Читать книгу Das Corona-Trauma - Dr. Jens-Michael Wüstel - Страница 9

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1. Das Virus verletzt uns

Natürlich stehen bei einer Infektion zunächst die körperlichen Symptome im Vordergrund. Die Erkrankten haben Schmerzen und unter bestimmten Voraussetzungen ist die Infektion sogar lebensbedrohlich. Selbstverständlich kümmern wir uns zunächst um diese akute Bedrohung. Auch bei einfachen Erkältungen handeln wir nicht anders. Erst auskurieren, dann kommt alles andere. Bereits im Fall einer Erkältung wissen wir, dass uns im Beruf eine Menge Arbeit erwartet, die nachgeholt werden muss. Im Haushalt ist vieles liegen geblieben usw.

Beim SARS-CoV-2 verhalten wir uns nicht anders. Nur eben mehrere „Alarmebenen“ höher. Zunächst muss die körperliche Bedrohung abgewehrt werden. Unter diesem Zeichen stehen alle Maßnahmen, die in der akuten Phase einer solchen Pandemie ergriffen werden. Die Ressourcen werden fast ausschließlich dafür bereitgestellt. Vermögende Länder beschäftigen sich außerdem bereits zu diesem Zeitpunkt mit möglichen wirtschaftlichen Folgen, den Verteilungsfragen und können hierfür finanzielle Mittel vorsehen.

Wenn diese Phase zu Ende geht (bei länger andauernden Pandemien auch schon währenddessen), treten immer mehr die psychischen Folgen der Gesamtsituation in den Vordergrund. Die Anzahl der hiervon Betroffenen ist dabei regelhaft höher als die der akut Infizierten. Denn das Bedrohungserleben betraf ja auch die nicht Erkrankten. Wir können das mit Handgreiflichkeiten auf dem Schulhof vergleichen. Wenn ich unterlegen war und eine (eher harmlose) Ohrfeige oder einen Rempler kassiert habe, dann können die erlebte Demütigung und das Schamgefühl hinterher viel verletzender wirken, als der erlittene, körperliche Schaden. Dann schmerzen quasi die seelischen Folgen mehr als die körperliche Verletzung.

Corona ist ein Psycho-Virus. Es wirkt auf besondere Weise, indem es die Integrität auf allen Ebenen unseres Daseins in Frage stellt. Das gilt auf der Mikroebene der inneren (seelischen) Stabilität. Und es gilt ebenso auf der Mesoebene zwischenmenschlicher Beziehungen (Partnerschaft, Freunde, Beruf etc.). Schließlich wird auch die Makroebene der Gesellschaft (Sozialsysteme, Kultur, Werte etc.) „infiziert“.

An dieser Stelle müssen wir uns fragen: Wie läuft eine solche Störung ab? Was geschieht dann in der Psyche? Wo greift ein belastendes Ereignis an? Wie kommt es zu einer (eventuell dauerhaften) Destabilisierung?

Das Corona-Trauma

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