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I am from Lichtenwörth

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Die Aktivitäten der Eltern hinterlassen nicht immer, aber zumeist, ihre Spuren beim Nachwuchs. So ist Dominic als Baby dabei, wenn Vater Wolfgang in das Finale der Klubmeisterschaft einzieht. Schon mit einem Jahr und ein paar Monaten soll er mit einer Fliegenklatsche einem Luftballon hinterhergestolpert sein, und mit dem Großvater Luftballonturniere gespielt haben. Während seine Eltern ihrem Beruf nachgehen, sitzt er im Korb, in dem auch die Tennisbälle liegen, und wirft einen nach dem anderen heraus. Bälle gehören somit von Anfang an zu seinem Leben, und Parallelen mit anderen späteren Stars tun sich auf, zu Andre Agassi beispielsweise, oder auch Serena Williams.

Mit zwei schlägt Dominic die ersten Bälle über das Netz, mit vier gibt es für ihn nur mehr ein Spielgerät: das Tennisracket. Seinen Vater nennt er „Trainer“, und wenn er mit ihm auf den Platz geht, hat er drei Schläger dabei, für alle Fälle. Wolfgang freut es, dass er sich um seinen Sohn kümmern kann, immer dann, wenn Pausen entstehen, während (oder zwischen) seinen Trainerstunden, spielt er mit Dominic ein paar Bälle und verbringt so sehr viel Zeit mit ihm. Bei einem Strandurlaub in Griechenland simuliert das Kind fortwährend Vor- und Rückhandschläge, und Passanten werden sich wohl ihren Teil gedacht haben. Wenn weder Eltern noch Großeltern daheim Zeit für den Kleinen haben, schlägt er stundenlang Bälle gegen die Hauswand.


Dominic ist immer noch ein Kind, als Vater Wolfgang bei Günter Bresnik in dessen Tenniszentrum in der Baumgasse in Wien vorstellig wird. Bresnik ist so etwas wie der Übervater der österreichischen Tennisszene, er hat seit Mitte der 1980er-Jahre mit Spielern wie Boris Becker, Henri Leconte, Patrick McEnroe zusammengearbeitet, er hat Horst Skoff und Stefan Koubek betreut, war Kapitän der österreichischen Davis-Cup-Mannschaft und Sportchef des Österreichischen Tennisverbandes. Der Australier Bob Brett, selbst eine Legende unter den Tennis-Trainern, inspiriert ihn. Kurzum, Bresnik ist jemand, von dem man nur lernen kann.

Das erste Gespräch zwischen Wolfgang Thiem und Bresnik ist für Ersteren ernüchternd. Er habe keinen Job für Familienväter, sagt der Ältere dem Jüngeren, und sagt im Buch Die Dominic Thiem Methode: „Fahr nach Hause. Kümmere dich um deine eigene Tennisschule und deine Familie“.

Am nächsten Tag steht Wolfgang Thiem wieder da, er habe mit seiner Frau geredet, meint er, sie hätte mit Scheidung gedroht, ihm aber letztlich zugestanden, machen zu dürfen, was er wolle.

Es ist ein Schritt, den beide nicht bereuen. Wolfgang Thiem ist in der Früh der erste auf dem Platz und am Abend der letzte, der ihn verlässt. Immer konzentriert, immer ernst, immer zuverlässig, sei es im Training, oder bei Turnieren im In- und Ausland, wohin er mit den Spielern der Tennis-Akademie fährt. Und er saugt Wissen auf wie ein Schwamm. Doch der Lohn ist bescheiden, wahrscheinlich geht dieser für den Treibstoff drauf, das der Pendler auf der Strecke Wr. Neustadt – Wien benötigt, vermutet Bresnik. Es liegt hauptsächlich an Mutter Karin, Geld zu verdienen, um die Familie durchzufüttern, und es liegt besonders an ihr, sich um die Erziehung von Dominic zu kümmern.

„Einmal in meinem Leben möchte ich ein Grand-Slam-Turnier gewinnen.“ (aus einem Volksschulheft Dominic Thiems)

Dass der Junge aber weiterhin seinen Vater auf den Tennisplatz begleitet, liegt auf der Hand, und da wie dort, spielt Wolfgang mit seinem Sohn. Er fordert ihn, er arbeitet an dessen Technik, doch er legt immer großen Wert darauf, dass das spielerische Element nicht zu kurz kommt. Bresnik sieht zuweilen zu, ihm gefällt, was er beobachtet – einen, der gut unterrichtet, und einen, der euphorisch lernt.

Es ist nun nicht so, dass Dominic Thiem mit einer besonderen Begabung für den Tennissport auf die Welt gekommen wäre. Er ist nicht größer oder schneller als andere, er kann nicht höher springen, er zeichnet sich auch nicht durch überragendes Ballgefühl aus. Analysiert Bresnik. Aber egal. Wie sagt Albert Einstein? „Genie ist 1 % Talent und 99 % harte Arbeit …“ Diesen Satz unterschreibt der Startrainer: Talent ist folglich überbewertet.

Es kommt, wie es kommen muss. Bresnik beginnt, mit Dominic zu trainieren, und ist fasziniert vom Tatendrang des Buben, der nicht still stehen kann und der immer Schläger und Ball mit sich trägt, sei es auf dem Platz, sei es auf dem Weg in die Kantine. Die harte Arbeit, die Dominic auf sich nimmt, die Aufmerksamkeit mit der er den Anweisungen zuhört und die Ernsthaftigkeit, die er in seine Ausführungen legt, hat ihren Kern im Spieltrieb – und im Willen, sich zu verbessern. Andere Kinder ärgern sich, wenn ihnen ein Schlag nicht gelingt. Dominic behält seine Konzentration, er spielt und spielt und spielt. Stundenlang, und mit dem Feuer der Begeisterung in seinen Augen. Wenn er etwas Neues gelernt hat, auch das erkennt Bresnik, dann verlernt er es nicht mehr, und macht so die Arbeit des Trainers einfacher.

Nur was du gerne machst, machst du auch gut: Die Liebe zum Tennis ist die Basis von Dominic Thiems Karriere.


Wir müssen an dieser Stelle einen Schritt zurück machen und über zwei Personen sprechen, denen Dominic Thiem nach seinem Triumph bei den US Open gedankt hat und die einen wichtigen Anteil an der Entwicklung des Tennisspielers aus Lichtenwörth haben: seine Großeltern.

Auf nationalem Niveau gewinnt er quasi alles, was er in seiner Altersklasse gewinnen kann, er hat Vereinbarungen mit Ausrüstern, erhält Anerkennungspreise. Auch bei Bundesliga-Spielen der Herren zeigt er auf, allerorts wird er als Supertalent und Wunderkind tituliert, das erste Mal berichten Medien über ihn, da geht er noch in die Volksschule. Es mehren sich die Fahrten ins Ausland. Im Sommer 2003 schafft es der noch nicht ganz Zehnjährige Dominic in das Finale von Pula in Kroatien. Er ist der Jüngste im Feld, aber es reißen ihm die Saiten beider Schläger. Dennoch gewinnt er das Match mit einem geborgten Racket. Mit dabei ist Opa Josef Müllner, er ist Coach, Kameramann, Chauffeur, Mädchen für alles. Jahrelang ist dieser mit dem Jungen von Turnier zu Turnier, in Bosnien, in Slowenien, in Kroatien, und so weiter unterwegs. Das Hotel „Atom“ in der Slowakei ist ihm noch in lebhafter Erinnerung, so ein richtiger Ostblock-Bau mit der Ausstrahlung längst vergangener Jahrzehnte. In Kroatien machen die Eltern Dominics ähnliche Erfahrungen. „Da haben wir in Hotels gewohnt, wo Kakerlaken herumgelaufen sind und ich am liebsten zehn Jogginganzüge beim Schlafen angezogen hätte“, erzählte Wolfgang Thiem dem Kurier.

Dominic Thiem

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