Читать книгу Zu viele Putzfrauen - El Awadalla - Страница 14
ОглавлениеIngrid fällt aus dem Lift. Sie bleibt auf dem Boden liegen und schaut zu, wie Münzen aus ihrer Tasche herauskullern. Ewig könnte sie so liegen bleiben, doch etwas stimmt nicht. Ein Männerschuh steht plötzlich ganz knapp vor ihren Augen. Von sehr weit oben über dem Schuh hört sie eine Stimme sagen: »No Gnädigste, hamma a Räuscherl?«
Dann wird sie unter den Armen gepackt und auf die Füße gestellt. Als sie sich gleich wieder niederlegen will, also eher zu fallen droht, spürt sie feste Griffe an beiden Schultern. Vor ihr steht ein Gesicht unter dem Ganglicht, über dem Gesicht eine Polizeikappe. Ihr in Rotwein eingeweichtes Hirn versucht sich zu einem, wenigstens einem klaren Gedanken zu versammeln.
Was ist hier los? Wo bin ich?
Sie sieht das lächerliche Blumenkranzerl an der Tür ihrer Nachbarin, gut, sie ist also daheim, aber was will der Polizist von ihr?
»Na wo samma denn gwesn?«, hört sie die Stimme fragen; gute Frage, an das letzte Lokal kann sie sich nur noch verschwommen erinnern; zuerst ist sie bei einer Lesung der Krimifrauen im Au gewesen, dann mit einer von ihnen und einer Bekannten im Café Weidinger und dann noch im Tschocherl bei einem Poetry-Slam.
Die Polizisten wollen wissen, was ein Poetry-Slam ist. Das kann sie heute nicht mehr erklären –
Und dann? Irgendwo war sie dann noch, mit wem?
Irgendwo dort in der Gegend halt, sie will sich einfach niederlegen, ob in ihr Bett oder auf den Boden, ist ihr momentan herzlich egal; der zweite Mann hält sie noch immer; anscheinend gibt’s noch mindestens einen dritten Mann, schließt sie aus den Stimmen, die sie hört.
Irgendwie gelingt es den Polizisten, zu ihrem Wohnungsschlüssel zu kommen, die Tür wird aufgesperrt, sie hineinbugsiert, auf die Couch platziert und am Einschlafen gehindert, zwei Polizisten in Uniform und ein Ziviler stehen um sie herum, einer will ihr Wasser einflößen, sie beißt die Zähne zusammen.
Was? Was?
Mehr kann sie jetzt nicht sagen.
Die Frau, die unter ihr wohnt, ist ermordet worden, heute am Nachmittag, wo sie gewesen sei zu dieser Zeit?
Sie will sich auf die Couch legen, ein Uniformierter setzt sie wieder auf, sie tritt ihn, er schimpft und droht mit einer Anzeige wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, aber Ingrid ist das im Moment auch egal. Es geht noch ein Weilchen hin und her.
»Frau Haselsteiner«, sagt der Zivile zum Abschied – »ich heiße Haselberger …«, sagt sie –, »wir kommen wieder.« Dann gehen die drei.
Mordverdacht, klingt es in ihren Ohren. Mordverdacht?
»Sie sind verdächtig«, haben die Polizisten gesagt.