Читать книгу Gottes Wille für dein Leben - Emerson Eggerichs - Страница 26
Ist es denn biblisch zu behaupten, man könne nach bestem Wissen und Gewissen tun, was einem gut erscheint?
ОглавлениеHier müssen wir eines der wichtigsten Ereignisse in der Geschichte der Kirche erwähnen. Wir lesen in der Apostelgeschichte, Kapitel 15, darüber. Die Apostel mussten eine Entscheidung treffen, die für die gesamte Kirche bis heute Bedeutung besitzt. Und wie trafen sie diese Entscheidung? Sie taten, was ihnen „gut erschien“ (vgl. Apostelgeschichte 15,28), und das übrigens gleich viermal im Verlauf dieses Kapitels (Verse 22,25,28 und 34).
Dieser Ausdruck „was gut erschien“ ist deshalb so wichtig, weil Gott zwei Kapitel zuvor auf wundersame Weise seinen Willen kundgetan hatte. In Apostelgeschichte 13,2 lesen wir: „Als diese Männer während einer Zeit des Fastens gemeinsam beteten, sprach der Heilige Geist zu ihnen: ‚Gebt Barnabas und Saulus für die Aufgabe frei, zu der ich sie berufen habe!‘“ Ich kann nicht sicher sagen, was das bedeutet, aber sie bezeugten, dass der Heilige Geist geredet habe. Mit anderen Worten: Diese Botschaft wurde übernatürlich vermittelt und war in sich völlig eindeutig. Dann aber lesen wir in Kapitel 15, dass die Kirchenleiter mit der Frage rangen, ob sie Nichtjuden, die zum Glauben an Christus gefunden hatten, beschneiden sollten. Man möchte doch meinen, dass Gott seinen Willen in dieser prekären Angelegenheit unmissverständlich kundtun würde; schließlich besaß diese Frage zur generellen Lehrmeinung der Kirche doch eindeutig mehr Gewicht als die Berufung von zwei Missionaren in ihren Dienst. Doch Gott tut das nicht, obwohl diese Frage Anlass für eine Spaltung der Kirche in Judenchristen und Heidenchristen hätte werden können.
Wie Sie sich erinnern werden, waren die ersten Glaubenden Juden, die zu Christus fanden. Sie waren bereits beschnitten. Als nun Menschen aus anderen Nationen zu Christus fanden, gingen die Juden selbstverständlich davon aus, dass diese sich ebenfalls der Beschneidung zu unterziehen hätten. Welche Entscheidung sollten die Kirchenleiter in dieser kritischen Frage fällen? Es kam keine Stimme vom Himmel, die sagte: „Ihr sollt die Heidenchristen nicht beschneiden!“ Stattdessen erwartete Gott von den Leitern, dass sie in dieser Frage nach eigenem menschlichen Ermessen entschieden (vgl. Apostelgeschichte 15,19) und sich danach richteten, was ihnen „gut erschien“.
Dieser Entscheidungsprozess nach dem Kriterium „was gut erscheint“ trifft auch auf uns zu. So kann es zum Beispiel sein, dass wir eine lebenswichtige Entscheidung für unseren schwer kranken Großvater treffen müssen; sollten wir die lebenserhaltenden Maßnahmen fortführen oder die Geräte abschalten lassen? Wir beten immer wieder um eine Weisung. Doch Gott scheint keine klare Marschrichtung vorzugeben. Aber eine Entscheidung muss gefällt werden. Was sollen wir tun? Wir können davon ausgehen, dass Gott möchte, dass wir diese Frage mit Menschen besprechen, die Ehrfurcht vor Gott und/oder die nötige Weisheit besitzen. Und dann erwartet Gott von uns, dass wir unseren Verstand gebrauchen und die notwendige Entscheidung fällen.
Wenn wir alle Faktoren bedacht haben und eine Option favorisieren, die uns gut erscheint, und andere darin mit uns übereinstimmen, dass es keine grundlegend schlechte Entscheidung ist, dann haben wir die Freiheit, in dieser Weise fortzufahren. Wir müssen nicht mit der Angst leben, möglicherweise eine Entscheidung gefällt zu haben, die vom Teufel kam. Denn zu dem Zeitpunkt, als wir unsere Entscheidung trafen, taten wir dies nach bestem Wissen und Gewissen. Selbst wenn sich die Entscheidung im Nachhinein als falsch erweisen sollte, müssen wir nicht an uns zweifeln, denn wir haben getan, was uns zu dem damaligen Zeitpunkt „gut erschienen“ war.