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Werden Träume wahr?

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Das Klingeln meines Handys reißt mich aus meinen wirren Träumen. Verschlafen hebe ich ab.

“Hallo?“, hauche ich ins Telefon.

“ Guten Morgen Schlafmütze, ich bin gleich da und bringe frische Brötchen mit. Ich bin die halbe Nacht gefahren, nur um schnell wieder bei dir zu sein. Du kannst schon mal die Kaffeemaschine anschmeißen.“

Martin, es ist Martin! Ich versuche aus dem Bett zu springen, doch mein Babybauch hindert mich daran. Ich setzte mich langsam auf. Was habe ich bloß wieder geträumt? Es war so real! Ich versuche mich zu erinnern und die Bilder kommen wieder. Ein Haus auf dem Land, zwei kleine Kinder, meine Kinder? Ein großer Garten. Ich habe mich mit einem Kinderwagen durch diesen Garten fahren sehen. Ein hübsches, blondes Mädchen hüpft mir um die Beine. Das war alles so echt, so, als wäre ich da gewesen. Ich kann den blühenden Kirschbaum noch genau vor mir sehen. Ein schöner Traum!

Ich stehe auf und versuche, diesen Traum im Gedächtnis zu behalten. Erstmal die Kaffeemaschine anmachen. Mein Mann wird gleich da sein und ich freue mich riesig, ihn endlich wieder in meine Arme schließen zu können.

Kurze Zeit später höre ich sein Auto auf dem Parkplatz. Ich werfe mir meinen Bademantel über und laufe ihm entgegen.

„Hallo mein Schatz.“ Er breitet seine starken Arme aus und ich fliege, nein, wir fliegen hinein.

“Dein Bauch ist ja gewachsen.“ Er streichelt ganz zärtlich darüber.

“Alles in Ordnung bei euch? Ihr habt mir so gefehlt.“

“Du uns auch! Komm schnell hoch, ich will alles wissen und Hunger haben wir auch.“, sage ich und zeige auf mein Bäuchlein. Grinsend nimmt er mich bei der Hand und wir gehen nach oben. Endlich ist er wieder da! Diese eine Woche war sehr einsam!

Bei Kaffee und frischen, duftenden Brötchen erzählt er mir von seinen Erlebnissen, von seiner Woche ohne uns.

“Marina, die waren begeistert von mir. Der Chef sagte, er habe sich unter 300 Bewerbern, für mich entschieden! Kannst du dir das vorstellen?“

Oh nein, bitte nicht, ich will nicht wieder alleine sein, denke ich gerade, als er weiter erzählt.

“Schatz, es ist wirklich schön da! Ich soll nächsten Monat anfangen. Da gibt es nur ein Problem! Ich kann nicht immer 800 km fahren. Zugesagt habe ich noch nicht, ich wollte erst mit dir reden.“

Noch nicht zugesagt! Gott sei Dank! Wir werden auch hier einen Job für ihn finden!

“Die Firma dort gehört drei Brüdern, die alle ungefähr so alt sind wie ich. Ich habe ihnen gesagt, dass ich bald Papa werde und meine Familie um mich brauche. Sie laden uns für eine Woche zu sich ein. Wir sollen uns überlegen, ob wir dort leben könnten.“

Mit gerunzelter Stirn sehe ich meinen Mann an.

“Die wollen dich wohl unbedingt!“, stelle ich fest. “Und du, was willst du? Glaubst du, wir haben dort eine Zukunft?“

“Mein Schatz, ich würde so etwas nicht ohne dich entscheiden, aber du fragst, was ich will. Mir hat diese eine Woche dort wirklich Spaß gemacht. Alle sind nett, es ist sehr familiär. Ich kann mir tatsächlich vorstellen, in Österreich zu leben, aber nur mit dir!“

“Wie sieht es denn mit der Bezahlung aus?“

“ Halt dich fest! Die zahlen mir genau das, was ich mir vorgestellt habe und es gibt ein 13. und 14. Monatsgehalt! Ist das nicht der Hammer?“

Strahlend sieht er mich an. Wow! Dass die sich das leisten können! Die Firma scheint sehr gut zu laufen.

“13. und 14. Monatsgehalt? Wie machen die denn das? Hört sich spitzenmäßig an!“

“Das ist gesetzlich so verankert, das kriegt dort jeder!“

Ich kann es kaum glauben. Hier im Osten Deutschlands, wo die Bezahlung schlecht ist und kaum zum Leben reicht, können wir nur von so was nur träumen. Urlaubs -und Weihnachtsgeld bekommt man kaum. Ich sowieso nicht, ich bin privat angestellt.

Ich muss zugeben, das hört sich nicht schlecht an.

“Marina, ich soll Montag Bescheid geben, wie wir uns entschieden haben.“

“Und unsere Wohnung? Unsere Freunde? Mein Vater und deine Mutter, deine Oma? Wir haben dort niemanden!“

“Das stimmt – leider! Die können uns doch alle besuchen kommen. Unsere Wohnung müssten wir natürlich aufgeben, unsere Möbel nehmen wir mit. Ist ja alles neu. Ich dachte, wir suchen uns dort eine Wohnung, wenn es uns gefällt. Schatz, ich verdiene da so viel, vielleicht werden wir irgendwann ein kleines Haus haben können. Die Preise dort sind nicht so hoch wie hier.“

Ein Haus? Ein eigenes, kleines Haus? Das könnten wir uns hier nie leisten!

Plötzlich fällt mir mein Traum wieder ein. Habe ich von unserem Haus geträumt? Das kann nicht sein!

Schon seit meiner Kindheit habe ich hin und wieder Träume, die sich erfüllen. Nur meine Schwester weiß darüber Bescheid. Bei mehreren Versuchen, es meiner besten Freundin zu erzählen, musste ich feststellen, dass sie mir nicht glaubte. Um nicht als verrückt abgestempelt zu werden, rede ich nur mit meiner Schwester darüber.

Lange Zeit glaubte sie mir nicht, bis ich ihr eines Tages von einem Traum erzählte, in dem mein gerade gekauftes Auto geklaut wurde. Ich träumte, dass man mir noch vor Jahresende mein Auto vom Parkplatz stehlen würde, wo ich es am nächsten Tag wieder finden würde und was alles kaputt wäre. Für diesen Traum erntete ich nur ein müdes Lächeln von ihr. Das ganze Jahr über passierte nichts. Ich hatte schon fast meinen scheußlichen Traum vergessen. Bald war Silvester. Wir feierten bei mir. Mein Auto stand auf dem Parkplatz. An diesem Tag lief ich alle paar Minuten zum Fenster und sah nach meinem Auto. Zehn Minuten vor Mitternacht schaute ich zum letzten Mal. Es war weg! Wie vom Donner gerührt stand ich da und meine Schwester sagte nur:

“Das gibt es nicht!“

Silvester war für uns gelaufen! Wir verbrachten die halbe Nacht auf der Polizei. Das Auto war nicht aufzufinden. Am nächsten Tag fuhren wir dann zu einem Supermarkt in der Nähe. Es stand genau da, wo ich geträumt hatte. Ich wusste sofort was alles kaputt war. Mein Traum hatte sich mal wieder bewahrheitet und das neue Jahr fing schon mit Ärger an!

“Schatz, woran denkst du?“ Martin wedelt mit seiner Hand vor meinem Gesicht herum.

“Ach nichts, lass uns eine Liste mit Dafür und Dagegen machen, und mit deiner Mutter und deiner Oma reden. Mit meinem Vater würde ich auch gerne sprechen, bevor wir etwas entscheiden.“

“Ja gut, das machen wir.“ Martin drückt mich an sich und streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

Nach langen Gesprächen mit der Familie und dem Bequatschen des Für und Wider, wollte ich dann doch sehen, was auf uns zukommen würde. Meine Chefin ist über meinen Urlaubsantrag nicht gerade begeistert. Den Grund dafür verschweige ich ihr. Ich kann Urlaub machen, wo ich will! Sie rechnet fest damit, dass ich nach der Babypause wieder an meinem Platz in der Praxis sitze. Eine Woche Urlaub! Eine Woche, die unser ganzes Leben verändern kann.

Nächste Woche werden wir nach Österreich fahren. Ich bin gespannt! Berge, wir kommen!

Hilfe, fast 40!

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