Читать книгу Die dunkle Seite der Seele - Dorle Weichler - Страница 3

Kapitel 1

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Mit einem diabolischen Grinsen im sonst immer finster blickenden Gesicht verließ ein großer, kräftig gebauter Mann das kleine muffige Büro des Hausmeisters eines großes Mietkomplexes. Ein paar lange Strähnen seiner schon sehr spärlichen dunklen Haare verteilten sich wie fest geklebt auf seiner Glatze, auf der sich jetzt auch immer mehr dicke Schweißtropfen bildeten, um anschließend in dünnen Rinnsalen über die Stirn, die Schläfen und in den Nacken zu fließen.

Ja, er war sehr zufrieden mit dem, was er heute endlich erreicht hatte! Lange genug gedauert hatte es ja, diesen behäbigen Dummkopf von seiner Integrität zu überzeugen.

„Auch nur dreckiges Gesocks, dieser Kerl“, knurrte er vor sich hin. Aber Hauptsache war schließlich, dass er jetzt davon überzeugt war, dass dieser noble Herr Hansen aus Hamburg ein sehr ruhiger und bestimmt auch großzügiger neuer Mieter werden würde!

„Ahnungsloser Idiot, der du bist! Wirst mich schon noch früh genug kennen lernen, haha!“ Er musste sich besser in Acht nehmen, er fing wirklich so langsam an, Selbstgespräche zu führen! Nicht, dass ihm noch einer auf die Schliche kam bevor er seinen grandiosen Plan durchgeführt haben würde!

Aber Hauptsache war, dass er den Hausmeister so eingelullt hatte, dass dieser ihm jetzt blind vertraute! Er hatte einen vereinsamten Mann, der von seiner geldgierigen Frau verlassen und ausgenommen worden war, doch sehr überzeugend gespielt! Ja, spielen konnte er gut, gegen ihn kam doch keiner an! Er war allen überlegen, und er würde es allen bald endlich beweisen können! Ihn spielte man nicht an die Wand! Ihn nicht! Und einen Mann wie ihn verließ man auch nicht einfach! Dieses Weib würde es noch bitterlich bereuen! Was war sie denn schon ohne ihn! Ein Nichts! Und bildete sich ein, ohne ihn leben zu können! Ha, da konnte sie noch so weit weg ziehen, er wusste schon wie er sie immer wieder aufspüren konnte!

Es ging auf zwölf Uhr zu und die erbarmungslose Julisonne brannte auf seinem Gesicht. Er war so in seine eigene Gedankenwelt versunken gewesen, dass er fast über eine Hundeleine gestolpert wäre! Schon wollte er fluchen weil ihm dieser verdammte Köter zwischen die Beine gesprungen war, doch dann schoss ihm blitzartig eine glänzende Idee durch den Kopf! Diese hässliche dicke Frau hatte er schon ein paar Mal hier in der Nähe gesehen, die wohnte doch im selben Block wie seine Frau! Na ja, Ex-Frau! Aber er würde dafür sorgen, dass sie bald in einem Zustand sein würde, in dem sie ihn schon sehr flehentlich und immer wieder bitten würde, das er sie endlich zurück in seine Arme und sein Leben holen sollte! Und vielleicht konnte diese alte Schnepfe ihm ja noch einmal nützlich sein, wer weiß!

„Entschuldigen sie vielmals, Gnädigste, ich habe ihren hübschen kleinen Hund gar nicht gesehen, ich war etwas zu tief in Gedanken versunken“, säuselte er. „Ich habe ihm doch hoffentlich nicht weh getan?“

„Nein, ist schon gut, Hund ist etwas verspielt, ist fast noch ein Baby“, murmelte die Frau in etwas gebrochenem Deutsch nur und verschwand in den Hausflur.

„Geh du nur, Alte, wirst dich schon noch früh genug an mich erinnern, ha!“

Ja, diese Frau konnte ihm vielleicht eines Tages noch behilflich sein! Dumm genug sah sie ja aus! Er würde sie so lange anschleimen bis sie ihm aus der Hand fressen würde! Wie dieser blöde Hausmeister! Der hatte auch nicht gemerkt dass er ausgetrickst worden war! Das hatte er wirklich richtig schlau angestellt! In Gedanken sah er das ganze Geschehen der letzten Stunde wieder vor sich.

Er hatte einen kleinen Schwächeanfall inszeniert, die Hitze mache ihm so zu schaffen! Und schon hatte der Dümmling ihn in sein Büro eingeladen, hatte ihm einen Stuhl zurecht geschoben, seinen dicken Schlüsselbund auf den Schreibtisch geworfen und dann gemurmelt, dass er geschwind einen Kaffee kochen wolle.

Schnell hatte der dunkle Mann zwei kleine, dicke, und weiche Scheiben aus der Tasche gezogen, sich den Hauptschlüssel geschnappt und schnell von jeder Seite einen Abdruck gemacht. Er konnte sich sein teuflisches Grinsen nicht ganz verkneifen, genau so hatte er sich das vorgestellt! Ohne eine Kopie des Generalschlüssels konnte er seinen Plan nicht ausführen, aber diesen Punkt konnte er jetzt als erledigt abhaken, sehr schön!

Er hörte den Hausmeister zurück kommen, schnell setzte er wieder ein leidendes Gesicht auf. War auch nicht gerade schwer in dieser muffigen Kellerbude! Hoffentlich war die Kaffeetasse sauber! Geputzt wurde hier unten, das kleine Büro des Hausmeisters befand sich im Keller, noch unter der Tiefgarage, hier konnte nicht einmal gelüftet werden.

„Ach, Herr Brandtmann, wie soll ich mich für Ihre freundliche Hilfe nur je erdenklich erweisen können? Ein guter Kaffee ist jetzt genau das was ich wirklich brauche, mein Kreislauf ist einem solchen Wetter einfach nicht mehr gewachsen. Ja ja, ich bin ja auch nicht mehr der Jüngste“, seufzte er, „und wenn man dann noch so einsam und verlassen ist wie ich macht doch das ganze Leben keinen wirklichen Sinn mehr!“ Dabei verbarg er den Kopf zwischen den Händen und zuckte ein paar Mal mit den Schultern. Und bei dem Licht konnte man sicher nicht sehen dass das bitterliche Weinen so ganz ohne Tränen klappte!

„Aber Herr Hansen, Sie sind doch ein gut situierter und stattlicher Mann! Sie werden bestimmt bald wieder eine gute Frau finden, die sich um Ihr Wohl sorgt“, versuchte der einfache Mann zu trösten, „Und wenn Sie erst einmal hier in einem unserer Häuser wohnen werde ich auch immer ein Auge auf Sie werfen. Auf mich werden Sie sich jederzeit verlassen können!“

Der Gast konnte sich kaum das triumphierende Grinsen verkneifen, er hatte ihn da wo er ihn haben wollte! Dann schlug er sich in gespieltem Entsetzen auf die Schenkel und rief:

„Jetzt hätte ich fast den wirklich wichtigen Termin mit meinem Anwalt vergessen! Entschuldigen Sie bitte vielmals, ich muss mich leider sofort verabschieden!“

Der Hausmeister sprang sofort auf und riss die Tür seines Büros auf. Doch ganz so schrecklich eilig schien es der Gast nun doch noch nicht zu haben! Jovial klopfte er dem einfachen Mann auf die Schulter.

„Herr Brandtmann, Sie sind in meiner Situation ein echter Freund! Ich weiß, dass ich mich auf Sie verlassen kann, das können Sie mir glauben! Und nun wünsche ich Ihnen noch einen angenehmen Tag, ich hoffe doch, dass Sie bald Ihren verdienten Feierabend genießen können, oder müssen Sie noch lange arbeiten?“

„Nein, nein, Herr Hansen, ich werde hier auch bald Schluss machen. Ihnen natürlich auch noch einen schönen Tag, und viel Erfolg noch für Ihren Termin!“

Für einen kurzen Moment war der Besucher irritiert, ach ja, der Termin, den er sich eben erst ausgedacht hatte! Er musste sich einfach besser konzentrieren, solche Fehler durfte er sich einfach nicht erlauben!

Er verließ das kleine, muffige Büro, überlegte kurz, schlenderte dann langsam und mit einem selbstgefälligen Grinsen im Gesicht in Richtung Schlosspark und setzte sich dort wenige Minuten später bereits auf eine Bank. In Gedanken malte er sich genüsslich weiter aus, wie sein grandioser Plan ablaufen würde.

Vor ein paar Wochen erst hatte er im Fernsehen den Bericht über eine Frau gesehen, die durch eine schwere Magen- und Darminfektion fast den Verstand verloren hätte! Weil sie keine Flüssigkeit mehr zu sich hatte nehmen können waren ihre Elektrolyte aus dem Gleichgewicht geraten, und das hatte ganz üble Auswirkungen auf ihren Geisteszustand gehabt. Sie war nur mit knapper Not der Irrenanstalt entkommen.

Außerdem hatte seine Frau ihm vor vielen Jahren eine Geschichte über eine Frau erzählt, die, genau wie sie, an der Dialyse gewesen war. Diese hatte Jahrzehnte lang jeden Tag und bei jeder Mahlzeit Angst gehabt, zu dick zu werden. Wo es ihr doch immer viel zu gut schmeckte und sie sich einfach nicht beherrschen konnte! Sie nahm im wahrsten Sinne des Wortes den Mund immer gern viel zu voll! Und darum machte sie auch jeden Tag immer wieder denselben, verheerenden Fehler, ohne sich auch nur im geringsten darüber im Klaren zu sein, dass diese Gedankenlosigkeit eines Tages ihr eigenes Todesurteil bedeutete würde!

Na ja, sterben sollte seine eigene Frau natürlich nicht wirklich, aber sie sollte wenigstens richtig schön leiden und am Boden zerstört sein! Und richtig Angst würde er ihr machen! Dann würde er ja da sein und ihr Retter werden! Er war sich absolut sicher, alles ganz genau durchdacht zu haben! Ihm konnte gar kein Fehler unterlaufen! Niemals! Und seine Holde würde schon sehr bald kapieren, dass sie ohne ihn ganz einfach nicht mehr ewig existent sein konnte! Aber was er da mit ihr plante würde niemals irgend jemand auch nur ahnen können! Dieser Plan war einfach perfekt, perfekt und genial!

Er saß noch eine ganze Weile auf der Bank in der Sonne, trocknete sich alle Augenblicke die triefende Glatze und begeisterte sich immer mehr für sein großartiges Vorhaben! Ein hämisches Grinsen zierte dabei sein feistes Gesicht!

Keine zwei Wochen später bekam er den Anruf des Hausmeisters, auf den er schon so lange gewartet hatte!

„Guten Morgen, Herr Hansen, hier ist Brandtmann, der Hausmeister. Ist es Ihnen eventuell möglich, nachher einmal hierher zu kommen? Wenn sie Ihnen zusagt hätte ich vielleicht schon eine schöne kleine Wohnung für Sie. Sind nur zwei Räume, Küche und Bad, aber alles sehr großzügig geschnitten, schön hell und komplett renoviert, ich glaube, die ist genau das was Sie suchen.“

„Hör auf zu sülzen, Blödmann“, dachte der freundliche „Herr Hansen“, gab sich aber sofort wieder ganz jovial!

„Na, das nenne ich mal eine gute Nachricht, mein lieber Brandtmann, um welche Zeit wäre es Ihnen denn Recht?“

„Wenn es Ihnen gegen drei passen würde?“

„Aber selbstverständlich, guter Mann! Ich werde pünktlich sein.“

Der merkwürdige Mann kicherte hämisch vor dich hin, wie gut, dass der Hausmeister keine Ahnung davon hatte, das er hier im billigsten Garny-Hotel der Stadt hauste! Er hatte erklärt, dass er sehr viel unterwegs sei und daher zur Zeit nur über sein Handy erreichbar wäre, sonst käme der Idiot möglicherweise noch auf die Idee, ihn in seinem „Zuhause“ zu besuchen!

Am Nachmittag wurde ihm dann eine Wohnung präsentiert, die seinen Vorstellungen mehr als entgegenkam, sie lag fast genau gegenüber der Wohnung seiner Frau, nur eine Etage höher! Hervorragend! Mit etwas Glück würde er sehr bald das Leben seiner Ex studieren können! Die Wohnungen hatten nicht einmal Jalousien, alles würde er sehen können! Er hätte nie zu träumen gewagt dass sein Plan so gut umzusetzen sein würde! In zwei Wochen wäre sein Einzug möglich, meinte der Hausmeister noch. Sehr schön, die Zeit sollte mehr als reichen um alles vorzubereiten! Denn der neue Mieter dachte nicht im Traum daran, diese Wohnung wirklich zu beziehen! Das hätte er sich von seiner kleinen Rente gar nicht leisten können, aber das ging den Idioten ja zum Glück nichts an!

Die dunkle Seite der Seele

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