Читать книгу Arminuta - Donatella Di Pietrantonio - Страница 11
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ОглавлениеNasse Wärme breitete sich unter meinen Rippen und meiner Hüfte aus, ich sprang ruckartig auf. Ich fasste mir zwischen die Beine, es war trocken. Adriana bewegte sich im Dunkeln, blieb aber liegen. In eine Ecke gekauert, schlief sie wieder ein oder einfach weiter, als wäre sie daran gewöhnt. Nach einer Weile legte auch ich mich wieder ins Bett, machte mich so klein, wie ich konnte. Wir waren zwei Körper, die die Nässe umrahmten.
Ganz allmählich verdampfte der Geruch, nur ab und zu noch eine kleine, stinkende Wolke. Kurz vor Tagesanbruch bewegte sich einer der Jungen, ich konnte nicht erkennen, welcher, einige Minuten lang immer schneller stöhnend hin und her.
Am Morgen wachte Adriana auf und blieb mit offenen Augen still liegen, den Kopf auf dem Kissen. Dann sah sie mich einen Augenblick lang wortlos an. Das Baby auf dem Arm, kam die Mutter, um sie zu rufen, und schnupperte in der Luft.
»Du hast dich schon wieder vollgepisst, na prima. Damit sie dich sofort richtig kennenlernt.«
»Ich war’s nicht«, antwortete Adriana und drehte sich zur Wand.
»Ach, womöglich war’s deine Schwester, so gut wie die erzogen ist. Beeil dich, wir sind spät dran.« Damit verschwanden sie in der Küche.
Ich war nicht bereit, ihnen zu folgen, und außerdem konnte ich mich nicht mehr bewegen. Ich blieb stehen, mir fehlte sogar der Mut, ins Bad zu gehen. Einer der Brüder setzte sich breitbeinig im Bett auf. Mit einer Hand wog er gähnend seine geschwollene Unterhose. Als er mich im Zimmer bemerkte, runzelte er leicht die Stirn und begann, mich zu mustern. Sein Blick blieb an meinem Busen hängen, der nur von dem Unterhemd bedeckt war, das ich bei der Hitze statt des Pyjamas trug. Instinktiv verschränkte ich die Arme über der Schwellung, die mir erst kürzlich gewachsen war, während unter der Achsel der Schweiß austrat.
»Hast du hier drin geschlafen?«, fragte er mit einer unreifen Männerstimme.
Ich nickte verlegen, während er mich weiter ohne Scham betrachtete.
»Bist du schon fünfzehn?«
»Nein, noch nicht mal vierzehn.«
»Du siehst aber aus wie fünfzehn, sogar älter. Hast dich früh entwickelt«, sagte er abschließend.
»Wie alt bist du?«, fragte ich aus Höflichkeit.
»Fast achtzehn, ich bin der Älteste. Ich arbeite schon, aber heute bin ich nicht dran.«
»Warum?«
»Heute braucht der Chef mich nicht. Er ruft mich, wenn Not am Mann ist.«
»Als was arbeitest du denn?«
»Als Handlanger.«
»Und die Schule?«
»Tja, die Schule! In der zweiten Klasse Mittelschule bin ich abgegangen, sie hätten mich sowieso durchfallen lassen.«
Ich sah die von der Arbeit ausgeprägten Muskeln, die breiten Schultern. Ein kastanienbraunes Gekräusel kletterte seinen sonnenverbrannten Oberkörper hinauf und weiter bis ins Gesicht. Auch er musste schnell gewachsen sein. Als er sich dehnte, roch ich seinen männlichen Geruch, nicht unangenehm. Eine fischgrätenförmige Narbe zierte seine linke Schläfe, vielleicht eine alte, schlecht genähte Verletzung.
Wir sprachen nicht mehr, er betrachtete wieder meinen Körper. Ab und zu verschob er sein Geschlechtsteil mit der Hand so, dass es weniger auffiel. Ich wollte mich anziehen, hatte aber am Vortag meinen Koffer nicht ausgepackt, er stand noch nebenan; um ihn zu holen, hätte ich mich vor seinen Augen umdrehen und einige Schritte gehen müssen. Ich wartete, dass etwas geschah. Sein Blick glitt langsam an meinen mit weißer Baumwolle bedeckten Hüften hinunter bis zu den nackten Beinen, den verkrampften Füßen. Ich würde mich nicht umdrehen.
Die Mutter kam herein und sagte, er solle sich beeilen, ein Nachbar brauche Hilfe bei der Feldarbeit. Im Gegenzug bekämen sie Kisten mit reifen Tomaten, von denen zum Einmachen.
»Du geh mit deiner Schwester zum Milchholen, wenn ihr frühstücken wollt«, befahl sie dann mir, bemüht, ihren Ton zu mildern, doch am Ende des Satzes klang er wieder wie immer.
Im anderen Zimmer war das Baby zu der Tasche mit meinen Schuhen gekrabbelt und hatte sie rund um sich verstreut. An einem kaute es, den Mund bitter verzogen. Adriana kniete auf einem Stuhl am Küchentisch und putzte schon grüne Bohnen für das Mittagessen.
»Du schmeißt viel zu viel weg«, kam pünktlich der Vorwurf.
Sie achtete nicht darauf.
»Wasch dich, dann gehen wir Milch kaufen, ich hab Hunger«, sagte sie zu mir.
Ich war die Letzte im Bad. Die Jungen hatten Wasser auf dem Boden verspritzt und waren hin und her gelaufen, man sah die Abdrücke von Schuhsohlen und nackten Füßen. Bei mir zu Hause hatte ich nie so schmutzige Fliesen gesehen. Ich rutschte aus, ohne mir wehzutun, wie eine Tänzerin. Im Herbst würde ich bestimmt nicht wieder zum Ballettunterricht gehen, und auch nicht zum Schwimmen.