Читать книгу Die Mulgacamper Romane Band 1 und 2 - Elda Drake - Страница 8
ОглавлениеKapitel 4
Zwei Tage später klingelte das Telefon bei Kim. »Ah, hallo Paul, ja sie ist da, ich hole sie gleich mal … Hetty kommst du mal – Paul ist am Telefon!«
Kim gab ihr den Hörer.
»Ja?«
»Hast du Lust nach Sydney zu fliegen?«
Hetty verstand im ersten Moment nur Bahnhof. Um was ging es überhaupt? Paul wollte sie wohl kaum auf eine gemeinsame Urlaubsreise einladen. Die Chance, dass sich dieses gutaussehende Exemplar der männlichen Gattung sich in Sekundenschnelle in sie verliebt hatte und mit ihr auf einen Liebestrip nach Sydney begeben wollte, war doch äußerst unwahrscheinlich.
Sie antwortete also mit einer Gegenfrage. »Warum?«
»Weil Kurt einen Camper für dich aufgetrieben hat und den sollst du dir anschauen!«
Also nix mit Romanze dafür Volltreffer in der Campersuche!
Hetty sprudelte los. »Super Paul, wie sieht er aus und was kostet er und muss man den noch umbauen oder kann ich ihn gleich fahren? Und wann soll ich fliegen, wer holt mich ab, oder muss ich alleine zu diesem Kurt hinfinden und …«
»Halt, halt!« rief Paul ins Telefon. »Also, anschauen kannst du einige Fotos davon hier bei mir auf dem PC und wenn du dann immer noch Interesse hast, dann fliegen wir gemeinsam hin. Ich müsste sowieso die nächste Zeit mal nach Sydney – einige Teile einkaufen und bestellen, da kann ich das gleich mit erledigen.«
Und wenn dieser Camper das scheußlichste Teil auf der Welt war – alleine die Aussicht auf eine gemeinsame Reise mit Paul, machte dieses Ding jetzt schon mehr als sehenswert. »Sobald Kim fahren kann, starten wir los!«
Die hatte mit einem Schmunzeln gesehen, wie Hetty auf den Anruf reagiert hatte. »Na das müssen ja gute Nachrichten sein, du hast richtig Farbe auf den Wangen bekommen. Oder hat dich unser Paul selbst so angeregt?«
Hetty wiegelte ab. »Paul von wegen, aber er hat wunderbare Neuigkeiten, stell dir vor, Kurt hat einen Camper gefunden!«
Kim schnappte sich ihren Autoschlüssel. »Auf gehts, da fahren wir jetzt gleich hin, ich bin schon gespannt wie ein Pendant zu Pauls Monster aussieht.«
Ein Viertelstunde später trafen sie bei Pauls Werkstatt ein. Auf ihr Rufen kam die Antwort aus der Halle. »Bin gleich da!«
Kurz darauf tauchte er schmutzstarrend in der Türe auf. Hetty konstatierte für sich, dass die Wagenschmiere anscheinend tagsüber fester Bestandteil seines Aussehens war. Was allerdings seine Attraktivität nicht sonderlich beeinträchtigte, er wirkte dadurch noch männlicher. So mehr wie diese Arbeitertypen in der Cola-Werbung.
»Könntest du mal mit deinen Phantasien aufhören?« Die Vernunft rief zur Ordnung. »Jedes Mal wenn du ein hübsches Kerlchen siehst, kann ich die Leute von der Hormongruppe kaum noch unter Kontrolle halten. Das ist echt ätzend!«
Hetty zuckte mit den Schultern. Na ja, sie hatte eben eine gewisse Vorliebe für gutaussehende Männer. Machte auch viel mehr Spaß als mit Hässlichen.
»Hallo Mädels, kommt mit ins Büro. Hetty kannst du den PC bedienen, ich muss mich sonst erst waschen und bis ich die Schmiere abbekomme, das dauert.«
Kurt hatte den Camper von allen Seiten aufgenommen und eine kurze Beschreibung der Motorisierung und der Einrichtung mitgeschickt. Das Fahrzeug war sehr gut ausgestattet und anscheinend noch relativ neuwertig. Die Lackierung war allerdings äußerst gewöhnungsbedürftig und irritierend, denn der Camper hatte einen Tarnanstrich, als wenn ihn die Armee für Kampfhandlungen im tiefsten Dschungel eingesetzt hätte.
»Na, was sagst du?« fragte Paul und versuchte in Hettys Gesicht zu lesen.
Die ignorierte die Farbgebung als unwesentliches Detail und konzentrierte sich auf die anderen Daten. »So wie ich das sehe, bin ich dumm, wenn ich da nicht zugreife.«
Paul nickte zustimmend. »Ehrlich gesagt, für den Preis würde ich ihn am liebsten selber kaufen. Allerdings möchte ich ihn erst richtig durchchecken, ob er auch wirklich in Ordnung ist. Aber wenn das der Fall ist, dann ist das Ding ein echtes Schnäppchen!«
»Gut, damit ist das entschieden. Wann willst du fliegen? Soll ich die Tickets besorgen?« Hetty sah Paul abwartend an.
»Ähm, also Tickets brauchen wir eigentlich nicht. Ich habe einen Freund mit einer Cessna, der nimmt uns gegen ein paar Dollar Spritgeld mit. Allerdings sind wir dann zwei Tage unterwegs!«
Paul war sich anscheinend nicht sicher, was Hetty von seinem Vorschlag halten würde, denn er wirkte leicht verlegen.
Die antwortete ganz cool und nach außen hin völlig abgeklärt. »Das ist ja noch besser! Paul, du bist echt spitze!« und strahlte ihn an.
Im Hirn herrschte Jubel. Zwei Tage Anreise, statt der läppischen drei Stunden Flug – die Hormongruppe legte einen Stepptanz hin.
Nachdem sie vereinbart hatten, dass Paul rechtzeitig Bescheid geben würde, fuhren sie wieder nach Hause. Hetty saß still da, in Vorfreude auf die Reise. In ihrer Phantasie flogen rosarote Schmetterlinge Loopings und gaben sich schönen Tagträumen hin, in denen ein gewisser Paul eine maßgebliche Rolle spielte. Wobei die Leute von der Hormonabteilung vor allem daran interessiert waren, wieder mal etwas Hübsches in die Finger zu kriegen. Und auf so einer Reise konnte sich da ganz gut eine Möglichkeit ergeben.
Sie spielten einige Szenarien durch, die wunderbar geeignet waren dem Objekt der Begierde näher zu rücken. Als Hetty sich gerade mit der Option beschäftigte, dass sie sich beim Aussteigen aus dem Flugzeug den Fuß verletzte und Paul sie ins Zimmer tragen musste, wurde sie von Kim aus ihren Gedanken gerissen.
Die kicherte vor sich hin. »Da gibt es jetzt einige Frauen in Alice, die dich furchtbar beneiden werden. Einen Kurztrip mit Paul nach Sydney – das würden sich viele wünschen. Normalerweise überschlägt er sich bei Frauen nicht gerade vor Hilfsbereitschaft, aber bei dir reißt er sich ja direkt darum, dir einen Gefallen zu tun.«
Kim lächelte Hetty an. »Er muss dich wirklich mögen!«
Hetty brummelte zurück. »Wahrscheinlich hat ihn mein fantastisches Aussehen so beeindruckt, dass er sich gar nicht mehr zurückhalten kann. Ihr habt nur noch nicht mitgekriegt, dass er auf 1.60 Meter große, etwas pummelige Frauen mit faden braunen Haaren und langweiligen grünen Augen steht!«
Kim lachte auf und schüttelte den Kopf. »Jetzt übertreibst du aber ganz schön. Immer wenn du eine Beschreibung von dir abgibst, meint man, da kommt eine fürchterliche Schreckschraube daher.«
Hetty blödelte. »Du weißt doch, innen drin bin ich 1.75 Meter groß, schlank, blond und habe wunderbare blaue Augen, nur das Äußere täuscht etwas!«
Kim fing den Ball auf. »Ja und in Wirklichkeit bist du keine vierundvierzig Jahre alt, sondern nur dreißig! Paul ist übrigens auch schon einundvierzig.«
Hetty war baff. »So alt sieht er aber noch nicht aus, ich hätte ihn auf alle Fälle jünger geschätzt.«
Kim grinste. »Den halten die ganzen Weiber auf Trab, die er immer durch die Gegend schleppt, diese aufgedonnerten Tussies müsstest du mal sehen. Da heißt es dann den ganzen Tag immer Paul hier und Paul da.
Meistens ist er auf seinen Touren nach einer Woche so angefressen, dass er bloß noch vor sich hin knurrt. Und die finden das dann noch toller – so richtig männlich, und versuchen dann erst recht bei ihm zu landen.
Einmal hat ihn eine so genervt, dass er sie einfach in einer Kneipe bei der Ormiston-Schlucht ausgesetzt hat. Er hat dem Wirt fünfzig Dollar in die Hand gedrückt und gesagt, er soll den nächsten Touristenbus überreden, sie wieder mit nach Alice zu nehmen, er halte das nicht mehr aus, ist in seinen Camper gestiegen und losgebraust.
Hat natürlich einen Riesenärger gekriegt mit der Privatreisevermittlung, für die er arbeitet, aber das hat sich bald wieder gelegt. Auf alle Fälle hatte Alice für die nächsten Wochen ein tolles Stadtgespräch.«
Hetty kicherte. »Das hat er tatsächlich gemacht?«
Kim nickte. »Ja, und er hat den Reisepreis behalten, er hat gesagt, das wäre sein Schmerzensgeld!«
Sie lachten immer noch, als sie zuhause ausstiegen und Steven erwartungsvoll auf sie zukam. »Schaut der Camper denn so schrecklich aus? Oder was ist los?«
Nachdem er den Grund für ihre gute Laune erfahren hatte grinste auch Steven und fragte seine Frau. »Hast du ihr auch verraten, dass er den Bericht den er schreiben musste, als Kopie in einer Folie im Handschuhfach hat? Jedes Mal wenn ihm wieder eine zu aufdringlich wird, zieht er ihn raus und fordert die Frau auf, sie soll doch mal nachlesen was ihr passiert, wenn sie sich nicht benimmt.«
Es war ganz gut, dass das Farmhaus etwas abgelegen lag, denn das nun folgende Gelächter hätte ansonsten einen Polizeieinsatz wegen Ruhestörung zur Folge gehabt.
Als sie später auf der Veranda saßen, erzählte Steven noch etwas mehr von Paul. »Der hatte nie Glück mit den Frauen, er erwischt einfach immer die Falsche. Einmal hat er sogar geheiratet, aber das ging schrecklich schief. Seine Frau hatte früher gemodelt und konnte mit dem Leben im Outback überhaupt nichts anfangen. Sie wollte bald darauf wieder zurück nach Melbourne und so haben sie sich im Guten getrennt und auf die Schnelle die Scheidung durchgedrückt.
Alle seine Freundinnen wollen immer nur ausgehen und mit ihm angeben, keine interessiert sich nur im Geringsten für das, was ihm wichtig ist. Inzwischen entwickelt er sich immer mehr zum Einsiedler. Schade – er ist so ein netter Kerl.«
Hetty sinnierte vor sich hin. Sie musste zugeben, auch sie war sofort auf das tolle Aussehen abgefahren, da musste man als Frau schon blind sein, wenn man das nicht bemerkte. Dazu war er aber auch noch ein Mann von der netten Sorte, mit dem man gut reden konnte und der selber immer etwas zu erzählen hatte und das machte ihn in ihren Augen erst interessant. Denn was nützte eine tolle Fassade, wenn man sich neben den Betteinlagen nicht mal unterhalten konnte, weil der Typ nichts in der Birne hatte.
Nach dem, was sie nun erfahren hatte, konnte sie sich auch zusammenreimen, warum er zu ihr so freundlich und hilfsbereit war. Denn sie gehörte garantiert nicht zu der gefährlichen Sorte der gutaussehenden Frauen. Er sah in ihr wohl so etwas wie einen netten Kumpel.
Ihre rosaroten Schmetterlinge saßen demoralisiert auf einem Ganglienzweig – ach was sollte es, zumindest gucken durfte sie ungestraft. Und lieber mit einem gutaussehenden Kerl befreundet, als mit einem hässlichen zerstritten!