Читать книгу Tödliche Gier in Bansin - Elke Pupke - Страница 10

Donnerstag, 11. Juni

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Jule hockt auf ihrem Bett unter der Dachschräge und liest. Sie hat einen Karton voller Kinderbücher, der unten in ihrem Kleiderschrank stand, hervorgeholt und auf dem Bett ausgekippt. Es sind Bilderbücher dabei und Vorlesebücher für Vorschulkinder. Die erinnern sie an ihre Kindheit und an ihre Oma. Die hat ihr Märchen erzählt und oft vorgelesen. Am liebsten mochte sie Gedichte. Mag sie immer noch. Von Oma hat sie zum Geburtstag einen Gedichtband von Rilke bekommen. Das Gedicht »Der Panther« ist das traurigste, das sie kennt. Sie weint jedes Mal, wenn sie es liest.

Jetzt ist sie beim Durchblättern in Kästners »Emil und die Detektive« hängengeblieben.

Schöne heile Welt. Sie seufzt. Warum hat sie keine Freunde? Und warum sind die Menschen nicht so, wie in den Büchern? Gut oder böse. Schwarz oder weiß. Und am Ende wird alles gut.

Ihre Welt ist kompliziert. Sie zieht die Nachttischschublade auf und holt eine Tafel Schokolade heraus. Dann fällt ihr Blick in den Spiegel. Sie hat ihn absichtlich so aufgehängt, dem Bett gegenüber, als Abschreckung. Was sie sieht, sind breite Oberschenkel, ein Bauch, der über den Hosenbund quillt, hängende Schultern und Pausbacken. Sie richtet sich auf, hebt das Kinn ein wenig. »Du hast so ein hübsches Gesicht«, hat Oma gesagt. Die großen Augen, die schmale Nase und die vollen Lippen hat sie von Mama geerbt, die kräftige Statur leider von Papa. Aber auch seine blonden Locken.

Sie reißt die Schokolade auf. Ist doch egal, sie will sowieso kein Model werden. Sie liebt Tiere, möchte am liebsten Tierärztin werden oder wenigstens Zootierpflegerin. Über ihrem Bett hängen Poster von Eisbären, Elefanten und Affen. Die mobben niemanden, weil er dick ist.

Jule sieht auf ihren Wecker. Noch ist Zeit, um nach Ahlbeck zu Oma zu fahren. Mit dem Rad ist sie in einer halben Stunde da. Eigentlich wollte sie sie erst am Sonntag wieder besuchen. Es ist bestimmt zu auffällig, wenn sie so oft kommt. Aber wahrscheinlich weiß die alte Frau, dass sie nicht mehr lange zu leben hat. Und wahrscheinlich hat sie auch schlimme Schmerzen. Sie spricht nur nicht darüber. Jedenfalls nicht mit Jule.

Das Mädchen wischt sich die Tränen aus den Augenwinkeln, steht auf und zieht sich ihre Schuhe an. An der Tür dreht sie sich noch einmal um, dann steckt sie die angebrochene Schokoladentafel in ihre Umhängetasche und Kästners »Das doppelte Lottchen«.

Sie würde ihrer Oma lieber einen von den Romanen mitbringen, die sie so gern liest oder Pralinen. Aber sie hat kein Geld und zu stehlen traut sie sich nicht schon wieder, die Verkäuferin hat sie neulich schon so misstrauisch angesehen. Vielleicht kann sie morgen mal wieder leere Bierflaschen abgeben, die stehen überall in der Wohnung herum.

Eigentlich macht sie sich keine Sorgen um Geld. Es kommt immer mal wieder vor, dass es knapp ist und die Familie auf Sparflamme lebt. Ihrem Vater ist bisher noch immer etwas eingefallen. Und dann ist er großzügig und genießt es, seiner Tochter Geschenke zu machen.

Susanne Fux freut sich, als ihre Enkelin ins Zimmer kommt. »Ich wollte ein bisschen Rad fahren«, erklärt diese. »Auf der Promenade geht das am besten. Guck mal, was ich dir mitgebracht habe. Ich weiß noch, wie du mir das Buch geschenkt hast. Du hast gesagt, dass du es auch schon als Kind gelesen hast und wie sehr du es mochtest. Willst du es jetzt noch einmal lesen?«

»Was für eine tolle Idee! Das mache ich.«

Sie gehen auf den Balkon, Jule legt die Schokolade auf den Tisch. Die ist ein bisschen weich geworden, aber das macht nichts. Sie brechen sich abwechselnd kleine Stücke ab, genießen und sehen den Leuten auf der Straße zu. Gerade hält ein Reisebus an, Gäste steigen aus. Jule erkennt Anne Wiesner, ihre Nachbarin. Sie führt die Gruppe auf die Strandpromenade, wahrscheinlich geht sie mit ihnen zur Seebrücke.

»Ist zu Hause alles in Ordnung?«, Susanne Fux fragt zögernd, eigentlich weiß sie, dass da nichts in Ordnung ist. Aber sie möchte, dass Jule darüber redet. Es ist besser, als wenn sie alles in sich hineinfrisst, sie neigt ohnehin dazu, alles sehr schwer zu nehmen.

»Ja, alles super.« Jule antwortet betont munter, lächelt und merkt, dass ihre Großmutter ihr nicht glaubt. Sie sieht besorgt aus. Mist! Sie soll sich keine Sorgen um sie machen, sie hat doch genug eigene Probleme. Jule wünscht sich so sehr, ihrer Oma den kurzen Rest ihres Lebens ein wenig zu erleichtern.

Vor zwei Wochen hat sie es von ihrem Vater erfahren. Ruben hatte sich bemüht, einfühlsam zu sein, aber nicht allzu sehr, Empathie gehört nicht zu seinen Stärken. Er kann es nur sehr gut vortäuschen, dass er sich für seinen Gesprächspartner oder für irgendjemanden interessiert.

Beim Frühstück hatte er seiner Tochter ernst in die Augen gesehen, seine große Hand auf ihre gelegt und mit seiner weichen, tiefen Stimme leise gesagt: »Julchen, du musst jetzt besonders lieb zu Oma sein. Sie ist sehr krank. Der Arzt hat mir gesagt, dass sie Krebs im Endstadium hat. Er kann ihr nicht mehr helfen, nur noch die Schmerzen lindern.«

»Wann?«, hatte sie herausgepresst.

»Das kann man nie genau sagen. In ein paar Wochen oder Monaten. Hoffen wir, dass es schnell geht.«

Jule war aufgesprungen und in ihr Zimmer gelaufen, wo sie hemmungslos weinte. Wie konnte er nur so etwas sagen? Oma ist doch seine Mutter.

Ganz selbstverständlich ist sie davon ausgegangen, dass die beiden sich jetzt versöhnen würden.

Ruben Fux und seine Mutter sprechen schon seit Jahren nicht miteinander. Jule weiß nicht genau, weshalb, nur, dass es um Geld geht. Sie hat versucht, ihre Mutter auszufragen, in einem der seltenen Momente, wo die nüchtern war, aber sie hatte nur gleichgültig mit den Schultern gezuckt. »Keine Ahnung, ist auch egal. Sind eben Sturköpfe.«

»Aber wenn sie jetzt stirbt, ohne, dass ihr euch vertragen habt – das geht doch nicht!« Jule war entsetzt. »Und nur wegen Scheißgeld?«, hatte sie ihn angeschrien.

»Nein, es geht gar nicht um Geld – nicht nur, nicht hauptsächlich«, hatte ihr Vater sich verteidigt. »Sie hat deine Mutter beleidigt, das kann ich doch nicht akzeptieren. Sie hat Mama nie gemocht. Aber ich halte eben zu meiner Frau, der Mutter meiner Tochter!«

Natürlich nahm Jule ihm sein pathetisches Getue nicht ab, sie hat ihn längst durchschaut. Außerdem behandelt er seine Frau auch alles andere als respektvoll.

Jule ist wütend auf ihren Vater. Wie kann der nur so herzlos sein! Oder ist er nur gedankenlos, ahnt er gar nicht, wie weh er seiner Mutter tut?

Sie mustert die alte Frau möglichst unauffällig von der Seite. Ist sie kleiner geworden in den letzten Monaten? Ihre Kleidung sieht aus, als würde sie jemand anderem gehören, einer Frau, die größer und kräftiger ist. Die dürren Hände, die aus viel zu weiten Ärmeln ragen, zittern unkontrolliert.

Susanne Fux schmerzt es, zu sehen, wie ihre Enkelin sich bemüht, sie aufzumuntern. Sie hört die unterdrückten Tränen in der künstlich fröhlichen Stimme. Natürlich weiß Jule es längst. Und warum soll man ihr auch etwas vormachen? Sie wird es ja doch erfahren, das lässt sich nicht vermeiden. Und sie muss mit dem Mädchen reden. Will alles regeln, bevor es zu spät ist.

»Hör mal, Jule, es ist gar nicht so schlimm. Ich bin alt und müde, ich möchte endlich einschlafen. Ich habe auch keine Angst davor. Nur, dass ich für dich nicht mehr da sein kann, das tut mir leid.«

Sie nimmt ihre Enkelin in den Arm. »Ja, weine ruhig, meine Kleine. Du musst dich nicht verstellen. Du weißt doch, mir kannst du alles erzählen.«

Es gelingt ihr nach einer Weile, das Mädchen zu beruhigen. Beide sind erleichtert, sich nichts mehr vormachen zu müssen. Sie sprechen über den Tod, dann über ihre gemeinsame Zeit, über Jules Kindheit.

Simone Keller, die Pflegerin, kommt zwischendurch auf den Balkon, sie bringt den beiden etwas zu trinken und der alten Frau ihre Schmerztabletten und eine Decke. Aber sie drängt Jule nicht zum Gehen.

Es wird schon langsam dunkel, die Laternen auf der Promenade gehen an und sie reden immer noch. Es gibt etwas Wichtiges, das Susanne regeln muss, solange sie es noch kann.

»Jule, du weißt, was ich von deiner Mutter halte. Sie war nie eine gute Mutter und auch keine gute Ehefrau. Ruben hätte etwas Besseres verdient. Er ist so talentiert, so geschäftstüchtig. Du weißt, dass er immer wieder einen Weg gefunden hat, sich etwas aufzubauen. Was hätte aus ihm werden können, mit der richtigen Frau? Aber Ulrike hat ihn immer wieder runtergezogen. Mit ihrer Sauferei hat sie alles kaputt gemacht und sein Geld ausgegeben. Ich muss dir das leider so deutlich sagen. Aber du weißt es ja selbst.« Sie blickt das Mädchen etwas streng an, sie will nicht, dass es ihre Mutter verteidigt, nicht jetzt. Ihre Lippen sind schmal, wie immer, wenn sie von ihrer Schwiegertochter spricht.

Jule nickt stumm. Was soll sie sagen? Es stimmt ja, dass ihre Mutter trinkt. Aber schon die Vierzehnjährige weiß, dass das keinen Einfluss auf die Geschäfte ihres Vaters hat. Der zieht sein Ding immer durch, Ulrike wäre wohl die Letzte, von der er sich beeinflussen ließe. Im Gegenteil. Jule denkt, dass ihre Mutter wohl nicht so viel trinken würde, wenn ihr Vater etwas netter zu ihr wäre. Nur, dass dem das völlig egal ist.

»Hör zu, Jule. Ich vertraue dir jetzt etwas an, was unbedingt unter uns bleiben muss. Eigentlich bist du noch zu jung, als dass ich mit dir darüber reden sollte, aber was bleibt mir übrig.«

Sie stöhnt leise, als sie sich in ihrem Sessel zurechtsetzt und zieht sich die Decke enger um die Schultern.

Jule hat Angst. Angst um ihre Oma, die jetzt so furchtbar alt und krank aussieht und Angst vor dem, was sie erfahren soll. Sie will nicht noch mehr Schlechtes über Ulrike hören, es ist doch ihre Mutter und sie liebt sie.

»Du weißt ja, dass ich das Haus verkauft habe.«

Das Mädchen nickt erleichtert. Ja, das weiß sie. Das Haus, in dem sie wohnt, hat früher der Familie gehört. Bevor Oma ins Pflegeheim gegangen ist, hat sie es verkauft und der neue Besitzer wohnt gar nicht darin, nicht einmal im Ort. Er wollte nur sein Geld anlegen und ein Haus in Bansin, nicht weit vom Strand entfernt, wird nicht an Wert verlieren. Er hat es gründlich restaurieren und modernisieren lassen, was auch bitter nötig war. Jetzt zahlt Familie Fux Miete, aber für eine schöne Wohnung mit neuen Fenstern und Fußböden und einer modernen Heizung.

Eigentlich ist es ja ein Geheimnis. Jule hat es erfahren, als sie zufällig ein Gespräch zwischen Ruben und seiner Mutter gehört hat. Sie hat versprochen, mit niemandem darüber zu reden. Das ist ihr nicht schwergefallen, sie kann gut Familiengeheimnisse für sich behalten.

»Weißt du, wenn das Geld auf mein Konto eingegangen wäre, hätte ich es für die Pflege hier ausgeben müssen. Dann wäre nichts mehr davon übrig.«

»Hast du es Papa gegeben?«

»Nein! Eben nicht! Deshalb ist er doch so sauer auf mich. Aber deine Mutter hätte es ihm sicher schon längst abgenommen und in Alkohol umgesetzt.«

Jule schluckt. So sehr sie ihre Oma liebt, sie hasst es, wenn sie so über ihre Mutter spricht.

»Ich habe das Geld gut versteckt. Aber nun muss ich damit etwas machen. Ich will, dass du es bekommst. Würde ich es dir jetzt geben, hätten natürlich deine Eltern einen Anspruch darauf, da du noch minderjährig bist. Das will ich auf keinen Fall. Daher habe ich mich dazu entschlossen, es für dich anzulegen. Du bekommst es, wenn du volljährig bist, also mit 18 Jahren.«

Sie sieht ihre Enkelin erwartungsvoll an. Die ist schockiert, sie weiß nicht, was sie sagen soll.

»Was – wie viel ist es denn?«, stottert sie schließlich.

»Sechshunderttausend Euro«, antwortet Susanne stolz. »Ich habe nichts davon ausgegeben. Es durfte ja niemand wissen, dass ich Geld habe. Und ich will, dass du es bekommst. Alles. Du hast es verdient.«

»Oma – ich – ich muss aufs Klo!«

Jule springt auf und läuft durch das dunkle Zimmer, die Treppe hinab nach draußen. Vor der Tür bleibt sie stehen und atmet tief durch.

Was soll sie denn jetzt machen? Sie will das Geld nicht! Es macht ihr Angst. Sie kann doch gar nichts damit anfangen. Und außerdem – ihr Vater braucht es dringend, das weiß sie. Gerade jetzt, er will doch ein neues Geschäft aufbauen. Auch wenn sie nicht genau weiß, was er vorhat.Dass er dringend versucht, Kapital aufzutreiben, das hat sie mitbekommen. Wenn Oma jetzt ihr das Geld gibt, wird er total sauer sein und nie wieder mit ihr sprechen. Und sie kann es ihm nicht geben, erst in vier Jahren, das ist eine Ewigkeit. Was kann sie nur tun?

Sie muss ihre Oma umstimmen. Die hält ihre Enkelin immer noch für das kleine ängstliche Mädchen, das sie nicht belügen kann. Aber Jule hat sich verändert. Sie ist es gewohnt, sich zu verstellen, allen etwas vorzumachen. Die Trunksucht ihrer Mutter zu vertuschen und die Geldsorgen der Familie. Eigentlich ist sie die Vernünftigste in der Familie, die alles regelt und zusammenhält. Und das muss sie auch jetzt. Sie weiß, was zu tun ist.

Oma weiß doch nur, was sie ihr erzählt. Wenn sie glaubt, dass zu Hause alles bestens ist, dass es ihrem Sohn und Jule gutgeht, wird sie auch glücklich sein. Das ist die Hauptsache. Dann regelt sich das mit dem Geld sicher von allein.

Als Jule zurückkommt, steht Simone bei ihrer Oma auf dem Balkon. »Ich dachte, du bist schon weg. Ich wollte deine Oma gerade hereinholen. Es ist doch ziemlich kühl inzwischen.«

»Ach, lassen Sie uns noch einen Moment hier sitzen. Mir ist gar nicht kalt. Und Julchen muss sowieso gleich nach Hause. Zehn Minuten noch?«

»Gut, dann mache ich schon mal ihr Bett fertig. Ich habe dann auch Feierabend. Also, bleiben sie nicht mehr so lange draußen. Gute Nacht, Frau Fux, bis morgen.«

Jule wartet ungeduldig, bis die Altenpflegerin den Balkon verlassen hat.

»Oma, ich wollte es dir eigentlich nicht erzählen, damit du dir keine Sorgen um Papa und mich machst. Aber jetzt muss ich es dir doch sagen. Du weißt ja gar nicht, wie es zu Hause ist, es hat sich alles verändert.

Mama trinkt gar nicht mehr. Sie ist sehr schwer krank, irgendwas mit der Leber. Papa muss sie pflegen, sie kann gar nicht mehr aufstehen. Bestimmt stirbt sie bald. Deshalb kann Papa dich auch nicht besuchen, weißt du. Er würde ja gern, aber der Arzt hat gesagt, hier kann man sich leicht mit Corona anstecken und das würde Mama nicht überleben. Er will das nicht riskieren. Aber er sagt, es ist wohl sowieso egal. Wir wollten dich nicht aufregen. Aber nun musste ich es dir doch sagen. Damit du Papa nicht dafür bestrafst, dass er nicht kommt. Er kann doch gar nichts dafür.«

Susanne versucht, im Gesicht des Mädchens zu lesen. Es sieht ehrlich aus. Traurig. Was muss dieses Kind nur alles mitmachen, in seinem jungen Alter. Sie zweifelt nicht an dem, was sie gehört hat. So etwas denkt ein Kind sich doch nicht aus.

»Das ist ja furchtbar. Und ich habe wirklich gedacht – weißt du, er hat gesagt, er will mich erst wieder sehen, wenn ich ihm das Geld gebe. Die würden es mir hier sowieso abnehmen. Als wenn ich blöd wäre.« Sie denkt nach. Sie hält ihren Sohn zwar für außerordentlich klug, kann aber doch nicht ignorieren, dass einige seiner genialen Geschäftsideen ziemlich in die Hose gegangen sind.

»Wozu braucht er denn so viel Geld? Weißt du was darüber?«

»Ja, er will eine ganz große Gaststätte bauen, mit Ferienwohnungen und so. Direkt am Strand. Da wo die Fischer sind. Die sollen alle weg.« Dieser Einfall ist Jule blitzartig gekommen. Sie weiß zwar nicht genau warum, aber ihre Oma mag die Fischer nicht. Sie isst keinen Fisch und sie ist genauso tierlieb wie Jule. Und sie mag die Robben.

»Aber dafür reicht mein Geld doch nicht. Dann muss er ja wieder einen teuren Kredit aufnehmen. Das ist schon einmal schiefgegangen.«

»Nein, Oma, er braucht gar keinen Kredit. Stell dir vor, der Vater von Mama ist gekommen. Weil sie doch so krank ist. Jetzt habe ich einen Opa. Der ist total lieb. Und er hat viel Geld. Er findet Papas Plan toll und will ihm helfen. Aber es wäre natürlich besser, wenn Papa selbst auch was hätte. Damit er nicht so abhängig ist, weißt du.«

O Gott! Einen Moment fürchtet das Mädchen, dass sie zu weit gegangen ist. Ihre Fantasie ist einfach mit ihr durchgegangen. Klingt das nicht alles zu dramatisch, zu erfunden? Fast wie in Omas Kitschromanen. Wenn ihre Oma den Mann nun kennenlernen möchte? Oder wenn sie Mama besuchen will?

Aber die alte Frau hat mit großen Augen zugehört und seufzt erleichtert. Sie glaubt, was sie gehört hat, weil sie es glauben will.

»Ja, das ist doch schön. Das heißt«, schränkt sie schnell ein, »das mit deiner Mutter ist natürlich furchtbar, es tut mir sehr leid. Aber sonst – da hat der Junge endlich wieder eine Aufgabe. Er hatte bisher einfach Pech, diesmal wird er zeigen, was er kann. Ich finde die Idee wunderbar. Natürlich helfe ich ihm auch. Wie ist er denn so, dein neuer Opa?«

Ist sie etwa eifersüchtig? »Ach ich weiß nicht. Ich hab noch nicht so viel mit ihm geredet. Er interessiert sich nicht sonderlich für mich. Er hat schon ein paar Enkelkinder.«

»Aha, na dann – ich muss darüber nachdenken, Julchen. Wäre es dir denn recht, wenn ich deinem Vater das Geld gäbe? Oder einen Teil davon?«

»Natürlich, Oma!« Jule fällt ein Stein vom Herzen. »Wir sind doch eine Familie. Papa gibt mir alles, was ich brauche.«

»Gut, meine Kleine. Ich denke noch einmal darüber nach. Aber jetzt muss ich mich hinlegen, ich bin völlig erschöpft.«

Tödliche Gier in Bansin

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