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Die Pandemie als Chance?

Wir hören in diesen Tagen der Krise allerlei abstruse Äußerungen von Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen. Da ist von einer möglichen Zeit „der Ruhe und Besinnung“ die Rede. Eltern könnten sich „mehr um ihre Kinder kümmern“ und „ihren Lieben nahe sein“ oder „mal durchatmen“. Ich halte nichts von dieser Romantisierung und Verniedlichung. Wer Corona als Bedrohung erlebt, kann nicht in sich gehen. Wer die alten Eltern nicht besuchen kann, wird sich vor allem um sie sorgen. Wer Kinder hat, denkt an deren Wohlergehen.

Und dennoch verstehe ich die Pandemie auch als Chance. In solchen Zeiten kommt nämlich zutage, was uns wirklich im Inneren ausmacht. Und wir treffen da auf Dinge, die nicht unbedingt schön sind. Die alten Mönche nannten sie „Dämonen“ und der Psychologe C.G. Jung sprach von „dunklen Seiten“ in uns. Mit etwas weniger Pathos können wir sie negative Denkmuster oder Glaubenssätze nennen. Vielleicht kommen Ihnen einige Sätze bekannt vor:

Ich tauge doch nichts.

Ich bin nur überempfindlich.

Ich kann doch nicht lieben.

Ich hätte es wissen müssen.

Ich bin wertlos.

Ich ziehe das alles an.

Ich versage immer.

Ich halte das nicht aus.

Ich habe es verdient.

Ich schaffe das nicht.

Ich bin unbedeutend.

Ich muss es allen Recht machen.

Ich schaffe das nicht.

Ich bin wehrlos.

Solche Muster und inneren Überzeugungen bilden sich meistens in der Kindheit aus. Nicht immer sind es dabei die Eltern, die sie in uns regelrecht „einpflanzen“. Oft sind auch wiederkehrende Erfahrungen mit anderen Angehörigen, im frühen Freundeskreis oder in der Schule prägend.

Wären diese Glaubenssätze dauerhaft präsent, dann käme es zu einer schweren, psychischen Störung. Um uns lebensfähig zu machen, bedient sich die Seele eines Tricks. Sie wehrt das Ungute oft ab, indem sie es umkehrt. Ein Mensch, der sich wertlos fühlt, sucht die dauerhafte Bestätigung außen. Eine Frau, die meint, beziehungsunfähig zu sein, wirft dem Partner ständig vor, sie nicht zu lieben. Ein Mann, der glaubt, er habe „es nicht drauf“, nimmt immer neue Herausforderungen an und will es beweisen.

Extremsituationen werfen uns hingegen auf uns selbst zurück. Die alltäglichen Schutzmechanismen versagen, und wir blicken plötzlich in den Abgrund. Es lohnt sich, genau hinzusehen. Da steht der Dämon in uns; ungeschminkt und ungeschützt. Ihre größte Macht beziehen die negativen, seelischen Kräfte dadurch, dass sie im Verborgenen wirken. Unter Belastung versagt dieses Versteckspiel. Wenn wir in der Krise ehrlich hinsehen, dann können wir die Spreu vom Weizen trennen. Was macht mich aus? Im Guten und im Schlechten? Wovon lasse ich mich mehr tragen und bestimmen? Pflege ich die unangenehmen Seiten ausreichend, damit sie nachreifen können? Kann ich mich annehmen, wie ich bin?

Es ist nicht einfach, sich diesen Aspekten des Ich zu stellen. Wer gibt schon gern zu, dass sie/er neidisch ist? Dass der Ehrgeiz eine große Rolle im eigenen Leben spielt? Dass man oft angibt und prahlt? Dass man andere Menschen klein macht? Krisen bieten hier enorme Chancen, ehrlich mit sich zu sein, mit sich „ins Reine“ zu kommen. Natürlich ist dies nicht möglich, wenn Sie sich vollkommen instabil und verängstigt fühlen. Dann ist es jedoch ratsam, sich die hochkommenden Gefühle und Gedanken für später zu merken. Es hilft, sie aufzuschreiben oder ein Sprachmemo auf dem Smartphone aufzunehmen. Es wird eine Zeit kommen, da die Kraft, sich den eigenen, dunklen Seiten zu nähern, wieder da ist. Bei starken, seelischen Reaktionen brauchen Sie unbedingt psychotherapeutische Hilfe, um den Zeitpunkt für dieses „Face it“ richtig zu wählen. Wird die Konfrontation nämlich zu früh durchgeführt, besteht die Gefahr der Retraumatisierung und der erneuten Destabilisierung. Erfolgt sie zu spät, dann „bleibt alles beim Alten“. Die Psyche kehrt dann ihre Altlasten durch Verdrängung und Ablenkung wieder unter den Teppich.

Zusammenfassung:

Die Corona-Krise bietet auch Chancen. Sie liegen in der Bewusstwerdung verborgener Konflikte und Aufdeckung neuer Ich-Facetten. Wir müssen uns ihnen allerdings sehr behutsam annähern.

Corona

demaskiert seelische Altlasten

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fördert den ehrlichen Blick auf uns selbst

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entlarvt Energieräuber

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deckt die "wahren Schätze" in uns auf

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Das Corona-Trauma

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