Читать книгу Die Mulgacamper Romane Band 5 und 6 - Elda Drake - Страница 6

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Kapitel 3

Das hielt sie allerdings am nächsten Morgen und die folgenden Tage keineswegs dazu an, sich in ihren Ausflügen zu mäßigen. Erst ein Regentag sorgte dafür dass sie, nach einem kurzen Blick aus dem Fenster, beschloss einmal richtig lang auszuschlafen. Beim späten Frühstück blätterte sie in der Infobroschüre der Stadt, in der auch aufgeführt war, was es alles an Museen und Ausstellungen gab. Sie musste zu ihrer Schande gestehen, dass sie es bisher noch nie geschafft hatte, sich in eines der Gebäude zu begeben. Das war der Nachteil vom schönen Wetter – man kam überhaupt nicht auf die Idee etwas anderes zu tun, als sich im Freien aufzuhalten. Aber nun war die Gelegenheit gekommen, sich auch etwas Kultur und Bildung angedeihen zu lassen.

Eine Stunde darauf stand sie im Stadtmuseum am Circular Quay und betrachtete interessiert die alten Fotos und Bilder von Sydney. Das war schon ein Riesenunterschied, von den ärmlichen Behausungen der ersten Siedler, zum heutigen City-Leben. Und eine Rattenplage hatten die gehabt! Hetty bestaunte kopfschüttelnd ein Foto, auf dem zwei Männer neben einem Riesenberg von toten Ratten gezeigt wurden. Aus dem danebenhängenden eingerahmten Zeitungsartikel ging hervor, dass man dann dazu übergegangen war, nur noch die abgeschnittenen Rattenschwänze bei der Abholung der Belohnung vorzulegen. War ja schließlich auch blöd, wenn ein besonders fleißiger Mensch, mit einer Schubkarre voller toter Nagetiere zu der Behörde hinfuhr. Schwänze zählen, war da effektiver.

Als sie über zwei Stunden später wieder im Freien stand, kam sie sich vor wie nach einer Zeitreise. Da war ihr die jetzige Stadt schon viel lieber. Sie warf einen Blick auf das Opernhaus. Ohne dieses weltbekannte Wahrzeichen konnte sie sich Sydney sowieso nicht vorstellen. Dabei wusste sie ganz genau, dass dieses erst fertiggestellt wurde, als sie selbst schon erwachsen war, also war es noch gar nicht solange her, dass sich die Hafenansicht verändert hatte.

Die Stadtentwicklung war in den letzten Jahrzehnten galoppiert. Ein Plakat an einer der Hinweissäulen am Quay zeigte, dass immer noch kein Ende in Sicht war. Anscheinend war ein großer Architektenwettbewerb ausgeschrieben worden und nun stand der Sieger fest und die Modelle von ihm und seinen Mitbewerbern konnten besichtigt werden. Das war jetzt wirklich etwas, das sie interessierte. Schließlich hatte sie in ihrem früheren Leben eine halbe Ewigkeit in einem Architekturbüro als technische Zeichnerin gearbeitet. Kurz darauf war sie auch schon in der Ausstellung und bummelte zwischen den einzelnen Modellen hin und her.

So wie es aussah, war das Prozedere in der ganzen Welt das gleiche. Ein Haufen Leute machten sich eine Menge Arbeit und hängten ihre ganze Seele in den Entwurf. Dann kamen die Juroren. Die zeichneten sich normalerweise dadurch aus, dass sie keine Ahnung von irgendetwas hatten, und schon gar keine Ahnung von Architektur. Deswegen hatten sie dann noch Berater dabei – Architekten die bei dem Wettbewerb, aus welchen Gründen auch immer, nicht mitgemacht hatten. Die urteilten natürlich absolut neutral, vorurteilsfrei und ohne jegliches Konkurrenzdenken, über die Entwürfe ihrer Kollegen.

Schließlich wurde ein Konsens gefunden und zielsicher das Modell gewählt, dass mit Abstand das Grauenhafteste war. Hetty musterte das Sieger-Objekt und schüttelte verblüfft den Kopf. Anscheinend tickten in Australien die Uhren anders. Hier hatte doch tatsächlich eine gelungene Arbeit gewonnen. Dieser Architekt war ein Könner. Er hatte die in ihren Augen beste Lösung für die Aufgabe ausgearbeitet – eine geglückte Kombination aus alt und modern. Neben dem Modell waren Broschüren ausgelegt, in denen konnte man sich noch näher informieren. Hetty nahm sich eine mit und setzte sich in die kleine Sitzecke, die schneckenförmig angeordnet war. Hier konnte sie ungestört schmökern, denn die hohe Rückenlehne machte sie für die anderen Besucher nahezu unsichtbar.

»Das kann doch nicht wahr sein!«

Hetty lugte um die Ecke, um zu sehen, wer da so entsetzt aufgeschrien hatte. Ein ungefähr dreißigjähriger Mann, in Jeans und T-Shirt gekleidet, mit einer Nerd-Brille auf der Nase, stand kreidebleich vor dem Siegermodell und blätterte mit hektischen Bewegungen in der Broschüre.

Sie runzelte die Stirn. Der war ja völlig von der Rolle. Was immer er auch gehofft hatte, in dem Prospekt zu finden, anscheinend war es nicht da.

»Dieses Schwein, dieses gottverfluchte Schwein!«

Oh, oh! Hetty hatte einen leisen Verdacht. Eigentlich gar keinen so leisen. Sondern einen sehr lauten. Denn sie hatte das Gleiche schon einmal erlebt. Damals hatte eine Architektin ebenso entsetzt auf einen Plan geblickt und nicht glauben können, dass nicht ihr Name, sondern der eines anderen Architekten, als Verfasser vermerkt war.

Und sie hätte jetzt sofort um hundert Dollar gewettet, dass auch dieser Mann vergeblich seinen eigenen Namen gesucht hatte. Das erregte Telefonat, das sie anschließend noch belauschte, gab ihr recht. Doch anscheinend war das Ganze dann doch nicht so schlimm, zumindest schienen die beiden Kontrahenten eine Einigung zu erzielen. Der Schlusssatz zeugte davon.

»Gut, dann treffen wir uns heute Abend. Ich komme zu dir nach Bronte.«

Als Hetty Stunden später auf dem Sofa im Appartement saß, drehte sie nachdenklich ihr Rotweinglas zwischen den Fingern. Hoffentlich ging die Sache gut aus. Sie blickte nach oben, wo angeblich der katholische Himmel sein sollte, und prostete mit dem Wein ihren verstorbenen Nachbarn zu.

»Auf euer Wohl.«

Dank dem unverhofften Erbe, das diese ihr hinterlassen hatten, war für sie die Arbeitswelt wunderbarerweise Vergangenheit. Und sie musste sich nicht mehr mit skrupellosen Menschen herumschlagen. Ihr ehemaliger Chef war auch einer von der Sorte gewesen. Dazu hatte er sich zusätzlich noch durch völlige Unfähigkeit zur Personalführung und Inkompetenz ausgezeichnet.

Hetty schüttelte den Kopf. Dem Arsch hatte sie in schöner Regelmäßigkeit erklären müssen, dass er zwar der Chef war, aber sie selbst das Sagen hatte. Sie grinste. Spätestens, wenn sie mit der Kündigung drohte, hatte er immer klein beigegeben. Trotzdem war die Erinnerung an ihr Arbeitsleben nicht von vielen positiven Tatsachen begleitet.

Glücklich lehnte sie sich zurück und blickte auf die lichterhellte Skyline auf der anderen Seite des Hafens. Da war das hier schon viel besser!

Am nächsten Tag hatten sich die Regenwolken verzogen und der blaue Himmel versuchte vergeblich, mit dem türkisblauen Meer zu konkurrieren.

Hetty war in ihrem Element. Die Digitalkamera im Anschlag streifte sie seit über einer Stunde durch einen der schönsten Flecken, den Sydney zu bieten hatte: Den Waverley-Friedhof der auf der Klippe von Bronte lag.

Natürlich hörte es sich im ersten Augenblick etwas verquer an, ausgerechnet einen Friedhof zu einem Lieblingsort zu bestimmen. Doch seit Hetty einst, bei ihrem ersten Spaziergang von Coogee nach Bondi Beach, an dieser Grabstätte vorbeigekommen war, wollte sie schon immer einmal in aller Ruhe diesen Ort besichtigen.

Da sie dieses Mal ohne Begleitung unterwegs war, hatte sie nun endlich die Gelegenheit, solange zu bleiben, wie sie wollte. Denn auch die verständnisvollsten Mitreisenden wollten nie mehr als ein, zwei Blicke riskieren und drängten dann nachdrücklich zum Weitergehen.

Was natürlich eine absolute Verschwendung einer wunderbaren Gelegenheit war. Denn dieser Friedhof war in Hettys Augen außer großartig, nur fantastisch, atemberaubend schön, und was es sonst noch an entsprechenden Eigenschaftswörtern im Lexikon zu finden gab.

Dazu trug unter anderem die außergewöhnliche Lage bei, in der er untergebracht war. Die Anlage thronte hoch über der Küste auf einem steilen Kliff, an das mit lautem Platschen die Brandung schlug. Zur linken Seite konnte man in der Ferne Bondi erkennen, auf der rechten lag, hinter einigen Klippen, die ins Meer hinausragten, Coogee verborgen.

Der exponierte Friedhof umfasste gemäß einem Prospekt, das sie am Eingang von den Verwaltern bekommen hatte, fünfzigtausend Gräber, die auf sechzehn Hektar Gelände, mit mehreren terrassenartigen Ebenen, verteilt waren. Seit seiner Gründung war er die letzte Ruhestätte für viele prominente australische Persönlichkeiten geworden.

Im Gegensatz zu deutschen Friedhöfen war das hier allerdings keine geordnete und fein säuberlich gepflegte Anlage. Das wäre auch bei weitem nicht so interessant gewesen. Nein, hier waren die Gräber unbepflanzt und meistens ungepflegt. Hohes Gras und Wildblumen wucherten ungehemmt zwischen den Grabeinfassungen. Nur auf den Fußwegen wurde der Rasen kurz gehalten, so dass man die Grabstellen zumindest ohne Benutzung einer Machete erreichen konnte.

Hier und da sah man eine wilde Hortensie, oder einen riesigen Bauschen mit weißen Lilien. Gelb blühende Mädchenaugen und Mittagsblumen hatten manche der Grabstätten okkupiert und die Samenstände von verschiedenen Gräsern bildeten einen wunderbaren Kontrast hierzu. Einige, über das Gelände verstreute halbhohe Palmen und Norfolk Island Pinien verstärkten noch den seltsamen Eindruck, den dieser Friedhof beim Betrachter hinterließ.

Wozu auch die Teerstraßen beitrugen, welche die Anlage durchkreuzten. Kopfschüttelnd hatte Hetty bei ihrem ersten Besuch registriert, dass man hier anscheinend mit dem Auto bis zu seinen Verblichenen fahren durfte. Allerdings begegnete ihr heute kein einziger Verkehrsteilnehmer, was in ihr die Vermutung aufkommen ließ, dass es wohl eher der Fahrweg für die Bestatter war. Das war auf gar keinen Fall von der Hand zu weisen, denn wenn sie sich viel vorstellen konnte, aber nicht dass jemand einen Sarg über holpriges Gelände einen Kilometer durch die Gegend trug.

Die Gräber selbst waren mehr als außergewöhnlich. Mit Marmor oder kostbarem Gestein war hier nicht gegeizt worden. Da gab es Kreuze, um die sich Blumen rankten, Engel in jeder Größe und Form, sogar Jesusfiguren, welche wie auf dem Zuckerhut in Rio die Hände gegen den Himmel reckten. Ganze Gruppierungen von betenden Gestalten, oder Tauben, die an steinernen Rosen pickten. Besonders fantastisch fand Hetty eine kniende Frauengestalt, die ihre Arme um ein marmornes Kreuz geschlungen hatte. Die Hingabe und Verzweiflung der Frau wirkte so lebendig, dass man versucht war, ihr tröstend die Hand auf die Schulter zu legen.

Die verschiedenen Nationen hatten ebenso verschiedene Vorlieben für Inschriften oder Grabgestaltungen. Die Italiener tendierten zu eckigen Mausoleen mit goldener Inschrift. Bei den Iren durfte das Kleeblatt nicht fehlen und die waren meistens in Stelen mit wunderbar ziselierten Kreuzen integriert. Die Chinesen bevorzugten schmiedeeiserne Kreuze mit kleinen Inschriften auf Emailletafeln und bei den Engländern wurde die geliebte Mutter, der wunderbare Gemahl oder der tapfere Soldat schmerzlich vermisst. Jedes Grab hatte seine eigene Geschichte.

Oft sah man als einzigen Schmuck ein steinernes aufgeklapptes Buch, in dem nur die Namen der Begrabenen verzeichnet waren und manchmal wurde, statt einer einfachen Steinplatte, ein zweifarbiges schachbrettförmiges Mosaik aus unterschiedlichem Marmorplättchen als Grabbedeckung verwendet. Mittendrin war dann wieder eine absolute Besonderheit zu entdecken, wie ein Blütenkranz aus bunten Gestein geformt.

Hetty konnte sich einfach nicht sattsehen. Langsam ging sie von Grab zu Grab und las die Inschriften. Manche waren herzergreifend, andere sehr sachlich und eher distanziert.

Die Witterung und das Salz des Meeres hatte dafür gesorgt, dass Teile der steinernen Pokale die manche Gräber zierten, zersprungen waren. Irgendjemand ging hier dann anscheinend immer wieder durch und legte die Bruchstücke in das betreffende Grab.

Gruselig war dabei, dass es auch etliche geköpfte Engelsfiguren gab. Hetty musterte die frischen Bruchspuren und überlegte, ob das hier durch Vandalismus, oder tatsächlich durch das Wetter verursacht wurde.

Sie bemerkte auch, dass ein paar der Steinplatten, die einige Gräber bedeckten, in der Mitte gespalten und teilweise eingesunken waren. Das hatte mit Sicherheit kein Vandale verursacht. Der hätte schon mit einem Vorschlaghammer auf den Friedhof kommen müssen und wenn Hetty auch sehr viel Phantasie hatte, soweit ging nicht einmal ihre Vorstellungskraft. Doch gruselig war dieser Anblick allemal und Hetty erwartete fast, irgendwann einmal bleiche Knochen zwischen den Bruchstücken zu sehen.

Obwohl es helllichter Tag war und irgendeines dieser Gräber doch auch einmal Besuch von einem Angehörigen bekommen musste, blieb der Friedhof menschenleer. Auch keiner von den vielen Leuten, die auf dem Wanderweg am unteren Rand vorbeigingen oder joggten, beachtete dieses wundervolle Ensemble. Die Häuser von Bronte reichten links und rechts bis an den Rand des Friedhofes heran, aber auch diese Wohnstätten wirkten reichlich verlassen und ließen den Gedanken aufkommen, dass die Besitzer vielleicht alle schon in diesen Teil der Anlage umgezogen waren.

Wobei es Hetty nur recht war, dass sie niemand bei ihrer Erkundungstour störte. Sie knipste einen Magpie, der es sich auf einer schrägen Grabplatte bequem gemacht hatte. Der schwarzweiße Vogel passte, wie die Faust aufs Auge, in diese Umgebung. Er wirkte wie ein Bote aus dem Jenseits und musterte sie mit schiefgelegtem Kopf.

Schmunzelnd gab Hetty einen Kommentar auf seinen fragend wirkenden Blick ab. »Da musst du schon noch ein bisschen warten.«

Als sie zwei Stunden später endlich am oberen Teil des Friedhofes angekommen war, und hier einige der größeren Kriegerdenkmäler umkreist hatte, machte sie eine Pause und setzte sich auf eine der Steinstufen. Der Ausblick war einfach fantastisch. Sie war umgeben von Engelsfiguren, die sich vor dem strahlend blauem Himmel abzeichneten und hatte einen wundervollen Blick auf die Küstenlandschaft und das Meer. Wenn das nicht der schönste Friedhof der Welt war.

Ihre Digitalkamera hatte eine schwere Zeit hinter sich. Inzwischen war die Speicherkarte fast komplett voll, denn sie hatte immer wieder eine Figur oder ein Grab gefunden, das sie unbedingt noch fotografieren musste. Nun wurde es langsam Zeit ihre Wanderung zum Bondi Beach fortzusetzen. Während sie im Zickzackkurs zwischen den Gräbern nach unten ging, konnte sie natürlich ihre Augen, nach wie vor, nicht von den Grabtafeln lassen.

Deshalb war es auch kein Wunder, dass sie stolperte und der Länge nach hinschlug, weil sie nicht auf den Weg geschaut hatte und mit dem Fuß in ein Loch getreten war. Sie hatte sich noch glücklich abgefangen und es auch geschafft, dass die Kamera nicht beschädigt worden war. Aber als sie sich aufrichten wollte fingen ihre Augen ein Bild ein, auf das sie gerne verzichtet hätte. Nachdem sie gründlich und ausdauernd geschrien hatte, beruhigte sich langsam ihr Herzschlag.

»Krieg dich wieder ein, du bist schließlich auf einem Friedhof und da gibt es nun mal Tote!« Ihr Verstand versuchte sich durch die gesträubten Haare einen Weg zu bahnen.

Hetty starrte wie versteinert auf die weißliche Hand, die unter einer hölzernen Bank herausragte.

»Auf einem Friedhof liegen die Leichen in Särgen und nicht unter Bänken!« Die Sarkasmusabteilung protzte mit ihrem Wissen.

Es wäre ihr lieber gewesen, sie hätte den IQ einer leicht vertrottelten Persönlichkeit gehabt, dann hätte sie die erste Fassung akzeptieren können. Aber leider musste sie zugeben, dass diese Hand am falschen Platz war.

»Nicht die Hand, wir sind am falschen Platz. Schau, dass du Land gewinnst und lass die Toten ruhen!«

Diese Idee hatte ihre Vorteile. Hetty rappelte sich auf. Jeder normale Mensch wäre jetzt so schnell wie möglich von diesem Ort verschwunden. Hätte vielleicht noch ein paar Tage Alpträume gehabt und dann die Sache vergessen. Doch seit wann war sie normal? Während ein Teil ihrer Ganglien vernehmlich seufzte, gierte der andere nach Aufklärung. Und inzwischen hatte ihr Hirn weitergearbeitet und noch zwei Feststellungen gemacht. Die Hand sah noch nicht verwest aus. Auch war bisher noch keine einzige Fliege zu Besuch aufgetaucht. Demnach konnte diese Hand noch nicht lange tot sein. Beziehungsweise falls da noch ein Körper dazugehörte, konnte der sogar noch leben.

Da sich Hetty gut genug kannte, wusste sie, dass sie keine Ruhe haben würde, wenn sie nicht zumindest einen Blick auf das riskierte, was zu dieser regungslosen Hand gehörte. Vorsichtig ging sie auf die Knie und lugte unter die Bank. Ach du heilige Schande! Also der, der da lag, war tot. Töter als tot. Mausetot. Allerdings schloss sein Zustand auch aus, dass es sich um einen natürlichen Todesfall handelte. Zumindest hatte Hetty noch nie von jemandem gehört, der sich selbst das Messer in die Brust rammte, dann unter eine Holzbank kroch und die Waffe verschwinden ließ. Die weitere Vorgehensweise war nun ja ganz einfach. Aufstehen, zu den Häusern gehen, Telefon suchen und Polizei anrufen.

Was sie dann auch tat. Sie war schließlich in diesem Land schon oft genug in die Bredouille geraten. Inzwischen achtete sie sorgfältig darauf nicht mehr in irgendwelche gefährlichen Angelegenheiten verwickelt zu werden.

So wartete sie brav ab, bis die Polizei auftauchte, erklärte geduldig wie sie durch ihren Sturz den Toten gefunden hatte, hinterließ ihre Adresse und setzte dann einige Stunden später endlich ihren Weg fort. Sie würde sich in nichts mehr reinziehen lassen.

»Hast du deshalb der Polizei kein Wort davon gesagt, dass du den Toten schon einmal gesehen hast?«

Tja, alles musste man schließlich auch nicht erzählen. Und außerdem hatte sie ihn ja auch nicht gekannt, sondern nur erkannt – der Tote war der Mann, der sich gestern noch so fürchterlich in der Ausstellungshalle aufgeregt hatte. Hetty seufzte. War dann also doch nicht gut ausgegangen, das Ganze. Aber sie würde sich raushalten. Ganz bestimmt. Sicher!

Die Mulgacamper Romane Band 5 und 6

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