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Warum die Hölle im Jenseits suchen? Sie ist schon im Diesseits vorhanden, im Herzen der Bösen.

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(Jean-Jacques Rousseau)

Nicht einmal die wunderschöne Aussicht auf den brodelnden Schwefelsee, der durch den Himmelssturz und Aufprall Satans entstanden war, konnte die Stimmung Zaphiels heben. Selbst das Jammern und Kreischen, der auf ewig verdammten und im Höllenfeuer brennenden Seelen, klang nicht mehr wie reine Musik in seinen Ohren. Es ging ihm regelrecht auf die Nerven. Die Tage und Wochen vergingen, doch Nelchael kam nicht mehr zurück. Selbst der Gedanke, er könnte es Barbiel gleich getan haben, erschien ihm lächerlich. Ihm war, im wahrsten Sinne des Wortes, die Verbindung zu ihm verlorengegangen. Wie konnte das geschehen? Rufen, drohen, ja, selbst flehen, - es brachte alles nichts. Der gefallene Engel blieb wie vom Erdboden verschluckt. Dabei hatte er ihn eindringlich gewarnt, keine vorschnellen Aktionen zu starten. Der rothaarige Vampir war kein zu unterschätzender Gegner. Zaphiel rückte sich das kleine Modell des Pariser Eiffelturms in seinem Gesicht zurecht. Ein Mitbringsel seines letzten Aufenthalts an der Oberfläche.

»Was für ein lachhafter Nasenersatz! Glotz´ nicht so doof!«, ranzte er sein hässliches Spiegelbild an. Aber es nützte nichts, schließlich konnte er nicht mit einem klaffenden Loch im Gesicht herumlaufen. Das alles war nur die Schuld von Barbiel. Wäre er nicht stiften gegangen und zu dieser Organisation Salomons Ring übergelaufen, dann befände sich noch alles in bester Ordnung. Und dann wurde dieser Feigling Barbiel auch noch von Jahwe rehabilitiert! Ja, seit wann gibt´s denn so was?

Der Nasenlose riss seine Bürotür auf und brüllte einen Befehl. »Holt mir Suriel! Aber dalli! Oder ich mache euch die Hölle heiß!«

Ein kleines rotes Teufelchen mit Affengesicht, zuckte zusammen und nahm die Hufe in die Hand und eilte überstürzt fort. Offensichtlich nicht nur von der schlechten Laune des Chefs befeuert, sondern auch deshalb, um nicht in heillos-gellendes Gelächter zu verfallen. Wenig später kam das rote Teufelchen zurück, verbeugte sich und kündigte Suriel an, oder eher dessen Verkünder. Ein zweiter kleiner Teufel betrat den Raum, fegte eine Schneise im Büro – den Weg, den sein Herr zu nehmen beabsichtigte - pflückte sich danach eine kleine Fanfare vom Gürtel und blies einen Tusch. Zaphiel hielt sich die Ohren solange zu, bis der Bläser seinen Vortrag beendet hatte. Der machte darauf eine Verbeugung und warf sich in die Brust.

»Der strahlende, einzigartige, von Satan über alles verehrte, großartige Suriel! Er kommt jetzt! Gleich ist er da! Ja, da ist er schon!«, quäkte der Diener. Zaphiel verdrehte die Augen und sagte: »Ja, ja! Ist ja gut, und jetzt verpiss dich, du Arsch!«

Und nun rauschte Suriel ins Büro. Verdammt aber auch, er sieht einfach fantastisch aus! Grandios gekleidet in Samt und Seide. Und er hat eine Nase!, musste sich Zaphiel eingestehen. Und Suriel war nicht nur bekannt für sein überaus einnehmendes Wesen, sondern auch für seinen ausgesprochen nervigen Hygiene-Fimmel. Damals war er der Hygienebeauftragte Jahwes. Ehe die Engel stürzten, versteht sich.

»Zaphiel, du ließest mich rufen?«, fragte der Gutaussehende mit wohlklingend sonorer Stimme und reichte Zaphiel eine behandschuhte Hand. Erst nachdem er Zaphiel die Hand geschüttelt hatte, zog er die feinen Menschenleder-Handschuhe aus und verbrannte sie auf dem steinernen Boden. Danach sah er das Aschehäufchen missmutig an, weil sein Diener aus dem Zimmer geschickt worden war und es damit nicht für ihn wegfegen konnte.

»Äh, ja! Natürlich ließ ich dich rufen, Suriel, sonst wärst du ja nicht hier!«, bemerkte Zaphiel schlechtgelaunt. »Hör zu, es geht um Folgendes: Ich sendete Nelchael aus, um dort oben die Lage zu peilen. Du weißt schon, es geht im Grunde um das Barbiel-Problem, aber dazu hat sich noch ein weiteres gesellt. Jetzt ist es ein Ragnor- und Barbiel-Problem«, knirschte er hervor. Suriel nickte und Zaphiel fuhr fort. »Ich denke Nelchael hat sich dabei zu weit aus dem Fenster gelehnt, hat es vermasselt und wurde meines Erachtens vom Vampir Ragnor vernichtet. Mit Ragnor ist nicht zu spaßen, ein wahrer Wüterich. Davon können sich unsere Jungs noch eine Scheibe abschneiden. Also sollte ein Profi sich jetzt der Sache annehmen. Aber nur auskundschaften, nicht eingreifen. Erst wenn Barbiel wieder auf der Bildfläche erscheint, schnappen wir sie uns beide - und das war´s dann.«

»Gut, gut, dann werde ich ihn observieren, das dürfte ein Leichtes für mich sein, es heißt nicht umsonst, ich sei Satans bester Mann«, antwortete der Lobhudler. »Und wenn ich wiederkomme, um Bericht zu erstatten, habe ich sicherlich einen schönen Tannenzapfen für dich in der Tasche. Ich weiß, es heißt ja immer ›Pariser Chic‹, aber das Ding in deinem Gesicht – es ist alles andere als en vogue - und steht dir nicht zu Gesicht.«

Obwohl Zaphiel diesem eitlen Fatzke am liebsten einen Tritt ins Gemächt zu verpassen beabsichtigte, machte er gute Miene zum bösen Spiel. Um ihm seinerseits zu demütigen, reichte er ihm gönnerhaft die Hand.

»Sehr schön, dann erwarte ich umgehend deinen Lagebericht. Ach ja, noch etwas. Wenn du scheitern solltest, weißt du was dich erwartet. Klangfolter mit dem Gesang eines Knabenchors, der die Matthäus-Passion deklamiert, und Sissi-Filme in einer Endlosschleife. Das war es von mir, adieu, mein Freund!«

Es wurden noch weitere, scheinheilige und nicht wirklich ernstgemeinte Komplimente ausgetauscht, während Suriel mit angewiderter Miene ein Hygiene-Tuch aus der Brokat-Weste nestelte und sich die Hand sorgfältig säuberte. Dann rauschte er wieder hinaus. Entnervt verdrehte Zaphiel die Augen. »Wo sind wir hier eigentlich? Langsam habe ich echt die Schnauze voll! Bin ich denn nur von Deppen und Gecken umgeben?«

Als Antwort erklang nur das Wimmern und Klagen verlorener Seelen aus dem Fegefeuer.

»Ach, verdammt! Wer hat euch denn gefragt? Haltet gefälligst euer blödes Maul!«

***

Die Tage und Wochen vergingen wie im Fluge. Aus einem warmen Spätsommer wurde ein heiterer, goldener Oktober, und die Tage merklich kürzer. Weder erreichte mich eine Nachricht von meinen Teamkollegen, noch erfuhr ich vom Verbleib meines Blutsbruders. Und des bescheuerten Katers konnte ich auch nicht habhaft werden. Nur seine kleinen Präsente hinterließ mir dieses Vieh, worüber er sich bestimmt königlich amüsierte. So blieb mir nichts anderes übrig, als mit stoischer Geduld meine mir auferlegten Therapiestunden zu ertragen. Die kleine Spionin Diemal, klebte mir dabei an der Hacke wie Hundescheiße. Wirklich besser fühlte ich mich durch diese Meditations-Zeug nicht, doch gab es meinem Dasein zumindest den Anstrich eines geregelten Ablaufs. Zum Andenken an meine erste Frau Edda, meinem ersten Sohn Gungnir und das ungeborene Kind, dessen Namen und Geschlecht ich niemals erfahren sollte, pflanzte ich ein paar rote Rosensträucher in meinen Garten. Für meine Tochter Jule pflanzte ich gelbe Rosen, für meine Tochter Mara ein paar orangefarbige. Für meine Ex-Frau wollte ich erst einen Apfelbaum einsetzen, doch nach reiflicher Überlegung, benannte ich nach ihr lediglich meine Mülltonne. In der kostbaren Freizeit, die mir nach dem Unterricht noch übrig blieb, sicherte ich das Terrain um meinen Wohnsitz herum. Bestückt mit Infrarot-Bewegungsmeldern, Flutlicht und gut verborgenen Kameras, fühlte ich mich ausreichend gut gewappnet. Auch hatte ich für die Abend- und Nachtstunden ein neues, Zeit füllendes Hobby gefunden, das mich weitestgehend vom übermäßigen Trinken ablenkte. Ohnehin gab es auch noch die Welt der motorisierten Fahrzeuge. Inzwischen konnte ich nicht nur einen Jeep mein Eigen nennen, sondern war obendrein noch der stolze Besitzer einer fast museumsreifen Harley Davidson, die ich so aufrüstete, damit sie nicht die gesamte Ortschaft mit ihrem Knattern in Alarmbereitschaft versetzte. Als ich eines Tages den Jeep in meiner Garage parken wollte, bemerkte ich einen weiteren Wagen, der unter einer Abdeckplane verborgen war. Aus Platzmangel wurde er einfach so bei mir abgestellt. Nach weiterer Befragung erfuhr ich, der Wagen sei nicht mehr fahrtüchtig und niemand fand sich bereit, ihn zu reparieren. Sofort meldete ich mich dafür, aber nur unter der Bedingung, das Gefährt anschließend in meinen Besitz übergehen zu lassen. Den Jungs aus dem Fuhrpark war es total egal, was mit dem schönen und eleganten Mercedes passierte. In ihren Augen war er nicht mehr, als ein Haufen Schrott und längst abgeschrieben. Ein Jeep mag ja ein Fun-Mobil für den Sommer sein, doch im Winter war er reichlich zugig. Obendrein machte ein Mercedes SEC 500 schon ganz schön was her. Okay, Baujahr 1984, dazu ein echter Bonzen-Wagen, aber bestens in Schuss und nur wenige Kilometer gefahren.

Amandas Aufforderungen zur Untersuchung kam ich nicht nach. Wenn es schon sein musste, dann unter meinen Bedingungen. Das Kriegsbeil, das zwischen uns noch immer nicht begraben war, hing über meinem Schädel, wie das Schwert des Damokles. Selbstredend ging es mir nicht gut. Die Kopfschmerzen waren die pure Hölle und das Nasenbluten wurde auch nicht besser. Doch ehe ich mich in die Krallen der Kanaille begab, behandelte ich mein Unwohlsein lieber selbst mit Paracetamol und Ibuprofen. Ich machte es mir zur Gewohnheit, die vielen Schmerztabletten, ohne die ich kaum einen Tag überstehen konnte, weiträumig in verschiedenen Apotheken zu kaufen, damit der Verdacht eines Schmerzmittelmissbrauchs erst gar nicht aufkeimte. Manchmal erwachte ich irgendwo und wusste nicht, wie ich überhaupt dort hingekommen war. Einmal sogar in meiner Badewanne, unter Wasser. Und das Wasser war schon lange nicht mehr warm. Obwohl das alles ein wenig beunruhigend war, ignorierte ich es geflissentlich und tat, als ginge es mir gut und ansonsten sei nichts gewesen.

Weiterhin ging ich brav zu Dr. Dr. Gütigers Gesprächstherapie, wobei es sich nicht umgehen ließ, dabei immer wieder Molly über den Weg zu laufen.

Gerade als ich abends das Haus verlassen wollte, um meinem neuen Hobby zu frönen, ging der Monitor mit Signalton an und zeigte eine entschlossen wirkende Molly, die schnurstracks auf meine Haustür zu marschierte. Sie hatte wieder ihre unheimliche Handtasche dabei, von der man nur unschwer sagen konnte, welche Überraschung sie diesmal wieder beherbergte. Nach kurzer Bedenkzeit beschloss ich nicht die Flucht über den Balkon anzutreten, sondern mich der Konfrontation zu stellen. Ständig vertröstete ich Molly auf ein andermal und konnte ein wenig verstehen, warum sie nun äußerst angefressen war. Nur der Zeitpunkt schmeckte mir gar nicht. Sie schellte an der Tür. Unschuld vortäuschend fragte ich: »Ja? Wer dort?«

»Das weißt du ganz genau, du Idiot! Lass mich rein! Wir müssen reden!«, zischte Molly in die Sprechanlage, was mich sofort bereuen ließ, überhaupt auf ihr Klingeln reagiert zu haben.

»Wir können auch so reden, deshalb musst du nicht reinkommen.«

»Na, toll! Du lässt mich einfach hier draußen herumstehen?«, fragte sie ungläubig.

»Jepp, ist besser so. Du weißt genau, was passiert, wenn du rauf kommst. Alles dreht sich wieder um das eine leidige Thema; dass ich dich zum Vampir wandeln soll. Wundert mich wirklich, dass du keinen Notar im Schlepptau hast. Natürlich sage ich wie immer nein zu deiner Forderung und darauf heulst du und nennst mich einen Egoisten. Anschließend landen wir wieder gemeinsam im Bett und pudern eine Runde. Und das alles will ich nicht mehr«, konterte ich. Beim letzten Mal zog sie ein Einwilligungsschreiben aus ihrer Handtasche, welches mir erlaubte, sie in einen Vampir zu verwandeln. Ehrlich, das ist doch lächerlich! Um sie im Glauben zu lassen, ihren Willen bekommen zu haben, täuschte ich nur die Wandlung bei ihr vor, was sie mir wiederum nur schwer verzeihen konnte. Am nächsten Abend lauerte sie mir mit einem Golfschläger vor der Hotelzimmertür auf und wollte mir den Schädel spalten. Seitdem bin ich bei Molly ein wenig vorsichtiger.

»Aber du sagtest, du würdest mich wandeln. Halte dein Versprechen, du Wortbrüchiger!«, fauchte sie ungehalten.

»Moment! Verdammt, ich weiß selbst nicht mehr so genau, was ich sagte. Aber soweit ich mich erinnern kann, meinte ich, du solltest erst einmal ein wenig leben. Hör zu, Mädchen. Ich mag dich wirklich sehr und will dich nicht kränken. Aber schlimmer als untot zu sein ist, ein Leben nicht gelebt zu haben. Noch heute magst du der Meinung sein, es gäbe nichts Wichtigeres als eine Vampirin zu werden. Doch morgen bereust du, dass du keine Kinder bekommen konntest und ein endlos langes Leben in Verdammnis führen zu müssen«, erklärte ich ihr geduldig.

»Gut, dann eben nicht heute. Wenn nicht heute, hast du vielleicht morgen Zeit?«, fragte sie listig. Sofort witterte ich wieder eine Falle.

»Molly, ich schwöre bei meinen Göttern, dass mindestens noch zehn Jahre ins Land ziehen müssen, damit du das bekommst, was du willst. Habe ich mich verständlich ausgedrückt? Und jetzt geh, bevor mir der Geduldsfaden reißt! Mir graut es ohnehin schon davor, die nächsten Tausend Jahre mit so etwas wie dir abgestraft zu werden!«, antwortete ich nicht mehr ganz so freundlich.

»Zehn Jahre? Ragnor, dann bin ich eine alte Frau! Mit Zweiunddreißig ist man doch schon fast Dünger!«, meinte sie entsetzt. »Kann ich nicht doch noch rauf kommen und mir deine neue Hütte ansehen?«, fragte sie mit schnurrendem Unterton. Allerdings bedeutet dies bei ihr, man muss mit gesteigerter Vorsicht ans Werk gehen. Diesen Ton kannte ich nur zu gut.

»Nope! Und jetzt schwing´ die Haxen, oder sattle die Hühner und reite nach Kentucky, aber lass mir meine Ruhe!«, knurrte ich.

»Du bist ein verfluchter Scheißkerl! Zu feige es mir direkt von Angesicht zu Angesicht zu sagen! Dann machst du also Schluss mit mir? Durch eine Sprechanlage? Das ist noch ein Tick feiger, als per SMS!«, regte sich Molly fürchterlich auf.

»Hey, Moment mal! Ich mache mit dir Schluss? Wir haben ja noch nicht mal eine Beziehung gehabt, Fräulein! Wer sagte in New York, dass du nur ein wenig bumsen wolltest, als ich meinte, keine Beziehung eingehen zu wollen? Ja, da glotzt du aber jetzt blöd! Ich sage es ein letztes Mal, verzieh dich!«

Wie nicht anders zu erwarten, und als hätte ich es nicht schon geahnt, öffnete Molly ihre unheilbringende Handtasche...

»Molly, was willst du mit dem Hammer?« Doofe Frage, eigentlich überflüssig, denn sie holte damit aus und begann das Glas der Eingangstür zu bearbeiten.

»Das wirst du gleich sehen, was ich damit will. Ein verspätetes Geburtstagsgeschenk, nur für dich!«, fauchte sie völlig außer sich. Ganz zu ihrer Enttäuschung gab das Glas nicht nach; ich wäre schön blöd, kein Sicherheitsglas in der Tür zu haben.

»Molly, lass das sein, sonst wirst du es tierisch bedauern!«, warnte ich nochmals. Doch sie ließ sich nicht davon abbringen. Deshalb bediente ich die Sprinkleranlage, die ich zuvor installiert hatte. Zwar nützt Weihwasser bei einer tobsüchtigen Molly Flannigan rein gar nichts, doch selbst kämpfende Hunde konnte man damit jederzeit von ihrem Vorhaben abbringen.

»Du Arschgesicht! Mein Make up, meine Frisur!«, keifte die Kleine und hielt trotz allem nicht ein. Sie schien sogar noch aggressiver zu werden, weil sie Stunden ohnegleichen für ihr Outfit benötigt haben musste. Die Mascara floss ihr in dunklen Bächen die Wangen hinab. Ein wahrlich scheußlicher Anblick. Weiterhin schwang sie den Hammer und mühte sich ab. Als letzten Ausweg betätigte ich das Türgitter, welches unter ihr nachgab und sie um einen halben Meter tieferlegte.

»Argh! Ich hasse dich!«, kreischte sie hysterisch, kletterte wieder aus dem Lichtschacht, schollerte den Hammer wütend in den Garten, und trabte nass wie eine ertränkte Katze, ihres Weges. Nun, sie hatte es offenbar nicht anders gewollt. Das Gitter des Lichtschachts hob sich automatisch wieder auf seine ursprüngliche Position. Fast tat Molly mir ein wenig leid, aber nur fast ...

***

»Aha, die junge Frau und er haben Streit! Der Haussegen hängt offensichtlich etwas schief. Er ist folglich noch im Haus. Ich sollte an ihm dran bleiben«, stellte eine überaus hübsche Spitzmaus mit glänzendem Fell fest. Anders konnte Suriel sich dem Haus nicht nähern. Als Kleintier unterminierte er den Toleranzbereich der Alarmanlage und konnte so, aus nächster Nähe, alles im Auge behalten. Selbst eine einsam vor sich hin schwebende Schwade oder ein Schemen würde die Aufmerksamkeit des Vampirs auf ihn lenken. Ragnor war ein überaus gerissener Gegner, der schon Nelchael niedergemacht hat. Es interessierte den Beobachter schon, in welchem Verhältnis die beiden zueinander standen. Nötigenfalls würde er die Frau sogar als Druckmittel verwenden, vorausgesetzt, sie liebten sich heiß und innig. Doch sicher war sich der gefallene Engel seiner Sache nicht. Dafür besaß er noch zu wenig Hintergrundwissen. Doch er fühlte sich ausreichend gerüstet, um dem Vampir auf den Zahn zu fühlen. Die Spitzmaus kicherte leise, weil es einfach zu köstlich war, einem Vampir auf den Zahn zu fühlen. Er musste sich diesen Spruch dringend notieren, um ihn beizeiten bei Zaphiel vorzutragen. Als ihn das Mädchen passierte, nahm die Maus gehörigen Abstand. Die Süße triefte nur so vor Weihwasser! Also konnte er den Vordereingang nicht benutzen. Suriel überlegte und verwarf vorerst den Plan, Ragnor zu folgen. Um den Feind besser einschätzen zu können, musste er ihn zuerst ein wenig kennenlernen. Sobald der Untote das Haus verließ, würde er hineinschlüpfen und ein wenig das sichten, was er für nötig hielt. Mal die E-Mails checken, nach Briefen suchen, oder vielleicht das ein oder andere Foto betrachten und den Kontext dazu herstellen. Alles was wichtig sein könnte und einen Anhaltspunkt bot, konnte ihm nur zum Vorteil gereichen. Feinsäuberlich würde er einen Katalog mit Stärken und Schwächen seines Feindes zusammenstellen. Vielleicht auch ein wenig die Spirituosen kosten, denn dem Vampir hing der Ruf an, er würde nicht ins Glas spucken. Wieder kicherte die Spitzmaus sehr leise. Ja, wenn er ins Glas spucken täte, rührte ich dieses Getränk nicht an! Aber ein wenig in seinen persönlichen Sachen zu wühlen, bereitete der Spitzmaus eine gewisse diebische Schadenfreude. Es ist herrlich, wenn man etwas weiß, das dem anderen verborgen bleibt!

Nun verließ der Vampir das Haus. Nicht wie erwartet durch den Vordereingang, sondern durch die Garage, an der sich das Tor öffnete und Ragnor auf einem Motorrad freigab. Fast lautlos glitt dieser auf seiner Maschine durch die Nacht, bis er aus Suriels Blickfeld entschwand. Sofort machte sich der Höllenengel in Spitzmausgestalt auf den Weg, um sich irgendwo Eintritt ins Haus zu verschaffen. Eine kleine Ritze würde schon ausreichen, um in der Form einer Nebelschwade Zugang zu bekommen. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis die Spitzmaus das Gebäude umrundet hatte. Selbstverständlich hätte Suriel auch die Gestalt ändern können, nur ob der Vampir nicht wieder zurückkommen könnte, weil er vielleicht etwa vergessen hatte, konnte niemand voraussehen, selbst er nicht. Deshalb die gesteigerte Vorsicht. Als die Maus die Garage erreichte, blickte sie sich verstohlen um. Niemand war in Sicht. Gerade als sie sich in einen Schemen verwandeln wollte, stürmte aus dem angrenzendem Gebüsch ein struppiger Kater. Der Spitzmaus blieb nichts anderes übrig, als erschrocken aufzuquieken, um darauf wie wild durch die Gegend geschleudert zu werden. Als das Katzenvieh mit seinem gesamten Gewicht auf das fragile Tierchen sprang und zuschnappte, hauchte auch der zweite, von Zaphiel gesandte Höllenengel, für immer seinen bösen Odem aus...

Himmel, Arsch und Hölle!

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