Читать книгу Die dunkle Seite der Seele - Dorle Weichler - Страница 11

Kapitel 9

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Hatte sie laut geschrien oder doch wieder geträumt? Ihre Zunge klebte unter ihrem Gaumen, vergeblich versuchte sie, um Hilfe zu rufen! Noch nicht einmal ein Flüstern entrang sich ihrer Kehle. Aber sie musste trinken, wenn sie nicht bald etwas Wasser bekommen würde wäre sie nicht mehr lange am leben!

Der nächste Schrecken jagte ihr durch den Körper! Lebte sie denn überhaupt noch? Hatte nicht irgend jemand behauptet, sie wäre tot und hätte nichts mehr auf dieser Welt verloren? Ja, natürlich! Martha, ihre Nachbarin hatte sie doch besucht! Oder war das auch ein furchtbarer Traum gewesen? Wenn sie doch nur wüsste was real und was geträumt war!

„Bitte Gott, hilf mir doch! Ich brauche Wasser! Ich brauchte ganz dringend etwas zu trinken!“

Und wieder fiel ihr dieser Satz ein, „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott!“

Sie versuchte, klar und logisch zu denken. Sie war anscheinend wieder, oder immer noch, in diesem fast dunklem Zimmer. Mühsam richtete sie sich auf und sah sich um. In diesem Raum, der nur diese eine kleine Lichtquelle hinter ihr hatte, entdeckte sie ein Tischchen, und darauf stand ein Krug mit Wasser! Es musste ihr einfach gelingen, irgendwie dort hin zu kommen! Aber wie sollte sie das schaffen? Sie konnte sich doch kaum bewegen!

War sie immer noch gefesselt? Nein, sie konnte die Hände bewegen, und den rechten Arm sogar richtig, nicht aber den linken, der fühlte sich furchtbar schwer an.

Ob sie die Fessel an ihrem linken Arm vielleicht mit der rechten Hand lösen könnte? Sie versuchte angestrengt, in dem noch immer ziemlich dunklen Raum alles etwas genauer zu erkennen. Festgebunden war der Arm nicht wirklich, denn sie bemerkte links, weiter oben, einen großen durchsichtigen Beutel an einem Haken mit einer klaren Flüssigkeit darin, und die floss anscheinend in ihren Arm.

Sie hatte so etwas nach früheren Operationen doch auch schon oft gehabt, oder? Wie sehr sie sich auch anstrengte, sie hatte einfach keine klaren Erinnerungen! Nur die letzten Tage, oder waren es nur Stunden oder eher Wochen gewesen, an die sie sich nur zu gut erinnerte? Sie hatte das Gefühl, die nackte Angst steckte ganz tief in ihr drin! Und sie fühlte sich so schrecklich hilflos, allein und verlassen!

Ob das alles damit zusammen hing dass sie fast verdurstet war? Würde sich alles erklären lassen wenn sie endlich genug Wasser bekommen würde? Ob sie dann besser denken und sich an alles besser erinnern könnte?

Wieder dachte sie angestrengt nach! Ob sie es vielleicht schaffen konnte, den Inhalt dieses Beutels direkt in den Mund zu bekommen? Aber der Schlauch, der von da in ihren Arm führte, war fest verklebt. Dann musste sie irgendwie nach einer anderen Möglichkeit suchen, wie sie an etwas trinkbares gelangen könnte. Sie musste einfach versuchen, zusammen mit dem Beutel am Arm, aus dem Bett und zu dem Tischchen zu gelangen! Sie musste es einfach schaffen!

Das Aufsetzen hatte ja schon mal geklappt , aber auch mit ihren linken Bein musste irgend etwas sein, das sie daran hinderte, es zu bewegen, das rechte Bein zu bewegen war kein Problem, aber was war denn nur mit ihrem linken?

Erst jetzt bemerkte sie, dass ein ziehender Schmerz in ihrem Bauch, den sie auch vorher schon leicht verspürt hatte, stärker wurde, sie würde also auch ganz dringend bald auf eine Toilette müssen!

Plötzlich ging wieder die Tür auf! Der Schock und die Angst brachte sie sofort zum Zittern! Nicht wieder dieser Mann! Und nicht wieder eine Spritze! Sie wollte nicht zurück! Sie brauchte Hilfe! Ganz dringend Hilfe!

„Was strampeln Sie denn hier rum?“

Gott sei Dank! Es war eine Schwester! „Sie muss mir einfach helfen! Und mich hier raus bringen! Und ich habe Durst!“ Entsetzt stellte sie fest, dass sie diese Worte wieder nur gedacht hatte! Kein Ton war über ihre Lippen gekommen!

Derweil hatte die Schwester ihr rechtes Bein wieder ins Bett gelegt und wollte die Bettdecke unter die Matratze stecken.

„Durst! Bitte Schwester, Wasser! Bitte!“ Endlich hatte sie ihr Flüstern verstanden, nahm den Krug und schüttete etwas Wasser in einen Becher, den sie ihr an die Lippen setzte! Endlich! Gierig trank sie den Becher leer, „Bitte, mehr!“ Und sie bekam noch einen Schluck. Ermattet sank sie zurück aufs Kopfkissen, die Augen wollten ihr zufallen. Aber halt, sie hatte doch noch ein ganz anderes Bedürfnis! „Schwester, bitte, ich muss auch dringend auf die Toilette!“

„So ein Quatsch! Das kann gar nicht sein! Seit Tagen haben Sie nichts gegessen und für Urin haben Sie einen Katheder, da kann gar nichts passieren! Entspannen Sie sich und schlafen Sie einfach noch ein paar Stunden, Frau Kirchner! Oder brauchen Sie vielleicht doch noch eine Spritze?“

Alles, nur das nicht! Und sie war so müde, die Augen fielen ihr schon zu! Schlafen wollte sie gern, einfach nur schlafen und ausruhen! Aber ohne solche entsetzlich Träume!

******

Wo war sie? Fuhr sie irgendwo hin? Hatte sie jemand gefunden und brachte sie endlich in Sicherheit?

Ihr Rücken schmerzte, sie schien auf einer sehr harten Unterlage zu liegen, jeder Knochen und jeder Muskel in ihrem Körper tat ihr höllisch weh!

Mühsam wollte sie ihre Augen öffnen, komisch, die Augenlider waren regelrecht verklebt, darum versuchte sie, diese mit den Fingern auszuwischen. Aber sie bekam die Hände nicht hoch, warum konnte sie sich denn nicht bewegen?

Dann bemerkte sie einen merkwürdigen Geruch, was war das nur? Es roch eklig, irgendwie wie nach verbranntem Fleisch! Und wo auch immer sie sich drin befand, dieses Teil bewegte sich vorwärts. Wenn sie doch nur etwas sehen könnte!

Doch plötzlich wurde es heller, sie konnte in einigen Metern Entfernung verschwommen ein großes Feuer brennen sehen, und in dem Moment erkannte sie, worin sie lag! Es war ein Sarg! Und dieser Sarg wurde gleich Feuer fangen und mit ihr darin brennen! Aber sie war doch gar nicht tot! Sie lebte doch noch! Irgend jemand muss dieses Inferno doch beenden!

Sie wollte an die Holzwand klopfen, aber sie konnte sich nicht bewegen! Sie wollte schreien, aber sie konnte keinen einzigen Laut von sich geben!

Es wurde heißer und immer heißer! Der Rauch stieg ihr in die Augen, verzweifelt versuchte sie zu schreien, doch niemand konnte ihre stumme Hilferufe vernehmen!

Hilfe! So helft mir doch! Ich bin doch gar nicht tot!“

Die dunkle Seite der Seele

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