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Kapitel 4
ОглавлениеMittwoch, der 03. August
Zuerst gab die Klimaanlage ein brummendes Geräusch von sich, dann folgte ein seltsames Zischen, so als könnte sich das Gerät noch nicht endgültig entscheiden, wie es weiter ging.
Nach langen Stunden, in denen dieses Nerv tötende Gezwitscher einem die Konzentration raubte, gab die Klimaanlage schließlich ganz den Geist auf.
Steffen Döber und Zacharias Weinfeld hatten es kommen sehen. Das Ding machte schon seit geraumer Zeit Zicken, aber trotz mehrfacher Beanstandung hatte sich noch niemand darum gekümmert.
Bei dem Wetter waren die entsprechenden Handwerker wahrscheinlich im Dauereinsatz.
Die beiden Kollegen stöhnten und schwitzten um die Wette. Sie gaben trotzdem ihr Bestes, die vorliegenden Ergebnisse zu sichten und zu ordnen. Zacharias Kollege Steffen sah zu ihm herüber. Heute war sein Chef sogar in einem T-Shirt zur Arbeit gekommen und das war, soweit er zurückdenken konnte, noch nie vorgekommen. Er selber hatte auch einen sehr lässigen Look gewählt, sogar mit halblanger Hose.
„Was haben wir denn bis jetzt?”, fragte er Zacharias.
„So gesehen schon eine ganze Menge. Aber zu zweit können wir das unmöglich schaffen, das ist jetzt schon klar. Die Frau hatte ja unzählige Patienten. Oder sollte ich sie besser als Kunden bezeichnen?”
Steffen zuckte mit den Schultern: „Ich weiß nicht.”
„Aber du hattest schon einmal etwas über die Frau gehört, stimmst?”
„Ja, ihr Name ist hier in der Stadt bekannt. Also, ich war noch nicht bei ihr, wenn du das meinst. Aber die Schwester einer guten Freundin, die ist schon mal dort gewesen, wegen einer Allergie oder so was.”
Zacharias kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf. „Ja, mir scheint es fast so, dass jeder, den ich frage, einen Bekannten oder Verwandten hat, der Frau Bahran schon einmal aufgesucht hat. Wahrscheinlich gibt es so schnell keiner zu, dass er selber da war.”
„Ich war wirklich noch nicht da!” Steffens Blick war verärgert und seine Stimme wurde laut. „Meinst du, wenn ich diese Geistheilerin schon mal aufgesucht hätte, würde ich dir das verschweigen?” Seine Augen blitzen kampflustig. Die Hitze setzte ihm schwer zu.
„Nein, schon gut. So war das nicht gemeint. Entschuldigung.” Mit einer Klarsichtmappe versuchte Zacharias sich etwas Luft ins Gesicht zu fächeln, aber er verspürte noch nicht einmal ein laues Lüftchen.
„Hast du um Amtshilfe gebeten?”, fragte Steffen ihn.
„Ja, das wird sich heute Morgen entscheiden, ich warte auf den Anruf.”
Steffen nickte. „Wenigstens etwas. Tut mir leid, dass ich eben so reagiert habe, aber die Hitze, das ist doch kaum zum Aushalten. Jetzt ist auch noch die Klimaanlage kaputt. Zigmal habe ich das dem Hausmeister gesagt, aber glaubst du, da passiert mal was? Und dann kommt man nach Hause und da ist es genauso stickig und heiß. Die Luft ist abgestanden und selbst nachts bekommt man seinen verdienten Schlaf nicht. Ich meine, die paar Stunden, die uns angesichts der Überstunden überhaupt noch bleiben.”
„Schon gut. Geht mir auch so!” Zacharias nahm beim ersten Läuten des Telefons ab.
Er meldete sich und lauschte eine Weile in den Hörer. Dann erhellte sich sein Gesicht zum ersten Mal an diesem Tag.
„Wir bekommen Hilfe!”, sagte er, als er aufgelegt hatte.
„Und wen?”
„Das wissen die da oben noch nicht. Da muss man sich zuerst umhören. Wir haben ja hoffentlich auch ein Wörtchen mitzureden. Jetzt lass uns erstmal alles zusammen fassen, was wir haben.”
Zacharias stand auf und ging zu dem Magnetboard, an dem die Tatortfotos hingen. Er hängte noch mehrere große Papierbögen dazu und schrieb alles nieder, was sie schon wussten.
„Also, das Opfer hieß Patricia Bahran, 56 Jahre alt, geschieden, keine Kinder. Außer einer Schwester keine Verwandte, richtig?”
„Stimmt. Sie wohnt etwas weiter weg, aber sie müsste bereits in der Stadt sein. Die Polizei vor Ort hat ihr die schlimme Nachricht mitgeteilt. Ich nehme an, dass sie sich entweder im Laufe des Tages oder morgen bei uns meldet. Ansonsten hat es im konkreten Umfeld von Frau Bahran nur die Frau Häberlein gegeben.”
Zacharias nickte. „Ja, die Haushälterin. Wir müssen sie unbedingt noch einmal herbestellen. Sie kann uns sicher Wichtiges aus dem Leben des Opfers erzählen.”
„Dann der Todeszeitpunkt!”, fuhr Steffen fort. „Laut der Gerichtsmedizinerin ist der Tod der Frau so ungefähr zwischen dreiundzwanzig Uhr und vierundzwanzig Uhr dreißig in der Nacht von Sonntag auf Montag eingetreten. Einen genaueren Zeitpunkt kann man wohl nicht festlegen. Wegen der Hitze.”
„Mist, mitten in der Nacht, da hat wahrscheinlich niemand den Täter kommen oder gehen sehen. Oder die Täterin. Es käme schließlich auch eine Frau für die Tat in Betracht. Wurde fremde DNA gefunden?”
„Ja, Mischspuren in den Blutflecken. Das muss zuerst isoliert werden. Heute ist ja erst Mittwoch. Außerdem ein winziges Haar. Aber das ist eine Sackgasse.”
„Warum?”
„Synthetisches Material.”
„Eine Perücke?”
„Genau.”
Zacharias seufzte laut und nahm den Obduktionsbericht von seinem Schreibtisch. „Wäre ja auch zu schön gewesen. Kommen wir zum Bericht der Gerichtsmedizin. Frau Bahran war sehr klein, nur ein Meter achtundfünfzig, aber wohl genährt und sie war kerngesund. Ihre Organe zeigten alle einen normalen Befund. Irgendwann muss sie mal einen Schienbeinbruch gehabt haben, ansonsten alles ganz normal, ihrem Alter entsprechend. Im Magen der Toten wurden Reste von Schokolade gefunden, wahrscheinlich hat sie am Tatabend abends vor dem Fernseher genascht, sonst nichts Auffälliges. Keine Spuren von Medikamenten oder sonstigen Drogen. Todesursache war eindeutig eine Schädelfraktur mit anschließender Gehirnblutung. Die Schläge am Kopf erfolgten zuerst, sodass sie wahrscheinlich bewusstlos wurde und in Folge der schnell aufeinander folgenden Schläge im Brustbereich das Bewusstsein nicht wieder erlangt hat. Sie hat nicht mehr lange gelebt, wahrscheinlich nur Minuten.”
„Mann, welches Schwein tut so etwas?” Steffen Döber fasste sich an die Stirn, als könnte er es immer noch nicht glauben. „Die Frau hat doch keinem etwas getan, im Gegenteil. Ich meine, sieh dir doch mal ihre Kundenkartei an, die ist voll von Leuten, die immer wieder zu ihr gingen.” Er zeigte auf die braune, abgewetzte Lederkladde, die sie in einer Schublade im Schlafzimmer gefunden hatten, und die, so wie es aussah, alle Namen und Telefonnummern ihrer Kunden enthielt.
„Ja.”, sagte Zacharias. „Ich habe sie mir gestern schon mal angesehen. Da kommt eine Menge Arbeit auf uns zu. Außerdem fehlt immer noch das Handy der Toten. Ein Prepaid Handy, also keine Chance an die Daten zu kommen. Einen Festnetzanschluss hatte sie auch, aber laut der Haushälterin hat sie mit ihren Kunden nur über Handy kommuniziert. Vielleicht waren ja doch nicht alle mit ihr zufrieden. Einer jedenfalls nicht. Ist dir aufgefallen, dass nirgendwo in diesem Notizbuch Zahlen aufgeführt sind?”
„Ja, ist mir auch komisch vorgekommen.”
„Ich meine, sie hat das ja nicht umsonst gemacht. Sicher nicht. Also, was haben die Kunden für diese Dienste bezahlt und wie genau ist Frau Bahran dabei vorgegangen? Hat sie von diesen Geldern gelebt, das ist auch eine wichtige Frage!”
„Und sie hat nicht schlecht gelebt, wenn man sich mal das Haus und die Gegend ansieht.”, fügte Steffen hinzu.
„Das Haus hat sie geerbt.”
„Woher weißt du das?”
„Hat mir die Nachbarin erzählt. Ist wohl ihr Elternhaus. Aber sie ist keiner geregelten Tätigkeit nachgegangen. Das haben auch die Nachbarn gesagt.”
„Ja, ja, die lieben Nachbarn.”
„Früher, einmal, da hat sie als Verkäuferin gearbeitet. In einer Parfümerie. Ist aber schon Jahre her”
Steffen Döber hob erstaunt die Augenbrauen. „Tatsächlich? Na, das hat ihr wahrscheinlich bei der Tätigkeit als Geistheilerin geholfen. Da musste sie ja auch gut reden können, um die Leute zu überzeugen.”
Zacharias schüttelte den Kopf. „Manchmal kannst du ein richtiger Zyniker sein.”
„Was denn, hab ich nicht Recht? Die muss doch total überzeugend gewesen sein, bei so etwas kann man doch nicht schüchtern rüber kommen. Was hat sie eigentlich genau gemacht, da komme ich noch nicht so ganz hinter?”
„Soweit ich weiß, hat sie den Menschen die Hand aufgelegt.”
„Mehr nicht?”
„Es war bestimmt noch mehr, das müssen wir halt rausfinden, wenn wir die Leute alle hier haben. Aber jetzt lass uns zuerst noch einmal zu den Spuren am Tatort kommen. Fingerabdrücke wurden ja leider nicht gefunden, oder?”
„Nein. Die gute Frau Häberlein ist eben eine erstklassige Perle. Aber wer weiß, vielleicht trug der Täter oder die Täterin Handschuhe. An der Tatwaffe waren ja auch keine Fingerabdrücke zu finden. Ebenso wenig im Bereich des Sofas, sowie im gesamten Wohnzimmer. Und da hatte die Haushälterin ja bekanntlich noch nicht geputzt.”
„Stimmt, Steffen. Der Täter muss mit voller Wucht zugeschlagen haben. Das beweisen die Wunden und das viele Blut. Aber auch die Tatsache, dass die Skulptur, dabei entzwei gegangen ist. Und diese zerbrochene Figur ist mit absoluter Sicherheit das Tatwerkzeug. Die scharfen Kanten passen exakt zu den Wunden. Mit größter Wahrscheinlichkeit stammt das Teil aus dem Besitz Frau Bahran. Man hat nämlich zwei weitere, fast ähnliche Skulpturen auf der Fensterbank gefunden. Alle sind aus dem gleichen Sandstein und zeigen Paare, Mann und Frau, die auf verschiedenste Art und Weise ihre Körper fest umschlungen halten.”
„Wertvoll?”, fragte Steffen.
„Glaub ich nicht. Die ganze Wohnung war zwar sehr schön und gemütlich eingerichtet, aber nicht übermäßig teuer. Aber das werden wir noch herausfinden. Ich glaub, das war’s fürs erste.”
Steffen stand auf, holte sich seine Wasserflasche und trank gierig. „Kannst du dir auch vorstellen, dass der Täter eine Täterin war?”, fragte er.
„Durchaus möglich. Darauf würden die Perückenhaare hinweisen. Ich nehme sowieso an, dass es eine Affekttat war. Etwas, was Frau Bahran gesagt oder getan hat muss jemanden so in Rage gebracht haben, dass demjenigen die Sicherrungen durchgebrannt sind.”
Plötzlich kam ihm ein Gedanken. „Ich weiß, wo wir mal nachfragen können.”
Steffen hatte sich schon wieder in seine Akten vertieft. Er sah auf. „Was? Was willst du nachfragen?”
„Du weißt schon, wegen unserer Verstärkung hier im Büro.”
„Du hast doch an jemand Bestimmtes gedacht, nicht wahr?”
„Nein, eigentlich fiel es mir erst gerade ein. Ich rufe Karla an.”
„Wer ist Karla?”
„Die Beamtin der Kripo, du weißt schon, die Mordfälle von vor zwei Jahren.”
„Ach die, die toughe Frau vom Lande!”
„Lästere nicht über sie. Sie hat seinerzeit hervorragende Arbeit geleistet und war mir oft einen entscheidenden Schritt voraus.”
„Ja, in ihrem Revier. Aber was wollen wir hier mit ihr, in der Stadt gehen die Uhren etwas anders, das ist dir doch wohl klar. Außerdem hat sie nicht genug Erfahrung in Mordfällen.”
„Sie kann wirklich etwas, Steffen, unterschätz sie nicht.”
„Du hast dich schon entschieden, stimmst? Es ist eigentlich schon klar, dass sie es wird.”
„Wäre dir Herr Fuchs aus unserer Nachbarstadt lieber.” Zacharias grinste. „Ich kann ihn anrufen, wenn du willst, er hat bestimmt Zeit”
Steffen stöhnte auf. Er dachte mit Schrecken an den furchtbaren Kripobeamten, der ihnen im vergangenen Jahr, auch bei einem Engpass, ausgeholfen hatte, oder besser gesagt, geschickt wurde. Ein Spießer und Besserwisser wie er im Buche steht, der alle mit seinen schulmeisterhaften Belehrungen den letzten Nerv geraubt hatte.
„Gott bewahre, nicht den! Dass der Zeit hat, kann ich mir vorstellen. Die Kollegen dort sind doch froh, wenn sie ihn mal für eine Weile los sind. Dann doch lieber diese Karla, wie heißt die noch?”
„Albrecht. Du wirst sehen, ihr werdet euch gut verstehen. Du wirst sie mögen, da bin ich mir sicher.”
„Ja, klar. Ich kann nur hoffen, dass sie hier zurechtkommt.”
„Zuerst muss ich sie ja noch fragen, Aber ich werde mich da mal nach oben absichern und sie heute Nachmittag anrufen.”
Drei Uhr nachmittags.
Er kannte ihre Durchwahl.
„Ja?” War sie das?
„Karla?”
„Ja?”
„Hier ist Zacharias?”
„Wer?”
Ein kurzer Stich der Enttäuschung zuckte in seinem Kopf.
Das konnte doch nicht wahr sein, dass sie ihn nicht mehr kannte. War es überhaupt richtig gewesen, sie anzurufen?
„Zacharias Weinfeld!”
„Ach Zacharias! Das ist ja super, dass du anrufst.” Ihre Stimme bekam augenblicklich einen anderen Tonfall registrierte Zacharias erleichtert.
„Entschuldige, aber ich habe dich zuerst nicht verstanden. Bei dieser Hitze läuft hier ununterbrochen der Ventilator auf Hochtouren.”
„Dann habt ihr schon mehr wie wir?”
„Wieso?”
„Unsere Klimaanlage ist kaputt.”
„Ach du Scheiße. So was haben wir hier gar nicht.“ Zacharias konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „ Aber bei euch in der Stadt ist die Hitze wahrscheinlich noch schlimmer zu ertragen durch die vielen Hochhäuser.”
„Wem sagst du das. Wie geht’s dir, Karla? Lange nichts mehr von dir gehört.”
„Gut!”, sagte sie laut, dann druckste sie ein wenig herum. „Na, ja. Ich hatte ein bisschen Ärger, wenn man so will.”
„Beruflich?”
„Nein, privat.”
„Du musst nichts erzählen, wenn du nicht willst.” Das funktionierte meistens. Die Menschen erzählten dann erst recht von ihren Problemen, dachte Zacharias und er bemerkte, dass er neugierig wurde. Aber so leicht würde sich Karla wahrscheinlich nicht zum Plaudern hinleiten lassen.
„Stefan hat sich von mir getrennt.”
„Oh!” Wer war noch mal Stefan?
„Das lief schon eine ganze Weile schief, weißt du.”
„Das war doch dieser Kunstlehrer, oder?”
Jetzt lachte sie leise. „Nein, das ist Frank.”
Zacharias hielt sich die Hand vor den Mund. Jetzt bloß nicht das Falsche sagen.
„Und das war schlimm für dich?”, fragte er vorsichtig.
„Na, ja. Schön war’s nicht. Aber ich bin auch selber schuld. Was mache auch für Sachen.”
Kann man wohl sagen, dachte Zacharias bei sich.
„Wenn ich mich recht erinnere, so ist dieser Frank doch ein ziemlich offener Typ?”, fragte er.
„Ja, Gott sei Dank.”
„Ich will dir nicht zu nahe treten, aber ich habe immer gedacht, die beiden Männer wüssten voneinander.”
„Frank weiß Bescheid, dass es noch jemanden gibt. Gab!” verbesserte sie sich.
„Aber der gute Stefan wusste es nicht?”
Sie schwieg ein paar Sekunden.
„Jetzt schon!”
„Mist!”
„Durch einen dummen Zufall ist es raus gekommen.”
„Das tut mir leid.”
„Nur kein falsches Mitleid. Auf Mitleid kann ich wohl kaum hoffen bei dieser Geschichte.”
„Nein, es meine es ehrlich, Karla. Aber ein anderes Thema. Wie läufst beruflich bei euch da draußen?”
„Da draußen! Das klingt, als säßen wir auf einem der letzten bewohnten Außenposten.”, lachte sie. Sie schien doch noch ganz die Alte zu sein. „Nein, ehrlich gesagt, ist hier im Moment nichts los. Ich hatte schon daran gedacht, mir Urlaub zu nehmen, bis die Nachricht kam.”
„Welche Nachricht?” Zacharias war enttäuscht. Dann wurde sie also schon wo anders eingesetzt. Zu schade.
Karla schien etwas verwirrt zu sein. „Deshalb rufst du doch an, oder nicht?”
„Na, ja, ich hatte vor, dich zu fragen, ob du es dir vorstellen kannst, uns eine Zeitlang, wahrscheinlich nur ein paar Wochen, auszuhelfen. Grünes Licht von oben habe ich schon. Aber du hast wahrscheinlich andere Aufgaben, das sehe ich ein.”
„Oh Mann, Zacharias. Die Hitze scheint dir aber wirklich zu Kopf zu steigen.”
„Warum? Ist denn der Vorschlag so schlimm?”
„Heute Mittag habe ich einen Anruf von eurem obersten Chef erhalten.”
„Ich verstehe nicht!”
„Er hat alles schon geklärt, Zacharias. Ab Montag bin ich ganz die Eure.”, antwortete sie kess.
„Nein, wirklich?”
„Ja!”
„Er hat mir nichts davon gesagt, dass er längst mit dir telefoniert hat, das schwöre ich. Mensch, Karla, ich bin begeistert. Wir sind hier nur zur zweit und brauchen dringend Hilfe. Alle anderen hat ein tückischer Sommergrippevirus erwischt.”
„Hab ich schon gehört. Ist denn dein noch verbleibender Kollege damit einverstanden, dass ich zu euch komme?”
Auf der anderen Seite des Büros hockte Steffen Döber über einem Berg von Akten und sah mit grimmiger Miene kurz auf.
„Mein Kollege, der ist ganz begeistert.”, antwortete Zacharias und grinste breit, während Steffen eine abwehrende Handbewegung machte und genervt den Kopf schüttelte. „Der freut sich schon auf dich! Hat dir unser Chef schon von dem Fall erzählt?”
„Ja, ansatzweise. Mord an einer Wunderheilerin. Die Tote war wohl sehr bekannt bei euch?”
„Scheint so. Ich selber hatte noch nie von ihr gehört, obwohl mir der Name auch bekannt vorkam. Aber es stimmt, hier in der Stadt muss sie eine bekannte Persönlichkeit gewesen sein.”
Karla stöhnte. „Kann mir schon denken, was das heißt. Jede Menge Verdächtige, Zeugen, die etwas zu wissen glauben, eine endlose Kundenkartei und so weiter.”
Zacharias nickte. „Davon kannst du ausgehen. Du siehst also, wir brauchen dringend deine Hilfe.”
„Kannst du mich Montag vom Zug abholen?”
„Ja, sicher. Willst du bei uns wohnen? Wir haben Platz genug.”
„Nein, ich habe entfernte Verwandte in der Stadt. Dort werde ich auf die Schnelle unterkommen. Außerdem will ich ja nicht das verlobte Glück stören.”
„Wir haben geheiratet.”
„Oh, gratuliere!”
„Schon letztes Jahr!”
„Das freut mich für euch, ehrlich. Wir wollten uns ja auch immer mal treffen, weißt du noch? Und wie das so ist, Ruck Zuck hat man sich aus den Augen verloren. Aber jetzt führt uns wenigstens der Beruf wieder an einen gemeinsamen Ort. Pass auf, mein Zug kommt Neun Uhr dreißig, wenn er pünktlich ist. Auf Gleis sieben.”
„O.K. dann warte ich in der Eingangshalle auf dich.”
„Nein, die finde ich doch gar nicht. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln in der Stadt stehe ich auf Kriegsfuß. Mit riesigen Bahnhöfen sowieso.”
Zacharias gab sich große Mühe, nicht zu lachen. „Na, gut, wenn du möchtest, hole ich dich am Gleis ab. Gleis sieben, sagtest du?”
„Ja, aber wir müssen einen bestimmten Abschnitt ausmachen, sonst find ich dich doch dort nicht. Wie wär’s zum Bespiel mit Abschnitt C?”
„Gleis sieben, Abschnitt C, Montag neun Uhr dreißig, geht klar!”
„Danke. Vielleicht tut es mir ganz gut, mal für eine Weile hier weg zu kommen. Dann bis Montag.”
„Ja, Karla bis Montag.”
Steffen Döber wischte sich den Schweiß von der Stirn. Trotz seiner kurzen Hose hatte er das Gefühl am Schreibtischstuhl zu kleben. „Oh, Mann, die Frau findet sich noch nicht mal am Bahnhof zurecht. Was soll das nur geben? Und was war das mit den zwei Männern?”, hakte er neugierig nach.
Zacharias lehnte sich zurück und verschränkte die Arme über seinem Kopf. „Warts nur ab!”, sagte er mit voller Überzeugung.