Читать книгу Second Horizon - E.F. v. Hainwald - Страница 7

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Der gelangweilte Tritt ließ die verbogene Metallstange klirrend über den Beton rutschen. Sie blieb vor den Füßen eines untersetzten Typen liegen. Seine freiliegende Wadenmuskulatur aus billigem Kunststoff zuckte und die dilettantisch eingravierten Runen seiner stählernen Beinknochen glühten kurz auf – mehr ein klägliches Niesen, als ein Ausdruck der magischen Kraft, welche nötig war, damit sich der Kerl auf den Beinen halten konnte. Er verschränkte die Arme vor seinem metallbeschlagenen Oberkörper und grunzte missbilligend.

Babe senkte, ohne anzuhalten, nur ein wenig das Kinn, um ihm über den dünnen, silbervioletten Rahmen ihrer schmalen, tiefblau getönten Sonnenbrille ein neckisches Zwinkern zu senden. Ein Lächeln hatte er nicht verdient. Eine Entschuldigung sowieso nicht. Sie hatte ihn schließlich nicht anvisiert. Wäre dem so gewesen, hätte ihm die Stange die Zähne zertrümmert – nicht, dass es bei seiner Visage irgendetwas zum Negativen verändern würde.

Sie schlenderte gemächlich weiter. Ihre bequemen, quietschbunten Schuhe verursachten mit ihren breiten Sohlen keinen Laut. Der schwarze Synthstoff der weitgeschnittenen Hose raschelte jedoch lautstark und der ganze Kram, welcher ihre Beintaschen füllte, schepperte rhythmisch. Die hinten in den breiten Gürtel gesteckten Pistolen konnte der Typ nicht sehen.

Vermutlich hatte er sowieso mehr Augen für den breiten Ausschnitt ihres knallpinken Shirts, auf dem in neongelber Schrift On your knees – I‘ll make you famous stand.

Oder auch nicht.

Er entblößte zwar ihre fein geschwungenen Schlüsselbeine und die rechte Schulter, aber ihre naturbelassene, dezente Oberweite war den meisten Kerlen … na ja … zu naturbelassen und dezent. Babes Körper war klein und zierlich. Voluminöse Brüste wären nur hinderlich und hatten ihrer Meinung nach höchstens Sinn als Kaschierung von cybermagisch implementierten Waffenarsenalen – von dem kurzzeitigen Ablenkungsfaktor mal abgesehen.

Der Kerl drehte sich jedenfalls einfach weg und ging seines Weges. Beinahe fühlte sich Babe aufgrund dieser Unterschätzung beleidigt. Letztendlich kam es ihr jedoch gelegen.

Ihre Gedanken waren auf wichtigere Dinge ausgerichtet als einen Schläger zu verprügeln, welcher seine Körpermodifikationen vermutlich nur mit einem gehackten Runenprägegerät belebt hatte.

Der kratzige Bass der Trashtekk-Musik aus den weißen Kopfhörern hämmerte in ihren Ohren, doch Babe hörte es kaum. Sie pustete eine schwarze Haarsträhne, welche sich aus ihrem perfekt konturierten Longbob gelöst hatte, von den Lippen, trat an das armdicke Geländer und umfasste es mit ihren schmalen Händen. Die altersschwache Farbe rieselte von dem Metall in den breiten Schacht, der in die Eingeweide der Recycling-Fabrik tief unter ihren Füßen führte.

Die Wände waren spiegelglatt. Keramikbehälter, welche mit magnetisch eingesperrtem Plasma gefüllt waren, bildeten riesige Uruz-Runen. Diese magisch-wissenschaftlichen Konstrukte ließen die Energie im Gebäude zirkulieren. Das unterschwellige Summen nahm kaum noch jemand wahr. Es gehörte hier zum Alltag, wie die beiden Monde am Firmament – auch wenn der eine erst seit drei Zivilisationen am Himmel stand.

Natürlich war erst diesbezüglich eine ziemlich subjektive Zeitangabe, aber in Anbetracht der jahrzehntausendelangen, kontinuierlichen Aufzeichnungen der Menschheit, waren die paar Tausend Jahre zurückgerechnet lediglich ein kaltes Arschrunzeln – etwas länger her, ziemlich imposante Geste, juckte jedoch keine Sau.

Babe stieß sich von dem Geländer ab, verschränkte ihre Hände hinter dem Rücken und lief zielsicher in eine der unzähligen Gassen, welche gerade einmal so breit wie ihre Schultern waren.

Dieses Wohnviertel war – nennen wir es genehmigungsneutral – auf dem Dach der Fabrik errichtet worden, welche sich, ähnlich einem gigantischen Skarabäus, an den Hang des Himalaja-Gebirges klammerte. Die augenscheinlich selbst zusammengestümperten Wohngebäude leuchteten in den buntesten Farben. Die Fassaden waren chaotisch bemalt, beklebt oder anderweitig künstlerisch gestaltet. Babe wich einem aus gläsernem Mosaikgestein gefertigten Energieverteilerkasten aus, welcher, einem rundgelutschten Geschwür gleich, aus der Wand ragte. Die schlecht isolierte, magische Spannung kribbelte in ihren runenbeschlagenen Cyber-Knochen.

Die Gasse endete abrupt.

»Schon wieder? Diese hirngegrillten Magi-Arcs«, flüsterte Babe entnervt.

Die Konstrukteure der Siedlung hatten wieder in einer Nacht-und-Nebel-Aktion ein paar geringfügige Änderungen vorgenommen. Da konnte es schon mal vorkommen, dass eine Straße verschwand, sich ein Gebäude um neunzig Grad drehte oder dein Schlafzimmer ein Freiluftpanorama erhalten hatte, sodass dein nackter Arsch weithin für alle Nachbarn sichtbar im Morgenlicht glänzte.

»Tja, ich muss hier durch. Keinen Bock auf einen Umweg – geschweige denn erst mal einen zu suchen«, seufzte Babe, legte den Kopf in den Nacken und beäugte die Fassade kritisch durch ihre Sonnenbrille. »Sollte klappen. Na dann mal los.«

Sie schnalzte mit der Zunge, drehte die dröhnende Musik am Holodisplay ihrer Kopfhörer noch lauter und ging in die Knie.

Es brauchte keinen festen Gedanken, keine Absicht, kein mystisches Gemurmel. Für Babe war es so intuitiv, wie einen Arm zu heben.

Mit einem Ruck stieß sie sich in einem übermenschlichen Kraftausbruch vom Boden ab und schoss wie eine Pistolenkugel senkrecht nach oben. Sie flog mehrere Stockwerke hinauf, packte mit einer Hand die Kante eines Fensters und katapultierte sich in ähnlicher Weise weiter hoch. Noch ein kurzer Tritt gegen die Wand des angrenzenden Gebäudes und sie landete auf dem schiefen Wellblechdach des in der letzten Nacht spontan entstandenen Gebäudes.

Nur das zarte, punktuell blau schimmernde Licht unter ihrer Haut zeugte noch einen Augenblick von dem kurzen Kraftausbruch ihres von Magi-Techs geschaffenen Knochenbaus.

Babe schaute sich um, damit sie sich neu orientieren konnte. Ihr letzter Abstecher hierher lag nur wenige Tage zurück. Dennoch war einiges verändert worden – die Magi-Arcs waren immer dabei etwas Neues entstehen zu lassen. Das war ihre Passion.

Nicht selten musste man wegen der stetigen Umbauten durch kleine, exzentrische Geschäfte und private Treppenhäuser laufen. Manche Freundschaft war auf diese Weise entstanden. So beschrieb es zumindest der verklärte, urbane Mythos der Indies – kurz für Individualisten – in den Megacitys.

Babe schnaubte abfällig, als ihr die schillernden Geschichten in den Sinn kamen, welche nach billigem Alkohol stinkende Opas in den wackeligen Kaschemmen mit freudig glänzenden Augen erzählten. Ob das wirklich an den wunderbaren Erinnerungen ihrer abenteuerlichen Jugend lag oder den gepanschten Pimps – der allgemeine Begriff für magisch-chemische Drogen, die einem das Hirn umstülpten – vermochte niemand so genau zu sagen.

Und doch war dies der Ort, welchen diese exzentrischen Menschen bevorzugten. Sie waren auf die Straße geflüchtet, raus aus ihren engen Wohnungen in der Stadt, hinaus auf den Asphalt, welcher nach Freiheit duftete – und verkokelten Überresten wilder Magieanwendungen.

Babe wandte sich ab, spazierte über die Dächer, kletterte Leitern hinab, durchquerte Räume, welche vielleicht mal als Wohnzimmer gedient hatten, und erreichte schließlich das Ende der Welt … dieser Welt.

Ihre Fußspitzen überragten die glatte Kante des Fabrikdachs. Der Wind zupfte an ihren Haaren, wehte sie von hinten in ihr Gesicht, sodass sie die Strähnen mit einer Hand aus der Stirn schieben und festhalten musste. Als wäre dieser Moment eine kitschige Szene einer schnulzigen Online-Serie, begann ein ruhigerer, sphärischer Song in ihren Kopfhörern.

Unter ihren Zehen bot sich den Augen ein gänzlich anderes Bild der Menschheit. Bis zum Horizont erstreckte sich Neo-Lhasa, eine der sieben Megacitys der Welt.

Berge, Täler und Ebenen waren überzogen mit einem Schachbrett aus perfekten, im Grundriss kreisförmigen, Wolkenkratzern. Dazwischen erhoben sich große Pyramiden, deren kristalline Spitzen das Sonnenlicht in sein Farbspektrum aufbrachen. Geometrische Brillanten, strahlende Juwelen am Himmelszelt.

Die Stadt war beinahe ein lebendiger Organismus. Das Metall, die Keramik und der Kunststoff ihr Körper. Die Magie und die Runen ihr Atem. Die Wissenschaft ihr Wille. Die Menschen ihre symbiotischen Bakterien und Viren. Dieser Ort wuchs unaufhörlich, wie auch die anderen Megacitys der Erde.

Als der sanfte Song in Babes Ohren verklang und das Geschrubbe ätzender elektrischer Saiten ihr Hirn wachrüttelte, schüttelte sie den Kopf, um die tiefsinnigen Gedanken zu vertreiben. Die Zeiten solcher bedeutungsschwangeren Überlegungen hatte sie eigentlich schon lange hinter sich gelassen.

Sie hatte auch mittlerweile ihr Ziel erreicht: ein verzahnter Turm aus Baracken. Das windschiefe Ding bog sich bedenklich über eine halbrunde Grube, welche mit Maschinen befüllt war. In dieses Loch warfen die Flugtransporter ausgediente Geräte, damit die Fabrik diese nach und nach transmogrifizierte – das bedeutete: Magie entzog, kanalisierte und dessen physische Gefäße umstrukturierte.

Sie hangelte sich die erstaunlich sorgfältig befestigten Leitern nach oben und stand schließlich auf einer winzigen Veranda.

Neben der Eingangstür standen ein Stuhl und ein kleiner Hocker, welcher als Tisch fungierte. Auf ihm fanden sich eine leere Flasche Rhabarber-Limonade, eine angeknabberte Packung Zartbitterschokolade und ein hölzerner Block, welcher mit einer groben Klinge solange vergewaltigt worden war, bis er die Form eines Zombiekopfes angenommen hatte – oder sollte es das Hinterteil eines Ochsen darstellen? Auf dem Fensterchen inmitten der mit Kampfkunstwerbeplakaten beklebten Tür, war mit Draht eine Minz-Pflanze befestigt. Ihr Geruch stieg angenehm in Babes Nase.

Sie trat in das kleine Zimmerchen dahinter – direkt in eine enge Küchenzeile. Die verklebten Platten und geschwärzten Geräte zeugten von wenig Interesse an Sauberkeit. Raumdominierend war jedoch der mitten in Raum angebrachte, meterbreite Duschkopf.

Sicher, der schlecht gekritzelte Runenkreis auf dem Fußboden sorgte für eine eingegrenzte Wasserglocke, aber wollte man wirklich zwischen Kühlschrank und Haustür duschen? Abgesehen davon: Soweit Babe wusste, war nie abgeschlossen. Ob das von latentem Exhibitionismus zeugte? Sie nahm sich vor, bei Gelegenheit zu fragen – also, wenn es am peinlichsten und damit am amüsantesten werden würde.

Grinsend kletterte sie die Leiter am hinteren Ende des Raumes nach oben. Schon bevor sie die verbogene Luke öffnete, konnte sie das Keuchen hören. Babe stieß schwungvoll das Metall auf und zog sich mit den Armen nach oben.

Der Geruch von frischem Schweiß und nassem Hund biss in ihre Nase. Er war zutiefst vertraut. Sofort fiel eine Spannung von ihr, die sie sonst nie bemerkte. Babe richtete sich auf, verschränkte die Arme vor der Brust und schaute auf die mit farbigen Tüchern verzierte Wand.

Wolf hing kopfüber. Seine Waden umschlangen dicke Stoffe, welche an der Decke angebracht waren. Immer wieder hob er den Oberkörper und ließ ihn dann wieder hängen, sodass sein Rücken gegen die Wand schlug. Er biss fest die Zähne zusammen und stöhnte bei jeder Bewegung angestrengt. Sein Fell war nassgeschwitzt und dampfte.

Er war am Limit. Jeder andere würde nun aufhören. Nicht so Wolf. Zitternd kämpfte er sich immer wieder nach oben, die Augenlider fest zusammengepresst.

Babe sagte nichts, sondern blieb einfach stehen und musterte ihn. Plötzlich hielt er ausgestreckt inne, sodass seine Finger beinahe den Fußboden berührten, und öffnete die Augen. Ein tiefes Knurren verzog sich fragend in eine höhere Tonlage.

»Jo«, entgegnete Babe nur und legte den Kopf schräg.

»Was willst du? Ich bin beschäftigt«, murrte er und verschränkte die Arme ebenso wie sie – ein verkehrtes, felliges Spiegelbild.

Der Bergkristall, welcher sich an einem schwarzen Band um seinem Hals befand, baumelte ihm ketzerisch im Gesicht herum und verdarb damit das coole Gesamterscheinungsbild.

»Du bist fertig mit dem Training, würde ich sagen. Du stinkst wie 'n Iltis, der Schweiß tropft von deiner Wauzi-Nase und ich höre dich quasi schon jetzt wegen des Muskelkaters rumjaulen«, erklärte sie und stupste sich an ihre eigene Nasenspitze.

»Wauzi …«, brummte er missbilligend, richtete sich noch einmal auf und löste mit den Pranken überraschend flink den Knoten um seine Waden.

Als sich die Stoffe lösten, hielt er sich noch kurz daran fest, um den Körper wieder in die korrekte Position zu bringen, und ließ sich dann auf seine Pfoten fallen. Kurz blieb er gebeugt stehen, hob seinen Blick und musterte sie mit einem wilden Blick aus seinen grün-blauen Augen. Dann schien er sich zu fassen, richtete sich auf, senkte die Fersen und stand lässig da.

Die meisten Menschen assoziierten mit humanoiden Tierwesen muskelbepackte Superhelden. Ein Irrtum.

Wolfs Schultern waren breit, der Körper jedoch schlank und sehnig. Vor allem Bauch und Rückenmuskulatur waren sehr stark ausgeprägt. Sein dunkles, kurzes Fell konnte diese Definitionen nicht vollkommen kaschieren.

Er legte besonderes Augenmerk auf diese Partien. Genau genommen trainierte er sie wie ein lebensmüder Wahnsinniger, denn diese ermöglichten es ihm sich gerade zu halten – aufrecht wie ein Mensch. Wolf versuchte die Bestie in sich so gut wie möglich zu verbergen und unterdrückte auch in diesem Moment das Hecheln mit herausgestreckter Zunge, was sein vom Sport erhitzter Körper naturgemäß umzusetzen versuchte. Er schwitzte zwar wie ein Mensch, das Fell vermochte eine Kühlung durch Verdunstung jedoch nur wenig zu gewährleisten. Dennoch schaffte er es mit purer Willensstärke diesen Instinkt zu unterdrücken und nur mit offenem Mund zu atmen, sodass Babe seine spitzen Zähne sehen konnte.

»Also, weswegen bist du hier?«, fragte Wolf mit tiefer Stimme und legte eine perfekte Aussprache an den Tag. Das Knurrige von eben war gänzlich verschwunden.

»Darf ich denn nicht meinen Lieblingswolf besuchen?« Babe lächelte süßlich.

Wolf hob seine Augenbrauen, stellte die kleinen, spitzen Ohren auf und ließ seinen Schweif amüsiert hinter sich hin und her schlagen – das konnte er nur selten kontrollieren und es machte ihn zu einem grauenhaften Lügner, wenn man ihn besser kannte.

»Okay, fang an.« Wolf winkte mit einer Pranke in Babes Richtung und ging zu der schmalen Pritsche in der Ecke.

»Anfangen? Was meinst du?«, säuselte Babe und setzte sich im Schneidersitz auf den kleinen, abgetretenen Teppich in der Raummitte.

Wolf hielt inne, drehte sich zu ihr um und schnaubte verächtlich. Der messingfarbene Nasenring über seiner kurzen Wolfsschnauze glitzerte im Licht und die Gesichtszüge unter dem grau-schwarz gezeichneten Fell waren unschwer als genervt zu deuten.

»Komm schon, Babe. Du hast mich Wolf genannt, nicht Hund, Wauzi, Bettvorleger oder Kuschelpelz, deine neuste Absonderlichkeit, genannt. Du hast was vor«, erläuterte er und stopfte seine Hände mürrisch in die Hosentaschen.

Kuschelpelz war ihr in den Sinn gekommen, als sich die beiden in einem Lagerhaus zwischen Kisten auf engstem Raum vor ein paar übereifrigen Sicherheitsbeamten hatten verstecken müssen. Das längere Fell an Rücken und Armaußenseiten war zwar derb, das kurze der Innenseiten und seines Gesichtes jedoch so samtweich wie ein engelverdammtes Seidentuch! Babes inneres Mädchen war bei diesem wolkigen Flauschgefühl geradezu eskaliert.

»Ich will nur etwas Zeit mit dem Wesen verbringen, das mich die Bedeutsamkeit der Nicht-Namen lehrte und mir damit ein ganz neues Maß an Freiheit ermöglichte«, erklärte Babe feierlich.

»Is‘ klar«, erwiderte Wolf und zog kurz die Lefzen auf einer Seite hoch.

Er wandte sich ab und schnappte sich seine Kleidung. Die breite Linie aus längeren Haaren, welche zwischen den Ohren begann und sich seine Wirbelsäule bis zum wadenlangen Schweif zog, verschwand unter einem navygrünen Shirt. Dessen Ärmel hatte Wolf kurzerhand abgerissen. Als er seinen wuchtigen Plattengürtel durch die Gürtelschlaufen seiner wadenlangen Hose zog und die Gurte der Beintasche festzurrte, versuchte er es erneut.

»Also?«, fragte er.

»Lass uns Billard spielen, wie in den alten Zeiten. Bisschen über die Vergangenheit plaudern«, schlug sie vor, während sie mit dem Finger imaginäre Kreise auf den Teppich zeichnete und begann eine Melodie zu summen.

Wolf war mit den Pfoten in seine großen, schwarzen Stiefel gestiegen und die seitlichen Metallverschlüsse zogen sich mit einem Zischen automatisiert zu. Nachdem er schweigend seine Hände in fingerlose, unterarmlange Handschuhe gesteckt und die drei großen Metallschnallen festgezurrt hatte, trat er geradewegs zu Babe. Sie hörte auf zu summen, blickte auf und lächelte unschuldig. Wolf hockte sich vor sie und berührte fast mit seiner Nase die ihrige.

»Was. Ist. Los.«, flüsterte er, bekräftigt von einem ungeduldigen Grollen.

»Schon gut«, seufzte Babe und hob ihre Hände. »Ich erklär‘s dir beim Billard, okay?«

»Meinetwegen«, stimmte er zu, erhob sich wieder und trat zu einem der Tücher an der Wand.

Er läuft anders als früher, stellte Babe fest. Seine Haltung ist aufrecht, nicht mehr so, wie ich ihn vor Jahren am Schokoladenautomaten kennengelernt habe.

»Ich weiß, dass ich dich beim Billard unmöglich schlagen kann. Wir spielen ohne Einsatz«, sprach er und starrte kurz frustriert die Wand an.

»Sicher!« Babe klatschte erfreut in ihre Hände und sprang auf. »Ich spendiere die Tischmiete und geb‘ einen aus.«

Wolf griff unter den Dekostoff, packte zu und zog einen langen, gekrümmten Breitsäbel in einer schlichten Synth-Schutzschiene hervor. Er klickte es an die taschenlose Seite seines Gürtels, trottete zum Ausgang und fuhr sich mit der Pranke über seine Stirn, sodass seine Ohren seitlich abstanden.

»Warum habe ich nur das Gefühl, dass ich heute nicht nur beim Billard verlieren werde …«, raunte er leise vor sich hin.

Second Horizon

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