Читать книгу Scheinheilung und Patientenerschaffung - Die heillose Kultur - Band 3 - Dr. Phil. Monika Eichenauer - Страница 10
ОглавлениеDie glanzlose Krone der Kultur: Wettbewerb.
Diese ökonomischen und kulturellen Folgen spiegeln sich auch in den Praxen von Ärzten und Psychologischen Psychotherapeuten wieder. Ökokulturelle Auswirkungen werden in Diagnosen objektiviert, rationalisiert und wissenschaftlich diskutiert, ohne systematisch Zusammenhänge zu den existenziellen Grundlagen der Menschen in Deutschland herzustellen. Medizin und Psychotherapie arbeiten wissenschaftlich theoretisch und praktisch auf das einzelne Individuum zentriert. Der Patient wird letztlich mit seiner Persönlichkeitsstruktur, seinen Symptomen und Krankheiten unabhängig von sozialpolitischen, psychoökologischen und psychoökonomischen Einflüssen gesehen, bewertet und behandelt. Sowohl hinsichtlich der Verursachung von Krankheit, als auch hinsichtlich Gesundwerdungsprozessen trägt er letztlich die Verantwortung selbst. Diese Sichtweise schlägt sich nieder in Appellen an die Eigenverantwortlichkeit von Patienten. Sie sollen sich kundig machen, wie sie gesund werden können. Verantwortungsnahme wird jedoch von einseitiger, irreleitender und/oder erschlagender Informationsflut und sachlichen Mitteilungen differierender Bezugnahme auf Fachgebiete und deren Darstellungssausschnitt hinsichtlich Vergleichbarkeit verunmöglicht. Auf gut Deutsch: Vorhandene Verantwortungsübernahme durch Patienten trifft auf durch ökonomische Interessen geleitete Darstellung diverser Klinikführer. Die fehlende ökonomiefreie Orientierung am Prinzip der Heilung lässt die Suche nach den richtigen Behandlern zum Desaster werden. Ergo: Verantwortungsnahme der Patienten trifft auf fehlende Verantwortungsnahme in der Gesundheitswirtschaft. Die Orientierung am Wettbewerbsprinzip macht’s möglich.
Wirtschaft und Gesundheitswirtschaft orientiert sich generell weiter gewinnträchtig und profitabel, konzentriert sich auf die Erwirtschaftung von Mehrwert. Während im Gegenzug der Lebens- und Selbstwert, mit dem Gesundheit, Freude, Förderung von Fähigkeiten, Sicherheit, Zuversicht und Zukunft gekoppelt sind, für Menschen Unten weltweit abgebaut werden. Die Marx’sche Lösung oder Vision, wie sich Wirtschaft nicht gegen die Bedürfnisse von Menschen wendet, sondern das Leben einerseits in ein Reich der Notwendigkeit durch Arbeit wandelt, und andererseits die freie Zeit als Grundlage und Ziel der Selbstverwirklichung des Menschen diente, löst sich nach vielen Jahren, in denen man in Deutschland in der Betrachtung der Oberfläche hätte sagen können, man peile kulturell eine entsprechende Entwicklung an, auf. Denn in der Tiefe, folgt man der Marxschen Analyse des Kapitals und der Theorie der Entfremdung des Menschen von seinem Selbst, müssen immer einzelne und/oder viele Menschen mit ihrem Leben, mit ihren Kräften, mit ihrer Psyche, mit ihrer körperlichen und seelischen Gesundheit ausgleichen, was ihnen mittels kapitalistischer Wirtschaft und dem Streben, Profit zu erwirtschaften, genommen wird. Marx beschrieb das gemeinschaftliche kulturelle Leben von Menschen wie folgt:
„Das produktive Leben ist aber das Gattungsleben.
Es ist das Leben erzeugende Leben.“
(MEW, Bd. 40, Seite 666ff.)
Das produktive Leben, das Gattungsleben, driftet in der Oben-Unten-Gesellschaft auseinander: Die Werte und Ziele dieser beiden künstlich durch wirtschaftliche Interessen erzeugten Gruppen stimmen nicht überein, sind völlig gegensätzlich. Das einzig gemeinsame ist, leben zu wollen. Die eine Gruppe muss sich mit Haut und Haaren selbst verkaufen, um das monatlich notwendige zum Leben zu haben. Die andere hat in jeder Hinsicht alle Hände voll damit zu tun, ihre wahren Ziele in der immer wieder neuen Schaffung von Abhängigkeiten zum Zwecke der Kapitalvermehrung so zu entstellen, dass sie noch irgendwie glaubhaft Unten ankommen. Sprich, sich selbst (persönlich) wie die Ziele ihrer Ökonomie (Rolle im Rahmen der Ökonomie) als edel und unabdingbar notwendig für den Bestand der Gesellschaft und damit letztlich Leben, erscheinen zu lassen. Nebenbei bemerkt, vermischt sich auf dieser Ebene der Diskussion immer wieder persönliche Verantwort und Haltung, mit den vom Kapitalismus geforderten Rollen zur Verwirklichung und Erhalt des Systems. Denn auch Oben ist man entfremdet und auch dort spiegelt man nur die halbe Wahrheit des Mensch- und Personsein wieder. Beliebig wird dafür schon mal ohne Ankündigung die Rolle vertauscht und derjenige, der die kapitalistische Rolle eines in der Wirtschaft Tätigen anspricht, steht plötzlich als die Person non grata da, weil sie den Menschen vernachlässigte! Für das Funktionieren dieses Oben-Unten-Systems in der Gesellschaft werden viele gutgläubige von Unten, die diese Arbeit wiederum für ein relativ geringes Endgeld, verglichen mit dem, was es Oben einbringt, zu verrichten. Unten hat man immer die Entschuldigung, man habe keine andere Wahl. Die fehlende Wahlmöglichkeit ist die entscheidende Stelle und Wunde, die dieses System so erhält, wie es immer funktioniert hat. Ungeniert wird diese psychoökonomische Abhängigkeitsstelle und -wunde in der Seele immer wieder bei Millionen von Menschen getroffen und die Psyche bemüht sich in jedem einzelnen Menschen um Ausgleich. Argumentiert wird von allen Seiten mit Notwendigkeit, um dem Untergang dieses kapitalistischen Systems im großen oder kleinen Stil entgehen zu können. Immer weitere und größere Opfer zu bringen, ist universale Notwendigkeit. Oben hat man freilich mehr davon. Aber dies auch nur bis zu dem Punkt, bis man alles dem Ziel des Profites geopfert hat und Kapital lange genug hin- und her geschoben, Umwelt und Welt vollends zerstört hat. Wie man liest, muss das kapitalistische System in sein eigenes System zum Selbsterhalt Kapital hineinpumpen. Abhängigkeitswille, Opferung des eigenen Lebens, Anpassung um jeden Preis.
Dieses Gattungsleben erzeugt nur bedingt und entfremdet Leben; bestenfalls Überleben. Es erzeugt in zunehmenden Maßen Zerstörung, Konflikt und Krankheit. In den letzten Monaten war in den Nachrichten zu hören, wie verheerend sich die kapitalistischen Wirtschaftsstrukturen auswirken. Aktuell ist zu lesen: „Banken-Crash, Rettungsaktionen – rund ein Jahr nach dem Ausbruch der Kreditkrise in den USA schrillen die Alarmglocken lauter denn je. Mit Hochdruck sucht die US-Regierung nach milliardenschweren Beruhigungspillen für die Finanzmärkte.“ („Milliardenschwere Stütze.“ Neuer Höhepunkt der Kreditkrise/ US-Regierung mit Rettungsplan für zwei Banken. In: Ruhr Nachrichten, 15. Juli 2008). Der Euro überflügelt den Dollar und Deutsche fliegen zum Einkauf gen New York! Internationale Mobilität der Schnäppchenjäger ist gefragt, auch wenn das Leid des einen Landes die Billig-Freude der anderen besiegelt. Das Gattungsleben in unserer Kultur scheint sich demgemäß, so oder so, in eine chronische Konfliktkultur entwickeln zu müssen, um Lösungen aus diesem Käfig zu finden. Vor allen Dingen ohne Konsequenzen lediglich zu dokumentieren, zu diskutieren und Löcher notdürftig zu stopfen, um alles so belassen zu können, wie es ist, scheint nicht die versprochenen Lösungen zu bringen. Neue Verordnungen und Gesetze zur Kontrolle aller von Unten werden wild verabschiedet, um der Lage im Lande Herr zu werden.
Bewegung ist weltweit Privileg derer von Oben, ob Kapitalbewegung, (die gleichfalls jegliche Bewegung in Natur, Umwelt und Mensch umfasst) die fast unnötig ist zu betonen, denn Unten hat man keines, um eigene Interessen zu verwirklichen.
Unten ist Bewegung in jeder Form mittels Anpassung an die jeweilig favorisierten Wirtschaftsziele zwanghaft wie notwendig anzutreffen. Aber, so wird Not nicht gewendet. Wer es von Unten schafft, sich immer wieder neu einzustellen, flexibel sein Leben wie sich selbst, sein Leben, seine Familie und seine Kinder hinsichtlich Fähigkeiten und Vorlieben begeistert auf Forderungen der Wirtschaft ein- und umzustellen, auch mit Wohnungs- und generell Ortwechsel, kann auch noch ungekrönter König in den Billig-Metropolen der Welt werden. Aber zusätzlich wird diese Anpassungsfähigkeit nicht belohnt. Das liegt nicht in der Natur des Systems.
Menschen haben am Ende des Monats so viel Geld auf dem Konto, wie sie brauchen, um den nächsten Monat zu überleben. Wenn sie Glück haben, können sie hoffnungsvoll noch ein paar Euro zum Erhalt ihrer Illusion mittels Lottospiel, um den Jackpot zu ergattern, investieren. Oben ist existenzielle Sicherheit im Überfluss insofern gewahrt, wie man in der Lage ist, das System geschickt so zu erhalten, wie es ist. Selbstverwirklichung hinsichtlich Fähigkeiten und Vorlieben werden gefördert und gesichert. Freude und Fortschritt sind so selbstverständlich wie das tägliche Brot.
Diese Menschen kennen sich in der Welt aus, Reisen und Bildung sind selbstverständlich. Man könnte auch sagen, ihnen gehört die Welt. Elegant wie letztlich schemenhaft und unverbindlich, aber mit psychologischem Appell an Groß-gesinntheit, formuliert Peter Sloterdijk in seinem Buch „Im Weltinnenraum des Kapitals“ (2005) die konsequenzreiche Zweiteilung von Mensch, Leben und Kultur:
„Daß aber die Seelen mit den Weltformen wachsen, in den Steppen, in den Städten und in den Reichen, ist eine der Tatsachen, von denen die Philosophie ihren Ausgang nahm: sie könnte ihr auch bei der jetzt angesichts der globalen Situation nötigen Metamorphose die Richtung andeuten. Zur Zeit der Polis vertrat Aristoteles die Meinung, dass Bürger nur sein könne, wem großseelisches Empfinden (megalopsychìa) zur zweiten Natur geworden sei. Man sieht nicht recht ein, warum das für die Zeitgenossen der nationalstaatlichen und globalen Ära nicht mehr zutreffen sollte, bloß weil diese jetzt Kreativität statt Großgesinntheit sagen. Die Kreativen, so heißt es hin und wieder, sind jene, die das Ganze daran hindern, in schädlichen Routinen zu versinken. Vielleicht ist die Zeit gekommen, die Phrase beim Wort zu nehmen.“ (Sloterdijk, 2005, S. 414-415).
Der letzte Satz konfrontiert, bissig und hilflos zugleich, im Appell ein Eingeständnis an Abhängigkeit in reflexiv freiwilliger Selbstauskunft. Konfrontation auf der Metaebene mittels eigenen Handwerks wie letztlich Mund, den wir alle haben, zeigt, edel und wach, spitz auf ein Sprichwort, das da heißt: „Der Klügere gibt nach.“ Insofern haben alle Nicht-Kapital-Besitzenden den Bestrebungen des Oben nachgegeben und spielen den Spielverderber, in dem sie in der Regel nicht zu gleichen und vernichtenden Mitteln greifen und griffen. Sie zeigen durch ihr Leben und ihren Möglichkeiten der Meinungsäußerung auf, was nicht im Staate und im Weltinnenraum des Kapitals in Ordnung ist. Nun ist es an ihnen, an den Kapitalbesitzern und ihrer höfisch-demokratischen Gefolgschaft, der Welt zu zeigen, ob Hoffnung und Unterstellung von Edelmut oder Großgesinntheit begründet sind. Hinter dieser Hoffnung steht der Verdacht, dass es möglicherweise Größeres und Ehrenvolleres gibt, als das, was kapitalistische Kultur an Bild von der Seele, Menschenliebe und Naturliebe bis jetzt zu bieten hat(te). Von Verwirklichung, gar Selbstverwirklichung von Mensch und Seele in diesen Zusammenhängen zu sprechen, verbietet sich von selbst. Kapitalistische Teleologie arbeitet mit gegenteiligem Ziel, hält aber Menschen noch am seidenen Faden, um sie für die Arbeit, die angeboten wird, zu erhalten. Aber, wenn es zu viele Menschen werden, die keine Arbeit haben, die am Rande der Existenz in Städten und Steppen nur noch vegetieren, was geschieht dann?
Bietet da der Weltinnenraum des Kapitals tatsächlich nur die Lösung Krieg und Akzeptanz steigender Unmenschlichkeit, weil Menschen anfangen, sich gegenseitig Hölle und Abgründe in Verhalten und Lebensformen als Folge kapitalistischer Kulturauswüchse durch selbst Erlittenem und in Leben wie Alltag Weitergegebenem, zu spiegeln und sich damit einer durchgreifenden Gesetzlichkeit ausliefern und sich letztlich selbst erlegen?
Es fehlt ein Schritt, ein Ruck, von Oben, zu tun, was getan werden muss, um Leid, Not und Verelendung in eine lebenswerte Richtung für alle zu bringen. Denn in psychosoziale erste Hilfe wie langfristige Unterstützung werden Steuergelder nur sehr rar und selten investiert. Berufe im psychosozialen Sektor sind verglichen mit Einkommen in der Wirtschaft völlig unterbezahlt. Dies zeigt den Stellenwert für Mensch und Menschenhilfe wie auf einem Barometer in der Kultur an. Letztendlich, wäre zynisch hinzuzusetzen, ändert Hilfe ja auch nichts? Denn Kern und praktikable Basis weltweiten Lebens im Weltinnenraum des Kapitals bleibt unangetastet. Dieser Raum ist Tabu für Unten. Damit soll nicht gesagt sein, dass man sich Oben über diese Zusammenhänge im Klaren ist.
Eher dürften sie in Gänze nicht von Interesse sein. Das, was nicht von Interesse ist, bringt Symptome, Krankheiten, Verelendungsformen, Heimat- und Familienverlust und generell grauenvolle seelische Nöte hervor. Sie schlagen sich Bahn in körperlichen und psychischen Krankheiten, weil kein Mund da ist, der einfach erklärt, wie Seele, Psyche und Körper mit sozioökonomischen Verhältnissen verbunden sind.
Wohin die Seelen derer von Unten wachsen und welche psychischen Abwehrmuster gefunden werden müssen, um individuell einigermaßen ökonomische Entwicklungen dieser Art zu überleben, ist auch international noch ungewiss. Es sind zum Teil Seelen von Menschen, die durch schwerste Misshandlungen und Vergewaltigungen in den „Steppen“ für ihr Leben gezeichnet worden sind, wenn sie die Massaker überhaupt überlebten, und die dann nie wieder ein normales Leben führen werden. Aktuell spreche ich zum Beispiel von den massenhaft vergewaltigten Frauen und Mädchen im Kongo und anderswo auf der Welt. Dokumentarfilm: „Im Schatten des Bösen.“ Sie finden ihn bei SWR und Arte als Pdf: AI 080702-2.pdf. Oder unter dem Stichwort des angegebenen Titels des Film im Internet. Amnesty International veröffentlicht Daten aus verschiedenen Ländern zu Vergewaltigung und Missbrauch von Frauen und Mädchen unter http://.etracker.de/app?et=NTmjLs. Diese Amnesty-Auflistung ist im Anhang 1 des vorliegenden Buches nachzulesen. Aber auch Avaaz{1} wird sich in diesem Jahr 2010 insbesondere des Menschenhandels annehmen:
„Millionen von Frauen und Mädchen werden jährlich verkauft und zur Prostitution gezwungen – 2 in jeder Minute. Wir können diese jungen Mädchen vor dem Horror retten. Bitte unterstützen Sie die neuen Avaaz-Aktionen, um den Handel für immer zu stoppen.“
Die Opfer der Gegenwart werden ihr Leid somatisieren müssen: Denn wer sollte sich in der Gegenwart der Millionen von Mädchen und Frauen annehmen, die in der Prostitution versacken? Auch mittels K.O._Tropfen werden nun unzähöige junge Frauen im IN- und Ausland (z.B. Lloret de mar) unwisentlich missbraucht und vergewaltigt. Lebenspläne zerschlagen sich nicht selten aufgrund derartiger Taten, wie am 29. September im ZDF dokumentiert wurde. Die M;ädchen und Frauen können sich nicht an die Taten erinnern und konstruieren verzweifelt Tat und Erleben... Sie sind gezeichent an Leib und Seele für Jahrzehnte, wenn nicht bis zum Lebensende.
Wie in Band 1 ausgeführt, ist mit langwierigen transgenerationellen Übertragungen auf Jahrzehnte bei den Nachkommen dieser Menschen aufgrund derartig politischer Verhältnisse, in die kein Staat der Welt und keine Organisation zum Schutze von Menschen eingreift oder eingreifen kann, zu rechnen. Damit bleibt es auf lange Sicht so, wie es immer schon war?
Die Folgen in den Seelen der Menschen von Unten in den sozial vernachlässigten Städten und Stadtteilen in Deutschland und Europa, die jeden Tag aufs neue versuchen, ihren Fuß auf den rechten Weg zu setzen und scheitern, sind unabsehbar. Irgendwann werden sie vielleicht in der Gro so sein, wie man es ihnen sowieso bereits prophezeite, so wie im Roman von Max Frisch „Andorra“ (1972) beschrieben. Und da die exakte Entwicklung so ungewiss ist – schließlich muss sich ja nicht immer wieder alles in gleicher Form wiederholen, muss dennoch hoffnungsfroh dazwischen geschoben werden – ist die Notwendigkeit gegeben, sich mit den realen Bedingungen, Folgen und Fakten für sie, wie für uns alle, auseinander zu setzen.
Mit der Maßgabe der positiven Richtungsänderung des Not Wendenden, von Opferung und Zerstörung auf die Zielgerade zu Heilung und körperlicher, psychischer und seelischer Unversehrtheit zu bringen, sind als Notfallbegrenzung sofort für derart eindeutige Fälle, wie aktuell im Kongo oder wie in der Vergangenheit in Bosnien, Ruanda und anderen, hier jetzt nicht aufgezählten Ländern, gesetzliche Notstandsregeln sowie generelle gesetzliche Regelungen für derartige Vergehen an Seele, Körper und Psyche international festzulegen, die Massaker, Vergewaltigung und Missbrauch, ob im zivilen oder kriegerischen Leben, unter hohe Strafe stellen.
Psychoökonomisch wie ökonomisch sind gesunde Lebensstrukturen für alle als Lebenslösungen aus diesem Prozess hervorzubringen. Unten ist für Millionen von Menschen nichts mehr selbstverständlich oder gesichert. Weder das tägliche Brot oder Existenz, noch Förderung von Fähigkeiten und Vorlieben. Freude und Zuversicht werden zunehmend Fremdwörter. Beziehungen sind belastet aufgrund existenzieller Probleme und brechen auseinander, Kinder verwahrlosen, werden selbst in Schulen weder gefordert, noch gefördert, sondern verwahrt - aber nicht bewahrt.
Verwahren ist in dieser Hinsicht als Verwahrlosung zu lesen, weil niemand danach schaut, wo die Fähigkeiten dieser Kinder liegen, die folglich weder gefördert, noch zur Kenntnis der Kinder selbst gelangen. Was die Kinder und Jugendlichen aber spüren, ist unbestimmte Scham, deren Grund sie oftmals nicht nennen können. Chancen als Spiegel für eine gesicherte Zukunft entfallen.
Der Kapitalismus, in Form des ausschließlichen und extremen, weltweiten Wettbewerbs, schafft ein Gattungsleben, das ausschließlich in den Dienst der Profitmaximierung gestellt ist. Reiche und ihr Lebensstil werden glorifiziert. Alle anderen Menschen werden zu Zuschauern, und gesteigert, in der wirtschaftlichen Auswirkung, zu Opfern degradiert. Oder umgekehrt, wie bezüglich der gerade zitierten World-Press-Nominierung, werden Reiche zu unmittelbaren Zuschauern von Zerstörungen. Kriegsresultate werden zu Events, die besichtigt werden.
Negative wirtschaftspolitische Auswirkungen zeigen sich weltweit zeitgleich im rasanten Anwachsen von Missständen für Menschen, deren konsequenzreiche wie problematische Lebensgestaltung Politiker hilflos gegenüber stehen und sie veranlassen, von Staatswegen aufzufordern, weltweit gegen das Elend zu spenden. Spenden werden diese zwei sehr unterschiedlichen Welten jedoch nicht allein ordnen und wieder auf lebbare und tragende Füße stellen. Der Ausspruch von Oscar Wilde „Freundschaft ist ein Feuer, worin zu grauer Asche zerfällt, was unrein ist“ ist ebenso auf generell schwindende Beziehungsfähigkeit zwischen Menschen im Weltinnenraum des Kapitals anwendbar: „Beziehungsfähigkeit ist ein Feuer, worin zu grauer Asche zerfällt, was unrein ist.“ Beziehungsfähigkeit setzt immer Vertrauen voraus. Schwindet Vertrauen zwischen Menschen und/oder großen Gruppen wie Oben und Unten, dann wird noch Weiteres zu grauer Asche zerfallen.
Für den Wettbewerb der Weltenmacher steht die Züchtung von Eliten im Vordergrund. Die ihnen zugrunde liegenden Motive schaffen Elitegruppen in der Wissenschaft, im Sport und in der Leitung von Unternehmen. Eine Elite, die Probleme Unten von innerer Anschauung und von Berufswegen kennt, wird nicht gezüchtet und unterstützt: Soziale Probleme und Folgen politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen auf den Menschen in der breiten Masse werden zwar geordnet und dokumentiert. Aber es fehlen die sozialpolitisch richtigen Rückschlüsse bzw. Entscheidungen, um Missstände nachhaltig abzuschaffen. Insofern können wichtige sozialpolitische und psychoökonomische Einflüsse auf den heutigen Menschen nicht zu neuen Denkmustern und Handlungsgrundlagen werden, die im gleichen Zuge eine neue und einheitliche Werteordnung, die für Oben und Unten verbindlich werden muss, hervorbringen.
Wie hervorragende Fähigkeiten einzelner Menschen aus der Elite in Wirtschaft und Finanzwesen aufgrund des globalen Wettbewerbs einzusetzen sind, wissen alle Menschen: Die Entscheidungen sind gegen abhängig arbeitende Menschen zu fällen, um Gewinne zu steigern.
Wie jedoch Entscheidungen und neue Strukturen für ein friedliches Zusammenleben mit guter Zukunft für alle Menschen zu bewerkstelligen wäre, liegt im Dunklen.
Berufstätige Menschen aus den sozialen Berufen, wie z.B. Sozialarbeiter werden zur Verantwortung gezogen, wenn die notdürftigen, und schlecht finanzierten, Stellenbesetzungen nicht ausreichen, um Probleme zu lindern, zu beheben oder abzuwenden. Andererseits werden Menschen im Verkehr mit Ämtern in den Wahnsinn, mittels sich ausschließender und/oder fehlender Teile in der Gesetzgebung, getrieben und gleichfalls an die Grenze ihrer Existenz. Überall in Deutschland lauern Strukturen mittels Verordnungen, die Menschen über kurz oder lang zu Fall bringen. Augenfällig wird, dass klare und vor allen Dingen einfache Regelungen fehlen.
Diese Aussage werden Ärzte, Psychotherapeuten und Sozialarbeiter ausgehend von Einzelfällen, die meist keine Einzelfälle sind, in denen sie sich um Anschlussbehandlungen, Überleitungsstrukturen von einer Schule zur anderen oder Maßnahmen zur Wiedereingliederung bemühten, die aufgrund dieser gesetzlichen Mängel und Geldmangel nicht stattfanden konnten, bestätigen können. Ein Beispiel: Es bleibt nun einer – an einer Essstörung massiv erkrankten – jungen Frau nichts anderes zur Existenzsicherung übrig, will sie nicht in der Gosse landen, als sich gesund zu denken und sich beim Arbeitsamt zu melden, damit ihr finanzielle Unterstützung gewährt wird und sie Harz-IV beziehen kann. Eigentlich befindet sie sich in einer Wiedereingliederungsmaßnahme. Aufgrund dessen wird ihr aber das Kindergeld gestrichen, weil es Anrechnung auf die finanzielle Unterstützung der Wiedereingliederungsmaßnahme nach Auskunft der Mutter in diesem Bereich findet. In der Wiedereingliederungsmaßnahme gilt sie nicht als gesund und steht dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung und das Kindergeld wird gestrichen. Sie will ihr Abitur zu Ende bringen, will sich am Westfalen-Kolleg anmelden und hört, dass ihr die fünfjährige Zeit ihrer Krankheit nicht als schulferne Zeit angerechnet werden kann: Praktika, Arbeitszeiten und/oder Meldungen zur Arbeitslosigkeit fehlen bzw. finden während Krankenhausaufenthalten absolvierte Arbeiten und Praktika keine Anerkennung. Beim Arbeitsamt verschwanden die eingereichten Unterlagen. Die Mutter geht mit ihrer körperlich noch sehr schwachen Tochter zum Arbeitsamt und die Mutter wird gefragt, warum ihre Tochter das nicht allein erledigen kann! Die Mutter: „Weil selbst ich in den Ämtern nicht vorwärts komme mit meinen Anliegen und Bemühungen! Wie soll meine Tochter das denn allein bewältigen?“ Diese Mutter hat keine Zeit, darüber ein Buch zu schreiben, obwohl sie alle bürokratischen Vorgänge und entsprechende Schreiben von Ämtern in Aktenordnern gesammelt hat. Sie arbeitet in der Altenpflege und schiebt zusätzlich zig Nachtdienste, um ihre Tochter wie sich selbst finanziell zu erhalten. Sie ist seit Jahren alleinerziehend.
Psychologische Psychotherapeuten und Ärzte, die gleichfalls eine Elite in Deutschland qua Numerus Clausus und Ausbildungsgängen darstellen, werden seit Jahren niederfinanziert und kritisiert. Sie erscheinen in fragwürdigem Licht in der Öffentlichkeit, das von genereller Abwertung, Infragestellung der Profession bis hin zu Kriminalisierungen und Betrug reicht – es sei denn, man braucht sie für spektakuläre wissenschaftliche Erkenntnisse in der internationalen Forschung oder Themen, die von allgemeinen Interesse in der Öffentlichkeit sind. Politische Äußerungen von ihnen werden zur Kenntnis genommen und verschwinden in den täglichen Mitteilungen der Nachrichten. Sie sind meist sachlich und sprachlich wohl geformt und scheinen wie Schall und Rauch an Hörern, Lesern oder Zuschauern vorbei zu ziehen, als hätte es sie nie gegeben. Der Ökonomisierung des Gesundheitswesens in der Gesundheitswirtschaft wird deshalb kein Einhalt geboten – im Gegenteil wird der ökonomische Wettbewerb weiter ausgearbeitet und verbreitert. Notdürftig werden mittels kritischer konfrontativer Sendungen und Zeitungsberichten Einhalt geboten. Eine Sisyphosarbeit, die sich an der globalen und allgemeinen Wirtschaft als Wegweiser bereits auch für die Gesundheitswirtschaft abzeichnet und heute kein Mensch zu sagen weiß, wohin dieser Weg für Welt und Mensch führen wird. Folgt man der allgemeinen faktisch vorliegenden Kapitalismusstrategie, muss Zerstörung her, um aus ihr ein Geschäft zu entwickeln.
Sozialarbeiter, Psychologische Psychotherapeuten und Mediziner hätten eine Vielzahl von Eindrücken, die sie in den letzten 10 Jahren durch die Arbeit an Patienten und im Kontakt mit zu betreuendem Klientel gewonnen haben, mitzuteilen, die als Spiegel wirtschaftlicher und politischer Verhältnisse zu verstehen sind. Sie haben nicht die Möglichkeit, freimütig zu berichten, welche Eindrücke sie von gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Entwicklungen durch ihre Arbeit gewinnen. Es hat alles seinen wissenschaftlichen Gang zu gehen, denen dann Diskussionen und Entschlüsse folgen, die wiederum auch nichts zum Besseren, weder für den Berufstand selbst, noch für die breite Bevölkerung, gedeihen lässt. Damit wird zeitgleiche Reflexion problematischer Entwicklungen und aktive Prävention verhindert. Statt die Kluft zwischen Oben und Unten zu verkleinern, tragen globale Wettbewerbsentscheidungen dezidiert und konzentriert zur Vertiefung bei.
Die Unterschiede zwischen Menschen, aufgrund ihrer Lebensweise und die sich daraus ergebenden Entwicklungsmöglichkeiten, wachsen kontinuierlich weiter und prägen Menschen bis in die Zellen. Menschen werden günstigstenfalls krank, andere sterben an Hunger oder verenden seelisch.
Oben können sich Menschen die beste ärztliche und medizinische Versorgung leisten. Für Unten gibt es Qualitätsstandard und zusätzliche Versicherungen z.B. für chronisch kranke Menschen. Ambulante Praxen werden sukzessive dezimiert. Die Kassenärztliche Vereinigung ließ Ende März 2008 in den Nachrichten verlautbaren, dass immer weniger Nachwuchs für den ärztlichen Berufsbereich vorhanden ist. Dies ist als ein direktes Ergebnis der Politik im Gesundheitswesen zu werten. Zusätzlich sind ca. ein Fünftel der gegenwärtig praktizierenden Ärzte ca. 60 Jahre alt und werden bald ihre Berufstätigkeit einstellen. Das Gesundheitswesen in der Gesundheitswirtschaft bringt für alle Betroffenen unerquickliche Verhältnisse hervor: Kranke sitzen oder stehen in neuen Versorgungsstrukturen stundenlang bei fremden Ärzten in der Warteschlange, oder harren in Wartezimmern aus. Das Gesundheitswesen wird nun gleichfalls, wie jeder andere Bereich unter wirtschaftlichen Prämissen, neu strukturiert und organisiert, damit in der Gesundheitswirtschaft verdient werden kann. Patienten, Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten werden dafür geopfert.
Im Zuge dieser Ökonomisierung des Gesundheitswesens wird ebenso wenig wie in der generell globalisierenden Wirtschaft realisiert, dass hier prinzipiell Entscheidungen gegen Menschen getroffen werden. Auf lange (und gleichfalls auf kurze, individuelle) Sicht schafft dieses einseitig ausgerichtete und freudlos gestraffte wie kontrollierte Wettbewerbssystem systematisch Zerstörung. So ist die Spitze der zwischenmenschlichen Entfremdung fast vollendet – der Mensch traut dem Menschen nicht mehr.
Der Mensch kann dem Menschen nicht mehr trauen, weil er in vielfältiger Form an der Nase herumgeführt und unter Druck gesetzt wurde, gegen sein Gefühl, seinen Instinkt und letztlich seine Seele zu handeln. Diese Entwicklung kann allerorts aufgezeigt werden: Ob in der Verfolgung von Steuersündern Oben, oder in der generellen Kontrolle von Mensch Unten. Lug und Betrug stehen in der Mehrzahl der Fälle da, wo sie stattfinden, in direkter Verbindung zu Geld. Oben bekommen einige Menschen nicht genug, Unten wird aus der Not gehandelt, um überhaupt über die Runden zu kommen.
Beide Vergehen finden auf gleicher Ebene in Diskussionen Darstellung, ohne dass die Motive des Handelns unterschieden würden. Da reicht dann die Feststellung, dass es Lug und Betrug ist. Die Schuldgefühle, die derjenige entwickelt, der ethisch und moralisch sein Leben sauber führen möchte und trotzdem Unten in Situationen gerät, die Existenz gegen Ehre, Würde und Selbstachtung setzen, wird verkürzend und bequem übergangen. Damit wird das seelische Konfliktpotenzial tot geschwiegen und für untauglich erklärt. Notwendige Entscheidungen in Politik und Wirtschaft müssen somit nicht fokussiert werden und sind somit nicht zu fällen.
Das Gattungsleben des Menschen ist gekennzeichnet vom Jeder gegen Jeden. Es muss sich, will Natur und Mensch Bestand haben, zum „Jeder für Jeden“ entwickeln, aber nicht auf der bisher gewählten Ebene von Verzichtsleistungen, die einseitig durch Unten zu erbringen sind. Dafür sind jetzt Weichen zu stellen.
Verglichen mit afrikanischen, südamerikanischen oder anderen armen Ländern, wo es Entwicklungshilfen gibt, die den leidenden Menschen nicht immer (oder sollte da besser stehen: immer nicht?) im Gänze, sondern in kleinen Teilen zu Gute kommen, sind die Europäer tatsächlich noch sehr gut dran. Wir haben, wie man oft als Argument hört, zig öffentliche Toiletten und die Armut wird strukturiert verwaltet, wenn dies auch nicht immer wie angekündigt funktioniert (Harz IV). Aufgrund dieses kulturellen Standards müsste man in Europa oder in reichen Ländern schweigen. Was diese Wettbewerbsideologie jedoch als nächstes auf ihrem Plan hat und welche Gruppe von Menschen die nächste sein wird, deren Leben von der Geldgier eines Wirtschaftszweiges weg gefressen oder einfach aufgelöst und ausgelöscht wird, wissen wir nicht. In Deutschland und anderen europäischen Ländern wird Gesundheit und Heilung für die Wirtschaft geopfert. Das gesetzliche Gesundheitswesen wird dem „Gesundheitsmarkt“ im Wettbewerb und damit der generellen Wirtschaft in Deutschland zur Verfügung gestellt.
Können Sie sich vorstellen, dass arme Menschen medizinisch gut versorgt werden? Oder können Sie sich vorstellen, dass sich irgendein Mensch vor dem Hintergrund der globalen Auswirkungen auf Ihr persönliches Leben interessiert? Bis vor ein paar Jahren konnte man zumindest noch annehmen, es wäre so. Zum Beispiel, wenn man zu „seinem Arzt um die Ecke“ ging und ihm erzählte, was einem so fehlt. Das wird im Fortgang der Etablierung des Gesundheitsmarktes nicht mehr möglich sein: Weder wird Ihr behandelnder Arzt um die Ecke sein, noch werden Sie von Ihrem Arzt und langfristiger, von ihrem Psychologischen Psychotherapeuten, sprechen können. Und werden Sie dem Arzt, den Sie stattdessen aufsuchen können, dürfen, müssen oder sollen, wirklich vertrauen?
Wissen Sie so genau, dass er es gut mit Ihnen meint? Mir geht es nicht darum Misstrauen zu schüren, sondern Bedenken anzumelden, um einen Diskurs anzuregen, der dazu führen könnte, neue Weiche stellen zu können, die tatsächlich für das Wohl von Menschen sorgt.
Die Politiker stehen zwischen den Fronten der zu sozialpolitisch konträren wirtschaftlichen Ziele. Zwischen Zielen und Notwendigkeiten des kapitalistischen Wettbewerbs und den Bedürfnissen und Notwendigkeiten der Bürger, die alles an Kraft und Leben geben, um in dieser Kultur zu überleben, klaffen Welten. Eine grundsätzliche Reflexion der Konsequenzen des globalen kapitalistischen Wettbewerbssystems auf den Menschen findet nicht statt. Werte werden grundsätzlich nicht reflektiert und justiert: Lobbyismus nennt man das. Nichts wird im Kern in Frage gestellt, es sei denn, eine soziale Errungenschaft... Der Wettbewerb wird durch diese Ideologie zur „Natur“ erhoben. Die wahren Bedürfnisse und Notwendigkeiten zum Erhalt von Mensch und Natur werden für ihn geopfert, sie werden unnatürlich. Frieden, Sicherheit, Gesundheit, Bildung, Essen, Trinken, Heilung, Wohlstand für alle Menschen – all das bekommt den Stempel unnatürlich. Ohne vernünftige, selbstkritische Reflexion und eine grundsätzliche Umkehr der Werte sowie das eindeutige Eintreten für den Menschen, wird alles so bleiben, wie es ist bzw. sich drastisch weiter verschlechtern.
Der Selbst- und Lebenswert muss auf den Thron, Mehrwert und Kapitalvermehrung als primäres und einziges Ziel wirtschaftlichen Handelns ist out. Das Wettbewerbssystem in der Globalisierung hat sich als unfähig erwiesen, dem menschlichen Wesen im Hinblick auf die Menschheitsgeschichte global gerecht zu werden. Erwirtschafteter Mehrwert muss auch für das Gattungsleben zur Verfügung gestellt werden. Die Wirtschaft hat dem Menschen zu dienen und nicht der Mensch der Wirtschaft, denn Wirtschaft ist ein Mittel für das Leben, nicht der Mensch das Mittel für ein florierendes Wirtschaftsleben. Der Mensch wurde unter den Leitlinien des Kapitalismus entmenschlicht und toten Gegenständen stattdessen Leben eingehaucht. Verantwortung wird von den dieses System verwirklichenden Menschen, den Verantwortlichen, zurückgewiesen: Naturkatastrophen werden in Postulaten wie, sie seien undemokratisch, wie Staatssekretär Müller die Prognosen für Naturkatastrophen kommentierte, personifiziert. Selten ist zu hören, dass Menschen und Leben generell durch diese klimatischen Veränderungen bedroht sind. Und es sind oftmals die Menschen, die ohnehin nicht über ausreichende Mittel verfügen, um sich schützen können. Aktuell wären die Naturkatastrophen in China und Birma zu nennen, die den Menschen dort Existenz und Leben nehmen.
Wie, um auf die Aussage von Staatssekretär Müller zurückzukommen, demokratisch es ist, wenn drei von vier Kindern unter Hartz-IV-Verhältnissen aufwachsen müssen, wie der Präsident der Psychotherapeutenkammer in Bremen Karl Heinz Schrömgens anlässlich des 12. Deutschen Psychotherapeutenjahres in Bremen am 31. Mai 2008 im Zusammenhang mit dramatischen Versorgungsproblemen der Psychotherapie in Bremerhafen berichtete, muss jetzt hier nicht diskutiert werden: Langfristige Folgen werden jedem Menschen klar sein. (Bühring, Petra & Gerst, Thomas: „Von der Ruhe nicht täuschen lassen.“ In: Deutsches Ärzteblatt, Juni 2008, S. 247).
Psychologische Psychotherapeuten müssen in ihren Praxen bzw. ihrer täglichen Arbeit mehr und mehr Aufgaben von Sozialarbeitern übernehmen. Dies aber nicht nur wegen der Auswirkungen von Harz IV und deren schwierig zu durchschauenden Gesetzestexten, sondern auch bezüglich anderer sozialer Inhalte und Folgen, wie sie sich aus dem normalen, täglichen Leben bei Menschen ergeben! Ist diese psychosoziale oder psychoökonomische Situation vieler Menschen in Deutschland dann als Menschenkatastrophe zu bezeichnen, die demokratisch und damit normal und natürlich ist?
Schließlich heißt es doch in Deutschland immer wieder und aller Orts, dafür gäbe es keine Verantwortlichen. Wenn kein Mensch für diese Verhältnisse verantwortlich zeichnet, dann müssen diese gesellschaftlichen Probleme Natur, natürlich, gewollt wie zwangsläufig sein. Zur Not gibt es als Begründung ja dann auch noch wissenschaftliche Erklärungen, Genetikfaktoren oder Intelligenzmessungen, die dafür sorgen, dass die einen Oben und die anderen Unten sitzen!
Also, so könnte man schlussendlich sagen, ist Natur allerorts die Erklärung, weshalb die nicht mit Kapital ausgestatten Menschen von Natur und Kultur undemokratisch immer und immer wieder getroffen werden, ohne das auch nur ein Mensch einen Finger gerührt hätte, der diese sozialpolitischen und psychoökonomischen Verhältnisse Unten mit zu verantworten hätte!
Wo bleibt oder ist die Demokratie? Die Demokratie scheint es nach über 60 Jahren ihres Wirkens bewerkstelligt zu haben, Gesetze zu schleifen, die in ihrer gegenseitigen Aufeinanderbezogenheit oder besser, aufgrund fehlender gegenseitiger Aufeinanderbezogenheit, immer wieder zum gleichen Ergebnissen führt: Es trifft diejenigen, die sowieso nichts haben.
Fassen wir zusammen: Die Natur hat Charakter. Sie wird in der Personifizierung als undemokratisch bezeichnet, weil sie die Armen trifft. Die Kultur ist natürlich, weil kein Mensch menschliche Anliegen verfeinert, weil es Natur ist, das die einen Oben und die anderen gesellschaftlich und damit menschlich Unten sind. Wenn es keinen Menschen gibt, der Verantwortung trägt, muss Kultur gleich Natur sein und ihren Gesetzen folgen! Das Recht des Stärkeren oder des Reicheren beherrscht dann die Kultur, sprich die grundsätzliche Haltung in einer Gemeinschaft oder Gesellschaft, wie Menschen sich begegnen, sehen, begreifen und einander behandeln.
Sollte aber doch jemand Verantwortung getragen haben, so müsste man sagen: Kultur ist unnatürlich, weil sie die Anliegen von Menschen nicht als ihre Aufgabe aufnimmt und nicht demokratisch für das Wohl aller sorgt! Denn oftmals wurden Wahlversprechen gegeben, die sich nach der Wahl realiter in der Umsetzung als das Gegenteil von dem entpuppten, wofür die Bürger gewählt hatten. So ein Verhalten ist allerdings wiederum als charakter- oder kulturlos zu bezeichnen! Wenn also die Natur undemokratisch die Armen trifft, was tut dann unsere Demokratie? Ist die Demokratie undemokratisch und ist dieses Merkmal dann als ihre Natur und ihr Charakter zu verstehen? Verträgt sich diese demokratische Realität noch mit unserer demokratischen Verfassung, in der davon gesprochen wird, dass alle Menschen gleiche Rechte hätten und als gleich anzusehen sind?
Wie, um den Psychotherapeutentag noch einmal in Erinnerung zu rufen, verträgt sich Demokratie mit der wachsenden Kinderarmut und vielen anderen skandalösen Entwicklungen und Fakten? Die Wirtschaft fühlt sich höchstens von Debatten über Schadensbegrenzungen bedroht und droht ihrerseits mit der Verlagerung von Produktionsstätten und Abbau von Arbeitsplätzen im Land. Mit Demokratie, Moral und Ethik hat die Wirtschaft nicht viel im Sinn, wie man bisweilen hören kann. Darüber müssen sich dann Experten und Gelehrte Gedanken machen. Leider, so muss festgestellt werden, haben diese dann keinen Einfluss auf die Ökonomie. Das Karussell der Schuldprojektionen dreht sich weiter und immer schneller um den wirtschaftlichen Kern, der die gegensinnigen Ziele und Werte von Mensch und Globalisierung, die Polarität zwischen Vernichtung und Leben, ans öffentliche Licht befördert: Mensch gegen Mehrwert. Leben gegen Existenzvernichtung, letztlich gegen Tod. Und was können Kinder dafür? Wofür sollen in Deutschland eigentlich noch mehr Kinder geboren werden, wenn die, die bereits leben, arm sind, nicht versorgt werden können und ihre Zukunft vor allen Dingen eine Farbe trägt: Grau!
Zweiklassengesellschaft und Gesundheitswirtschaft bringen Folgen hervor, denen bereits Teile der Bevölkerung zum Opfer gefallen sind – ohne dass sie selbst hätten Einfluss nehmen können. Ärzte und Psychotherapeutische Psychotherapeuten wurden zur Planung einer Gesundheitswirtschaft nicht gefragt. Notwendige wirtschaftliche Entscheidungen werden als genereller Grund für Veränderungen in der Wirtschaft vorgegeben. Also gibt es doch Verantwortliche, wäre zu bemerken. Es zeigt sich jedoch weniger eine existenziell notwendige Entscheidungsbasis für Firmen, um eine Pleite abzuwenden, sondern der Trieb, nach immer höheren Gewinnen zu streben, die mittels niedriger Produktionskosten (Standort, Arbeitslöhne, staatliche Subventionen) erzielt werden (Beispiel: Nokia 2007). Abgesehen von den fleißigen, kleineren Mittelständischen Unternehmen, die im Rahmen der Globalisierung gleich mit platt gewalzt wurden.