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VORWORT

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Einleitend darf dieses Buch Bedeutung für sich ansprechen, ohne daß damit ein Lob des Autors ausgesagt wäre. Im Gegenteil: „Ganz gewöhnliche oder platte Menschen können vermöge des Stoffes sehr wichtige Bücher liefern, indem derselbe gerade nur ihnen zugänglich war, zum Beispiel Beschreibungen ferner Länder, seltener Naturerscheinungen, angestellter Versuche, Geschichte, deren Zeugen sie gewesen oder deren Quellen aufzusuchen oder speziell zu studieren sie sich Mühe und Zeit genommen haben.“

Die spärlichen Versuche, die gemacht werden, die Gegenwart festzustellen, die Zeit zu zeigen, die wir leben, leiden vielleicht daran, daß ihre Autoren eben nicht die „ganz gewöhnlichen Menschen“ im zitierten Schopenhauerschen Sinne sind. Ihre Memoiren sind Rechtfertigungen, ihre Artikel sind Tendenz, ihre Bücher sind von ihrem Standpunkt geschrieben, — also von einem Standpunkt.

Der Reporter hat keine Tendenz, hat nichts zu rechtfertigen und hat keinen Standpunkt. Er hat unbefangen Zeuge zu sein und unbefangene Zeugenschaft zu liefern, so verläßlich, wie sich eine Aussage geben läßt, — jedenfalls ist sie (für die Klarstellung) wichtiger als die geniale Rede des Staatsanwalts oder des Verteidigers.

Selbst der schlechte Reporter, — der, der übertreibt oder unverläßlich ist, — leistet werktätige Arbeit: denn er ist von den Tatsachen abhängig, er hat sich Kenntnis von ihnen zu verschaffen, durch Augenschein, durch ein Gespräch, durch eine Beobachtung, eine Auskunft.

Der gute braucht Erlebnisfähigkeit zu seinem Gewerbe, das er liebt. Er würde auch erleben, wenn er nicht darüber berichten müßte. Aber er würde nicht schreiben, ohne zu erleben. Er ist kein Künstler, er ist kein Politiker, er ist kein Gelehrter, er ist vielleicht jener „platte Mensch“ Schopenhauers, und doch ist sein Werk „vermöge des Stoffes sehr wichtig“.

Die Orte und Erscheinungen, die er beschreibt, die Versuche, die er anstellt, die Geschichte, deren Zeuge er ist, und die Quellen, die er aufsucht, müssen gar nicht so fern, gar nicht so selten und gar nicht so mühselig erreichbar sein, wenn er in einer Welt, die von der Lüge unermeßlich überschwemmt ist, wenn er in einer Welt, die sich vergessen will und darum bloß auf Unwahrheit ausgeht, die Hingabe an sein Objekt hat. Nichts ist verblüffender als die einfache Wahrheit, nichts ist exotischer als unsere Umwelt, nichts ist phantasievoller als die Sachlichkeit.

Und nichts Sensationelleres gibt es in der Welt als die Zeit, in der man lebt!

Der Reporter dient der Sensation, — das liegt in dem Fremdwort, unter dem man sich den Berichterstatter amerikanischen Tempos denkt. Unamerikanisch ist vielleicht die Unabhängigkeit von der Augenblickswirkung, ist vielleicht der Wille zur Sachlichkeit, zur Wahrheit. Ist sie in diesem Buche gegeben?

Die nachstehenden Zeitaufnahmen sind nicht auf einmal gemacht worden. Subjekt und Objekt waren in verschiedensten Lebensaltern und in verschiedensten Stimmungen, als die Bilder entstanden, Stellung und Licht waren höchst ungleich. Trotzdem ist nichts zu retuschieren, da das Album heute vorgelegt wird.

Berlin, am 1. Oktober 1924.

E.E.K.

Der rasende Reporter

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