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2.2 Die Zeit des Lebens (a) Dimensionen des Zeitlichen

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Wenn wir nach der Zeit des Lebens, dem Zeiterleben im menschlichen Dasein fragen, so wird eine Unterscheidung relevant, die in Zeittheorien oft als Grundraster fungiert: die Unterscheidung von subjektiver und objektiver Zeit. In unserem Zusammenhang interessiert die Differenz nicht im Blick auf die prinzipielle Frage nach der Konstitution, dem ontologischen Ort der Zeit. Es gibt, auch im Raum der Existenz, die Zeit, die mein Erleben strukturiert, mein Zurückblicken auf Erlebtes und mein Entwerfen und Hoffen trägt, und es gibt die Zeit, die unabhängig von meinem Tun, meinem Verweilen und Drängen verläuft, für dieses einen Grund und Rahmen, je nachdem eine Gegendynamik bildet. Immer steht die innere Zeitlichkeit des Lebens im Verhältnis zu einer Zeit, die nicht nur aus dem Leben kommt, nicht in seiner Macht, zumal der des einzelnen Lebewesens, steht.

Zu dieser basalen Differenz kommt eine zweite hinzu, welche die Auffassungsweise des Zeitlichen betrifft. Seit der ältesten theoretischen Reflexion wird dieses nach zwei unterschiedlichen Rastern thematisiert, der Differenz von Vergangen – Gegenwärtig – Zukünftig und dem Schema von Früher – Gleichzeitig – Später. Es ist bemerkenswert, dass sich diese beiden Begriffsraster schon früh – etwa in den klassischen Zeitabhandlungen bei Platon, Aristoteles, Augustinus – finden und durch die Tradition hindurchziehen, in neueren Diskussionen meist im Anschluss an einen Vorschlag von McTaggart3 als A-Reihe und B-Reihe bezeichnet; bemerkenswert ist auch, dass gerade in der neueren Diskussion die Frage ihres Verhältnisses aufgeworfen wird, wobei ihre gegenseitige Nicht-Reduzierbarkeit zum Thema wird. Von Interesse in unserem Kontext ist das Verhältnis zur ersten Differenz von objektiver und subjektiver Zeit. Zwischen ihnen besteht keine einfache Analogie, sofern beide Raster von Früher – Gleichzeitig – Später und Vergangen – Gegenwärtig – Zukünftig innerhalb des subjektiven Auffassens und Artikulierens zum Tragen kommen: Wir strukturieren die Zeit unseres Lebens und vergegenwärtigen Phasen unseres Lebens nach beiden Relationen. Doch sind sie beide nicht in gleicher Weise subjektbezogen: Während die erste die relative Position von Ereignissen in einem Abfolgeverhältnis unabhängig vom Erleben bezeichnet und im Verlauf der Zeit unverändert bleibt, definiert sich die zweite im Bezug zu einem gegenwärtigen Referenzpunkt, idealiter dem Standpunkt subjektiven Erlebens und Auffassens, und verschiebt sich mit dessen Voranschreiten in der Zeit. Erlebnisse der frühen Kindheit bleiben immer hinter denen des Jugendlichen zurückliegend, während dessen nahe Zukunft dem Älteren zur Vergangenheit wird.

Die Dualität der Auffassungsweisen gehört mit zur Grundstruktur existentieller Zeitlichkeit. Ihre lebensweltliche Relevanz hat sie darin, dass sie das subjektive Erleben in Polarität zu einer nicht aus dem Subjekt kommenden, nicht (nur) in ihm verorteten Temporalität setzt. Es ist eine Polarität, die das Leben in der Zeit von Grund auf affiziert und die sich über die genannten Relationen hinaus erstreckt. Der Mensch bezieht sich in der Zeitlichkeit seines Lebens zugleich auf die Zeit der Welt, die Naturzeit wie die geschichtliche und soziale Weltzeit. Lebenszeit und Weltzeit4 bilden ein Verhältnis, welches das menschliche Leben umfängt und es zugleich in seinem Inneren betrifft und strukturiert, wie der Mensch generell mit der Welt kommuniziert, Gehalte und Formen der Sinnbildung aus der Welt aufnimmt und in sie hinein entwirft. Es ist eine Beziehung, in welcher unterschiedliche Zeitgefäße, Rhythmen und Verlaufsfiguren ineinander spielen und nebeneinander laufen, sich verschränken und sich gegeneinander sperren. Jenseits der Weltzeit kann sich das Leben auf eine der Sukzession enthobene Ordnung beziehen, das Verhältnis von Innerzeitlichem und Überzeitlichkeit eröffnen. Auch dieser Bezug kann als innere Dimensionalität des Selbst erschlossen, im Entwurf des Lebens verankert werden, das sich auf eine höhere Zeit hin öffnet.5

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