Читать книгу Die Herrinnen von nebenan - Folge 2 - Emanuel J. - Страница 8

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Das Credo der Herrin

Das samstagvormittägliche Putzen entfiel hier im neuen Haus, das dank seiner täglichen Arbeit sauber genug war, wie Barbara fand. Daniel hörte es erleichtert, denn es war schon sehr mühselig und dazu noch zutiefst beschämend gewesen, am frühen Vormittag nackt, gefesselt, geknebelt und mit dem Plug gespickt sauber zu machen vor ihren und manchmal auch Geralds Augen. Anderseits hatte es auch nicht an Reiz gefehlt, vor allem natürlich, wenn Isabel dabei gewesen war; dachte er an diese Stunden, mischte sich in die Erleichterung ein wehmütiges Bedauern.

Gerald schien ähnlich zu empfinden, jedenfalls sagte er beim Frühstück mit verträumtem Blick, dass es schon Samstagvormittage gegeben habe, die große Ereignisse gewesen seien und geradezu herzerwärmende Anblicke geboten hätten.

Herzlos winkte Barbara ab. Was der Anblick erwärmt habe, sei wohl weniger das Herz als irgendetwas weiter unten gewesen; Männer seien unverbesserliche Romantiker oder eher wohl geile Böcke und überhaupt mache es keinen Sinn, dem unwiderruflich Vergangenen nachzutrauern. Dass in ihrer Barschheit eine gewisse Wehmut mitschwang, ließ sich nicht mit Sicherheit sagen, allerdings erahnen.

Einkaufen musste Daniel gehen, wie er das jeden Tag tat. Fünf Minuten zu Fuß durch die stillen Straßen der Weststadt, dann hatte er einen hektisch umbrausten großen Kreisverkehr erreicht, bei dem es einen kleinen Supermarkt gab, daneben eine Metzgerei und nicht weit entfernt einen Gemüseladen. Da heute Samstag war und er für morgen mit einkaufen musste, hatte er zwei Jutetaschen mitgenommen, die beide auf dem Rückweg drei viertel gefüllt waren. Kisten mit Mineralwasser musste er zum Glück nicht herumschleppen, da dies Gerald mit seinem Transporter erledigte. Verräterisch blitzte bei jedem Schritt unter der dünnen dunklen Hose die hautfarbene Strumpfhose hervor, für die es viel zu heiß war unter dem blauen Himmel. Auf über fünfunddreißig Grad war das Thermometer geklettert, von überall wurden Hitzerekorde gemeldet und Daniel konnte von Glück sagen, dass sein Kreislauf halbwegs stabil war. Wuchtig thronten die alten Villen hinter ihren Vorgärten, viele waren renoviert, alle still, wie der Welt entrückt, einen Nachbarn hatte Daniel noch nicht zu Gesicht bekommen, fast hätte man meinen können, er wohne zusammen mit Barbara ganz alleine hier im noblen Viertel.

Daheim angekommen, zog er sich als Allererstes richtig an, während Gerald schon mal mit dem Kochen anfing. Die Lasagne gelang ihm gut, der Salat mit Paprikastreifen und Schafskäse geriet allerdings ein bisschen säuerlich, was Daniel aber egal war, da auf seinem Sklavenplatz mit anderen Dingen beschäftigt. Seinen Nachtisch bekam er draußen in der Diele von Gerald, der bald nach dem Essen aufbrach, da mit einigen Kumpels zum Fußball verabredet, und er schmeckte in etwa so säuerlich wie der Salat. Es war, als reagiere Geralds Geschmack ganz direkt auf das, was er gerade gegessen oder getrunken hatte. Natürlich durfte das Daniel nicht daran hindern, die klebrige Flut bis zum letzten Tropfen hinunterzuschlucken und danach den schrumpfenden Penis zu reinigen. Über seinen Kopf hinweg sagte Gerald zu Barbara, dass er vielleicht morgen wieder kommen werde, es aber noch nicht genau wisse, dann verließ er das Haus mit einem leicht erschöpften, aber zufriedenen Winken. Dass er fürs Erleben der Begrüßung und Verabschiedung lieber mal öfter kam und ging, war nicht anzunehmen, da er das Gleiche ja auch durch einen Wink des Fingers hätte bekommen können.

Aufs Zähneputzen konnte Daniel verzichten, da der Geschmack in seinem Mund nicht mehr säuerlich war, sondern voll und rund. Die Küche aber! Die war wie immer nach Geralds Kochen ein Schlachtfeld, das dieser erstaunlicherweise immer selbst wieder in Ordnung brachte. Heute aber hatte er keine Zeit dafür gefunden, sodass es an Daniel hängenblieb, der aber nicht wie befürchtet den ganzen Tag dafür brauchte, sondern nach einer knappen Stunde schon damit fertig war.

Danach war noch immer Zeit bis zum erwarteten Besuch, sodass er sich an den Computer setzen konnte, um an der neuesten Geschichte seiner Simone weiter zu schreiben. Diese wurde von ihrem Gebieter ins Séparée eines Restaurants gebracht und musste dort vor den Augen eines blasierten Kellners den dünnen Mantel abstreifen. Darunter trug sie ein rotes Latexkleid, das sündhaft kurz war und hochgeschlossen, was aber nichts nützte, da durch schwarz bordierte Aussparungen ihre Brüste „in voller Pracht hervorquollen“. Sie musste unter den Tisch kriechen und die beiden Gäste ihres Gebieters dort erwarten. Als diese erschienen und Platz nahmen, öffnete sie ihre Hosen und lutschte abwechselnd an den schwellenden Schwänzen, ohne gesehen zu werden von den Männern, die oben beim Essen waren, sich über die Auswüchse der Finanzkrise unterhielten und so taten, als sei alles ganz normal.

Daniel sah, dass Barbara hinter ihn trat, und ließ mit einem Druck auf die Alt- und Tabulatortaste seine Duden-Bibliothek auf dem Bildschirm erscheinen, da er es nicht mochte, wenn man seine unfertigen Texte las … Und außerdem war es ihm peinlich, beim Schreiben an einem solchen Thema ertappt zu werden und vielleicht mit einem abfälligen Lächeln bescheinigt zu bekommen, wirklich immer nur an „das eine“ zu denken. Dass in der Duden-Bibliothek das Wort „bordiert“ angezeigt war, da die Rechtschreibprüfung seine Schreibweise „bordürt“ bemängelt hatte und er das hatte nachgucken müssen, war seinem guten Ruf allerdings auch nicht förderlich, also schaltete er schnell weiter. Und gelangte zur Suchmaschine, die seinen letzten Suchbegriff anzeigte: „BDSM-Restaurants“, da er hatte herausfinden wollen, ob es ein solches irgendwo in Deutschland gab. (Tat es nicht, jedenfalls kein öffentliches, weshalb er aufs Séparée hatte ausweichen müssen.) Es war hoffnungslos. Anscheinend dachte er tatsächlich immer nur an das eine.

Dicht stand Barbara hinter ihm, sachte legte sich ihre Hand auf seine Achsel und natürlich entdeckte sie seine Suche. „Ach. Willst du essen gehen? Der Kontakt mit Menschen täte dir gut.“ Sie nahm die Hand von seiner Achsel und trat neben ihn. „Warum hast du deine Geschichte weggeklickt? Darf ich sie nicht lesen?“

Oh. Hatte sie das also mitbekommen? Unwillkürlich entfernten sich seine Knie noch etwas weiter voneinander, um bloß keinen Grund zum Tadel zu bieten, und verlegen schaute er zu ihr hoch. „Es ist noch nicht fertig …“

„So, noch nicht fertig?“ Schallend landete ihre flache Hand mitten in seinem Gesicht und im nächsten Moment traf ihr Handrücken seine rechte Wange. „Kann es sein, dass du dich mal wieder genierst?“ Sie verpasste ihm die nächste Ohrfeige. „Lass es mich sehen!“ Ein weiterer Schlag unterstrich ihre Forderung und rasch brachte er den Text wieder auf den Bildschirm. Einige Augenblicke lang las sie schweigend. „Ach, unter dem Tisch muss sie sitzen? Wie du bei Elisabeth? Dachte ich mir doch, dass dich das fasziniert.“ Sachte stupste sie seine Hand von der Maus, übernahm sie selbst, scrollte mit einem Drehen am Rädchen hoch, las auch die vorhergehenden Abschnitte. „Schön hast du das beschrieben. – Aber merk dir, dass du nichts vor mir verbergen darfst. Das nächste Mal gibt es eine richtige Strafe. Hast du verstanden?“

Damit war seine Schreiberei sozusagen zur öffentlichen Angelegenheit geworden, hier im Haus jedenfalls. „Ja, meine Herrin. Es wird nicht wieder geschehen.“ Seine Simone wurde tatsächlich weniger streng erzogen als er selbst, bemerkte er staunend. Eigentlich unglaublich. „Ich liebe Euch, meine Herrin.“

Zärtlich wuschelte sie über sein Haar. „Ich weiß. – Mach weiter. Lass dich nicht stören.“

Mit einem erschöpften Seufzen streckte sie sich auf dem Sofa aus, um noch ein kleines Nickerchen zu halten, während er sich wieder seiner Geschichte widmete, die ihren Fortgang plötzlich wie von allein nahm: Nachdem Simone die beiden Männer empfangen und sie ergeben ausgesaugt hatte, musste sie unter dem Tisch hervorkommen und sich ihnen zeigen in ihrem obszönen roten Latexkleid, ergriffen von ihnen angestarrt und zum Objekt der Lust degradiert, so wie es auch ihm oft genug erging, es gab nichts Schöneres …

Der volle Klang des Gongs rollte herein und verschlafen blinzelte Barbara vom Sofa herüber. „Da sind sie ja schon. Machst du auf?“

Ja, natürlich. Er fuhr nur noch schnell den Rechner in den Ruhezustand herunter, dann eilte er in die Diele. Eine der beiden Frauen, die vor der Tür standen, hatte er neulich bei der Einweihungsparty schon gesehen: Es war die elegante Blondine, neben der auf der Terrasse der junge Sklave im schwarzen Geschirr auf allen Vieren gekauert und ihr als Aschenbecher gedient hatte. Das war etwas, das Daniel völlig daneben fand. Dachte man aber daran, dass manche Sklaven ihrer Herrin noch ganz anders dienen mussten, nämlich als Bidet oder gar als Toilette, war es wiederum nicht allzu schlimm. Wie alles in der Welt, war also auch der Grad der Entwürdigung sehr relativ. Sie trug ein knielanges weites buntes Sommerkleid, dazu ein kurzes weißes Jackett und sah recht hübsch aus mit ihrem schulterlangen goldblonden Haar und dem schmalen Gesicht. Nur die Lippen waren vielleicht etwas schmal geraten und ein bisschen arg hochmütig guckten die taubenblauen runden Augen, doch war es wohl besser, sie nicht allzu kritisch zu beschreiben.

Ihr hinterdrein kam eine dralle Frau mit dickem rotem Haar, das kurz geschnitten war und borstig abstand, als hätte sich der Friseur für irgendetwas an ihr gerächt. Sie war vielleicht Ende zwanzig und trug einen schwarzen kurzen Rock, der sich eng um die stabilen, doch wohlgeformten Beine spannte, dazu eine weiße Bluse über dem mächtigen Oberbau. Freundlich blickten die grünen schmalen Augen ihn an, rot geschminkt waren die vollen Lippen, sanft und weich war das rundliche Gesicht mit der kleinen breiten Nase, ob sie hübsch war oder nicht, konnte Daniel nicht beurteilen.

Zum Schluss kam der Mann, der wohl Florian war; kaum größer als die Rothaarige, schlank, sportlich, dunkles kurzes Haar, braune Augen, schlankes Gesicht, das recht einnehmend, aber auch ein bisschen einfältig wirkte. Bekleidet war er mit einer weißen Leinenhose und einem weißen Hemd, was ihn zusammen mit der gebräunten Haut ein bisschen wie einen Playboy aussehen ließ.

Natürlich fühlte sich Daniel in seinem blauen Faltenröckchen und der rüschenbesetzten weißen Bluse unter all den fremden Blicken und vor allem vor den großen Augen des Mannes tief beschämt und inbrünstig wünschte er sich, dass Barbara jetzt endlich in die Diele käme. Allein schon ihre Gegenwart reichte aus, ihm die dringend benötigte Kraft und Sicherheit zu geben, wie er mehr als einmal schon hatte erleben dürfen. Doch hoffte er vergebens. Auch als die Tür wieder geschlossen und er bis zu seinem Teppich zurückgewichen war, ließ sie sich nicht blicken. Nichts anderes blieb ihm übrig, als ganz aus eigenem Antrieb auf die Knie zu sinken, sich hinabzubeugen zu den rosafarbenen Schuhen der Blondine und sie ergeben zu belecken.

Eine angenehm dunkle Stimme ließ sich oben vernehmen. „Guck mal, wie gut erzogen er ist. Wäre schön, wenn wir dich auch so hinbekämen.“ Es durfte vermutet werden, dass es die Rothaarige war, die zu ihrem Sklaven sprach. Antwort gab es keine. Die Schuhe entzogen sich Daniels Zunge und schwarze Pumps traten an ihre Stelle, die er natürlich ebenso ergeben beleckte, während er hörte, wie sich hinter ihm die Blondine und die endlich aufgetauchte Barbara wie gute Freundinnen begrüßten.

Er durfte sich wieder aufrichten und sah, wie Barbara der Rothaarigen mit einem freundlichen Lächeln die Hand reichte. „Schön, Sie kennenzulernen.“ Ihr Blick schweifte zum Mann, der etwas abseits stand und wie vom Donner gerührt durch die gläserne Tür hindurch die Ketten anstarrte, die drinnen von der Decke baumelten, anscheinend erst in diesem Moment von ihm bemerkt. Sie musterte ihn aufmerksam wie eine Gutachterin die angeschleppte Mängelware. „Das ist also unser Problemkind … Gucken wir mal, was sich damit anfangen lässt.“

Einen Moment lang sah es so aus, als wolle er aufbrausen, dann aber senkte er kommentarlos den Blick.

Da die Frauen erst einmal ungestört miteinander reden wollten, wurden die beiden Männer zum Kaffeekochen in die Küche geschickt, in der sie beide verlegen voreinanderstanden und nicht wussten, was sie hätten sagen sollen. Also taten sie einfach schweigend, was sie zu tun hatten: Daniel filterte den Kaffee, und da er momentan der Chef hier war, trug er Florian auf, die Etagere mit Keksen zu füllen.

Florian tat es klaglos, aber nicht geschickt. Einer der Kekse fiel auf den Boden, er hob ihn mit einem unverständlichen Gemurmel wieder auf, schaute Daniel einen Moment lang ratlos an und wollte ihn zu den anderen legen, als sei nichts geschehen. So aber ging das nicht, da dies hier ja ein hygienischer Haushalt war, meistens jedenfalls oder zumindest manchmal, auf jeden Fall momentan. Also wies Daniel auf den Plastikbehälter, in dem die Kompostabfälle gesammelt wurden, und gehorsam warf Florian den Keks dort hinein, von einem „Problemkind“ weit entfernt.

Nachdenklich kratzte er sich am knochigen Zinken, der seine Nase war, und scheel äugte er zu Daniel herüber. „Deine Herrin scheint ziemlich streng zu sein?“

Daniel kippte einen Schwall heißes Wasser in den Filter. „Mit sich spaßen lässt sie nicht … Doch kann sie auch liebevoll sein. Man darf sie nur nicht ärgern …“ Geärgert hatte man sie allerdings recht schnell. Das aber behielt Daniel lieber für sich. Und es stimmte ja auch gar nicht. Sie sagte deutlich, was sie verlangte, und war man gehorsam genug, hatte man es gut bei ihr. Jedenfalls liebte er sie mehr, als dass er sie fürchtete. Das alles purzelte in Windeseile durch seine Gedanken, ohne dass er es hätte aussprechen können. Nur eines verließ noch seine Lippen: „Ich wollte keine Herrin haben, die nicht streng mit mir umspringt.“

Überrascht schaute Florian auf und skeptisch biss er sich auf die Unterlippe. „Ja, ein bisschen Strenge ist schon reizvoll. Nur übertreiben sollte man nicht … Aber immerhin erfüllt sie dir ja deine Wünsche.“

Was er damit meinte, erfuhr Daniel nicht, waren sie doch Männer genug, um nicht weiter darüber zu reden. Stattdessen trugen sie drei Becher, die Etagere mit den Keksen, Milch und Zucker hinaus zu den Frauen, die am Esstisch saßen, Barbara auf ihrem Platz an der Stirnseite, Karin rechts, Bettina links von ihr. Anscheinend drehte sich ihr Gespräch gerade um Malesubs in Damenkleidung. Bei ihr käme so etwas nicht infrage, bekundete die Blondine, Karin, während die Rothaarige ein bisschen vorsichtiger war und Daniel mit verstohlenem Blick beäugte. „Mein Florian hat so etwas auch gern an. Er ist ganz glücklich, wenn ich ihn einen Rock oder ein Kleid von mir anziehen lasse.“

Florian, der die Etagere auf den Tisch gestellt hatte, ohne dass ein Keks heruntergefallen war, lief rot an, dann schüttelte er unwillig den Kopf. „Aber Bettina! Haben wir nicht abgemacht, dass das unter uns bleibt?“

Zerknirscht biss sie sich auf die Unterlippe. „Ja, schon. Aber das hier ist etwas anderes … hier sollten wir kein Geheimnis haben.“

Er wollte etwas entgegnen, kam aber nicht dazu, da Barbara ihn ins Visier nahm. „Ich habe nicht gehört, dass dich jemand nach deiner Meinung gefragt hat!“ Ihr Blick richtete sich auf Daniel und schweifte dann zur blauen Dose auf dem weißen Sideboard. „Sorge dafür, dass er nicht mehr dazwischenplappert!“

Oh! Verstand er richtig? Ihr aufmunterndes Nicken sagte ihm, dass seine Vermutung stimmte. Er hob den Deckel von der Dose und nahm einen der beiden Ballknebel heraus, den blauen, der einst für Isabel bestimmt gewesen war.

Als Florian sah, was da auf ihn zukam, trat er einen Schritt zurück und schwenkte abwehrend den ausgestreckten Zeigefinger durch die Luft. „Was soll das?“

Angriffslustig reckte Barbara das Kinn nach vorne. „Was das soll? Es soll dir zeigen, dass du nicht vorlaut sein darfst. – Hier bestimme ich, was geschieht! Wenn dir das nicht passt, kannst du gehen. Aber dann auf der Stelle!“

Sprachlos blieb er stehen, überlegte vermutlich, was ihm alles an reizvollen Erfahrungen entgehen würde, wenn er das Haus jetzt verließ … Im nächsten Moment war ihm die Sprache auch physisch geraubt, da ihm Daniel den blauen Ball in den Mund stopfte und die seitlich angebrachte Schnalle verschloss, darauf bedacht, die Riemen nicht allzu stramm zu ziehen, denn schließlich wusste er ja genau, wie unangenehm das war. Auch wenn ihm dieser Florian nicht unbedingt sympathisch war, gab es doch so etwas wie Solidarität zwischen den Sklaven …

Barbara nickte, als sei ihre Vermutung bestätigt: „Natürlich willst du nicht gehen, dazu macht dich die Unterwerfung viel zu geil.“ Florian wollte etwas sagen, brachte aber nur ein unverständliches Gemurmel hervor, und barsch winkte sie ab. „Halt den Mund! Dein Gebrabbel interessiert nicht!“

Selten, eigentlich nie, erlebte man sie derart resolut. Verstört blickte Bettina sie von der Seite her an, als sei auch sie selbst soeben sehr abfällig zurechtgewiesen worden. Daniel musste den Kaffee aus der Küche holen, und als er mit der Kanne zurückkam, kniete Florian neben seiner Herrin auf dem harten Boden. Mit einem artigen Knicks schenkte Daniel den Damen ein und blieb dann zwei Schritte entfernt von ihnen stehen. Barbara gab sich etwas Zucker in den Becher, Karin ebenfalls und noch etwas Milch dazu, Bettina nichts von beidem.

Nach dem ersten Schlückchen schweifte Barbaras Blick von Bettina zu Florian und wieder zurück. „Und Sie? Gefällt es Ihnen, wenn er Damenkleidung trägt?“

Bettina nahm einen der Vollkornkekse mit Schokoladenüberzug aus der Etagere und zog hilflos die Achseln hoch. „Für mich ist es schon ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Aber was soll ich machen? Er ist halt wirklich ganz wild darauf …“

Karin, die wie eine Spitzmaus an einem Mandelkeks knabberte, verdrehte geplagt die Augen in Barbaras Richtung. „Siehst du? Genau, wie ich sagte: Sie ist einfach zu weich.“

Abwehrend schüttelte Bettina den Kopf. „Ich kann ihm doch nicht einfach meinen Willen aufzwingen?“

Barbara schaute ihr in die Augen. „Doch! Können Sie! Und müssen es sogar! Sie sind nicht sein Traumerfüllungsautomat. Sie sind die Herrin! Also bestimmen Sie, was geschieht. Wenn Sie Damenkleidung an ihm nicht reizvoll finden, dann trägt er keine! Ohne Wenn und Aber. Wenn ihm das nicht passt, soll er gehen. Das aber wird er nicht tun. Er wird Sie umso mehr verehren, je strenger Sie mit ihm umgehen.“ Da war es wieder, das Credo der Herrin, wenig schmeichelhaft für den Sklaven und reichlich erschreckend, aber so wahr und unumstößlich wie in Stein gemeißelt.

Mit großen Augen starrte Florian sie an, als sie seinen Blick aber erwiderte, senkte er verstört die Lider.

Auch Barbara begann an einem Keks zu knabbern, war mit ihrem Vortrag aber noch nicht zu Ende: „Ich wäre schon bereit, mich um ihn zu kümmern. Sie können ihn, wenn Sie wollen, für zwei Wochen herbringen. Es gibt viel für ihn zu lernen. – Ich würde Ihnen raten, ihm schon jetzt einiges beizubringen, zuerst einmal eine entsprechende Anrede. Es geht nicht, dass der Sklave seine Herrin duzt. – Ist er störrisch, könnten ihm ein paar Hiebe Gehorsam beibringen.“

Bettina nickte zustimmend, sichtlich froh darum, endlich mal etwas richtig gemacht zu haben: „Ja, die bekommt er hin und wieder. Vor einiger Zeit haben wir eine Gerte gekauft. Manchmal bettelt er geradezu um eine Züchtigung.“

Wieder verdrehte Karin geplagt die Augen. „Wenn er darum bettelt, bestrafst du ihn zu sanft. Er muss den Stock fürchten, nicht ersehnen. Sonst wird das nichts mit der Erziehung.“

Somit war also auch das vermeintlich Richtiggemachte wieder zum Mangel geworden. Im Moment erinnerte Bettina weniger an eine Herrin als vielmehr an eine Auszubildende, die aber auch jede der ihr anvertrauten Aufgaben vermasselte. Autoritätsfördernd war das sicherlich nicht, wie Daniel dachte. Er wurde in die Küche geschickt, um eine Rolle Küchentücher zu holen, von denen er einige Florian reichte, damit dieser den Speichelfaden auffangen konnte, der von seiner Unterlippe tropfte. Die Blondine verzog sich auf die Terrasse, um dort eine Zigarette zu rauchen, und da sie ihren lebendigen Aschenbecher nicht dabei hatte und es im Haus keinen gab, weder einen zweibeinigen noch einen aus Glas oder Keramik, musste ihr Daniel als Ersatz einen Unterteller bringen. Er überreichte ihn mit einem untertänigen Knicks und zog sich rasch wieder ins Haus zurück, ehe sie vielleicht auf die Idee kam, dass doch er dafür infrage käme …

Die Herrinnen von nebenan - Folge 2

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