Читать книгу Mördersuche am Strand: 10 Ferienkrimis - Don Pendleton - Страница 24
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ОглавлениеPeter Tiller ging es miserabel. Übelkeit würgte ihn im Hals. Sein Magen revoltierte, und er konnte das Frühstück nur schwer bei sich behalten.
Die beiden Mafiosi sprachen kein Wort. Der Blonde steuerte den Wagen, während der Dunkelhaarige mit seiner Pistole unentwegt auf den Gefangenen zielte.
„Was habt ihr mit mir vor?“, fragte Tiller. „Wohin bringt ihr mich?“
„Das wirst du noch früh genug erfahren“, sagte der Dunkelhaarige.
„Was hat mein Bruder getan, dass ihr so eine Stinkwut auf ihn habt?“
„Er hat sich erdreistet, ein Mitglied des Syndikats festzunehmen.“
„Das gehört doch zu seinem Job.“
„Man kann seine Arbeit so und so tun. Dein Bruder hat einen falschen Ehrgeiz entwickelt. Unser Boss wird ihm dafür einen schmerzhaften Tiefschlag verpassen.“
Peter Tiller wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Ihr kennt Truman nicht. Er wird sich das nicht gefallen lassen.“
Der Dunkelhaarige grinste. „Es ist unsere Absicht, ihn aus der Reserve zu locken. Wer blind vor Wut ist, der vergisst zu denken, und da kann es sehr leicht passieren, dass er in ein offenes Messer läuft.“
Tiller riss die Augen auf. „Ihr wollt Truman umbringen?“
„Das habe ich nicht gesagt.“
Peter Tiller schwieg betreten. Hinter seiner Stirn überschlugen sich die Gedanken. Einen schmerzhaften Tiefschlag wollte die Mafia seinem Bruder versetzen. Was war schmerzhafter als ein Mord?
O mein Gott!, dachte der Fluglehrer bei diesem schrecklichen Gedanken. War er unterwegs zu seiner Hinrichtung? Er liebte Truman, aber er wollte nicht für ihn sterben.
„Hören Sie, was habe ich denn mit dem zu tun, was mein Bruder getan hat?“, fragte er nervös.
„Du bist dieselbe Ratte wie er“, sagte der Dunkelhaarige aggressiv. „Wenn wir deinen Bruder umlegen würden, könntest du auf die Idee kommen, seinen Tod zu rächen.“
„Warum muss denn überhaupt jemand sterben? Lassen sich die Probleme denn nicht anders regeln?“
„Nein“, sagte der Dunkelhaarige knapp. „Und jetzt halt die Klappe. Ich will mich nicht weiter mit dir unterhalten.“
Sie fuhren am Riis Park vorbei, bogen wenig später links ab und rollten auf das Gelände einer aufgelassenen Teppichfabrik. Sie war von hohen Backsteinmauern umgeben. Das Hauptgebäude war teilweise eingestürzt. Auf dem Schutt wucherte dicht das Unkraut.
Das Wrack eines Transporters, der lange schon ausgedient hatte, lag ohne Räder auf dem Bauch. Peter Tiller war hier allein mit den beiden Mafiosi, und das gefiel ihm absolut nicht.
Er dachte an Flucht. Aber konnte sie gelingen? Der Dunkelhaarige hielt seine Pistole bestimmt nicht zur Verzierung in der Hand. Er würde schießen, sobald er, Tiller, versuchte auszurücken.
Dennoch beschloss Peter Tiller, es zu versuchen. Er konnte die Ungewissheit nicht ertragen. Er musste etwas zu seiner Rettung unternehmen, solange er dazu noch in der Lage war.
Drinnen im Fabrikgebäude würden sie ihn vermutlich fesseln, und dann war seine Fluchtchance ein für allemal dahin. Gespannt wartete er auf den richtigen Augenblick.
Der Blonde hielt den schwarzen Dodge neben dem Fabrikeingang. Die Tür war offen, ließ sich schon lange nicht mehr schließen. Der Beton, aus dem die Treppe bestand, war an vielen Stellen gerissen. In den Spalten wuchsen kleine Grasbüschel.
„Wir sind am Ziel“, sagte der Dunkelhaarige.
Peter Tiller regte sich nicht.
„Na los“, sagte der Gangster mit der Pistole. „Was ist? Worauf wartest du? Niemand hat die Absicht, dich mit einer Sänfte abzuholen. Du musst schon selbst gehen. Steig aus!“
Tillers Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt. Würde ihm die Flucht gelingen? War das wirklich eine echte Chance? Oder forderte er nur sein Ende heraus?
Der Blonde verließ das Fahrzeug. Er ging um den Dodge herum und öffnete wie ein Berufschauffeur den Wagenschlag. „Darf ich bitten“, sagte er spöttisch.
Tiller, der die Schläge der Gangster noch nicht ganz verdaut hatte, bekam feuchte Handflächen. Er ging ein hohes Risiko ein. Das höchste in seinem Leben, aber er musste es versuchen, um sich später keine Vorwürfe machen zu müssen. Entweder es klappte – oder er verlor sein Leben …
Ächzend schob er sich nach rechts. Er schwang seine Beine aus dem Wagen, tat so, als wäre er noch immer ziemlich groggy. Der Blonde glaubte es ihm. Der Mann schien großes Vertrauen in seine Fäuste zu setzen.
Peter Tiller richtete sich langsam auf, und im nächsten Moment handelte er blitzschnell. Seine Hand zuckte hoch. Der Blonde reagierte nicht rasch genug. Tillers Finger krallten sich in das volle Haar des Blonden.
Er riss den Kopf des Mafioso nach unten und ließ gleichzeitig sein Knie hochschnellen. Der Treffer warf den Gangster um. Im Wagen stieß der Dunkelhaarige einen ordinären Fluch aus.
Ehe der Verbrecher seine Pistole abfeuern konnte, schleuderte Peter Tiller die Tür zu. Sie knallte dem Mafioso auf die Pistolenfaust. Der Mann verlor die Waffe.
Tiller erfasste ein Hochgefühl. Du schaffst es!, schrie eine innere Stimme. Du schaffst es!
Mit langen Sätzen rannte er davon. Der Blonde und der Dunkelhaarige folgten ihm nicht sofort. Der Blonde riss seinen Revolver aus der Schulterhalfter. Der Dunkelhaarige fand seine Pistole wieder.
Beide bauten sich hinter dem Heck des Dodge auf und schossen hinter Peter Tiller her. Der Fluglehrer hetzte wie ein Hase im Zickzack weiter. Er stürmte den Schuttberg hinauf.
Oben angekommen, sackte er mit dem linken Fuß in ein Loch. Er kippte um. Die Kugeln der Gangster pfiffen ihm gefährlich nahe um die Ohren. Ein heftiger Schmerz durchzuckte seinen Knöchel, und von diesem Moment an konnte er nur noch humpelnd weiterlaufen.
Ein Geschoss zupfte an seinem Jackett. Das machte ihn so nervös, dass er sich fallen ließ. Mit zunehmendem Tempo rollte er den Schuttberg hinunter. Er musste die Zähne zusammenbeißen, als er sich wieder erhob.
Der Schmerz in seinem linken Knöchel wurde immer quälender. Weit konnte Peter Tiller nicht mehr laufen. Vielleicht war der Knöchel gebrochen. Er sah sich gehetzt nach einem Versteck um.
Der schäbige Transporter bot sich
an. Darauf humpelte Tiller zu. Er verkroch sich auf der Ladefläche. Wie ein angeschossenes Tier kam er sich vor, das sich vor seinen Jägern versteckt.
Die Bluthunde der Mafia würden nichts unversucht lassen, um ihn wieder einzufangen. Würden sie ihn auch hier suchen? Soeben tauchte der Dunkelhaarige obenauf dem Schuttberg auf.
Er rief seinem Komplizen etwas zu, was Peter Tiller nicht verstehen konnte. Der Fluglehrer zitterte. Ihm war klar, dass seine Chancen auf Null absackten, wenn die Gangster ihn hier fanden.
Der Blonde eilte an dem Schuttbuckel vorbei. Der Dunkelhaarige kam wachsam herunter. „Er hat das Gelände bestimmt nicht verlassen!“, rief er seinem Komplizen zu. „Er hat sich garantiert hier irgendwo versteckt.“
Es gab nicht viele Möglichkeiten, sich zu verstecken. Ein Mauerfragment. Eine düstere Ruinennische. Einen halb eingestürzten Kellerabgang. Und den Transporter.
Tiller hatte das Gefühl, sein Herz würde hoch oben im Hals schlagen. Er hörte die Schritte der Mafiosi und wagte kaum noch, einen Atemzug zu tun. Solange sein linkes Bein in Ruhestellung war, konnte er die Schmerzen im Knöchel aushalten, aber wehe, er bewegte sich auch nur einen Millimeter, dann hätte er am liebsten laut aufgeschrien.
Spinnweben zitterten über Tillers Kopf. Er duckte sich und wünschte sich, so klein wie eine Maus zu sein, aber selbst dann wäre es fraglich gewesen, ob es ihm gelungen wäre, den Gangstern zu entkommen.
Sie suchten ihn gewissenhaft. Ihre Schritte kamen näher. Tiller biss sich auf die Lippen. Gleich!, hämmerte es in seinem Kopf. Gleich haben sie dich gefunden!
Sie näherten sich der Ladeöffnung. Unmöglich, dass sie an dem Transporter vorbeigingen, ohne einen Blick hineinzuwerfen. Da tauchte der Dunkelhaarige auch schon auf.
Als er Tiller entdeckte, verzog sich sein Gesicht zu einem breiten Grinsen. „Ich wusste, dass er noch da ist.“
Tiller sah, wie der Gangster seine Pistole auf ihn richtete. Seine Kehle schnürte sich zu. Er rechnete damit, dass der Mafioso ihn jetzt erschießen würde.
Kein Muskel regte sich im Gesicht des Verbrechers. Der Blonde trat neben ihn. „Aus der Traum von der Flucht, Kleiner.“
Sie befahlen Tiller, aus dem Transporter zu kommen. Verzweiflung grub sich in seine Züge. Er musste gehorchen. Trotz der heftigen Schmerzen im Knöchel musste er vor den Waffen der Mafiosi zum Dodge zurückhumpeln.
Sie stießen ihn durch die offene Tür in das Gebäude. Er musste sich auf eine staubige Kiste setzen. Die Gangster bauten sich vor ihm auf und blickten ihn stumm an.
„Was nun?“, fragte Tiller resignierend.
„Wir warten auf den Boss“, sagte der Dunkelhaarige.
„Und dann?“
„Dann fährst du zur Hölle.“