Читать книгу Himmel, Arsch und Hölle! - Elke Bulenda - Страница 9

In Herzenssachen sind sechs Wochen schon völlig chronisch.

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(J. Nestroy)

Und nun platzt ihr doch sicherlich vor Neugierde, um zu erfahren, worum es sich bei meinem neuen Hobby handelte. Habe ich recht? Ohne Zweifel reichte es mir nicht, nur allein zu wissen, wo Amanda wohnte. Um etwas Hintergrundinformationen über diese Person zu sammeln, war ich selbstredend brennend interessiert, wie sie wohnte. Jetzt schimpft mich von mir aus einen Stalker. Aber seht das doch mal so: Amanda war mir bisher immer nur durch ihre wenig sensible Wesensart ins Auge gestochen. Und diese ruppige Person beabsichtigte mich zu untersuchen! Um ein wenig Zutrauen in sie und ihre Fähigkeiten fassen zu können, musste ich sie umgehend durchleuchten. Deshalb diese geheime Mission. Schließlich muss ich wissen, wem ich ins Auge blicke.

Ihre kleine Tochter Sascha kannte ich schon, ein sehr liebes, aufgewecktes und gescheites Mädchen. Doch ob Amanda allein mit ihr wohnte, oder sogar einen Liebhaber besaß, war mir völlig fremd. Nachdem ich den Standort ihres Wohnsitzes ausfindig machen konnte, fuhr ich dort hin, um mich ein wenig umzusehen. Zuerst hielt ich gebührend Abstand und betrachtete das Haus, mit dem gepflegten Garten, nur von Weitem. Als die Tage kürzer wurden, nutzte ich die Dunkelheit zu meinem Zweck, um mit ihr zu verschmelzen und mich dem Grundstück ungesehen nähern zu können. Amanda lebte nicht nur mit Sascha in dem hübschen Haus, sondern auch gemeinsam mit ihrer Schwiegermutter unter einem Dach. Das erfuhr ich, als ich das Klingelschild und die Briefkastenbeschriftung checkte. Ein Dreimädelhaus! Es wäre zu entzückend, darin der Hahn im Korb sein zu dürfen. Die Schwiegermutter wurde von Amanda Annie gerufen und Sascha nannte ihre Großmutter Nana. Sie war eine sehr aufrecht gehende, graumelierte Dame, die stets um die gleiche Zeit einen Basset Hound spazieren führte - oder eher spazieren schleifte. Ich weiß nicht wie ihr darüber denkt, aber ein halber Meter Hund, mit kurzen Stummelbeinen, läuft nicht unbedingt wie ein Barsoi und löste in mir schon fast so etwas wie Mitleid aus. Erschreckend, was der Mensch alles aus einem Wolf züchten konnte. Bei einer Flutkatastrophe würden diese Köter als Erstes absaufen. Dieses dreifarbige Tier hatte einen überaus melancholischen Blick, undichte, sabbernde Lefzen und seine Ohren schliffen beinahe bei jedem Schritt über den Gehweg. Dieser phlegmatische Hausgenosse hörte auf den Namen Prince Charles. Oder eher nicht, weil er einen sehr aristokratischen Charakter sein Eigen nannte, und eigentlich nur darauf erpicht war, seinen hoheitlichen Dickkopf durchzusetzten. Schon allein vom Zusehen verlor ich mit dieser Wurst auf Beinen, fast die Geduld. Dieser Köter verharrte eine halbe Ewigkeit, um einen Fährte genaustens zu untersuchen. Und einmal fand er sogar meine eigene. Ich erwachte gerade wieder von einem meiner berüchtigten Blackouts im Gebüsch, als mir Prince Charles nolens volens eine Gesichtswäsche verpasste. Da ich aber für alle möglichen Umstände präpariert war, steckte ich ihm ein Leckerli in den Hals und schloss mit ihm sofortige Freundschaft, samt Schweigegelübde. Ist klar, ne? Der Hund ist der beste Freund des Menschen, und geht auch schon mal den Pakt mit einem Vampir ein. Als ich Prince Charles auf meiner Seite wähnte, erlaubte ich mir schließlich das Grundstück zu betreten und einen unverbindlichen Blick ins Innere des Hauses zu werfen. Als Vampir kann man die Infrarot-Bewegungsmelder bestens umgehen. Schließlich ist man untot. Nie versäumte ich es, wenn die kleine Sascha zu Bett gebracht wurde. Abwechselnd las Annie, oder Amanda dem Mädchen eine Gute Nachtgeschichte vor. Okay, es war nicht gerade bequem, auf dem Dach zu hocken, sich nass regnen zu lassen und kopfüber der Geschichte zu lauschen, doch so bekam ich wenigstens noch eine zusätzliche Lehrstunde in Sachen Grimms Märchen. Das gesamte Haus verströmte einen harmonische Note und schnell fühlte ich mich dort vertraut und heimisch. Nur Zutritt verschaffte ich mir nie. Mir selbst wäre es ein Grauen, wenn jemand ungefragt meine Heiligtümer betritt. Die drei Damen waren ein reizendes Gespann, das ich schnell in mein schwarzes Herz schloss. Ein wenig kam ich mir vor, als sei ich der geheime Hüter eines unglaublich wertvollen Schatzes. Ein dunkler Schutzengel, der nachts über das Wohl dieser kleinen Familie wachte. Nach und nach wurde mir klar, dass Dr. Dr. Amanda Ferguson keineswegs die schnippische Person war, die sie immer vorgab zu sein. In meinen Augen war sie einen warmherzige und überaus treusorgende Mutter. Voraussichtlich seht ihr es wohl als total krank an, weil ich wissen wollte, welche Nachtwäsche sie trug. Leider fand ich es bisher nie heraus; Amanda zog vor dem Entkleiden jedes Mal zeitig die Vorhänge zu. So blieb für meinen Teil genug Raum für eigene Spekulationen, und ein weiteres, ungelöstes Geheimnis. Kurz vor der Morgendämmerung machte ich mich wieder auf den Heimweg. Um den versäumten Schlaf musste ich mich nicht sorgen. Meine Therapiestunden waren dermaßen entspannend, dass ich dort getrost meinen Schlaf nachholen konnte, obwohl ich dafür so manchen fragenden Blick erntete.

Wie immer ging ich meinem nächtlichem Hobby nach, und heute mit gesteigerter Aufmerksamkeit, weil mir seit einigen Tagen ein Auto ins Auge stach, in dem zwei Typen das Haus der kleinen Familie zu observieren schienen. Wenn hier jemand observiert, dann bin ich das, klar? Lautlos stieß ich mich von meinem Ansitz ab, verschmolz mit der Finsternis und sah mir die Sache ein wenig genauer an.

***

»Ich denke, wir haben den Kasten jetzt lange genug beobachtet«, meinte eine dunkle Gestalt zu der anderen. Mit einer ins Gesicht gezogenen Sturmmaske konnte man nicht genau erkennen, um wen es sich dabei genau handelte. Und so wie abgesprochen, sollten untereinander keine Namen erwähnt werden.

»Da bin ich ganz deiner Meinung, gehen wir rein. Von den drei Grazien haben wir nicht zu befürchten«, nickte der Beifahrer des wartenden Wagens und zog den Schlitten seiner Walter PPK durch.

»Was willst du mit dieser scheiß Knarre? Wir waren uns doch einig, keine Waffen zu benutzen. Glaubst du, die alte Dame macht dich mit Kung Fu nieder, oder was?«, fragte der Fahrer mit ärgerlicher Miene.

»Man muss auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Ich traue der Dunkelhaarigen nicht. Sie sieht ziemlich fit aus. Und wer sagt denn, dass wir nicht auch ein wenig Spaß bei unserer Arbeit haben dürfen? Die junge Lady hat wirklich sehr ansprechende Kurven und ist bestimmt für ein kleines Tétaté zu haben«, meinte der Beifahrer mit süffisantem Unterton und lachte.

»Das gefällt mir gar nicht! Wir haben nichts zu befürchten. Der Köter ist zu faul, um anzuschlagen. Du wirst dich zusammenreißen! Hörst du? Wir gehen da rein, schnappen uns den Krempel und hauen ab!«, erwiderte der Fahrer und öffnete die Tür. Zu zweit schlichen sie in geduckter Haltung um das Gebäude. Mit einem Stemmeisen versuchte der Zweifler die rückseitige Terassentür aufzuhebeln, während der Wagemutige Schmiere stand.

»Und du bist dir sicher, der Alarm ist deaktiviert?«, fragte der Kerl mit dem Stemmeisen und sah sich um. »Verdammt, wo bist du? Habe ich dir nicht gesagt, du sollst mir Sichtschutz geben und die Lage checken?«, fragte er leicht panisch flüsternd. Sein Kollege kam unmittelbar wieder zum Vorschein und zog sich dabei den Reißverschluss hoch.

»Nun mal keine Panik, ich musste nur mal dringend eine Stange Wasser in der Ecke abstellen. Nein, der Alarm ist deaktiviert. Ich sagte dir doch schon, dass ich erst vor ein paar Tagen die Alarmanlage gewartet und anschließend manipuliert habe und mich sorgfältig im Haus umsehen konnte. Die Luft ist rein, los mach weiter, ich friere mir die verdammten Füße ab«, grinste der Kerl mit der Knarre. Sein Kumpel machte sich wieder an der Tür zu schaffen, drehte sich aber noch einmal um.

»Ich sage es nicht gern, aber es ist schon genial mit jemandem vom Wartungsdienst zusammenzuarbeiten. Verdammt! Willst du mich verarschen? Wo bist du denn jetzt schon wieder?« Langsam bekam er es mit der Angst zu tun. Sein Mitarbeiter war nicht nur ein kleiner Dieb und Aufschneider, sondern offensichtlich ziemlich unzuverlässig. Leicht genervt ließ der Maskierte von der Tür ab und untersuchte vorsichtig den Garten. Doch von seinem Kollegen fehlte jede Spur. Für ihn bedeutete es, schnellstens das Terrain zu verlassen. Mit gesteigertem Tempo umrundete er das Haus, um zum Auto zu gelangen und lief in etwas ziemlich Hartes. Sofort wurde ihm schwarz vor Augen...

***

Mit meinem Fang äußerst zufrieden, schnürte ich ein kleines Paket, oder genauer gesagt, zwei kleine Pakete. Die beiden waren noch völlig weggetreten und ahnten nicht, wie ihnen geschah. Es erweist sich immer als außerordentlich nützlich, ein paar Kabelbinder in der Cargohose mit sich zu tragen. Die beiden Burschen sahen im wahrsten Sinne des Wortes ziemlich angeschlagen aus. Aber warum sollte ich darauf Rücksicht nehmen? Aus ihrem Gespräch konnte ich entnehmen, dass sie definitiv Böses im Schilde führten. Schnell kontrollierte ich, ob die Mützen auch fest genug in ihren Mündern steckten. Danach machte ich aus zwei Päckchen eines, indem ich sie nochmals mit Kabelbindern aneinander schnürte. Schade, leider konnte ich diese kleine Opfergabe nicht direkt vor Amandas Tür ablegen, sozusagen als kleines Präsent meiner Zuneigung zu ihr. Doch ich wollte die Damen nicht des Schönheitsschlafs berauben und ließ sie in Ruhe weiter schlummern.

Mit verdeckter Rufnummer tätigte ich einen Anruf beim nächsten Polizeirevier und erzählte ihnen mit verstellter Stimme, etwas ganz Merkwürdiges ginge da vor sich und gab eine Adresse, zwei Straßen weiter an. Danach schulterte ich die bösen Buben, trug sie in Windeseile zum angegebenen Treffpunkt und dekorierte das Päckchen noch liebevoll. Die beiden Einbrecher sahen recht hübsch aus, wie sie da so drapiert auf der Verkehrsinsel lagen, garniert mit ein paar Astern im Haar. Ein wahrlich blumiger Anblick. Danach verschmolz ich wieder mit der Dunkelheit und suchte mir in einer massiven Eiche einen guten Sitzplatz, um das sich anbahnende Schauspiel in Ruhe genießen zu können. Noch vor ein paar Monaten und ein etlichen Therapiestunden weniger, hätte ich den Kerlen bei lebendigem Leib die Herzen und anschließend die Kehlen herausgerissen. Es erweckte den Anschein, als würde ich langsam zu einem braven Bürger und ausgemachten Weichei mutieren. Da sieht man mal wieder, was so eine Hirnwäsche bei Salomons Ring anstellen konnte. Ohnehin bin ich - so oder so - an den vorgegebenen Kodex unserer Vereinigung gebunden, keinem Menschen Schaden zuzufügen. Ach, manchmal traure ich den guten alten Zeiten wirklich hinterher. Dass die beiden Buben zumindest am nächsten Tag gehörige Kopfschmerzen haben würden, war für mich ein schwacher Trost. Der Polizei-Bulli kam angerauscht und gab erst überraschte, dann amüsierte Streifenbeamte frei. Sie ließen es sich nicht nehmen, ein paar aussagekräftige Fotos zu schießen. Amtliche und natürlich auch ein paar mit ihren privaten Handys. Es war ein erhebender Moment, als sie sich die Lachtränen aus den Augen wischten, das Bündel schnappten und so wie es war, in ihren Wagen verfrachteten. Wie schon so oft, wünschte ich mir, eine Tüte Chips bei dieser Vorführung knabbern zu können. Am nächsten Tag war dieser seltsame Vorfall in aller Munde. Wie vermutet, sangen die verwirrten Täter wie die Kanarienvögel. Amandas Haus war nicht das erste, das von diesem dubiosen Paar heimgesucht worden war. Die Ortschaft feierte ihren geheimnisvollen Helden und dichtete ihm eine Aura Robin Hoods an. Eine teils schmeichelhafte, teils beleidigende Äußerung. Schließlich war Robin Hood in meinen Augen eine englische Schwuchtel in Strumpfhosen. Nun, diese Lorbeeren konnte ich offiziell nicht für mich einheimsen, doch ein verschmitztes Lächeln huschte immer wieder über meine ansonsten recht sauertöpfische Miene. Und wie der Zufall es so wollte, war gerade dieser Tag wieder der Tag, an dem meine Gesprächstherapie bei Dr. Dr. Gütiger fällig wurde.

»Ragnor, ich würde heute gerne mal mit dir über deine Herzensangelegenheiten sprechen«, eröffnete der Doc das Gespräch. »Jeder braucht jemanden, der zu einem gehört. Mit Frau Gütiger bin ich schon dreißig Jahre verheiratet.«, räusperte sich der Doc. »Hast du da eine bestimmte Person im Auge?«, fragte er mich unverblümt.

… Mit schlechtem Gewissen - Hä? Seit wann hatte ich denn so was? …

Jedenfalls dachte ich an Molly, die vor der Tür an der Rezeption saß und seit unserem letzten denkwürdigen Gespräch, blass und für mich wenig attraktiv erschien. Ja, sie wirkte sogar regelrecht kränklich. Schon in Paris bemerkte ich ihre nicht gerade vitale Aura, nur dachte ich, es läge an den K.o.Tropfen, die Vincent ihr zwei Nächte zuvor verabreicht hatte.

»Tja, Doc, Frau Gütiger ist ja offensichtlich nicht mehr zu haben. Aber jetzt im Ernst: Zuletzt gab es mindestens zwei Damen, die mir etwas näher am Herzen lagen. Die eine ist ein Mädchen, also nennen wir sie M. Nicht was du denkst, sie ist schon volljährig. Und die andere ist eine Dame, sagen wir schon so richtig ausgereift, adult, also nenne ich sie A. . .. Mit M. gab es gewissermaßen ein paar Probleme. Wir waren zwar intim miteinander, doch forderte sie etwas von mir, welches ich nicht bereit war ihr zu geben. Das machte sie wütend und verstockt. Überhaupt war sie mir viel zu kompliziert und anstrengend. Deshalb ließ ich es zwischen uns zu einem Bruch kommen.« Der Doc machte sich wieder seine unleserlichen Notizen, wackelte mit dem Kopf und forderte mich auf, ich solle fortfahren. »Ja, Ragnor und die andere?«, fragte er nach.

Sprachlos blies ich die Backen auf und gestikulierte hilflos mit den Händen.

»Äh, ja. Bei A. war es quasi Liebe auf den ersten Blick. Zumindest bei mir. Vielleicht lag es auch daran, weil sie etwas Weißes trug. Wahrscheinlich erinnerte sie mich in diesem Moment, als ich sie sah, an meine Ex. Ich weiß es nicht so genau. A. hat echt Klasse, ist gebildet und sehr ansehnlich. Das Problem ist nun Folgendes: Sie hingegen mag mich überhaupt nicht. Je mehr ich sie begehre, desto stärker scheint sie von mir abgestoßen zu sein. Ich gebe zu, dass der Start ein wenig unglücklich mit uns beiden war«, schönte ich die ganze Sache ein bisschen, was die Neugier des Psychologen nur steigerte.

»Erzähl mir doch mal von den Anfängen«, hakte der Doc nach.

»Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich sah sie und gab ihr gleich zu verstehen, dass ich sie umwerfend finde«, erwiderte ich.

»Mir würde es schon helfen, wenn du in etwa den Wortlaut formulieren würdest«, bemerkte der Doc, der mich wieder mit seinen Eulenaugen musterte.

»An den genauen Wortlaut kann ich mich nicht mehr erinnern. Zumindest meinte ich, dass ich attraktiv fände und gerne mit ihr pimpern würde«, sprach ich und guckte auf meine Sneakers, die mir plötzlich enorm interessant vorkamen.

Als der Doc in gellendes Gelächter ausbrach war ich schon ein wenig verwirrt. Fragend blickte ich ihn an und wusste überhaupt nicht, was plötzlich in den Kerl gefahren war.

»Ragnor, wenn du direkt mit der Tür ins Haus fällst, ist es kein Wunder, wenn eine moderne Frau von heute, dir eine langt, oder von deinem Verhalten angeekelt ist. Hast du denn noch nie etwas von Frauenrechten gehört?«

»Ach du meine Güte, zu der Zeit, als ich sie das erste Mal sah, wusste ich noch nicht einmal etwas von Menschenrechten! Doc, willst du mir nicht mal genau erklären, was das Ganze soll?«, wollte ich von ihm wissen.

»Wenn du dich als Macho, oder in altväterlicher Weise einer modernen Frau näherst, dann versuchst du gezielt, sie auf ein unteres Niveau zu drängen. Doch das kommt nicht gut an, weil die Frau von heute gleichberechtigt behandelt werden will. Du hast sie erniedrigt und dich damit selbst zu einem Feindbild der Frau stilisiert. Dass sie dir abgeneigt ist, liegt daran, dass du sie in ihren Augen klein machen, zum Kindchen degradieren und dich damit über sie stellen wolltest. Hast du dich wenigstens bei A. entschuldigt?«, fragte mein Psychologe.

»Ich mich entschuldigen? Nee, so was mache ich nicht! Schließlich habe ich auch meinen Stolz!«, wiegelte ich ab. In meinem Wortschatz waren die Worte: Danke, Bitte und Entschuldigung gar nicht existent. Obendrein bin ich ein Vampir und stehe sowieso über den Menschen. Erstaunt registrierte ich das verzweifelte Gesicht meines Psychologen.

»Wenn du das so siehst, dann wird es nie etwas mit deiner Herzdame. Du solltest dich bei ihr entschuldigen, ansonsten wirst du bei ihr niemals landen können. Du denkst wahrscheinlich, du stehst wirklich über ihr und hast es nicht nötig. Aber heutzutage begegnen sich Mann und Frau als gleichwertig«, versuchte der Doc mir nochmals zu erklären.

»Okay, mir ist jetzt klar, dass sich die Ränge in unserer Gesellschaft verändert haben. Früher war der Adel tonangebend. Diese Veränderung verstehe ich ja. Gut, und Frauen sind kein Freiwild und auch keine Haussklavinnen mehr, das leuchtet mir jetzt ebenfalls ein. Es ist schwer mit den Konventionen des Mittelalters zu brechen, aus dem ich nun mal stamme. Aber ich weiß ehrlich nicht, wie ich mich bei A. entschuldigen soll. In ihrer Gegenwart finde ich nie den richtigen Ton. Irgendetwas setzt bei mir im Kopf aus, mit dem Ergebnis, wieder Blödsinn oder Beleidigungen auszustoßen. Wofür ich mich hinterher abermals zutiefst verabscheue ...«, gab ich mich geschlagen. Gerne wäre ich Amanda gegenüber ein witziger, oder charmanter Galan. Nur entgleiste ich immer wieder verbal von Angesicht zu Angesicht. Schon mein Freund Cedric meinte, ich solle freundlicher zu Amanda sein, ihr zeigen, was für ein netter Kerl ich sei. Es war mit mir wirklich zum Verzweifeln. Dem Doc blieb mein Dilemma offenbar nicht verborgen. »Ragnor, wenn du nicht mündlich ausdrücken kannst, was du ihr gegenüber empfindest, dann schreibe ihr doch einfach einen Brief. Da bietet sich dir die Möglichkeit, alles genaustens zu überdenken und an deinen Worten zu feilen. Wenn du meinst, das Schreiben sei perfekt, dann lässt du es ihr zukommen.«

Oh, wow! Der Doc ist ein wahrhaft weiser Mann! Nickend gab ich zu verstehen, dass ich es auf diese Art versuchen wollte. Darauf wünschte er mir viel Glück und entließ mich für heute aus seinen Fängen. Beschwingten Schrittes machte ich mich auf den Weg, um einen Brief abzufassen. Blieb nur zu hoffen, dass Amanda meine verdammte Sauklaue entziffern konnte …

Himmel, Arsch und Hölle!

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