Читать книгу The Air WE Breathe - Elena MacKenzie - Страница 6

Liam

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»Zieh deinen verdammten Schädel ein«, donnert die Stimme von Sgt. Becks durch die Dunkelheit. Es ist ein Wunder, dass ich überhaupt verstehe, was er brüllt. Überall um uns herum schlagen Granaten ein, fliegen Geschosse durch die Luft, erklingen Gewehrsalven.

Das hier ist ein Hinterhalt, Al-Quaida hat uns erwartet und dem Sergeant ist längst klar, dass wir hier nicht mehr rauskommen. Der CH-47 Chinook Hubschrauber hat uns mitten in einem Wespennest abgesetzt und ist dann unter dem Beschuss der Gegner nicht weit von unserer jetzigen Position runtergegangen.

Ich lehne mich gegen den Felsen in meinem Rücken und sehe rüber zu Charles, der mich mit dem Wissen im Gesicht ansieht, dass wir hier sterben werden. Wir werden definitiv nicht den Takur Ghar sichern, um einen Posten auf dem Gipfel errichten zu können. Eine Kugel schlägt neben meinem Schuh in den Boden ein und wirbelt Dreck auf. Ich ziehe meinen Fuß weg und drücke mich noch fester gegen den Felsen, der nicht groß genug ist, um Charlie und mich zu verstecken.

Ich schiebe das Nachtsichtgerät von meiner Stirn zurück auf meine Nase und sehe mich nach dem Rest der Truppe um. Der Sgt. liegt hinter der kleinen Anhöhe hinter uns zusammen mit Tom. Davis versteckt sich rechts von uns hinter einem einzelnen Baum. Die anderen kann ich nicht sehen, nur Henson, der direkt links von uns liegt in seinem eigenen Blut, mehrere Kugeln haben seinen Körper zerfetzt. John ist auch tot, aber ich kann ihn nicht entdecken, er liegt irgendwo ein paar Meter rechts von uns. Von dort hat Black vor wenigen Minuten gemeldet, dass John tot ist und er allein im Schatten eines Felsens liegt. Und Miller liegt direkt vor uns, wenn ich den Kopf über den Felsen hebe, kann ich ihn sehen. Er wurde in die Brust getroffen. Wenn es ruhig wird, kann ich ihn stöhnen hören.

Er liegt da und wartet, dass wir ihn retten, ihn in Deckung ziehen. Aber die Terroristen warten auch. Darauf, dass wir versuchen, ihn zu retten. Deswegen knallen sie ihn nicht ab, weil sie darauf warten, dass wir das Ächzen und Stöhnen unseres Kameraden nicht mehr ertragen können. Das Flehen, ihn zu retten. Sie warten darauf, dass wir hervorkriechen, damit sie uns umbringen können. Sie verstecken sich um uns herum in Gräben, hinter Felsen und Bäumen, oben auf der Anhöhe. Sie sind einfach überall.

Ich stoße verzweifelt die Luft aus und schließe wie betäubt die Augen. Es gibt keinen Ausweg. Nicht für jeden von uns. Vielleicht ein paar, aber wir lassen keinen Mann zurück. Das ist unsere wichtigste Regel. Das Seal 6 lässt niemals jemanden zurück. Wir müssen versuchen, Miller zu retten.

»Charlie, hast du noch eine Granate?«, frage ich leise.

»Eine«, antwortet er in die plötzliche Stille. Jetzt ist nur noch das Keuchen von Miller zu hören. Sie lauern.

»Siehst du den Felsen dort drüben?«, frage ich Charlie. »Wirf die Granate in diese Richtung, ich renne dort rüber, dann werden sie das Feuer auf mich eröffnen und du kannst Miller hinter den Felsen hier ziehen.«

»Sie werden dich erwischen.«

»Werden sie nicht. Und wenn doch, wir sterben hier sowieso alle. Aber wir können Miller dort nicht liegenlassen.«

Ich sehe in die Richtung, in der der Sergeant liegt. Er wird stinksauer sein. »Bereit?«

Charlie zieht den Sicherungsstift der Granate heraus und nickt. Ich gehe in die Hocke, Charlie wirft die Granate und ich renne in die entgegengesetzte Richtung. Schüsse pfeifen an mir vorbei, schlagen vor meinen Füßen in den Boden ein. Die Gewehrsalven zerreißen die Stille der Nacht schlimmer noch als das Donnern eines Sommergewitters. Sogar noch schlimmer als eine Silvesternacht auf dem Times Square in New York. Ein heftiger Schmerz zerreißt meinen Oberschenkel, ich knicke ein, stolpere, rapple mich auf, dann brennt meine Brust.

Ich schreie auf, gehe auf alle Vier runter, rasender Schmerz schießt durch meinen Körper, ich breche zusammen, bleibe liegen und schreie auf, als ich ein drittes Mal getroffen werde. Ich schmecke Blut und Dreck. Jemand ruft meinen Namen. Ich soll mich beruhigen. Als ich die Augen öffne, blendet mich helles Licht, etwas berührt meine Schulter, ich schlage um mich, richte mich ruckartig auf und erstarre.

Das hier ist nicht Takur Ghar und auch nicht das Al-Qaida-Camp in der Nähe von Tora Bora.

»Verdammt«, stöhne ich auf und sehe mich verwirrt um. Das hier ist mein Zimmer und die Frau, die dort auf dem Boden liegt und mich aus schreckgeweiteten Augen mit einem blutenden Riss auf der Wange ansieht, ist Tessa Carmichael. »Verdammt!«, fluche ich noch heftiger. Ich springe auf und knie mich neben sie. Sie hat eine Hand an ihre Wange gehoben und ihre Finger schweben über der Wunde. »Es tut mir leid«, sage ich und sehe sie erschrocken an. Ich kann nicht fassen, dass ich ihr das angetan habe.

»Sie haben geschrien, ich wollte nur nachsehen, ob alles in Ordnung ist.«

Ich untersuche ihren Wangenknochen, aber sie schiebt meine Hand nur weg und schüttelt den Kopf.

»Das wollte ich nicht«, versichere ich ihr und fühle mich dreckig. Wie der letzte Abschaum. Ich habe eine Frau geschlagen. Noch dazu eine, die mich bei sich aufgenommen hat. Sie lässt sich ohne zu zögern von mir aufhelfen, als ich ihr die Hand reiche. Ich kann einfach nicht glauben, dass ich diese zierliche Frau verletzt habe. Mein Herz hämmert und ich möchte mich am liebsten selbst umbringen für das, was ich ihr angetan habe. »Es war ein Fehler hier zu bleiben.« Ich runzle die Stirn und sehe mich nach meiner Kleidung um. Ich sollte hier verschwinden. Schnell.

»Nein. Nein, es war mein Fehler. Ich hätte nicht in Ihr Zimmer kommen sollen.« Sie legt eine Hand auf meinen Unterarm und sieht mich mit diesem mitleidigen Blick an, den ich so hasse, weil er bedeutet, dass die Menschen wissen, dass ich im Arsch bin. Dass sie mich so ansieht, stört mich irgendwie besonders. Wahrscheinlich, weil sie sowieso schon alles hat, was mir gehört. Jetzt auch noch meine Würde, die vor ihren Füßen herumkriecht. Ich schüttle ihre Hand ab, dann packe ich sie an den Oberarmen und sehe zornig auf sie herunter.

»Tessa, das hier ist meine Schuld. Ich wusste, dass das passieren könnte. Ich verschwinde.«

»Oh nein! Du bleibst. Das ist das Mindeste, was ich tun kann. Du wirst nicht mitten in der Nacht gehen.« Damit dreht sie sich zur Tür um. »Ich hab schon Schlimmeres erlebt als diesen kleinen Hieb. Das war gar nichts.«

Mein Herz stolpert. »Was heißt Schlimmeres?«, frage ich und verspüre plötzlich eine Wut, die ich nicht empfinden sollte. Aber bei dem, was sie gesagt hat, spielen sich Bilder in meinem Kopf ab, die mich rot sehen lassen.

Sie sieht über die Schulter zu mir zurück und lächelt müde. »Geh wieder schlafen!«

Damit lässt sie mich stehen. Mit einer Menge Fragen, die plötzlich in meinem Kopf sind und verwirrenden Gefühlen. Meine Hände zittern und jeder Muskel scheint zu schmerzen in meinem Körper. Wieder nach Hause zu kommen hatte ich mir anders vorgestellt. Und ich weiß nicht, was ich tun soll. Mein Herz rast noch immer und ich spüre, wie sich das Adrenalin durch meine Venen brennt. Ich werfe einen Blick auf das Bett neben mir, in dem ich schon so lange ich denken kann, geschlafen habe. Es hat sich gut angefühlt, wieder darin zu liegen. Eigentlich will ich es nicht aufgeben, aber es wäre auch nicht richtig, Tessa weiter in Gefahr zu bringen.

»Ich schließe ab«, rufe ich ihr hinterher, gehe auf die Zimmertür zu und greife nach dem Schlüssel, der im Schloss steckt.

»Mach das!«

The Air WE Breathe

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