Читать книгу Prostatakrebs-Kompass - Dr. med. Ludwig Manfred Jacob - Страница 14

2.5.2 Metabolisches Syndrom und Prostatakrebs

Оглавление

Die Daten der Nationalen Verzehrsstudie II (MRI, 2008a) zeigen: Insgesamt 58,2 % der Deutschen wiegen zu viel; 37,4 % sind übergewichtig und 20,8 % adipös. Etwa 20 % der Bundesbürger haben die nächste, bereits pathologische Stufe erklommen: das metabolische Syndrom. Die Diagnose wird in der Regel gestellt, wenn mindestens drei der folgenden fünf Kriterien erfüllt sind:

1 Ein stammbetontes Übergewicht mit einem Bauchumfang über 102 cm bei Männern bzw. über 88 cm bei Frauen

2 Ein erhöhter Blutdruck (130/​85 mmHg oder darüber)

3 Eine erhöhte Nüchternblutglukose von mindestens 5,6 mmol/​l (100 mg/​dl) und/​oder ein Gelegenheitszucker von 11,1 mmol/​l (200 mg/​dl) oder darüber und/​oder ein bekannter Diabetes mellitus

4 Erhöhte Blutfettwerte (Triglyzeride ≥ 1,7 mmol/​l bzw. 150 mg/​dl)

5 Ein erniedrigtes „gutes“ Cholesterin (HDL-Cholesterin < 1,03 mmol/​l bzw. 40 mg/​dl bei Männern und < 1,29 mmol/​l bzw. 50 mg/​dl bei Frauen)

Aber: Laut International Diabetes Federation und WHO liegt bei Männern europäischer Herkunft bereits ab einem Taillenumfang von 94 cm und bei Frauen ab 80 cm ein stammbetontes Übergewicht vor. Nach diesen wesentlich realistischeren Kriterien der International Diabetes Federation und der WHO wäre die Prävalenz des metabolischen Syndroms in Deutschland wesentlich höher. Tatsächlich muss der Bauch- und Leberfettgehalt nicht äußerlich sichtbar erhöht sein, um ernste Stoffwechselstörungen mit erhöhten Blutspiegeln von Insulin, IGF-1, Blutfetten, Cholesterin, Zucker und anabolen Aminosäuren auszulösen. Das Bauchfett ist in den Organen und zwischen den Eingeweiden eingelagert und von der Bauchmuskulatur bedeckt.

Bei Männern kann vor allem regelmäßiger und übermäßiger Alkoholkonsum die Verfettung von Bauchraum und Leber vorantreiben. Bier ist aufgrund der Kaloriendichte und der oft hohen konsumierten Menge deutlich ungünstiger als ein Glas Rotwein. Der „Bierbauch“ bedarf keiner weiteren wissenschaftlichen Erklärung.

Patienten mit metabolischem Syndrom haben ein erhöhtes Risiko für eine Prostatahyperplasie (BPH) und Prostatakrebs (PCa) (Alcaraz et al., 2009). Immer mehr Studien zeigen, dass das metabolische Syndrom an der Pathogenese und dem Fortschreiten von Prostataerkrankungen wie der BPH und dem PCa kausal beteiligt ist (z. B. Alcaraz et al., 2009; de Nunzio et al., 2012). Die typischen Kriterien des metabolischen Syndroms, nämlich chronisch erhöhte Insulinspiegel (Hyperinsulinämie), Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck und erhöhtes Bauchfett, gelten alle als Risikofaktoren für BPH und PCa (Hammarsten und Högstedt, 1999, 2004 und 2005; Irani et al., 2003, Nandeesha et al., 2006; Xie et al., 2007).

Es besteht ein Zusammenhang zwischen metabolischem Syndrom und Progression, Schweregrad und Prognose eines PCa. PCa-Patienten, die erhöhte Insulinspiegel, Blutfette und Übergewicht haben, weisen deutlich häufiger höhergradigen (G3), schlecht differenzierten und damit aggressiveren Prostatakrebs auf (Hammarsten und Högstedt, 2004). Insbesondere erhöhte Insulinspiegel stehen in Zusammenhang mit PCa und könnten ein Marker für die Aggressivität und Prognose des Tumors sein (Alcaraz et al., 2009), was mit der proentzündlichen, anabolen Wirkung einer Hyperinsulinämie in Verbindung stehen könnte. Auch Diabetes mellitus Typ 2 und behandelter Bluthochdruck stehen mit tödlich verlaufendem PCa in Zusammenhang (Hammarsten und Högstedt, 2005).

Insulinresistenz, Hyperinsulinämie und eine Ernährung, die reich an tierischem Protein und einfachen Kohlenhydraten wie Zucker oder Weißmehl ist, fördern die Produktion von IGF-1 in der Leber, das als Wachstumsfaktor zur Entstehung eines PCa beiträgt. Entsprechend gehen erhöhte IGF-1-Werte im Blut mit einem erhöhten PCa-Risiko einher (Price et al., 2012). Dies wird noch ausführlich im Kapitel 3.6(Seite 43) und 6.3(Seite 170) erörtert.

Adipositas ist ein starker Risikofaktor für aggressiven Prostatakrebs (MacInnis et al., 2003; Gong et al., 2006). In der Cancer Prevention Study II mit fast 70.000 Männern ging ein hoher Body Mass Index (BMI) mit einem erhöhten Prostatakrebsrisiko im 11-jährigen Follow-Up-Zeitraum der Studie einher. Adipöse Männer mit BMI < 30 hatten ein 1,54-faches Risiko für einen aggressiven Prostatakrebs im Gegensatz zu Männern mit BMI < 25 (Rodriguez et al., 2007). Dies ist u. a. auf Änderungen der Östrogen-, Testosteron- und Insulinspiegel sowie auf die insgesamt proentzündliche Stoffwechsellage bei Übergewicht zurückzuführen.

Übergewicht fördert vor allem die Progression zu bösartigen Tumoren: Während das Risiko für niedriggradigen Prostatakrebs mit höherem BMI leicht sank, erhöhte sich das Risiko für höhergradigen, aggressiven und tödlich verlaufenden Prostatakrebs deutlich (Rodriguez et al., 2007). Männer, die innerhalb der 10 Jahre vor Beginn der Studie mehr als 5 kg Gewicht verloren hatten, konnten dagegen ihr Risiko, an einem höhergradigen, aggressiven Prostatakrebs zu erkranken, um 42 % senken.

In der Studie von Roehrborn et al. (2006) mit 4820 Männern wurde ein Zusammenhang zwischen einem hohen BMI und dem Prostatavolumen, dem Volumen der Übergangszone und der Ausprägung eines LUTS festgestellt.

Das metabolische Syndrom wird auch mit schnell wachsender BPH in Zusammenhang gebracht, welches ein weit stärkerer Risikofaktor für PCa sein kann als eine langsam wachsende BPH (Hammarsten und Högstedt, 1999 und 2002; Ozden et al., 2007).

Prostatakrebs-Kompass

Подняться наверх