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Massur lalev - dem Herzen anvertraut (Talmud) oder dem Strichcode?

Eine Reform im Gesundheitswesen sollte den Herzen der Behandler anvertraut werden, die tagtäglich, egal zu welchem Honorar, unter welchem bürokratischen Druck und welchen Fortbildungs- und Zertifizierungsverpflichtungen, ihre Arbeit tun. Will man in einer Kultur gute Behandler, also gute Ärzte und gute Psychologische Psychotherapeuten haben, muss man ihnen einen Platz geben, der so ausgestattet und abgesichert ist, dass sie ihre Berufsidentität ausbauen können, wo sie Freiheit im Handeln und Behandeln leben können und von ganzem Herzen ihr Bestes geben wollen. Auf gar keinen Fall sollte man sie vermarkten oder zwingen, sich selbst zu vermarkten oder zu verkaufen.

Wenn Politiker einem Arzt und Psychotherapeuten in diesem Sinne kein Vertrauen entgegenbringen und glauben, ihnen die Berufsidentität und ihren Platz in der Kultur wegnehmen zu müssen, dann sollten sie sich fragen, wie sie eine Heilungskultur sicherstellen wollen. Der Strichcode ist eine moderne, sehr treffende Kurzfassung des aktuellen Gesundheitssystems: Der Arzt wird im übertragenen Sinne auf den Strich geschickt, um sich im Wettbewerb Gesundheitswirtschaft zur Schau zu stellen, um den ärztlichen Kollegen zu bekämpfen und auszutricksen, um den (privaten oder selbst zahlenden) Patienten zu binden. Ärzte werden entmenschlicht, versachlicht und anonymisiert. Sie werden in ein System voller Abhängigkeiten und Tücken gezwungen, das sie kontrolliert und überwacht – und auch noch für eine gefährliche Verfolgungsjagd durch wie auch immer motivierte Patientenäußerungen freigegeben wird. Auch der Patient wird per Code anonymisiert. So lassen sich Behandler und Patienten bzw. die Kosten und Gewinne bestens kontrollieren. Wir alle müssen einsichtig sein und für die Probleme von „Oben“ Verständnis zeigen, demütig und bescheiden entgegen nehmen und umsetzen, was man sich kreativ Oben ausgedacht hat. Auf ehrliche Antworten auf die vielen Fragen, die dieses Wirtschafts- und Gesundheitssystem aufwirft, brauchen wir nicht zu hoffen. Denn die gesellschaftliche Ordnung ist von zigtausenden Gesetzen und Verordnungen durchzogen, so dass ein Mensch kaum richtige Prognosen stellen kann, wohin sich was entwickelt. Folglich darf man auch nicht erwarten, dass im Nachhinein, wenn alles schief gegangen ist, jemand Verantwortung übernimmt: „Das konnten wir ja nicht ahnen.“ Das ist die Politik von Oben, bei der Erklärungen allenthalben auf ein „Ich war’s nicht“ hinauslaufen.

Doch jeder Mensch, gleich, ob Oben oder Unten, muss sich überlegen, welche Schritte er als nächstes für sein eigenes Denken und Verhalten wählen will. Entscheidungen stehen an. Statt in Scham, Selbstverleugnung und Rückzug zu verharren, sollte aufgezeigt werden, was in einer Kultur für Menschen überhaupt nicht toleriert werden kann. Menschen, die von Selbstannahme ihrer eigenen Erfahrungen durchdrungen sind, die von Wahrhaftigkeit und Authentizität zeugen, sollten sich äußern. Menschen, die weder käuflich noch vermarktbar andere Menschen berühren – und heilen. Was für das Gesundheitswesen gilt, muss ebenso für die Gesellschaft insgesamt gelten. Generell sollte der Mensch den Menschen bestätigen: „Massur lalev“ - dem Herzen anvertraut. Menschlichkeit, Vertrauen, Wohlwollen und Mitgefühl sollte menschliche Beziehungen prägen, die ebenso die Inhalte von Ökonomie festlegen und Kultur insgesamt. Diese letzten Zeilen sind in unserer heutigen Zeit keine Selbstverständlichkeit, sondern die Ausnahme. Sie lassen keinen Raum für Verrat, Lug und Betrug.

Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten mussten sich ein dickes Fell in den letzten Jahren zulegen, um mit den Berufs- und den resultierenden Lebensbedingungen zu Recht zu kommen. Sie versuchen sich immer wieder mittels rationaler Überlegungen und Bemühungen an die unvermeidlichen und notwendigen gesetzlichen und ökonomischen Ziele der Gesundheitswirtschaft anzupassen.

Das mag erklären, weshalb sich so viele Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten bislang nicht zu Wort gemeldet haben; denn sie erledigen trotz unhaltbarer Umstände ihre Arbeit.

Manchmal berührt dieser demütige Hauch, sich trotz widriger Berufsumstände um die Heilung von Patienten zu bemühen und der nichts mit Unterordnung unter das System zu tun hat, Patienten. Diese wissen dann ohne Worte, wo sie gut und sicher aufgehoben sind. Dennoch reicht diese Form der Kommunikation zwischen Patienten und Behandlern nicht mehr aus: Es muss deutlich benannt werden, worauf die gegenwärtige Gesundheitswirtschaft zielt. Eine Entscheidung ist fällig: Heilung oder Ökonomie? Mensch oder Geld?

Die Frage stellt sich, wie man dieses gesellschaftliche System ideologisch unverfänglich vor dem Hintergrund der möglichen, technologischen Entwicklungen zum einen aufzeigen und zum in eine Richtung ändern kann, die das menschliche Wesen und seine Entwicklung in den Mittelpunkt stellen.

Die Vertreter der kapitalistischen Wirtschaftsordnung haben sich ebenso wenig freiwillig der notwendigen Selbstkorrektur, wie und mit was Geld unter welchen Bedingungen zum Schaden von Menschen verdient wurde und wird, gestellt, wie es die paradigmatisch an Descartes ausgerichtete Medizin und deren ärztliche Standesorganisationen in den letzten Jahrzehnten im Gesundheitswesen tat.

Ziel muss es sein, dass Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten ihre gesamte Aufmerksamkeit, Konzentration und ihr fachliches Können wie menschliche Intuition für ihre Patienten einsetzen können, statt für Bürokratie und chronischer existenzieller Unsicherheiten. Ihr Fokus muss ausschließlich auf die Heilung des Patienten gerichtet sein können, damit sie erspüren, an welcher Stelle die Untersuchung erfolgen und die Behandlung einsetzen muss. Zwang, Stress, Überforderung, extreme existenzielle Unsicherheiten und ständiger Umstellungs- und Anpassungsdruck sind Gift für Behandler. Sie brauchen zur Ausübung ihres Berufes einen geschützten, sicheren Raum zum Praktizieren. Nicht umsonst hatten die Medizinmänner stets einen besonderen Platz und Stellenwert in den verschiedenen Kulturen. Dieser Schutz bedeutet jene Freiheit, die Ärzte und Psychotherapeuten benötigen, um im Sinne der Heilung tätig sein und werden zu können. Das ist die Quelle, aus der die Kraft für Heilung sprudelt. Menschen müssen sich Menschen anvertrauen können und sicher sein, dass sie weder verraten noch verkauft werden. Die Liebe zum Menschen, die generelle Menschenliebe fehlt. Sie sollte aber Ziel der Kultur generell sein.

Darüber nachzusinnen, ob man einen solchen Raum in der Gesellschaft schaffen möchte, der zweifelsfrei der Heilung und unabhängig von ökonomischen Interessen ist, legen Nachrichten wie die folgende nahe: Schon 1993 veröffentlichte der Spiegel einen Artikel mit dem Titel: Geplündert ins Grab. Das waren zwölf Jahre nach dem Erscheinen des Buches von Attali (1981). Er betitelte die sich bereits damals abzeichnende Entwicklung in der Medizin, als eine, die kannibalischen Ordnungsprinzipien folgt. Seit Jahren führt die Gier der Mediziner im Dienste der Wirtschaft bis ins Grab der Bürger, um ihn ungefragt und verschwiegen Gewebe zu entnehmen. Kostenlose, weil freiwillige Organspenden der Bürger, die aus Mitgefühl zu anderen Menschen gegeben werden, um deren Leben damit zu retten, werfen bei den gegenwärtigen Gewebe- und Organskandalen Fragen auf, die eindeutiger Antworten bedürfen. (Siehe im vorliegenden Buch: Frische Leichenteile weltweit.) Denn Organe können schnell zu Geweben verändert werden und große finanzielle, und nicht wie vorgegeben wird, heilende Gewinne, bringen! Die Heilung wird zum Köder der Wirtschaft, die mit ihm finanzielle Gewinne erwirtschaftet. Die modernen Alchemisten transformieren alles Lebendige und Tote in bare Münze. Es sind haarfein arbeitende Wettbewerbsanalysten, die im Meer der humanistischen Gedanken und Ideen Werte herausfischen, die einstmals das Gute, Hehre und Heile bedeuteten, und sie mittels ihrer Ideologie ins Gegenteil, in hohe Kontostände verkehren. Da sitzen sie, die modernen Kannibalen, in schicken Anzügen, gebildet, intelligent - und eiskalt. Sie fühlen sich auf den Schlips getreten, wenn man sie als solche erkennt und reagieren beleidigt. Meiner Ansicht nach grundlos: Denn wenn sie nach den ökonomischen Prinzipien, die ihnen so viele ungezählte persönliche Vorteile im Leben einräumen, handeln, muss man sie auch als solche benennen dürfen, oder? Dann müsste man auch die Größe von ihnen erwarten dürfen, dass sie dazu stehen, statt sich auch noch ein humanistisch, christliches Gewand überzustreifen. Doch noch schlimmer ist: Der Kannibale sitzt in Form dieser global-kapitalistischen Ideologie in uns selbst, sobald wir uns dieser Ideologie unterordnen oder gar mit dieser Ideologie identifizieren. Und Identifikation ist unausweichlich, weil wir bereits in der Einteilung von Oben und Unten identifiziert sind! Wir werden qua Einkommen in einen Käfig der (beschränkten) Möglichkeiten gesetzt.

Attali (1981) spricht von der „Kopie“ und der Hyperüberwachung der Heilkundigen wie der Zuschauer, die sich auf dem Weg in ein nachzubildendes Leben zu begeben haben und in Selbstdenunziation enden (vgl. S. 219-243).

Der eine Teil der Menschheit will es nicht wahrhaben, und der andere profitiert von der Verklärung, Verdrängung, Abspaltung und der Idealisierung des Ist-Zustandes. Ich möchte darauf hinwirken, dass diese unerträgliche Missachtung von Menschen aufhört, indem die automatische Idealisierung des „Oben“ abgelegt wird. Oben sind auch nur Menschen. „Oben“ muss erneut reflektieren, nachdenken und dann auf neuer Basis entscheiden: für Mensch und Natur, statt ausschließlich für Profit. Dieses Thema hat sie aber gegen jede Gewissensbildung auch in der Vergangenheit nicht interessiert. Oben horcht man auf, wenn die Banken Bankrott erklären müssen.

Es muss einen Weg geben, der nicht zwangsläufig zur Vernichtung des einen zugunsten des anderen Menschen führt. Doch solange dieser Weg nicht gefunden ist, ist eine menschliche Gesellschaft nicht möglich, sondern nur Ideologien, die Menschen ausnutzen. Um den richtigen Weg zu finden, sind Kenntnisse der tiefenpsychologischen und psychoanalytischen Psychologie ebenso notwendig wie die Methoden der Verhaltenstherapie: als Werkzeuge, mit denen diese Ideologie der Wirtschaft, der politischen Systematik und der Medien analysiert werden, und als Werkzeuge für die Menschlichkeit, für das Leben und die Natur nutzbar werden.

Zu erinnern sei noch einmal an Auchter und die Kollegen, die in ihrem Buch „Der 11. September. Psychoanalytische und psychohistorische Analysen von Terror und Trauma“ (Psychosozial-Verlag, 2003) eindeutig Stellung bezogen haben. Sie plädieren für die erweiterte Verpflichtung unseres Berufstandes, für den Menschen in heutiger Zeit tätig zu werden. Das Prinzip des Krieges als Prinzip der Zerstörung des anderen, zum eigenen Vorteil, hat Eingang in ungezählte Dimensionen der Zerstörung in unserer heutigen Kultur über die Wirtschaft und die Seele gefunden. Die Dokumentationen aus dem Bereich der Traumatisierungen legen Zeugnis von der Zerstörungskraft längst vergangener Kriegszeiten ab. Verdrängte und abgespaltene emotionale Erlebnisse zeigen sich auch in Übertragungen auf die nächste Generation. Sie zeigen sich einerseits in Form von Krankheiten mit medizinisch nicht erklärbarer Symptomatik und in Form von politischen Entscheidungen, die an den tatsächlichen Lebensbedingungen des Großteils der Bevölkerung vorbeigehen und sich somit durch Ignoranz und Kälte auszeichnen. Sie sind als Zeugnisse fehlenden Mitgefühls und mangelnder Sensibilität zu verstehen. Seelische Zusammenhänge im Einzelmenschen sind unbedingt im gesamtgesellschaftlich-historischen Kontext zu begreifen und aufzuarbeiten (vgl. Alice Miller: Der geheime Schlüssel, 1996). Da die Psychologischen Psychotherapeuten wie die Ärzte als Elite die Spitze des Gesundheitswesens repräsentieren, müssen sie sich im Sinne eines Erhaltes des Menschen für den Menschen einsetzen. Die Inhalte und gesetzlichen Durchführungsbestimmungen in der Gesundheitswirtschaft stehen dem entgegen.

Schließen möchte ich das Kapitel mit einem Zitat aus Attalis Buch, mit einem Appell an alle Menschen:

„Wir können es vermeiden, Kannibalen gewesen zu sein, wenn wir aufhören, es zu werden. Wir können nicht aufhören, es zu werden, solange wir die bis heute nicht überwundene kannibalische Ordnung nicht selbst als das Übel erkannt haben und sie als solches behandeln.

Als Wissenschaftler rebelliert der Mensch gegen das Wissen: Nur so kann die Veränderung gelingen. Indem er eine Zukunft entwirft, rebelliert der Mensch gegen die Zukunft: Nur so gibt es Hoffnung. Nur so. Indem er sich den widerwärtigen Formen der Zukunft verweigert und gegen den unerträglichen Sinn der Vergangenheit Einspruch erhebt, in der jene künftigen Formen angelegt sind, kann ihm die tödliche Bedrohung des Lebens vielleicht noch zur Lehre dienen. Nur wenn er sich auf unnachgiebigen Widerstand gefasst macht und die Gewalt in sich selber verzehrt, kann er die Ordnung des Lebens umwälzen.“ (Attali, 1981, S. 275)

Wie könnte heute ein Ausblick auf die Zukunft des Gesundheitswesens, gemessen an dem, was global technologischer Stand der Dinge und der Menschen ist, aussehen?

Als Ausgangspunkt wähle ich eine kleinen Skizze, wie unsere Zukunft zeitlich recht schnell aussehen könnte, komme ich auf einen alltäglichen Vorgang menschlichen Verhaltens zu sprechen, anhand dessen eine völlig simple Kette für eine Entwicklung von politisch-ökonomischen Argumenten aufgezeigt werden kann, von denen ich unterstelle, dass sie in der hier aufgezeigten Konsequenz kein Mensch wirklich und ernsthaft in seinem Leben haben möchte.

Jeder kennt Menschen, die aus welchen Gründen auch immer ihre Rechnungen nicht bezahlen. Dies betrifft auch die Privatrechnungen von Ärzten. In der Presse ist immer wieder von dem Unmut und dem Ärger der Ärzte über diese Zahlungsmoral zu lesen:

Unverantwortliches, semikriminelles oder tatsächlich kriminelles Verhalten einzelner privat versicherter Menschen leistet argumentativ einer Entwicklung Vorschub, die zu weiteren Kontrollen von Menschen mittels moderner Technologie führen könnten, weil man nicht mehr arbeiten möchte ohne dass die eigenen Leistungen bezahlt werden. Schlicht, man möchte sich nicht mehr ausnehmen und in seinem Vertrauen missbrauchen lassen. Die privaten Krankenkassen handeln bezüglich ihrer Versicherungsbeiträge mit Weitsicht: Sie akzeptieren keine Abtretungserklärungen von Patienten, direkt mit Ärzten/Psychologischen Psychotherapeuten abzurechen. Im Falle von Krankenhausrechungen wird es dann dennoch anders gehandhabt: da bekommt nicht der Patient die Rechnung erstattet, sondern die private Krankenversicherung rechnet sofort mit dem Krankenhaus ab – ohne Frage an den Versicherten, ob ihm das Recht sei! Hintergrund ist, dass einige privat versicherte Patienten zum Arzt gehen und sich „gern“ behandlen lassen, um ihren Kontostand mittels der Erstattung ihrer Behandlungskosten zu füllen!

Wenn nun aber die Versicherungsbeiträge nicht bezahlt sind, behält die private Krankenversicherung den Erstattungsbetrag für Behandlungskosten der Ärzte und/oder Psychologischen Psychotherapeutischen ein: deshalb werden keine Abtretungserklärungen von Patienten bei Behandlern durch sie akzeptiert. Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten schauen bis jetzt in solchen Fällen in die Röhre und selbst wenn bereits ein Mahnverfahren läuft und Kosten bereits teilweise eingetrieben sind, können die privaten Krankenversicherungen mal eben mit nicht bezahlten Versicherungsbeiträgen in Erscheinung treten und laufende Pfändungen außer Kraft setzen.

Weiter passt sich diese Realität in der Gesundheitswirtschaft nahtlos in generelle wie spezielle Supermarktkettenvisionen in Deutschland, Europa und weltweit ein. Wie man zusätzlich weiß, ersetzt das Internet inzwischen realiter Geschäfte, in denen Menschen ihre Waren einkaufen können. Man bestellt bequem, was man möchte – und gleichzeitig schließen Geschäfte in den Städten, verändern grundsätzlich das alte Bild von Innenstädten und deren Geschäften. Dies betrifft auch Apotheken. Wer möchte schon nicht die Vorteile von DocMorris nutzen? Weiter ist die Frage, ob Waren und Dienstleistungen von Kunden auch bezahlt werden. In Geschäften gibt es dazu verschiedene Modelle: Cash, Kreditkarte und Kreditverträge oder Klau. Unter Klau zähle ich auch ärztliche Leistungen, die von den Behandlern nicht zurückgefordert werden können, weil der Patient sie durch Behandlung erhalten hat. In der Regel kann der Behandler sich eben nicht zurückholen, was er gelistet hat. Die Ausnahme bildet (bis jetzt) ein Zahnarzt, den ich an anderer Stelle aus der Presse zitierte, der sich die eingebaute und nicht bezahlte Brücke von seiner Patientin überraschend an der Haustüre zurückholte. Bestellt der Kunde im Internet, gibt er direkt seine Bankverbindung an und es wird abgebucht. Vermutlich gibt es auch hier eine Grauzone von Tricks und Betrügereien, die Kunden initiieren.

Vorstellbar wird, mittels der seit über zehn Jahren existierenden Technologie von Radio Frequency Identification (RFID), Einkäufe, wie ärztliche oder andere Leistungen, sofort vom Konto des Leistungsnutzers bei Erhalt der Ware, Dienstleistung oder ärztliche Behandlung, abbuchen zu lassen: Ein Leben ohne Portemonnaie. Per RFID kann sofort festgestellt werden, ob der Kunde überhaupt über die nötigen finanziellen Mittel verfügt bzw. welche Waren oder Dienstleistungen er erhalten hat. Für das Gesundheitswesen könnte die Gesundheitskarte mit der Speicherung persönlicher Daten, Behandlungen und Medikation zum Vorreiter des generellen Trends, RFID einzuführen, sein. Patienten bekommen dann ein winziges Implantat, auf dem alle persönlichen Daten gespeichert werden. Der veraltete Strichcode ist dann abzuschaffen. Bei RFID ist die Weitergabe aller persönlichen Daten selbstverständliche Voraussetzung, um im System zu sein und gestattet jegliche Kontrollmöglichkeit. Damit werden gleichzeitig jederzeit Kontrollen aller möglich anderen Lebensbereiche möglich, ohne dass der Chipträger überhaupt davon weiß.

Gesetzesübertretungen können sofort geahndet werden, wie jeder Zeit Aufenthaltsorte von Menschen weltweit punkt- und zeitgenau, also analog, zu bestimmen sind. RFID könnte aber gleichzeitig die Erbringung ärztlicher Leistungen kontrollieren und spezielle Programme mittels Vergleich der Patientendaten könnten zeigen, ob der Arzt denn statistisch gesehen, richtig im Sinne der festgesetzten ökonomisierten Norm behandelt hat. Der Vorreiter, die ökonomisierte Leistungserbringung in festgelegten Einheiten in Form entsprechender Gebührenziffer, wie wir sie in der Gegenwart bereits haben, könnte jegliches persönliches ärztliches Handeln ablösen. Diskussionen über Moral und Ethik werden sich erübrigen, da Programme ethisch-moralisches Verhalten im Sinne der Programmschreiber wirksam steuern und für wirksame Abläufe auch in finanzieller Hinsicht sorgen könn(t)en: und das nicht nur für Ärzte, sondern für jegliches Wirtschaftsunternehmen. Diese Entwicklung wird den Beruf des Gerichtsvollziehers überflüssig machen. Das Thema „Rechnungen“ erledigt sich von selbst, da alles automatisch gebucht wird bzw. das in der Geldbörse mit sich zu tragende Geld oder die verschiedenen Kreditkarten unnötig werden.

Wer die entsprechenden Programme entwickelt und damit Moral und Ethik bis ins Feinste festlegt und bisherige Berufsgruppen, ob Rechtsanwälte, Richter, Philosophen, Psychologen, Psychotherapeuten und Ärzte und viele andere Berufe mehr, ablöst, dürfte nicht schwer zu erraten sein: Wer zahlt, sprich, das Geld oder das Kapital hat, bestimmt, welche Musik gespielt wird.

Das heißt, wer das Kapital hat, muss sich keine Gedanken mehr über Moral und Ethik machen, weil er Programme hat, die ja nur der Sammlung statistischer Werte über Verkaufsverhalten, (auch ärztlicher) Dienstleistungen, prompte Bezahlung und Geldfluss dienen.

Ob dann überhaupt noch von Honoraren und Einkommen die Rede sein wird oder ob nicht schlicht Menschen ein bestimmtes Salär oder Recht auf Waren, Dienstleistungen, Wohnraum und Fortbewegungsobjekten je nach definierter Leistung, Intelligenz, Alter oder sonstigen Parametern zugemessen wird, wird man vermutlich erleben. Diskussionen, Meinungsbildung oder kreative Ideen, die neben dem, was dann kulturell und gesellschaftlich gefordert ist, erübrigen sich: dafür gibt es Programme. Freie Gedanken, die sich zu Handlungen bündeln und ein individuelles Verhalten oder neue Visionen ermöglichen, dürften dann gleichfalls gesteuert werden. Wer sich unterordnet, steigt auf und wird zeitweilig von RFID befreit. Er besitzt das Vertrauen derjenigen, die es bezahlt haben. Oben wird nicht mittels RFID kontrolliert.

Dass in einer solchen denkbaren Position Oben ein Höchstmaß an Klarheit und über jeden Zweifel erhabene Sauberkeit hinsichtlich ethisch-moralischer Standpunkte im Sinne des menschlichen Wesens und seiner Entwicklung selbstverständlich verbürgt sein müssen, versteht sich von selbst. Freilich ist zweifelhaft wo eine derartig klare und hohe Verantwortungsübernahme für Moral und Ethik in der Gegenwart plausibel aufzeigbar wäre. Denn in der Gegenwart regiert Geld die Welt. Geld hat aber nichts mit Moral und Ethik am Hut.

Das, was der Mensch ist und was er werden will, setzt voraus, dass sich jeder Mensch mit den Basics für das menschlichen Wesen auseinander setzt und sich selbst befragt, wie er denkt, handelt und welchen Dingen er zustimmt und welchen nicht. Dazu ist es notwendig zu realisieren, dass das menschliche Wesen vor allen Dingen ein fühlendes ist und eine Seele hat.

Die vergangene Zeit hat Entwicklungen hervorgebracht, die Seele durch Geld bzw. Kapital zu ersetzen. Diese Entwicklung treibt in der Gegenwart einer Entscheidung entgegen, die sich dergestalt zuspitzt, sich für die eine oder andere Seite zu entscheiden: Geld oder Seele.

Alle Technologien, die Menschen hervorgebracht haben, lassen sich auch für die Seele einsetzen. Es gilt nicht, Vergangenheit zu favorisieren, sondern Zukunftsvisionen zu entwickeln, die emotional Vergangenheit in den Blick nehmen und bewältigt haben.

Neuauflagen von wie auch immer begründeter Machtstrukturen, die sich gegen die Seele wenden und Gefühle von Menschen manipulieren und missbrauchen, sind für zukünftige Gesellschaften nicht geeignet. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass Menschen sich als menschliche Wesen weiterentwickeln wollen. Ansonsten sind eigentlich nur primitive und sicher kontrollierte Verselbstständigungen von Machtstrukturen zu visionieren:

„Wir können es vermeiden, Kannibalen gewesen zu sein, wenn wir aufhören, es zu werden. Wir können nicht aufhören, es zu werden, solange wir die bis heute nicht überwundene kannibalische Ordnung nicht selbst als das Übel erkannt haben und sie als solches behandeln.“ (Attali, 1981)

Scheinheilung und Patientenerschaffung - Die heillose Kultur - Band 3

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