Читать книгу Die Herrinnen von nebenan - Folge 2 - Emanuel J. - Страница 2
ОглавлениеDer Platz des Sklaven
Da Barbara keinen Hauptstadtflughafen bauen, sondern nur die geerbte Villa renovieren ließ, verzögerte sich die Fertigstellung nicht um mehrere Jahre, sondern lediglich um zwei Wochen, sodass der Umzug anstatt am Monatsanfang erst am zweiten Wochenende des Juli stattfand. Viel Arbeit hatten sie damit nicht; binnen einer Stunde waren am Samstagvormittag ihre wenigen Habseligkeiten mit Geralds Hilfe in dessen Transporter verstaut. Die Möbel konnten sie einfach stehen lassen, denn morgen, so erfuhr Daniel von Barbara, kam Franziska von Madrid zurück und zog erst mal hier wieder ein. Ein bedauerndes Achselzucken begleitete ihre Worte. „Tja, sie wird sich wohl ein bisschen einsam hier fühlen.“
Wortlos verstaute Daniel die blaue Blechdose vom Regal im letzten Umzugskarton, der halb gefüllt draußen in der Diele stand, dann guckte er noch mal in alle Schreibtischschubladen, um sich zu vergewissern, dass er weder eines seiner Manuskripte noch einen der Geldscheine seines Einkommens vergessen hatte. Ja, gut möglich, dass Franziska ihren Sklaven vermissen würde, der einfach zu einer neuen Herrin übergelaufen war wie ein vernachlässigtes Kätzchen. Aber was sollte er machen? Schließlich hatte sie ihn selbst an Barbara zur Pflege übergeben, und konnte er etwas dafür, wenn diese ihn Dinge erleben ließ, auf die er um keinen Preis der Welt mehr verzichten wollte? Stünde er wieder vor der gleichen Wahl, würde die Entscheidung nicht anders ausfallen.
Sie hatten alles. Oder? Was war mit Klara? Er fragte lieber nicht danach, da ihm das ja doch nur die hämische Frage eingebracht hätte, ob er etwa scharf auf sie sei. Doch hatte er mal wieder vergessen, dass Barbara seine Gedanken lesen konnte.
Lächelnd schüttelte sie den Kopf. „Die lassen wir hier. Sie gehört ja Franziska. Du wirst über den Verlust hinwegkommen müssen.“
Gerald, der anscheinend genau wusste, worum es ging, grinste amüsiert in sich hinein, dann wuchtete er prustend den Karton hoch, der gar so schwer aber eigentlich nicht sein konnte, da nur halb gefüllt, ohne Bücher und ohne Steine. Ein letztes Mal schaute sich Daniel in der schäbigen Wohnung um, in der Träume wahr geworden waren, sogar solche, die er nicht einmal geträumt hatte. Schier unglaublich, was er hier alles hatte erleben dürfen (und anderswo noch erleben würde, wie er jedenfalls hoffte). Mit seinem Karton in Händen polterte Gerald nach unten, während Barbara mit Daniel nach oben ging, um Jasmin die Wohnungsschlüssel auszuhändigen, die Franziska morgen bei ihr holen würde.
Da Gerald unten auf sie wartete und Jasmin in ihrer kurzen Hose und einem etwas schmuddeligen blauen Top so aussah, als sei sie grade am Putzen, drückte ihr Barbara den Schlüsselbund einfach zwischen Tür und Angel in die Hand.
Jasmin lächelte halb traurig und halb versonnen. „Tja, jetzt zieht ihr also aus … Ihr habt mir einige interessante Überraschungen beschert.“
O ja. Die Bilder ihrer Erinnerung spukten auch durch Daniels Kopf. Nie würde er den Moment vergessen, an dem er im Treppenhaus plötzlich vor ihr gestanden war in Rock und Top, und ebenso unvergesslich war sein allererster Knicks vor ihr, bei dem er befürchtet hatte, tot umzufallen vor Scham. In der Erinnerung war auch das schon reizvoll geworden, so bemerkte er staunend. – Im Moment wurde kein Knicks von ihm verlangt und war er angezogen wie ein richtiger Mann, fast jedenfalls, denn bewegte er sich, blitzte zwischen Hose und Schuh verräterisch die Strumpfhose hervor, um jedem mit Augen im Kopf zu zeigen, dass er ein gar so normaler Mann halt doch nicht war.
Am nächsten Samstag, so sagte Barbara zu Jasmin, steige ihre Einweihungsparty und sehr herzlich sei sie dazu eingeladen. Daniel vernahm es mit Schrecken. Eine Einweihungsparty? Mit Gästen? (Natürlich mit Gästen, da es ohne solche eine Party nicht geben kann.) Was um Himmels willen stand ihm da wieder bevor? Jasmin war skeptisch, zierte sich und sagte dann doch zu, als Barbara ihr Honig ums Maul schmierte und so tat, als sei die Party ohne ihr Kommen öd und fad, des Feierns kaum wert. Ab siebzehn Uhr gehe es los, sagte Barbara erfreut und verabschiedete sich mit einem heiteren Winken. Voll banger Ahnung folgte ihr Daniel die Treppe hinunter. Eine Party. Das würde wohl wieder eine ziemliche Herausforderung für ihn werden, nahm er mal an …
Unten vor dem Haus war Gerald in eine Diskussion mit einer hübschen schwarzhaarigen und schwarzäugigen Politesse verstrickt, die dabei war, ihm einen Strafzettel wegen Falschparkens zu verpassen. Halb stand sein Transporter auf der Straße, halb auf dem Gehweg, nicht aber auf dem Radweg, da dies nicht ratsam war in dieser Stadt hier, in der männliche Radfahrer ihre Rechte mit der Naturgewalt von Berserkern verteidigten und sich Radlerinnen augenblicklich in unheilbringende Furien verwandeln konnten. Händeringend versuchte er die steinern lächelnde Dame davon zu überzeugen, dass dies hier ein Sonderfall sei, ein Umzug, um Himmels willen, man könne die schweren Möbel doch nicht durch die halbe Stadt schleppen, wie stelle sie sich das vor? Eine kleine Übertreibung zum Zwecke der Überzeugungskraft, doch fruchtete sie nicht.
Irritiert irrte der Blick der gut gebauten Mittdreißigerin zu Daniels Schuhen, über denen vermutlich mal wieder die Strumpfhose hervorgelugt hatte, die mit ihrem dezenten Hautfarbenton doch eigentlich gar nicht hätte auffallen dürfen und doch so wirkte, als sei sie knallrot. Gleich aber hatte sie sich wieder gefangen und erklärte Gerald ungerührt, dass „dieses Fahrzeug da“ (sie sprach es aus, als handele es sich um einen verrosteten Schrotthaufen) eine viel zu lange Zeit unbeaufsichtigt hier herumgestanden habe. Es behindere den Verkehr (was nicht der Fall war, da die Autos bequem daran vorbeifahren konnten) und zwinge die Fußgänger auf den Radweg, auf dem sie in höchster Gefahr schwebten (was auch ein bisschen übertrieben war, aber doch nicht ganz von der Hand zu weisen). Mit zwanzig Euro käme er für diese Rücksichtslosigkeit noch gut davon.
In dieser beschissenen Stadt hier, so brauste er auf, werde bald noch das Atmen verboten und müsse man wohl für das Betreten des Gehwegs eine Lizenz beantragen, doch zupfte ihn Barbara beschwichtigend am Ärmel. „Lass gut sein. Es macht keinen Sinn. Ich bezahle das Knöllchen.“ Auge in Auge mit einer Hüterin der Parkverbotszonen musste sogar eine gestrenge Herrin wie Barbara klein beigeben. Es gehe nicht ums Geld, sondern ums Prinzip, knurrte er, während sie den Strafzettel entgegennahm, den er sich halsstarrig wie ein Tattergreis nicht hatte in die Hand drücken lassen. Es gelang ihr mit Engelszungen, ihn zum Einsteigen zu bewegen, und während er sich hinters Steuer klemmte, quetschte sie sich mit Daniel auf die Doppelsitzbank daneben.
Beim rumpelnden Losfahren sahen sie die Politesse in die Seitenstraße schreiten auf der Suche nach dem nächsten Parksünder, um ihm die verdiente Strafe zu verpassen. Vielleicht, so spekulierte Daniel, gab es auch in ihr eine dominante Ader und hätte sie die Falschparker am liebsten gezüchtigt mit einer biegsamen Rute, doch saß er wohl einem Klischee auf und sollte seine Fantasien ein bisschen zügeln …
Nach wenigen Minuten waren sie in der Weststadt angekommen, und von Barbara ortskundig gelotst, fuhr Gerald völlig problemlos durch das Labyrinth der Einbahnstraßen, ohne sich zu verfahren, wenden zu müssen oder diese ganze gottverdammte Planungsbehörde zur Hölle zu wünschen, es war ein Wunder. Dann tauchte es auf, das neu renovierte Haus, strahlend weiße Fassade mit ockerfarben abgesetzten Fenstersimsen, von keinem Baugerüst mehr verschandelt. Barbara öffnete das weiße Gittertor und Gerald lenkte den Transporter auf dem ockerfarbenen Pflaster rückwärts bis dicht vor den seitlich angebrachten Eingang, was sehr praktisch war. Der Vorgarten, so sah Daniel, war nicht mehr vertrampelt von schweren Bauarbeiterschuhen, sondern wieder halbwegs ansehnlich hergerichtet mit einem Kiesweg am Haus entlang, einigen kleinen Sträuchern, die den Umbau überlebt hatten, und neu gepflanzten Bodendeckern, die aber erst noch wachsen mussten, um die gefräste braune Erde zu überwuchern.
Barbara, die heute zur Abwechslung mal keinen noblen Hosenanzug trug, sondern in Jeans und T-Shirt recht arbeitsam aussah, stand am Eingang und schloss die elegante weiße Aluminiumtür auf, die ein gläsernes Dach und gläserne Wände an zwei Seiten vor der Witterung schützten. Neugierig folgte Daniel ihr hinein in das Haus, in dem er fortan also wohnen sollte. Elegant sah auch die Diele aus. Beigefarbener Fliesenboden, kleiner, roter, runder, flauschiger Teppich, ein Garderoben- und ein Schuhschrank, beide in Weiß. Linker Hand war zwischen zwei anthrazitfarbenen Türen ein deckenhoher Spiegel angebracht. Rechts gab es zwei weitere anthrazitfarbene Türen, von denen eine in die Küche, die andere zur Kellertreppe führte, und geradeaus schaute man durch eine breite Glastür in einen großen hellen Raum mit Wohn- und Essbereich. – In dem, man sah es schon von hier aus, mittendrin an einem freien Platz eine dicke Kette von der Decke baumelte! Jeder, der hereinkam, sah also schon beim ersten Blick, dass es hier anders zuging als anderswo.
Offenbar konnte Barbara seine Gedanken schon wieder lesen, denn sie lächelte sadistisch. „Tja, so ist das halt bei mir. – Aber zieh dich erst mal richtig an, bevor es weitergeht.“ Sie drückte ihm die Einkaufstasche in die Hand, die sie mit aus dem Transporter genommen hatte. „Hier drin findest du, was du brauchst. Du kannst ins Bad gehen.“ Ihr Blick wies zur Treppe, die rechts neben dem Eingang nach oben führte und recht extravagant aussah: eine Spindeltreppe mit Stahlrohrrahmen und hellen Holzstufen, die ohne hintere Verblendung aufgeschraubt waren. „Gleich die erste Tür links.“
Der Flur oben war mit rötlichem Parkett belegt und es gab vier weiße Türen, zwei vor ihm direkt nebeneinander, dann eine rechts der Treppe und eine links, die er sachte öffnete. Oh! Das Badezimmer, das er betrat, war das luxuriöseste, das er je in echt gesehen hatte. Allerdings sagte das nicht viel aus, da er nicht in wohlhabenden Kreisen verkehrte. Die Badewanne, die beiden Waschbecken, die Toilettenschüssel und das Bidet waren taubenblau, die Wände lindgrün gekachelt, der Boden war mit dunklem Schiefer belegt. Hinten in der Ecke gab es eine barrierefreie Dusche mit halbrunder durchsichtiger Glaswand und durch die herabgelassene, aber nicht geschlossene Jalousie fiel schattiges Tageslicht herein.
In der Tasche fand er einen rosafarbenen kurzen Faltenrock und sah ansonsten nur noch Weiß, einen spitzenbesetzten String, eine Strumpfhose, noch in der Packung, einen BH samt Füllungen, ein kurzärmeliges dünnes Top mit züchtigem V-Ausschnitt – und Damenschuhe, Sandaletten mit dünner Sohle und nicht allzu hohem Blockabsatz. Er hatte gar nicht gewusst, dass es solche Schuhe auch in Größe sechsundvierzig gab. War die Zeit der Ballettschuhe etwa vorbei? Sie passten einigermaßen und die ersten zaghaften Probeschritte verliefen ermutigend. Er knickte nicht um, brach sich nicht die Beine, konnte ganz gut damit laufen, war Barbara dankbar dafür, dass sie keine dünnen hohen Absätze für ihn ausgewählt hatte, und bedauerte es anderseits ein bisschen, da es nicht reizlos gewesen wäre …
Ordentlich zurechtgemacht ganz in Weiß mit ein bisschen Rosa, schritt er wieder die Treppe hinab, um halbwegs eleganten Gang bemüht, was aber offenbar nicht so recht klappte, denn Barbara, die gerade aus dem Wohnzimmer kam, schüttelte tadelnd den Kopf. „Du polterst hier runter wie ein Trampeltier. – Bis nächsten Samstag muss das anders sein. Aber du hast ja Gelegenheit zum Üben.“
Gerald schleppte einen Karton herein und stellte ihn in der Küche ächzend auf dem Boden ab. Beim Aufrichten wischte er sich über sein schweißnasses blaues T-Shirt, als würde es davon trocken werden. „Wir haben’s gleich. Ist nicht mehr viel.“ Sein Blick schweifte von Daniel zu Barbara, die ihm beide gefolgt waren mit leeren Händen, und besorgt runzelte er die Stirn. „Es ist jetzt schon heiß wie im Backofen und für heute Mittag sind fünfunddreißig Grad angekündigt. Er wird in seiner Strumpfhose eingehen wie eine Primel.“
Barbara, die einem der herumstehenden Kartons eine Packung Zucker entnommen hatte, um sie in einem der taubenblauen Schränke zu verstauen, winkte ab. „Er hält schon was aus. Eine solche Strumpfhose sagt ihm zu jeder Sekunde, dass er mein Sklave ist. Sie ist völlig unverzichtbar. Sozusagen das Symbol seiner Unterwerfung. Er kann froh sein, dass er nicht auch nachts eine anhaben muss.“ Sie hatte einen geeigneten Platz für den Zucker gefunden, im obersten Fach des Schrankes, wo sie kaum hinkam, und drückte ihn Daniel in die Hand, damit der ihn dort abstelle. „Und wer als Lustobjekt dient, darf sich über einige Unannehmlichkeiten nicht beklagen. Unzählige geknechtete Frauen könnten dir das bestätigen.“
Leicht auf die Fußballen gereckt deponierte Daniel den Zucker dort oben wie seinerzeit bei Franziska an jenem magischen Abend, damals, als er noch ein normaler Mann gewesen war und nicht für das Unrecht hatte büßen müssen, das man all den armen Frauen angetan hatte im Laufe der Jahrhunderte. Das Symbol seiner Unterwerfung also … Jetzt wusste er auch, weshalb ihm eine Strumpfhose ein so reizvolles Kribbeln schenkte, selbst dann noch ein bisschen, wenn es wirklich zu warm dafür war …
Fürs fleißige Schaffen eignete sich seine Kleidung jedenfalls nicht, weshalb Gerald die letzten Kartons ohne Murren und Klagen alleine hereinschleppte. Für die Küchenarbeit aber reichte es und so begann Daniel mit Barbara zusammen und natürlich nach ihrer Anweisung, die Küche mit weißem Geschirr, eleganten Gläsern, hochwertigem Besteck, schweren Töpfen und Pfannen einzuräumen, alles Dinge, die sie in dieser Woche neu gekauft und direkt hierher hatte bringen lassen, wie sie berichtete. Die Erbschaft, die sie gemacht hatte, schien neben dem Haus auch noch eine stattliche Summe Geld beinhaltet zu haben. Als der Transporter leer war, schleppte Gerald noch einen Kasten Mineralwasser herein, stellte einige Flaschen in den noch leeren Kühlschrank und trank eine von ihnen auf einen Zug halb leer. Den Rest verstaute er in der angrenzenden Speisekammer, die so geräumig war, dass man auf ihren Regalen Vorräte für eine ausgewachsene Fußballmannschaft hätte unterbringen können. Dann klopfte er sich den Staub aus seiner schmuddeligen Jeans und fuhr einkaufen.
Kaum hatte er das Haus verlassen, wandte sich Daniel an Barbara. „Darf ich bitte zur Toilette gehen, meine Herrin?“
Sie lächelte verstehend. „Hast du gewartet, bis er gegangen ist?“
Durchschaut! Was wieder mal nicht schwer gewesen war, da sie doch genau wusste, wie schwer ihm diese schändliche Bitte von den Lippen kam und dass es ihm noch viel beschämender vor fremden Ohren erschien, vor einem Mann gar noch. Dass Gerald alles andere als ein Fremder war und Daniels Verwandlung in einen Schulbuben öfter schon hatte miterleben dürfen, machte es auch nicht besser. „Verzeiht mir bitte, meine Herrin … Aber es ist nicht leicht …“
Mit einem nachsichtigen Lächeln legte sie eine Handvoll Gabeln ins vorgesehen Fach der Besteckschublade. „Du sollst es ja auch nicht leicht haben, sondern mir ein guter Sklave sein … Es ist vermutlich ziemlich dringend?“
„Ja, meine Herrin.“
„So ist das halt, wenn man es so lange rausschiebt, weil man sich geniert … Eigentlich sollte ich dich zur Strafe noch eine Weile warten lassen.“ Sie sah seinen erschrockenen Blick und winkte großmütig ab. „Dann geh halt, bevor es zu spät ist.“
Die Gästetoilette befand sich gleich neben dem Eingang. Wie es sich gehörte, ließ er die Tür offen stehen, während er vor der taubenblauen Schüssel auf dem blauen flauschigen Vorleger niederkniete, denn an diesen Regeln, so nahm er mal an, würde sich wohl auch im neuen Haus nichts ändern. Vermutlich galt das für sämtliche anderen Vorschriften ebenso. Waschlappen und Handtücher hatte Barbara schon bereitgelegt, sodass er hygienisch einwandfrei in die Küche zurückkehren konnte.
Sie hatten schon fast alles eingeräumt, als Gerald wieder erschien mit einer bis obenhin beladenen rot-weißen Klappbox, die er auf die vermutlich tonnenschwere bläulich schimmernde granitene Arbeitsplatte wuchtete. Jede Menge Lebensmittel hatte er mitgebracht, dazu einen Laib Brot und drei gebratene halbe Hähnchen mit Pommes. Das Mittagessen. Es wurde Zeit. Barbara öffnete die Schiebetür, durch die man direkt in den Essbereich gelangte, und ganz undominant in diesem Moment trugen sie und Gerald ihren Teller samt Besteck selbst hinüber.
Klare helle Linien bestimmten den ganzen großen Raum, in dem sich der Fliesenboden der Diele fortsetzte. Zwei gläserne Türen, umrahmt von lindgrünen Gardinen, führten hinaus zu einer Terrasse und zum Garten. Drüben im Wohnbereich gab es auf einem hellbraunen Teppich eine Sitzgruppe aus dunkelrotem Leder mit rechteckigem weiß lackiertem Couchtisch. An der Wand stand eine weiß-schwarz abgesetzte Regalwand, angefüllt mit Büchern und CDs, darin integriert ein riesiger Flachfernseher und eine Stereoanlage mit zierlichen weißen Standboxen. Etwas entfernt stand ein gedrungener Kaminofen mit mächtigem metallenem Abzugsrohr und dicker Glastür. Unter dem weißen Tisch und den sechs roten Schwingerstühlen hier im Essbereich gab es keinen Teppich, ebenso wenig unter dem kleinen runden Plastiktischchen, das nicht im Geringsten zur übrigen Einrichtung passte. Es stand etwas abseits in der Nähe der Küchentür und mittendrauf thronte eine gelb-rote Dose mit Ringelblumensalbe. Halb unter die Platte geschoben war ein schlichter Holzstuhl mit kerzengerader Rückenlehne.
Einladend wies Barbaras Blick dorthin. „Das ist der Sklavenplatz. Extra für dich.“
Oh! Er durfte nicht bei ihnen am Tisch sitzen? Das war wirklich diskriminierend. Er stellte seinen Teller ab – und sah ihn dann, den metallen schimmernden Dildo, der herausfordernd von der ungepolsterten Sitzfläche des Stuhls aufragte! Wie eine Eichel geformt war die Spitze, in der Mitte traten zwei wulstige Ringe hervor und nach unten hin verdickte er sich immer mehr.
Barbara ließ sich an der Stirnseite des Esstisches nieder, Gerald rechts von ihr, und lächelnd schaute sie zu Daniel herüber. „Du wirst dich bestimmt gut mit ihm anfreunden. Aber mach erst mal die Strumpfhose runter!“
Zaudernd schob Daniel sie mitsamt dem String hinab mit beiden Händen und immer noch tiefer musste sie kommen, bis hinunter zu den Knien.
Amüsiert schweifte Barbaras Blick zu seinem halb aufgerichteten Penis, den natürlich auch Gerald anstarrte. „Noch ein bisschen schüchtern? Vielleicht solltest du deinen neuen Freund erst mal begrüßen. – Gib ihm einen Kuss!“
Was? War das ihr Ernst? Ja, das war es wohl, so sah er an ihrem herausfordernden Blick. Nichts anderes blieb ihm übrig, als vor ihm auf die Knie zu sinken wie vor einem verehrungswürdigen Götzen und ihn vorsichtig zu küssen.
„So ist es schön. Und so machst du es immer vor dem Essen! Jetzt kannst du ihn vorbereiten.“
Deshalb also stand die Dose auf dem Tisch. Mit spitzen Fingern strich er etwas von der fetten gelblichen Creme auf das harte kühle Metall und nahm noch etwas mehr, da viel in diesem Fall wohl gut war. Als er wieder aufschaute, sah er, dass Barbara und Gerald mit dem Essen schon mal angefangen hatten, bevor es völlig kalt wurde.
Mit fettigen Fingern steckte sich Barbara ein Stückchen des weißen faserigen Fleisches in den Mund und verzog verdrießlich das Gesicht. „Ist ziemlich trocken, der Gummiadler.“ Aufmunternd nickte sie Daniel zu. „Setz dich!“
Ja, setzen, natürlich … Mit beiden Händen rechts und links auf den Stuhl gestützt, ließ er sich vorsichtig nieder, den beiden am Tisch zugewandt. Verstohlen rückte er sich zurecht, bis er die kühle Spitze an der richtigen Stelle spürte, dann sank er behutsam weiter hinab, spürte den Dildo groß und stark in sich kommen. Als er das letzte Abstützen der Arme bleibenließ und nun richtig saß, war er so tief erfüllt wie noch nie zuvor, so glaubte er jedenfalls. Dass das Hähnchen wirklich trocken war, dazu halb kalt, und die Pommes inzwischen wie schon einmal gegessen aussahen, spielte keine Rolle, da er sowieso keinen Appetit hatte. Halb aufgelöst rutschte er auf dem glatten Holz hin und her, den Versuch, das Stöhnen zurückzuhalten, hatte er aufgegeben, es konnte ja eh nicht gelingen.
Kopfschüttelnd legte Barbara Messer und Gabel auf ihren noch halb vollen Teller. „Schmeckt eklig. – Aber zu viel essen ist ja eh nicht gut.“ Ihr Blick schweifte von Daniel zu Gerald. „Es macht ihn ziemlich geil. – Meinst du, das Ding wird halten?“
Gerald kaute auf den matschigen Pommes herum. „Ja, doch, bestimmt. Ich habe den Stuhl genau passend ausgesägt und die kleine Fuge, die es noch gab, mit Silikon ausgefüllt. Und ich habe ja einen sehr langen Dildo genommen, sodass ich ihn zehn Zentimeter weiter unten mit einer stabilen U-Schiene befestigen konnte. Da dürfte nichts schiefgehen.“
Dann war das also Geralds Werk, wie die Kette, die von der Decke hing, sicherlich auch. Stabil schien das Ding auf dem Stuhl wirklich zu sein, jedenfalls merkte Daniel nicht, dass es irgendwie wanken würde, nein, warm, wie es inzwischen geworden war, und unverändert groß füllte es ihn aus, um ihn bei der geringsten Bewegung in Verzücken zu versetzen, und wenn er sich überhaupt gar nicht regte, auch. Noch immer hielt er Messer und Gabel in Händen, aber nur, weil er es kaum bemerkte und es außerdem für gut hielt, sich an irgendetwas festzuhalten.
Barbara trank einen Schluck Mineralwasser, bemäkelte, dass es noch ziemlich warm sei, womit es allerdings passe zu dieser Katastrophe von Mittagsmahl, und betrachtete Daniel versonnen, als sei er der einzige Lichtblick, den es momentan für sie gab. „So wirst du ab jetzt immer essen! Hoffen wir mal, dass du dabei nicht verhungerst. Aber es wird ja wieder besser schmecken.“ Mahnend hob sie den Zeigefinger. „Wenn ich nicht da bin, darfst du dich aber nicht da draufsetzen! Du weißt ja, dass deine Lust nur für mich da ist und nicht für dich. Hast du gehört?“
Mühsam formte er sein Stöhnen zu Worten: „Ja, meine Herrin.“
„Gut. Und du wirst jedes Mal genau das machen, was du auch heute tust, und zwar ohne, dass ich es dir noch einmal sagen muss. Ich hoffe, du hältst dich dran.“
Was blieb ihm denn anderes übrig, als sich dran zu halten? Erneut rang er sich die erwartete Bestätigung ab. „Ja, meine Herrin, das werde ich tun.“
„Wir werden sehen. Beteuert hast du ja schon viel.“
Da auch Gerald seinen Teller von sich weggeschoben hatte, war das Essen nun beendet und durfte sich Daniel erheben, was er sehr behutsam tat und auch ein bisschen bedauernd, wenn er ehrlich war. Er wollte die Strumpfhose hochziehen, doch hielt ihn Barbaras Kopfschütteln davon ab. „Gib ihm erst noch einen Abschiedskuss!“ Echt? Nur einen winzigen Moment währte Daniels Zögern, dann sank er ein zweites Mal neben dem Stuhl auf die Knie und hauchte ein Küsschen aufs warme Metall, das angelaufen war von der Wärme und der Ringelblumensalbe, der seine Lippen sorgsam auswichen. Wieder durfte er sich aufrichten und dieses Mal die Strumpfhose auch wirklich hochziehen, dann wurde er ins Bad geschickt, um ein Tuch zu holen, mit dem er den Dildo sorgsam reinigte. Als das Metall makellos glänzte, musste er es zum Abschied noch einmal küssen, dann wurde er in die Küche geschickt, um dort Kaffee zu kochen.
Kaffee wurde fortan nicht mehr gemahlen gekauft, sondern in Bohnen, und diese waren in einer großen Dose im Kühlschrank deponiert, so erklärte ihm Barbara. Eine langsam drehende Kaffeemühle, ein futuristisch aussehender Wasserkocher, eine schwere Thermoskanne aus rot lackiertem Edelstahl und ein cremefarbener Keramikfilter standen gegenüber dem Fenster in einer eher düsteren Ecke bereit. Bald war der Kaffee aufgebrüht und konnte serviert werden zusammen mit dem Kuchen, den Gerald vom Einkauf mitgebracht hatte.
Mit einem artigen Knicks schenkte Daniel zuerst Barbara, dann Gerald in die elfenbeinfarbenen Becher aus Aluminiumporzellan ein, und natürlich vergaß er auch die dazugehörigen untertänigen Worte nicht: „Bitteschön, meine Herrin.“ „Bitteschön, mein Herr.“
Auch er selbst durfte einen Kaffee trinken und ein Stück Kuchen essen, drüben an seinem Katzentisch, aber zum Glück nicht auf dem Sklavenplatz, da dieser nur fürs richtige Essen vorgesehen war, nicht für kleine Mahlzeiten zwischendurch oder fürs Frühstück. So bekam er es von Barbara erklärt, die ihm erlaubte, sich einen der Stühle vom Esstisch herüberzuholen.
Der Kaffee schmeckte bitter! Was unerklärlich war, da es sich um eine teure Sorte handelte, auch die Gerätschaften von hervorragender Qualität waren und er, soweit er es beurteilen konnte, alles richtig gemacht hatte. Und der Kaffee schmeckte trotzdem bitter, dazu auch noch säuerlich.
Barbara seufzte schwer. „Hoffen wir mal, dass es hier in diesem Haus mit dem Genuss nicht so weitergeht. Aber vielleicht ist alles einfach noch zu neu.“ Das war ein Trost, an den es sich klammern ließ. Bestimmt würde alles bald besser werden. Beim Hähnchen war das gewiss, denn eines vom Schnellimbiss würde es so bald nicht mehr geben.
Als er die halb leer getrunkenen Becher zusammen mit den komplett leer gefutterten Tellerchen weggeräumt und in der Spülmaschine verstaut hatte, packte er mit Barbara zusammen den letzten noch in der Diele herumstehenden Karton aus. In diesem befand sich die blaue Dose, die er ratlos in Händen hielt.
Barbara überlegte einen kleinen Moment. „Du musst dir den Plug nicht mehr regelmäßig reinstecken. Es gibt jetzt ja den Sklavenplatz. Aber hin und wieder werden wir ihn doch brauchen. Und das andere auch. – Also stell sie dorthin.“ Sie wies zum eleganten weißen Sideboard beim Esszimmertisch, auf dem schon ihre kleine Erzieherin lag, und zupfte sich sinnierend am Ohr. „Eine Gerte müssen wir bei Gelegenheit noch besorgen. Irgendwie ist sie für eine kleine Züchtigung zwischendurch doch recht praktisch.“ Ja, ja, die Worte der Verkäuferin. Die hatten alle gut reden, denn es tat ihm ja weh, nicht ihnen. Er sagte mal lieber nichts dazu.
Gerald war inzwischen auf einem Sofa eingedöst und sie ließ sich in einem der beiden Sessel nieder mit ihrem neuen Tablet-PC und versuchte mit diesem ins Internet zu kommen. Derweil schloss Daniel am Schreibtisch zwischen den Terrassentüren seinen Computer an. Dieser Platz, so erfuhr er staunend, war extra für ihn vorgesehen, damit er seine schöpferische Schaffenskraft gut entfalten konnte. Bald hatte er den Rechner zum Laufen gebracht, bekam von Barbara das Passwort fürs WLAN verraten und schaffte es, sich einzuloggen, was ihr schon längst gelungen war.
Der Rest des Tages verging in angenehmem Müßiggang. Zweimal bat er seine Herrin vor Geralds Ohren um Erlaubnis zur Toilette, ohne dabei zu vergehen vor Scham, ein kleines Abendessen nahm jeder für sich in der Küche ein, und der Kaffee, den er gegen sechs Uhr zubereitete, schmeckte bitter, wofür es noch immer keine Erklärung gab. Nachdem sie alle (nacheinander) eine Dusche genommen hatten, trafen sie sich draußen auf der Terrasse bei einem Gläschen Wein. Barbara trug nun einen goldfarbenen Hosenanzug mit weißer Bluse, die bis oben hin zugeknöpft war, und Gerald hatte jetzt eine etwas neuere Jeans und ein rotes T-Shirt an. Woher er diese Klamotten plötzlich hatte, wusste Daniel nicht und würde er wohl nie erfahren. Er musste den beiden einschenken, was er natürlich mit einem artigen Knicks tat, und durfte sich dann am zierlichen metallenen Tisch auf einem der grazilen Korbstühle niederlassen, wobei er den Rock hinten lüpfte und die Knie öffnete, wie es schon längst normal für ihn war. Hoffentlich konnte ihn niemand sehen, denn wirklich dicht war die immergrüne Hecke zur Nachbarvilla nicht und noch längst nicht war es dunkel geworden jetzt in der Zeit der längsten Tage des Jahres. Auch Daniel durfte ein Gläschen Wein trinken, was ihm schon lange nicht mehr erlaubt worden war, doch merkte er beim zurückhaltenden Nippen, dass er ihm nicht wirklich schmeckte und er kein Bedürfnis nach Alkohol hatte. Es gab Besseres. Jeden Tag aufs Neue. Unglaublich.
Es war ein kleiner und wenig ansehnlicher Garten, der sich hinter dem Haus erstreckte, eine mickrige Rasenfläche, auf der wegen der schattigen Lage hier an der Nordseite das Gras nur spärlich gedieh. Die Hecken, die es ringsum gab, darbten auch mehr vor sich hin, als dass sie wucherten, einen Preis in Schöner Wohnen würde man dafür nicht bekommen. Nur die Thujen zur Straße hin waren ziemlich dicht, sodass wenigstens von dort niemand hereinglotzen konnte.
Barbara betrachtete das Elend ungerührt. „Ein Naturmensch war ich noch nie. Hauptsache, es krabbeln nicht so viele Ameisen herein.“ Gut. Damit gab es noch eine Gemeinsamkeit mehr zwischen ihr und ihrem ergebenen Sub.
Ameisen krabbelten keine herum, dafür aber wurden sie von sirrenden und stechenden Mücken umschwirrt, als es dunkel wurde und sie das Außenlicht einschalteten. Schnell flüchteten sie nach drinnen, suchten im riesigen Fernseher vergebens nach einem guckenswerten Film und zogen sich gegen Mitternacht nach oben zurück, wo die Kartons mit ihren Kleidern noch auf dem Flur standen. Morgen würde alles eingeräumt werden.
Das Schlafzimmer befand sich hinter der linken der beiden Zwillingstüren. Es gab einen großen Schrank darin, eine Kommode und ein breites Polsterbett mit flauschigem Bettkasten und hohem Kopfteil, beides hellbraun, wozu die dunkelrote Bettwäsche farblich gut passte. Hineinsteigen konnte man nur an der vorderen linken Seite, da hinten eine blütenweiß bezogene Matratze auf dem Boden lag. Daniels Platz. In dieser Beziehung änderte sich also nichts. Noch einmal ging er zur Toilette und zog sich dann splitternackt aus. Seine Fußkette war nicht am Bettfuß angeschlossen, den es hier nicht gab, sondern mit einem soliden Vorhängeschloss an einem dicken eisernen Ring, der in der Wand eingemauert war. Ebenfalls Geralds Werk oder das der Handwerker, die sich dann so ihre Gedanken hätten machen können? Doch konnte das Daniel eigentlich egal sein, da sie ihn nicht kannten, er nicht sie und sie weiter keine Rolle spielten.
Barbara und Gerald waren müde, hatten keine Lust aufeinander, wollten schlafen, und so durfte Daniel an keinen Zehen nuckeln, nichts sauber lecken, an nichts ergeben lutschen. Also blieb ihm nichts als die Fantasie, in der er all das hingebungsvoll tat und vor allem wieder auf seinem Sklavenplatz saß. Schon beim Gedanken daran durchrieselte ihn ein wohliger Schauer. Vom verkorksten Essen und dem bitteren Kaffee mal abgesehen, hatte die Zeit hier im neuen Haus sehr aufregend angefangen …