Читать книгу Tödliche Gier in Bansin - Elke Pupke - Страница 5

Prolog Juni 2018

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Es ist ein sehr heller Sommerabend. Die Insel ist voller Touristen, auf den Strandpromenaden drängen sich die Menschen, die Tische in den Restaurants und auf den Terrassen sind alle besetzt, alle Türen stehen offen, von überallher klingen Musik und Stimmengewirr. Saison an der Ostsee.

Hier am Peenestrom, an der Rückseite der Insel Usedom, ist es still. Die wenigen Häuser des kleinen Dorfes liegen verstreut zwischen Bäumen und Gärten. Die Gardinen vor den kleinen Fenstern sind zugezogen, hinter einigen sieht man ein schwaches Licht oder einen helleren Bildschirm. Ein Eichhörnchen klettert einen Baumstamm hinauf, eine Katze schleicht durch das Gras. Nur das Quaken der Frösche und das verschlafene Schnattern einer Ente stören die Stille.

Ein etwas wackliger Holzsteg führt durch das hohe Schilf bis ins tiefere Wasser. Die Frau lässt ihre hochhackigen, mit Strasssteinchen besetzten Sandalen und den pinkfarbenen Bademantel am Ufer liegen. Sie kichert vor sich hin, als sie vorsichtig über den Steg balanciert und sich an der Spitze hinsetzt. Sie ist nicht betrunken, nur sehr vergnügt, mit sich und ihrem Leben zufrieden. Gerade hat sie fast zwei Stunden lang mit ihrer Familie in Polen telefoniert. Die lebt auch in einem kleinen Dorf, aber ihren Lieben geht es nicht so gut, sie müssen hart arbeiten, um sich mit der Landwirtschaft über Wasser zu halten. Sie können auch nicht zu ihrer Hochzeit kommen, leider, sie haben gerade jetzt zu viel zu tun. Aber man wird die Feier in Polen nachholen. Darauf freut sich die Frau, sie malt sich aus, wie sie, elegant gekleidet, mit teuren Geschenken für die Mutter und die Schwestern ins Dorf kommt, wie ihre ehemaligen Freundinnen sie bewundern und beneiden werden.

Die Frau ist nicht mehr ganz jung und nicht mehr ganz schlank, ihr freundliches, rundes Gesicht zeigt Spuren eines abwechslungsreichen Lebens und viele Lachfältchen, das Haar ist etwas zu blond gefärbt.

Während des Telefonates hat sie den süßen Sekt getrunken, den sie so liebt, eine ganze Flasche. Vielleicht wird sie morgen früh Kopfschmerzen haben, doch jetzt geht es ihr gut. Sie geht jeden Abend um diese Zeit im Peenestrom schwimmen, zwischen acht und zehn Uhr, wenn ihr zukünftiger Ehemann die Tagesschau ansieht und danach einen Film, am liebsten einen Krimi.

In Gedanken an das Gespräch mit ihrer jüngeren Schwester, von der sie glühend beneidet wird, immer noch lächelnd, lässt sie die Beine im Wasser baumeln, dann gleitet sie langsam hinein. Es ist noch kühl, angenehm erfrischend.

Die Frau dreht sich auf den Rücken und will sich gerade mit den Füßen vom Steg abstoßen, als ihr Kopf plötzlich unter Wasser gedrückt wird. Der Angriff kommt völlig überraschend und der Kampf ist kurz. Zehn Minuten später treibt der leblose Körper im Wasser.

Roswitha Behrend ist genervt. Sie hätte den Krimi wirklich gern gesehen, aber nun hat sie mittendrin zehn Minuten verpasst und findet den Anschluss nicht mehr. Nur, weil ihre Schwiegermutter mal wieder etwas gesehen hat. Sie sieht dauernd etwas. Einbrecher, Spione, Terroristen. Alles, was gerade im Fernsehen gezeigt wurde, spielt sich für sie hier im Dorf ab. Heute war es eine Frau mit einer roten Mütze, die eine andere Frau im Peenestrom ertränkt hat.

»Da, am Steg«, zeigt sie aufgeregt nach draußen. »Sie hat ihren Kopf unter Wasser gedrückt. Die Enten haben ganz laut geschnattert.«

»Ja, ich rufe dann gleich die Polizei an.« Roswitha verdreht die Augen und ist froh, als ihr Mann endlich aufsteht und sich um seine Mutter kümmert. Sie setzt sich wieder vor den Fernseher, ohne auch nur einen Blick nach draußen, auf den Peenestrom, zu werfen.

Tödliche Gier in Bansin

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