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Sie blieben jäh stehen, als Motorengeräusche durch den Wald drangen.

Archibald lehnte sich an einen Baum und blickte zum Himmel. Für einen Moment sah er ein helles Blitzen, dann war es wieder verschwunden.

„Flugzeuge“, sagte Pablo.

Mao schlug seine Bibel auf und las in ihr, als würde ihn nicht interessieren, was um sie herum vorging. Er war ein Träumer, wie Archibald gleich gedacht hatte, wahrscheinlich ohne die geringste Beziehung zur Wirklichkeit.

Wieder waren Motorengeräusche zu hören, näherten sich, gingen über sie hinweg und wurden leiser.

„Große Flugzeuge, die langsam fliegen“, erklärte Pablo.

„Aber sie können uns doch hier niemals sehen“, erwiderte Lolita.

„Sie werden Fallschirmjäger absetzen“, meinte Pablo.

„Fallschirmjäger?“

„Ja.“

„Aber die bleiben doch in den Wipfeln hängen und brechen sich das Genick, wenn sie herunterklettern wollen.“

„Vielleicht ein paar, Lolita. Aber nicht alle.“ Pablo blickte zum Himmel und fluchte.

Noch immer waren die Motorengeräusche entfernt zu hören.

„Weiter!“, befahl Lolita. „Und vorsichtig. Uns darf nichts entgehen. Hier im Wald sind sie uns nicht über. Hier sind wir daheim! Hier kennen wir uns besser aus!“

Sie liefen weiter durch den dichten Wald, kamen aber nur noch langsam voran. Immer wieder blieben sie stehen, blickten suchend umher und lauschten den vielfältigen Geräuschen nach, die die wilden Tiere und die schmatzenden Sümpfe von sich gaben.

Stunde um Stunde verrann. Die Soldaten, die sie fürchteten, tauchten nicht auf.

Als sie wieder anhielten und sich zwischen Büschen zu einem Kreis sammelten, sagte Pablo: „Sie haben Fallschirmjäger abgesetzt, das ist sicher. Aber wahrscheinlich ein paar Kilometer hinter uns.“

„Und wo wollen wir eigentlich hin?“, fragte Archibald.

Pablo blickte Lolita fragend an.

„Wir müssen den Gran Chaco erreichen“, erklärte die junge Frau. „Und auf die andere Seite des Beni kommen. Dort treffen wir auf Freunde, das weiß ich. Dann kümmern wir uns um die Waffen.“

„Habt ihr denn schon mal nachgesehen, ob ihr wirklich Geld bekommen habt?“ Archibald lächelte.

Pablo blickte auf den Sack, den ein Indio trug.

„Sie haben uns eine Falle gestellt“, sagte Lolita. „Aber sie werden nicht so sicher gewesen sein, dass sie das gewagt hätten.“

„Ich würde jetzt trotzdem mal nachsehen“, murmelte Pablo.

Lolita winkte dem Indio. Der gab ihr den Sack, um den eine Schnur geschlungen war. Lolita kauerte sich ah den Boden, öffnete den Sack, griff hinein und zeigte eine Handvoll Banknoten, jede im Wert von einem Dollar.

„Und, Archibald?“ Sie ließ das Geld in den Sack fallen und richtete sich auf.

Er nahm ihr den Sack aus der Hand, wog ihn und wiegte bedenklich den Kopf nach links und rechts.

„Was?“

„Wenn alle Noten nur einen Dollar wert sind, müssten es zwanzigtausend Scheine sein, Lolita. Dafür erscheint mir der Sack ein wenig mager.“

Pablo riss ihm den Sack aus der Hand, drehte ihn um und schüttete ihn aus. Die Geldscheine flatterten zu Boden und bildeten einen kleinen Berg.

Dann fiel ein kleiner Gegenstand aus Kunststoff, so groß wie eine Streichholzschachtel, noch aus dem Sack und auf das Geld.

Lolita sprang auf und mit den anderen entsetzt zurück. Archibald bückte sich, ob den kleinen Gegenstand auf und griff nach der Schnur, die daran befestigt war und scheinbar sinnlos herabbaumelte.

„Was ist das?“, fragte Lolita, die sich mit den anderen wieder näherte.

„Ein Sender“, erwiderte Archibald.

„Ein Sender?“

„Wahrscheinlich gibt er irgendeinen Ton von sich.“

„Ich höre nichts“, sagte einer der Männer. „Amado, Jorge, hört ihr etwas?“

„Man hört es nur, wenn man den dazugehörigen Empfänger hat“, sagte Archibald. „Einen Empfänger auf der gleichen Frequenz.“

„Und wie weit hört man es?“, fragte Lolita, die begriffen hatte.

Archibald zuckte die Schultern und betrachtete das winzige Etwas wieder genauer. „Vielleicht fünf, sechs oder sieben Kilometer, würde ich denken.“

„Deshalb also die Flugzeuge“, sagte Pablo.

„Ja.“ Archibald nickte. „Sie setzen keine Fallschirmjäger ab, sie orten nur den Weg, den wir nehmen, verschwinden, kommen in ein paar Stunden wieder, hören den Sender, tragen unsere Marschroute auf ihrer Karte ein und können uns irgendwo dann erwarten. Denn wir werden ja die einmal eingeschlagene Richtung beibehalten.“

Lolita nahm Archibald Duggan den Sender aus der Hand und schleuderte ihn hinter eine Kokospalme.

„Was soll denn das?“, zischte Pablo.

„Sie sollen denken, wir würden uns hier verewigen!“, stieß Lolita hervor und lachte schrill. „Sie brauchen bestimmt einen ganzen Tag, bis sie hier genug Truppen zusammengezogen haben und ihren Sender angreifen. Bis dahin sind unsere Spuren kalt. – Weiter! – Marsch, Pablo, du übernimmst die Führung. Wir gehen weiter nach Norden. – Omar, das Geld wieder in den Sack!“

Der riesige Schwarze sammelte das Geld und stopfte es in den Sack. Die ersten Männer liefen weiter.

„Los, Cicita, Carmen!“, schimpfte Lolita auf zwei der Mädchen, die sich gesetzt hatten.

Mao ging lesend an Archibald vorbei und hinter den anderen her.

Lolita blickte Archibald auffordernd an.

Er folgte Mao und sagte über die Schulter: „Hast du denn Angst, ich wollte immer noch fliehen?“

„Ich habe nur noch Angst, du könntest dich im Urwald hoffnungslos verirren, Archibald. Fidel hat einen Kompass. Und eine Karte.“

„Auf seiner Karte wird kaum zu sehen sein, wo man hier ist. Der Wald ist bestimmt unerforscht.“

„Ja, stimmt. Aber die Karte zeigt die genaue Größe des Urwaldes und der Berge, und man weiß, wo man in einer bestimmten Richtung herauskommen muss. Das ist wichtig.“

Archibald blickte zu den Wipfeln hinauf. Lolita hatte recht. Er konnte nicht einmal die Sonne sehen, so dass es nichts gab, woran er sich hätte orientieren können.

Er blickte wieder über die Schulter, lächelte und sagte: „Das ist aber reizend, dass du so besorgt um mich bist.“

Der 12 Romane Krimi Koffer Juni 2021

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