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I. Der Usurpator 1. Das tetrarchische System 1

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Konstantin wurde an einem 27. Februar um 275 n.Chr. als illegitimes Kind des Constantius Chlorus, eines Protector, Militärtribunen und späteren Statthalters der Provinz Dalmatia, und der Helena, einer Stallwirtin (stabularia), in Naissus in der Donauprovinz Moesien, heute Nais (Niš) in Serbien, geboren.2 Über seine Kindheit und Jugend wissen wir, abgesehen von den zum Teil unsicheren Daten, nichts. Es ist weder bekannt, ob er bei seiner Mutter aufgewachsen ist, noch wann die Eltern sich getrennt haben oder ob Konstantin nicht sogar nur ein „Nebenprodukt erotischer Gelüste“ war, wie der Kirchenhistoriker Zonaras meint.3 Die Gehässigkeit des byzantinischen Mönchs aus dem 12. Jahrhundert zeigt jedoch sehr deutlich, dass er mit den gesellschaftlichen Verhältnissen des Römischen Reiches nicht vertraut war.

Der Militärmann Constantius, genannt Chlorus (der Bleiche), konnte Helena, die niederer Herkunft war, nicht in einer rechtmäßigen Ehe heiraten. Sie war nicht nur dem Stand des Chlorus nicht angemessen, sondern scheint einen Beruf ausgeübt zu haben, der sich zumindest im Umfeld der Tätigkeiten bewegte, die mit Infamie belegt waren.4 Es ist nicht auszuschließen, dass sie selbst Freigelassene war oder aus dem Freigelassenenmilieu stammte. Ob Konstantin in einem Wirtshausbetrieb aufgewachsen ist oder ob der Vater ihn schon früh mit sich nahm, lässt sich auf Grund der perfekten Verschleierungskünste des späteren Kaisers, auf die wir noch öfter stoßen werden, und einer voll durchdachten Selbststilisierung nicht aufhellen.5

Wir begegnen Konstantin erst wieder, als er für seinen Vater als Geisel an den Hof des Kaisers Diokletian nach Nikomedien ging und dort ausgebildet wurde. Das war im Jahr 293, als Constantius Chlorus zum Caesar in die westlichen Provinzen des Reiches, nämlich Gallien und Britannien, berufen wurde. Seit 289 war er bereits dienstlich und persönlich mit dem Augustus des Westens, Maximianus, verbunden. Er war dessen Praetorianerpräfekt und Schwiegersohn, nachdem er Maximians Stieftochter Theodora geheiratet hatte. Mit ihr hatte er in einer etwa 18 Jahre bestehenden rechtmäßigen Ehe, einem römischen matrimonium iustum, sechs Kinder, drei Söhne und drei Töchter, alle Halbgeschwister Konstantins. Dieser war zum Zeitpunkt der Erhebung des Vaters das einzige, wenn auch illegitime Kind, das bereits auf Grund seines Alters militärisch ausgebildet werden konnte. Es ist möglich, dass er bereits vom Vater die ersten Unterweisungen erhalten hatte. Am Hof Diokletians lernte Konstantin den lateinischen Rhetor Laktanz kennen, den er als Lehrer auch später noch schätzte.6

Die Karriere, die der aus Illyrien stammende Vater Konstantins – mit vollem kaiserlichem Namen Gaius Flavius Valerius Constantius – machte, war bedingt durch die grundlegende Reform des römischen Kaisertums, die Diokletian durchgeführt hatte. Gaius Aurelius Valerius Diocletianus war in der Funktion eines Oberbefehlshabers der kaiserlichen Leibwache (regens protectorum domesticorum) von den Truppen am 17. November 284 zum Augustus ausgerufen worden. Niemand ahnte, dass dieser Mann mehr als zwanzig Jahre herrschen würde. Denn seit der Mitte des 3. Jahrhunderts hatten sich innerhalb von vier Jahrzehnten mehr als 50 Herrscher, die sogenannten Soldatenkaiser, manche nur nach wenigen Monaten oder sogar Tagen, permanent in der Herrschaft abgelöst. Kaum einer von ihnen war eines natürlichen Todes gestorben.7 Mord durch die eigenen Soldaten oder Gegenkandidaten, Tod in der Schlacht oder unrühmliche Gefangennahme durch den Feind (wie im Falle des Kaisers Valerian, der aus persischer Hand nie ausgelöst wurde) zeigten nur zu deutlich, dass das Kaisertum und mit ihm das gesamte Reich in eine tiefe Krise geraten war.8 Die Reformbedürftigkeit des Reiches hatte Diokletian überdeutlich erkannt und darauf mit einem imposanten Reformwerk geantwortet, das Konstantin mit einigen notwendigen Modifikationen konsequent fortgesetzt hat. Reformiert wurden die Verwaltungsstruktur des Reiches, und zwar das Militär und der Beamtenapparat der kaiserlichen Zentralen und der Provinzen, das Münz- und Steuerwesen, die Wirtschaft durch Einführung einer festgeschriebenen Preisbindung, partiell das Rechtswesen, sowie Religion und Sitten.9 Voraussetzung aber für alle diese Maßnahmen, die teils restaurativ, teils innovativ waren, bildete grundlegend die Reform des Kaisertums.

Gaius Aurelius Valerius Diocletianus, der mit dem Gentile Aurelius in seinem neuen kaiserlichen Namen auf eine fiktive Adoption durch das große Vorbild Marc Aurel hinwies,10 ging von der Grunderkenntnis aus, dass der Kaiser überall im Reich präsent sein müsse. Das war zwar theoretisch durch die in jeder Amtsstube und allen Städten und auf den militärischen Standarten angebrachten Kaiserbilder der Fall, aber praktisch konnte der Kaiser nicht überall im Reich sein. Kaiserferne bewirkte Unsicherheit unter der zivilen und militärischen Bevölkerung vor allem in Katastrophensituationen. Die Folge davon waren Usurpationen, der Abfall ganzer Teile des Reiches, verbunden mit der Bildung von Sonderreichen, wie es in Gallien zwischen 270 und 273 sowie in Syrien durch die Entstehung des Palmyrenischen Reiches (267–273) geschehen war.11 Auch 284 drohte diese Gefahr erneut durch den Bagaudenaufstand für Gallien und etwas später (286) mit der Erhebung des Carausius in der faktischen Loslösung Britanniens. Dieser war ein abtrünniger römischer Offizier, der seit 286 Britannien besetzt hielt und trotz verschiedener Waffengänge bis 293 nicht besiegt werden konnte.12 Diokletian fand eine Lösung, die auch schon von früheren Kaisern praktiziert worden war, aber ohne die Systematik, die für den aus kleinen Verhältnissen stammenden illyrischen Militärmann so typisch werden sollte. Eine Pluralisierung des Kaisertums, wie Jochen Bleicken das Ergebnis dieser Reform treffend gekennzeichnet hat,13 lag bereits bei den Adoptivkaisern vor und war von den direkten Vorgängern Diokletians, Carus, Carinus und Numerianus, wieder belebt worden, allerdings ohne Erfolg. Das, was Diokletian anders machte und weswegen er später – unberechtigterweise – kritisiert worden ist, war eine Verbindung zwischen Mehrkaisertum und Leistungsprinzip anstelle des dynastischen Prinzips. Nicht der Sohn sollte der Nachfolger und Mitherrscher des amtierenden Kaisers sein, sondern der jeweils Beste unter den führenden Beamten, zumeist den militärisch erprobten Kommandanten. Ein solcher sollte Mitherrscher sein, ein optimus princeps, wie er von Augustus propagiert und von den Adoptivkaisern umgesetzt worden war. Angewandt auf die augenblickliche Situation sah dieses Prinzip folgendermaßen aus:

Im Angesicht der Bagaudengefahr zog sich Diokletian seinen guten, etwas jüngeren Freund und Landsmann, den aus Sirmium in Pannonien stammenden Maximianus zum Helfer heran und stattete ihn mit der Caesarenwürde aus, um den Aufstand niederzukämpfen. Die Bagauden waren Bauern, die sich als Räuberbanden organisiert hatten, ganz Gallien verunsicherten und eine echte Bedrohung der römischen Herrschaft in diesem Gebiet darstellten. Maximianus wurde militärisch gut mit ihnen fertig, und in geschickt geführten Verhandlungen brachte er sie zum Gehorsam zurück.14 Zum Lohn wurde er von Diokletian am 1. April 286 zum Mit-Augustus erhoben. Hatte er bisher als Caesar nur militärische Befehlsgewalt (imperium) gehabt, so wurde er jetzt zusätzlich mit zivilen Gewalten ausgestattet, nämlich der tribunizischen Gewalt (tribunicia potestas), und war Diokletian dadurch vollkommen gleichgestellt. Außerdem erhielt er wie jener den Titel des Pontifex Maximus, des obersten Priesters und Hüters aller Kulte. Adoptiert hieß er fortan Marcus Aurelius Valerius Maximianus.15

Darüber hinaus aber versuchte Diokletian, sich selbst wie auch seinem Mitherrscher eine göttliche Legitimation zu verschaffen. Beiden Augusti mangelte eine dynastische Verbindung zu irgendeinem ihrer Vorgänger. Dieser Mangel wurde durch die Wahl von Schutzgöttern ausgeglichen: Diokletian erkor sich Jupiter, Maximianus Herkules zu seinem Beschützer. Seitdem nannten sie sich Iovius und Herculius und begründeten damit eine Art Götterdynastie. Die Auswahl dieser beiden Götter sollte zugleich die Abstufung zwischen den beiden Herrschern zum Ausdruck bringen. Diokletian, dessen Schutzgott der Göttervater war, hatte den Vorrang vor Maximianus, dessen Schutzgott Herkules ein Sohn des Jupiter und zugleich ein bedeutender Halbgott war. Dennoch betonte Diokletian nie die Vaterschaft über Maximianus, trotz der Adoption und trotz der sakralen Vaterschaft des Iuppiter Conservator. Er bezeichnete sich zwar als Schöpfer, conditor, des Mit-Augustus und aller späteren Tetrarchen, aber er betonte immer die Bruderschaft. Beide Herrscher waren völlig gleich, sie hatten gleiche Gewalt, par potestas, sie waren Brüder, fratres. Die Gleichheit – die brüderliche concordia – wird in Inschriften, auf Münzen (Abb. 3), in Bildwerken und vor allem auch in den offiziellen Lobreden der gallischen Panegyriker hervorgehoben: „Die unsterblichen Götter können nicht ihre Wohltaten unter euch aufteilen. Was sie dem einen von euch zuteilen wollen, das gehört euch beiden. Alle Welt bewundert eure Eintracht, als ob ihr von demselben Vater und derselben Mutter abstammen würdet und eure Einigkeit durch die Naturgesetze ausgebildet wäre. Aber um wie viel bewundernswerter und schöner ist es, dass Heerlager, Kämpfe und gleiche Siege euch zu Brüdern machen? Durch eure gegenseitige Zuneigung habt ihr die Verbindung unterschiedlichen Blutes zustande gebracht. Es handelt sich nicht um eine zufällige Geschwisternschaft, die Gleichheit erstreckt sich bis zur höchsten Machtausübung; sie geht bis zur Unterdrückung des Altersunterschiedes, der euch trennt. Dank der gegenseitigen Liebe wird der Ältere zum Altersgefährten des Jüngeren und straft das Sprichwort Lügen, demzufolge nur Gleichaltrige sich die Macht teilen können.“16


Abb. 3: Goldmedaillon (287 in Rom geprägt): Diokletian und Maximian (Vorderseite); Adventus der beiden Tetrarchen als Konsuln auf dem Elephantenwagen (Rückseite)

Als Augustus blieb Maximianus im Westen, um weiterhin gegen die Franken, die Burgunder und die Alemannen zu kämpfen, welche die Rheingrenze bedrohten. Diokletian sicherte die östlichen Provinzen, vor allem die Donaugrenze gegen Sarmaten, Juthungen, Quaden, Karpen und Goten. Zum Teil wurden diese Völkerschaften zwangsweise auf Reichsboden angesiedelt, zum Teil wurden aber auch die Befestigungsanlagen weiter ausgebaut oder verstärkt.17

Diokletian wollte aber nicht nur militärische Hilfe und kaiserliche Allgegenwärtigkeit im Gesamtreich durch einen Mit-Augustus erzielen, sondern vor allem auch die Nachfolge sichern. Zu diesem Zweck wurden im Jahre 293, als Diokletian sein zehnjähriges Regierungsjubiläum feierte, zwei neue Caesaren bestellt. Sie wurden je einem Augustus unterstellt, waren aber nicht mit geringerer Macht ausgestattet als diese. Ihre Unterordnung machte sich allein in einem Rangsystem deutlich, in dem Diokletian als dem Gründer (auctor) der Tetrarchie der erste Rang zukam, dem Mit-Augustus Maximianus der zweite Rang, den neuen Caesaren Constantius Chlorus der dritte sowie Galerius, dem Tetrarchen des Ostens, schließlich der vierte Rang. Aus welchen Gründen der westliche Caesar höher eingestuft wurde, ist nicht eindeutig zu klären. Es kann mit dem höheren Alter des Kandidaten zusammenhängen oder damit, dass er etwas früher als Galerius bestellt wurde. Abzulehnen ist dagegen der Erklärungsversuch, Maximianus habe sich ohne vorherige Absprache mit Diokletian eigenmächtig einen Caesar bestellt, und der Senior Augustus habe gute Miene zum bösen Spiel gemacht und nachträglich einen eigenen Caesar bestellt.18 Eine solche Abwertung Diokletians und seiner Reform ist aus mehreren Gründen unwahrscheinlich.

Die Reform des Kaisertums war viel zu komplex und ist nicht zu reduzieren auf die Erhebung des Schwiegersohnes zum Caesar und Helfer gegen den Usurpator Carausius. Mit der Erhebung der Caesaren baute Diokletian sowohl die Götter- als auch die Blutsdynastie systematisch weiter aus und schuf dadurch Bindungen und Legitimationen zur Sicherung der kaiserlichen Macht und zur Festigung des Reiches. Jeder der Caesaren wurde in die jeweilige Götterdynastie seines Augustus adoptiert: Constantius Chlorus wurde zum Herkulier und wählte für sich den persönlichen Schutzgott Apoll (= Sol), Galerius zum Iovier, der sich dem Mars unterstellte. Außerdem heiratete nun auch Galerius die leibliche Tochter Diokletians, Valeria Galeria, und wurde von dem Schwiegervater adoptiert. Sein Name war nun Gaius Galerius Valerius Maximianus (Iunior).

Auf die Sicherung des Reiches und die Wahrung seines Bestandes wirkte sich die Viererherrschaft sehr positiv aus, zumal jedem der vier Herrscher ein eigenes Gebiet zugewiesen war, ohne dass das Reich in vier Teile zerfiel.19 Diokletian verwaltete den Orient vom Bosporus bis Ägypten, Maximianus Italien mit Afrika und wahrscheinlich auch Spanien, Galerius wurden die Donauprovinzen vom Noricum bis zur Mündung der Donau zugewiesen und Constantius erhielt Gallien und die Anwartschaft auf Britannien.20 Die Rückeroberung der Insel gelang ihm bereits 296, indem er den Nachfolger des Carausius, Allectus, besiegte und auf der Flucht tötete. Auf einem im gleichen Jahr in seiner Residenzstadt Trier geprägten Goldmedaillon wird dieser Sieg des Constantius mit der Unterwerfung der Stadtgöttin London gefeiert (Abb. 4).


Abb. 4: Goldmedaillon (Trier 296/299): Büste des Constantius Chlorus (Vorderseite); Unterwerfung der Stadtgöttin London (Rückseite)

Auch im Osten konnten Siege erfochten werden. Nach kurzen Aufständen in Koptos und Busiris erhoben sich wahrscheinlich im Jahr 296 in Ägypten Usurpatoren, die erst nach acht Monaten von Diokletian niedergeworfen werden konnten. Ein Verlust der reichen Provinz – der Kornkammer des Reiches – wäre in seinen wirtschaftlichen Konsequenzen kaum zu überschätzen gewesen.21

Dieser Aufstand war aber nicht der einzige Unruheherd im Osten. Der Perserkönig nutzte die Tatsache, dass große militärische Kräfte in Ägypten gebunden waren, um einen Angriff auf Armenien zu wagen. Das Verhältnis zwischen dem Römer- und dem Perserreich war seit langem problematisch, nicht zuletzt nach der Gefangennahme des römischen Kaisers Valerian, der nie zurückgekehrt war. Erst gut 20 Jahre nach diesem für Rom demütigenden Ereignis startete Carus eine Revanche, die aber durch den überraschenden Tod des Kaisers vor der persischen Hauptstadt Ktesiphon bald abgebrochen werden musste. Man war unter diesen Umständen froh, unbehelligt aus dem feindlichen Land zu entkommen. Die Perser konnten durch die eigenen inneren Zwistigkeiten im sasanidischen Königshaus die an sich schwache Stellung der Römer nicht für sich nutzen. Im beiderseitigen Interesse schlossen Diokletian und Bahram II. daher im Jahr 288/289 einen Friedensvertrag, demzufolge die Grenze auf dem Vorkriegszustand festgeschrieben wurde. Das bedeutete, dass Mesopotamien und Armenien an die Römer fielen. In der Zwischenzeit waren die Perser nicht untätig. Sie steckten sowohl hinter den Sarmatenaufständen an der Donau wie hinter den Einfällen der Araber nach Ägypten. Daher betrachtete Diokletian die Abmachungen im Jahr 290 für gebrochen. Durch die Rückführung des Arsakiden Tiridates III. auf den armenischen Königsthron versuchte er, Armenien als Pufferzone zwischen Persern und Sarmaten aufzubauen. Zum eigentlichen Krieg mit den Persern kam es, als die innerdynastischen Wirren im Sasanidenreich beendet waren und Narses die Expansionspolitik seines Vaters Schapur I. fortsetzte. Weil er die armenische Frage anders gelöst haben wollte, vertrieb er Tiridates und brachte Galerius eine empfindliche Niederlage bei. Die nächste offensive Schlacht, die Diokletian gemeinsam mit seinem Caesar führte, wurde 298 mit der Rückeroberung von Nisibis abgeschlossen. Mit frischen Truppen der Donauarmee konnte Galerius einen überragenden Sieg erringen, der auf dem Galeriusbogen in Thessaloniki bis heute sichtbar dargestellt ist.22

Narses war nun zum Abschluss eines für Persien ungünstigen Friedensvertrages bereit: Das römische Mesopotamien erstreckte sich fortan bis zum Tigris, die Handelsstadt Nisibis wurde wieder römisch und zum einzigen Handelsknotenpunkt zwischen dem römischen und dem persischen Reich. Tiridates III. wurde unter persischer Akzeptanz auf den armenischen Thron zurückgeführt, Armenien und Iberien (= Georgien) waren fortan römische Klientelstaaten. Die fünf sogenannten transtigritanischen Provinzen musste Persien an Rom abtreten, so dass der Tigris zur Grenze zwischen beiden Reichen wurde.23 Der Friede hielt 40 Jahre, bis Konstantin kurz vor seinem Tode erneut in eine Auseinandersetzung mit den Persern treten sollte (s.u. Kapitel V, 1).

Als Diokletian im Jahre 305 die Reform des Kaisertums abschloss, war das Reich an allen seinen Grenzen nicht zuletzt durch den Einsatz der vier Herrscher gesichert. Die Rangabstufungen, die sich vor allem im Zeremoniell, in der Ehrentitulatur und in der Reihenfolge der Kaiser auf offiziellen schriftlichen Zeugnissen sowie manchmal auch in der ikonographischen Darstellung fassen lassen, wurden realpolitisch höchst selten sichtbar. Der Historiker Eutrop berichtet im Zusammenhang mit dem Perserkrieg: „Galerius kämpfte hart, aber ohne Verstand, denn er wagte die Schlacht mit einem kleinen Heer gegen eine Übermacht von Feinden. Nach seiner selbst verschuldeten Niederlage wollte er sich mit Diokletian treffen. Als sie sich auf dem Weg begegneten, war Diokletian so zornig und verstimmt über ihn, dass er (Galerius), wie man sich erzählt, in seinem Purpurmantel einige Meilen neben dem Wagen Diokletians laufen musste.“24 Falls der Bericht glaubwürdig ist, zeigt er immerhin eine höchst differenzierte, temporär begrenzte zeremonielle Degradierung: Galerius läuft neben, nicht hinter dem Wagen her. Später durfte er wieder gemeinsam mit seinem Augustus im Wagen fahren.

Unabhängig von situationsbedingten Vorfällen handelte es sich bei den Tetrarchen um ein Kollegium gleichgestellter älterer und jüngerer Herrscher, deren Miteinander durch Anerkennung des Ansehens, der auctoritas, des Senior Augustus Diokletian und durch Ehrerbietung, pietas, der Jüngeren gegenüber den Älteren geregelt war. Gleichheit, Brüderlichkeit und Eintracht, concordia, vermitteln auch die propagandistischen Zwecken dienenden Statuengruppen der Tetrarchen (Abb. 5).

Wie positiv die Herrschaft der Vier bewertet wurde, wird aus der Äußerung eines anonymen Autors aus dem 4. Jahrhundert deutlich: „Diese vier Herrscher der Welt, tapfer, weise, gütig und in gewisser Weise großzügig, hatten dieselbe Auffassung von der Leitung des Staates, ehrten immer den römischen Senat, waren umgänglich und Freunde des römischen Volkes, waren immer und in jeder Situation moralisch integer und gottesfürchtig. Solche Herrscher haben wir uns immer gewünscht.“25

Konstantin der Große

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