Читать книгу Gehalten - Elisabeth Bührer-Astfalk - Страница 9

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2. Es ist‚ wie es ist

Es ist Mittag, kurz vor 12 Uhr. Schnell treffe ich noch die letzten Vorbereitungen für das Mittagessen. Da höre ich auch schon durch das geöffnete Küchenfenster die Schulglocke. Gleich werden die Kinder zu Hause sein. Einen weiten Schulweg haben sie nicht. Noch nicht. Sie müssen nur einmal über die Straße gehen. Schon bald sitzen wir am Mittagstisch. Kaum ist das Tischlied gesungen, steigt der Lärmpegel an. Der Jüngste hat unbemerkt ein Spielzeugauto mit zum Tisch genommen und findet es lustig, mit diesem um den Teller zu fahren. Der Zweitjüngste hat großen Hunger und will unbedingt als Erster den Teller gefüllt kriegen. Er kann keine Sekunde mehr warten, wofür er von seiner Schwester anhaltend kritisiert wird. Sie hat auch Hunger. Der Älteste hat dann sogleich auch einige dringende Informationen und zeigt mir, wo er die Elternbriefe hingelegt hat, die ich baldmöglichst zu lesen und zu unterschreiben habe. Der Jüngste hingegen scheint wieder einmal kein Interesse am Essen zu haben, hat aber mittlerweile beim Autoschieben mit seinem Arm das Trinkglas seines Bruders erwischt. Das Wasser aus dem Glas ergießt sich auf dem Tisch und tropft langsam und stetig auf den Küchenboden. Ich bemühe mich, ruhig zu bleiben, putze, nehme dem Jüngsten sein Auto ab, versuche, ihn zum Essen zu bewegen, obgleich er schon wieder vom Tisch will.

Innerlich fühle ich mich gestresst. Dann höre ich meine Tochter von der neuen Lehrerin und der Theateraufführung erzählen, die bald stattfinden wird. Sie habe nur eine ganz kleine Rolle bekommen, das sei ungerecht. Dann fügt sie noch an, dass diese Lehrerin sowieso richtig blöd sei und sie deshalb nun am liebsten gar nicht mehr zur Schule gehen wolle. Wie ernst es meiner Tochter mit der Aussage ist, nicht mehr zur Schule gehen zu wollen, merke ich dann in den folgenden Wochen. Jeden Abend beim Gutenachtsagen bemerkt sie mit großer Bestimmtheit: »Ab morgen gehe ich nicht mehr zur Schule, bitte melde mich ab.« Natürlich muss sie trotzdem gehen. Ich rede mit der Lehrerin, doch das hilft nichts. Im Gegenteil. Meine Tochter klagt nun mehr und mehr über Bauch- und Kopfweh, und ich sehe, wie sie zunehmend leidet. »Wieso ist alles nur so kompliziert«, denke ich trübe.

Schließlich melde ich sie beim »Kinder- und Jugendpsychologischen Dienst« an. Dort sitze ich nun im Wartezimmer und hadere damit, dass ich meine Tochter zum Zwecke endloser Tests abgegeben habe. Das heißt, eigentlich sitze ich nicht, sondern ich versuche, meine beiden jüngeren Jungs irgendwie in Schach zu halten. Die beiden können leider selten friedlich zusammen spielen. Schon gar nicht auswärts. Doch eine Art Kugelbahn, die glücklicherweise mit kleinen Autos funktioniert, fasziniert dann die beiden. Jetzt habe ich Zeit, meinen Gedanken nachzuhängen, und denke so vor mich hin: »Es ist alles so anstrengend geworden, es gibt auch dauernd irgendetwas zu schimpfen. Ich brauche mehr Gelassenheit, mehr Frieden in meiner Familie. Mehr Frieden in mir.« Dann, auf einmal, fällt mein Blick auf die Pinnwand schräg gegenüber. Dort hängt ein schlichtes weißes Blatt Papier, das die große Aufschrift trägt: »Es ist, wie es ist.« Sonst steht da nichts. »Hm – eine simple Erkenntnis«, denke ich. Doch dann »inhaliere« ich diesen Satz förmlich und verstehe dessen tiefen Sinn, je länger ich ihn anschaue. Ich spüre, welche Entlastung eine solche Haltung mit sich bringen könnte. Es geht um das Annehmen dieser ach so vielen kleinen und großen Dinge, die ich nicht ändern kann. Dieses Annehmen könnte Frieden und Ruhe für die Seele bringen.


Auch schon die Menschen in der Bibel hatten oft Schwierigkeiten, die Ruhe zu bewahren. Im Brief von Paulus an die Philipper lese ich in Kapitel 4,6-7: »Sorgt euch um nichts, sondern betet um alles. Sagt Gott, was ihr braucht, und dankt ihm. Ihr werdet Gottes Frieden erfahren, der größer ist, als unser menschlicher Verstand es je begreifen kann. Sein Friede wird eure Herzen und Gedanken im Glauben an Jesus Christus bewahren.«

Der Friede Gottes ist unabhängig von äußeren Umständen, er will vielmehr in unserem Kopf und in unserem Herzen wirken. Doch dazu ist es zuerst einmal nötig, alle Sorgen vertrauensvoll an Gott abzugeben. Alle Sorgen, aber auch alles Grübeln über die Vergangenheit. Alles »Hätte ich doch« oder »wäre ich nicht« oder alles »Warum nur« ist in seiner Hand. Er hat alles gesehen und zugelassen. Er weiß darum. Doch er trägt auch alle Lasten und Sorgen der Zukunft, alles Fragen: »Wie soll das nur werden« oder »Wie soll ich das bloß schaffen?« Er sagt: »Sorge dich um nichts. Deine Vergangenheit und deine Zukunft sind bei mir gut aufgehoben.« Er will, dass seine Kinder im Hier und Jetzt leben, es auch annehmen und nicht ständig dagegen ankämpfen.

Doch manchmal ist dieses Hier und Jetzt im Zusammenleben mit Kindern einfach furchtbar chaotisch und nervenaufreibend. Da geht etwas zum wiederholten Male schief. Die Situation eskaliert. Der Familienfrieden ist dahin. Dann beginnt die Suche nach dem Schuldigen: das schwierige Kind; der unverständige Lehrer; der Ehemann, der gegangen ist; die Mitmenschen, die nicht genug unterstützen. Vielleicht bin ich auch selbst die Schuldige, die wieder einmal versagt hat. Und so geht schließlich nicht nur der Familienfrieden, sondern auch der innere Frieden verloren.

Kennst du das auch?

Hier kann der Satz von der Pinnwand in der Praxis helfen: »Es ist, wie es ist.« Nicht als leere Floskel, sondern als ein Satz, der akzeptiert, dass es im Familienalltag einfach ein gewisses Maß an Chaos gibt, dass Gläser umfallen oder Schulprobleme auftauchen können. Ein Satz, der keinen Schuldigen sucht. Ein Satz, der den Weg nach vorne öffnet und hilft, das anzupacken, was es nun anzupacken gilt. Ein Satz, der im Wissen gesagt werden darf, dass Gott deine Vergangenheit kennt, dass er um deine jetzige Familiensituation weiß und dass er deine Zukunft kennt.

Damit der Frieden in der Familie bewahrt werden kann, ist es wichtig, für den eigenen inneren Frieden Verantwortung zu übernehmen. Diesen darfst du dir immer wieder bei Gott abholen (Johannes 14,27). Denn nur so kann es auch in der Familie Frieden geben.


Meine beiden Jungs haben im Wartezimmer auch schon bald wieder aufgehört, friedlich zusammen zu spielen. Richtig laut sind sie nun. Sogar die Frau vom Sekretariat wirft einen Blick zu uns herein. Doch – warum nicht einfach sagen: »Es ist, wie es ist.«

Mutmach-Tipp:

Nimm deine Familiensituation an. Vielleicht hilft dir dabei der Satz: »Es ist, wie es ist.«

Zum Nachlesen:

Philipper 4,6-7; Johannes 14,27

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