am nächsten Morgen ging es los. Sofort an der ersten Tankstelle machte ich das Auto voll und kaufte jede Menge Zigaretten. Es lief ohne Probleme. Auf diese Weise erleichterten wir insgesamt sechs Tankstellen hintereinander. Die Kippen packten wir unter die Sitze und unter eine Decke auf dem Rücksitz. Auch beim Zoll gab es auf der Rückfahrt keine Probleme.
Zurück auf dem Campingplatz verteilte ich die Zigaretten stangenweise. Ditsch, meine Cousine und mein neuer Partner bekamen je drei. Später bekam mein Mitfahrer noch mal fünf Stangen extra. Aber das brauchten die anderen beiden ja nicht zu wissen.
Weil es so gut geklappt hatte, fuhren wir am nächsten Morgen direkt wieder rüber. Wir nahmen uns drei neue Tankstellen vor – Luxemburg ist voll davon. Alle paar Meter eine neue Tanke, ganz besonders direkt hinter der Grenze.
An der dritten Tanke passierte es dann: Ich verrechnete mich. Nicht viel, aber es reichte. In meiner Selbstsicherheit hatte ich ein paar Stangen Kippen zugunsten einer Flasche Whiskey weggelassen. Die war aber leider teurer als gedacht. Ich überschritt das Limit und beim Bezahlen nahm der Verkäufer nicht wie üblich den Ratscher, sondern fummelte auf einmal am Computer rum. Er sah mich komisch an und sagte: „Das tut mir leid. Die Karte ist entweder nicht gedeckt oder gesperrt.“