Читать книгу Aus dir wird nie etwas! - Dorothee Degen-Zimmermann - Страница 6
Immer auf Nahrungssuche
ОглавлениеDann laufen sie zurück in den Kindergarten, Zeit für die warme Pausenmilch. Aber da heisst es höllisch aufpassen. Fräulein Blumenkohl will Theo zähmen, und es ist schon vorgekommen, dass sie ihn im Keller eingesperrt hat, damit er nicht weglaufen konnte. Der Kater Moro sei mit ihm im Keller gewesen, erzählte Theo später, und Päuli versteht, dass sogar der Kater dem Fräulein gehorchen muss. Aber bei Theo hat es wenig Erfolg.
«Scheeni Epfel, Härdepfel, Gmies! Chömet, Madamle!» Die Elsässer Gemüsefrau hört man schon von weitem. Sie schiebt ihren grossrädrigen Handwagen durch die Strassen Kleinbasels, macht da und dort Station und wartet auf die Frauen, die mit ihren Einkaufsnetzen aus den Häusern kommen, das Angebot begutachten und überlegen, was sie zu Mittag kochen wollen. Die Kinder stellen sich daneben und blicken erwartungsvoll zur Gemüsefrau auf. Sie wissen, dass sie ein weiches Herz hat, und hoffen nie vergeblich auf ein Rüebli oder Radiesli, das sie im Weitergehen verzehren.
Theo(4) und Päuli (2), zirka 1951. Als Päulis Haare geschnitten wurden, bewahrte die Mutter eine Locke auf, Paul besitzt sie heute noch.
Um die Mittagszeit laufen die Buben ein gutes Stück aus der Stadt hinaus, zur Exerziermatte bei den Langen Erlen. Schon von Weitem hört man die Kommandos. Verstehen kann man nichts, aber die Soldaten scheinen zu wissen, was sie zu tun haben, sie rennen, werfen sich auf den Boden, springen hoch, rennen weiter. Päuli und Theo setzen sich ins Gras und schauen zu. Die Sonne steht schon hoch am Himmel, und der Magen knurrt vernehmlich. Ein Armeelastwagen fährt vor, und die Küchenmannschaft hebt die schweren Kochkisten herunter. Essensduft liegt in der Luft. Im Nu sind Theo und Päuli zur Stelle und reihen sich in die Warteschlange ein. Die Soldaten kennen die Knirpse. Sie setzen ihnen lachend den Helm oder das Käppi auf und salutieren. Die Kleinen lassen sich eine Gamelle mit Suppe und Spatz füllen, klettern auf die Bank an einem der langen Holztische, löffeln ihre Suppe und sonnen sich an den Spässen der jungen Männer. Es hat immer genug für alle.
Am Nachmittag ist Herr Zazzi, der Bananenmann, mit seinem Wagen in Kleinbasel unterwegs. Meistens folgen ihm ein paar Kinder, denn er überlässt ihnen die überreifen Bananen. Während er für die Kundschaft Bananen abwägt, zupft Theo unauffällig an den gestapelten Früchten und sorgt dafür, dass etwa mal eine zu Boden fällt, wenn Herr Zazzi den Karren über das holprige Pflaster schiebt. Die hebt man dann auf und fragt mit unschuldiger Miene: «Darf ich?», und der gutmütige Bananenmann nickt.
Auf dem Horburgmätteli trifft man häufig andere Kinder an. Mit denen spielt man Fangis oder Versteckis. Wenn dann um vier Uhr im Schulhaus bei der Dreirosenbrücke die Pausenglocke klingelt, ist sie das Zeichen zum Aufbruch. Jetzt gehen nämlich die Kinder in den Schülerhort unter der Brücke. Bevor sie sich an die Hausaufgaben setzen, kriegen sie einen Apfel und ein Stück Brot. Die beiden Brüder stellen sich unauffällig in die Reihe, als gehörten sie dazu, um dann ebenso unauffällig mit der Beute zu verschwinden.