Читать книгу Was die Spatzen im Zoo von den Dächern pfeifen - Ellen Driechciarz - Страница 13

Оглавление

*

Die Ermahnungen der Spatzeneltern

Haben junge Vögel ihr Nest verlassen, sind sie keineswegs selbstständig. Obwohl ihnen einige Verhaltensweisen angeboren sind, müssen sie andere erst erlernen. Dabei ahmen sie entweder ihre Eltern nach oder sie probieren es selbst aus. Doch wie überall in der Natur wird auch manches Spatzenkind nicht alt.

Noch hocken Heiner, Lisa, Moni und Tine sicher im Nest, aber schon bald werden sie eine neue, für sie fremde Welt erobern, in der es natürlich viele Abenteuer, aber auch etliche Hindernisse geben wird. Anton und Elise machen die Kleinen nun auf verschiedene Gefahren, die ihr Leben draußen bedrohen können, aufmerksam und sie versuchen, ihnen für jede einzelne die richtige Verhaltensweise einzuschärfen.

Erfahrungsgemäß können junge Vögel nach dem Ausfliegen nicht gleich selbstständig Nahrung finden. Sie müssen erst lernen, welches Futter das richtige ist und an welchen Stellen sie es finden können. Auch gerade flügge gewordene Haussperlinge sitzen noch einige Zeit in der Gegend herum und warten darauf, dass die Eltern mit Futter zu ihnen kommen, um es ihnen in den Schnabel zu stecken. Doch in Menschennähe besteht das große Risiko, entdeckt zu werden.

„Setzt euch stets geschützt und am besten abseits hin, aber niemals inmitten von Besuchern“, legen Anton und Elise ihren Jungen als Erstes ans Herz. Sie können ein Lied davon singen, dass allzu oft scheinbar hilflose Vögel von Menschen in vermeintlich guter Absicht aufgesammelt und anschließend weggetragen werden. „Sollte euch das passieren, können wir euch nicht wiederfinden.“

Die Warnung zeigt Wirkung, denn erschreckt rücken die Kleinen enger zusammen. Aber schon erfahren sie von einer anderen Gefahr. Bekanntermaßen fühlen sich Haussperlinge von Tierställen magisch angezogen, weil sie ihnen eine willkommene Rundumversorgung bieten. Finden die Vögel Schlupflöcher in diese Unterkünfte, gehören sie sogar zu ihren angenehmsten Aufenthaltsorten. Doch vorerst fordern Elise und Anton, dass sich Heiner und seine Schwestern von Ställen fernhalten, obwohl sie später, wenn sie besser Bescheid wissen, von diesen profitieren werden.

Jetzt bekommen sie aber zu hören: „Fliegt nicht in unbekannte Tierhäuser! Die Stalltüren können unerwartet verriegelt werden und damit ist euer Weg nach draußen abgeschnitten.“

Die jungen Haussperlinge versprechen es.

Als Nächstes betonen die Sperlingseltern die Unfallgefahr, die Fensterscheiben bergen. Im Zoo gibt es schließlich eine Menge davon. „Gebt auf Glasscheiben acht!“, mahnen sie die Jungen und Elise erklärt, warum.

„Wenn ihr dagegenfliegt, könnt ihr euch schwer verletzen und im schlimmsten Fall kann der Zusammenstoß zum Tode führen. Da viele Tiergehege mit allerlei Sichtscheiben versehen sind, solltet ihr beim Fliegen stets aufmerksam die Umgebung betrachten. Später könnt ihr euch auch die Stellen mit den Glasscheiben einprägen.“

Mit ernsten Mienen betrachten Elise und Anton ihren Nachwuchs und müssen feststellen, dass den Spatzenkindern von den Neuigkeiten schon die Köpfe schwirren. Sie beschließen deshalb, dass es für heute genug Belehrungen gab. Mit leisem Zwitschern wiegen sie die Jungen in den Schlaf.

Erst am nächsten Abend geben Anton und Elise weitere Lektionen zum Besten. Die vier Spätzchen sind hellwach und lauschen wieder artig jedem gut gemeinten Ratschlag der Eltern.

Zuerst erklären Anton und Elise ausführlich die Vorzüge einer breiten und dicht gewachsenen Hecke. Naturgemäß ist sie ja der Lieblingsaufenthaltsort eines jeden Haussperlings, denn sie bietet überlebenswichtigen Schutz und ist der ideale Ausgangspunkt, von dem Haussperlinge im Gruppenverband zu den Nahrungsquellen und zum Staubbaden ausschwärmen können.

Elise fordert die Jungen auf, stets die Sicherheit einer Hecke zu suchen. „Wenn ihr auf uns wartet, dann dort. Von den oberen Zweigen könnt ihr bequem Ausschau halten, euch aber zum Schutz vor Feinden, die uns jagen und fressen wollen, schnell in das schützende Dickicht zurückziehen.“

Daraufhin erzählt Anton ausführlich von den Feinden. „Angreifer aus der Luft sind wendige Greifvögel wie Sperber, Habichte oder Turmfalken. Sie haben kräftige Füße mit scharfen Krallen. Seid ihr erst einmal in ihre Fänge geraten, gibt es keine Rettung.“ Er macht eine Pause, um seine Worte wirken zu lassen. Dann fährt er fort. „Ein anderer Jäger lauert am Boden. Recht unauffällig schleichen sich Hauskatzen an, um blitzschnell ihre anvisierte Beute zu packen. So anschmiegsam wie Katzen auch tun, sie sind geschickte Vogelfänger, das ist altbekannt.“ Schließlich hebt Anton mahnend seine rechte Flügelspitze, um die Jungvögel daran zu erinnern, sich am besten im Schwarm zu halten. „Damit ist die Gefahr für den Einzelnen geringer“, begründet er.

„Und bei jedem Alarm müsst ihr euch schnell in einem Busch, einem Strauch oder in einer Hecke verstecken“, wiederholt Elise noch einmal.

Die größte Sorge von Elise und Anton ist allerdings, dass die Kinder die Gefahren nicht ernst genug nehmen und etwas Unbedachtes tun. Das Leben im Zoo kann für Haussperlinge leicht und bequem sein, aber abenteuerlustige Spatzen, denen der Schalk im Nacken sitzt, geraten sicher in so manche gefahrvolle Situation. Nicht zuletzt geben sie den Jungen daher noch einen besonders wichtigen Hinweis mit auf den Weg: „Manche Zootiere, die sich natürlicherweise auch von Vögeln ernähren, stellen ebenfalls eine große Gefahr dar. Sie können uns fangen, obwohl sie ausreichend Futter bekommen. Dieser Bedrohung sind wir Spatzen ausgesetzt, wenn wir uns allzu sorglos in Tieranlagen aufhalten.“

Den Kleinen bleibt vor Schreck der Schnabel offen stehen. Dass die Zootiere, auf die sie sich am meisten freuen, auch gefährlich sein können, hätten sie nicht gedacht. Sollten sie vielleicht ihre Exkursion durch den Zoo nicht allein, sondern mit einem erfahrenen Führer unternehmen? Angestrengt überlegen sie, was sie tun können.

„Ich glaube, ich habe die Lösung gefunden“, verkündet Heiner seinen Schwestern etwas später und leise erzählt er ihnen von seinem Plan.

Die Eltern indes hoffen sehr, dass die Jungen den Ernst der Lage erkannt haben und besonnen in das bevorstehende Leben starten werden. Ihnen ist aber auch bewusst, dass die Geschwister sehr wissbegierig und unternehmungslustig sind. Wo wird ihr Lebensweg sie hinführen? Darüber machen sie sich schon große Gedanken. Als erfahrene Sperlingseltern haben sie jedoch alles getan, um ihre Sprösslinge gut vorzubereiten.

Was die Spatzen im Zoo von den Dächern pfeifen

Подняться наверх