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Kapitel 1 - Die Begrüßung

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„Liebe Piloten, der Präsident!“

„Liebe Anwesende, liebe Piloten, herzlich willkommen zu unserer Jahrestagung! Ganz besonders möchte ich unsere diesjährigen Novizen begrüßen. Ich freue mich, dass Sie der Einladung zu unserem Kongress gefolgt sind und wir alle gemeinsam zwei interessante und sicher auch lehrreiche Tage miteinander verbringen können. Immerhin muss die Einladung ja Fragezeichen über Fragezeichen bei Ihnen, die Sie heute zum ersten Mal dabei sind, produziert haben. Vom VPHV, dem ‚Verein der Piloten mit Herz und Verstand‘, haben Sie mit Sicherheit noch nie gehört. Und Piloten sind Sie auch nicht. Trotzdem sind Sie hier. Was mag das nur für ein Verein sein, haben Sie sich vielleicht gedacht. Nichts, absolut gar nichts konnten Sie im Internet dazu finden. Und dann war in der Einladung auch noch von einer Lizenz die Rede, die man bei entsprechender Eignung erhalten könne. Die persönlichen Anlagen seien vorhanden, sonst hielte man diese Einladung nicht in seinen Händen. Was zum Teufel steckt dahinter? Es war ja nichts weiter erläutert in dem Schreiben. Gut, freie Kost und Logis im Vier-Sterne-Superior Hotel mögen einen gewissen Anreiz darstellen, aber immerhin haben Sie sich dafür entschieden, zwei Tage Ihrer kostbaren Zeit hier zu verbringen. Okay, Sie können natürlich vorzeitig abreisen, wir sind ja keine Sekte oder eine dubiose Vereinigung, die Sie gegen Ihren Willen festhält, aber ich bin sicher, das wird nicht passieren. Warum sind Sie hier? Aus reinem Wissensdurst, um die angekündigten ‚Vorträge renommierter Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Forschung‘, wie es in der Einladung heißt, zu hören? Oder schlicht aus Neugier? Um die kryptischen Andeutungen der Einladung zu enträtseln? Sie haben die Entscheidung getroffen, hier und jetzt da zu sein. Wissen Sie, warum Sie diese Entscheidung so getroffen haben? Haben Sie spontan mit dem Lesen der Einladung entschieden, ‚ja, da will ich hin‘, oder hat das Lesen einen länger andauernden Entscheidungsprozess, ein Hin und Her, ein Für und Wider angeregt? Und warum haben Sie sich dann irgendwann dafür entschieden? Wann? Weshalb?

Nun, damit möchte ich auch den ersten, den allerersten Schleier lüften, der für Sie Sinn und Absicht der Veranstaltung noch vernebelt und Sie zusammen mit weiteren, sagen wir - ‚Rätseln‘ - noch weitestgehend im Unklaren lässt.

In den zwei Tagen geht es im Wesentlichen darum, mehr darüber herauszufinden, warum man tut was man tut, wenn man so will. Warum tun Sie dieses und nicht jenes? Warum sitzen Sie hier und machen nicht ganz was anderes? Wer trifft eigentlich die Entscheidungen? Ihr Gehirn? Der alte Teil oder der neue? Oder Ihr Bauch? Hört man nicht immer wieder von sogenannten Bauchentscheidungen? Werden Sie möglicherweise manipuliert? Von wem und wie? Wieso machen wir immer wieder die gleichen Fehler – ja, das betrifft auch Sie! - und merken es noch nicht einmal? Und so weiter und so fort. Es gibt sehr viele hochinteressante Aspekte zu beleuchten. Alle Vorträge werden etwas damit zu tun haben und sind dennoch völlig verschieden. Sie brauchen keine Angst zu haben vor trockenen, hochkomplizierten wissenschaftlichen Ausführungen. Sie werden sehen, dass Sie keine Probleme haben werden zu folgen und es wird Ihnen sogar Spaß machen!

Sie, liebe Teilnehmer, kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen, bringen ganz verschiedene Ausbildungen, Voraussetzungen und Talente mit und üben diverseste Tätigkeiten aus. Die Referenten wissen das und gestalten ihre Vorträge entsprechend.“

Vereinzelt waren im bis eben noch ehrwürdig lauschenden Publikum nun Gelächter und einzelne Stimmen zu vernehmen. „Äh, nun gut“, räusperte sich der Präsident, „die meisten jedenfalls. Und die anderen haben es offenbar bis heute auch nicht geschafft, Sie, verehrte Teilnehmer, vom Besuch dieses Kongresses abzuhalten. Jedenfalls, liebe Novizen, hoffe ich, Ihre Neugier wenigstens soweit geweckt zu haben, dass Sie nicht gleich wieder abreisen und sich stattdessen mit uns auf den Beginn einer vielleicht lebenslangen und höchst spannenden, sagen wir – Reise - begeben. So viel, wenn auch noch sehr allgemein, einleitend zur inhaltlichen Thematik unseres Kongresses. Falls Sie darüber hinaus noch Fragen haben sollten, was es mit der Einladung, dem Kongress, dem VPHV insgesamt auf sich hat und wo das Ganze eigentlich hinführen soll – Sie werden es erfahren.“

Der Präsident blickte spitzbübisch grinsend in das Publikum und schob dann nach: „Vielleicht. Und sicher nicht in diesem Jahr.“ Nach einer weiteren Kunstpause wünschte er allen erkenntnisreiche Kongresstage und trat unter gefälligem Applaus des Auditoriums von der Bühne.

„Von wegen keine Sekte. Oder irgendein anderer dubioser Verein. Warum sonst so viel Geheimniskrämerei? Nur Nebelkerzen statt klarer Ansagen. Und alles gratis. Das muss doch ein Heidengeld kosten. Natürlich wollen die irgendeine Gegenleistung – aber was? ‚Lebenslange Reise‘ – was soll das denn heißen?“ Tom war so in Gedanken, dass er gar nicht merkte, dass schon der nächste Redner die Bühne betreten hatte.

Der hagere, möglicherweise gut durchtrainierte - aus einiger Entfernung ließ sich das schwer ausmachen – Mann Ende vierzig, etwas blass, das schon graumelierte Haar streng zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, schwarzer Anzug, schwarzer Rollkragenpullover, begann ohne Umschweife. „Wie der Präsident schon erwähnt hat, ist über uns, den VPHV und unsere Kongresse – und das mag Sie überraschen - nichts in den Medien zu finden, nicht in irgendwelchen Printmedien, nicht im Radio oder Fernsehen, auch nicht im Internet. Und das wird so bleiben.“

Mit eisigem Gesichtsausdruck musterte er mehrere Sekunden lang das Publikum. Sein kantiges Gesicht schien erstarrt, wie aus Granit gemeißelt. Urplötzlich war es totenstill im Auditorium geworden. Der Mann in Schwarz hatte die erhoffte Wirkung erzielt. „Sie werden nichts über diese zwei Tage hier veröffentlichen, in keiner Form. Und sie werden niemandem Details dieses Kongresses preisgeben. Das ist Regel Nummer 1. Regel Nummer 2 lautet – und das mag Sie beruhigen -, dass der VPHV nie mehr den Kontakt mit Ihnen suchen wird, jedenfalls solange Sie kein Lizenzträger sind – und die wenigsten von Ihnen werden das jemals werden. SIE werden den VPHV kontaktieren. Niemals umgekehrt. Es sei denn, Sie verletzen Regel Nummer 1 …“.

Die Pilotenkonferenz

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