Читать книгу Vermächtnis der Toten - Emma Richi - Страница 10
Kaptel 7.
ОглавлениеWieder zurück auf meinem Zimmer warteten schon die anderen beiden auf mich. Sie hatten eine Decke in der Hand und Taylor meinte: “Kommst du mit raus? Sonne tanken, Musik hören und quatschen?“ Ich nickte, schnappte mir meinen I-Pod und wir gingen runter. Auf der Decke machten wir es uns gemütlich. Es war wie picknicken nur ohne Essen. Nach einiger drehten sie sich auf den Bauch und sahen mich an. Ohne wirklichen Grund begann ich zu lächeln, mein Ärger verflog.
Doch dann kam der Angriff von beiden Seiten. “Also, was ist jetzt mit Oscar?“ Tay versuchte es zuerst, doch Cass reihte sich gleich mit ein: “Habt ihr geknutscht?“ Natürlich, das einzige, woran sie dachten. “Wie kommt ihr darauf?“ “Weil wir bei ihnen gesessen haben und ihr habt kein Wort geredet. Außerdem warst du in seinem Zimmer.“ “Und er hat versucht dich zu beschützen vor Lissi“, fügte Cassandra noch hinzu. Okay, ich muss das jetzt klarstellen: “Da ist nichts. Vielleicht ist er einfach ein guter Freund, aber da ist nicht mehr.“ “Noch nicht“, fügte Taylor hinzu und dann fragte plötzlich Cassandra: “Warum wärt ihr denn sonst zu seiner Mom gerufen worden?“ “Wie seine Mom? Wir waren doch bei Mrs. Gre…“ Das grinsen von Taylor war unbezahlbar fröhlich. “Er heißt Oscar Green?“ Das noch breitere Grinsen von Taylor war Antwort genug. Unbeschwert konnte ich lachen, es war wirklich befreiend.
Als wir uns beruhigt hatten, sagte ich noch einmal: “Da läuft wirklich nichts.“ Dann setzte sich Cassandra auf und sah Taylor an: “Ich muss dir was sagen Tay, ich soll heute zurück nach London. Meine Mutter möchte mich bis Morgen zurück, das heißt, du musst dich um unsere neue hier kümmern. Schaffst du das alleine?“ “Klar, außerdem war doch besprochen, dass du heute in der Pause abfährst, oder etwa nicht?“ Das Schweigen war erdrückend, also nahm ich mein Handy und sagte: “Lacht mal in die Kamera.“ Das Foto schickte ich an die beiden. Es war schade, denn ich hatte sie schon in mein Herz geschlossen, doch Taylor war nicht im Geringsten traurig. Dann zogen sie mich zu sich heran und machten ein Selfie. Es war komisch, aber ich fühlte mich richtig wohl mit den beiden als Gesellschaft. Schad, dass Cassandra gehen musste, aber wir waren ja noch zu zweit.
Cassandra war gleich verschwunden, eine schwarze Limousine hatte sie zum Flughafen von Albany gebracht. Taylor und ich hatten noch ein wenig weiter gequatscht, doch dann kamen die Jungs und setzte sich zu uns. Es war komisch, aber es war, als wären wir eine Gruppe. Oscar und ich vermieden es uns anzusehen, aber die anderen Jungs starrten umso mehr. Irgendwann brachen wir auf zum Verschlüsselungsunterricht. Da ging es doch echt darum irgendwelche Safes und Codes zu knacken. Mr. Green hatte eine Aufgabe an die Tafel geschrieben und uns in Gruppen eingeteilt. Niemand sprach über Cassandra oder über mich. Jetzt wo ich scheinbar zu den Jungs gehörte, traute sich niemand auch nur ein falsches Wort über mich oder Taylor zu verlieren. Es war wirklich entspannt. Nach dem Unterricht war Schluss. Ich war zur Matte gegangen wo schon Mrs. Monroe und Mrs. Green warteten. Nicht gut, gar nicht gut.
“Gut, dann können wir gleich anfangen“, sagte Monroe und Mrs. Green, die in Sportklamotten vor mir stand, stellte sich in Position. Monroe erklärte: “Du gehst defensiv strategisch vor, aber du musst auch offensiv Kämpfen, denn wenn du einen Fehler machst, dann bist du tot. Also sollte ich jetzt meine Direktorin schlagen? Und Mutter eines Freundes? Ich bin doch nicht lebensmüde! Aber da war es schon zu spät, Mrs. Green griff an und die Frau konnte echt kämpfen. Klar hatte sie das Überraschungsmoment auf ihrer Seite, aber trotzdem beförderte ich sie zu Boden. Ich half ihr auf und sie lächelte mich an: “Gut gemacht.“ “Schön, jetzt versuch es bei mir“, forderte mich Monroe auf. Die hatten sie noch nicht mehr alle, ich konnte doch nicht meine Lehrerinnen verprügeln. Aber auch Mrs. Monroe fackelte nicht lang. Der Erste Schlag saß, den zweiten konnte ich abfangen, den dritten auch. Dann zog ich ihr die Beine weg und hielt sie am Boden fest. Auch sie befand es für gut, aber ich fühlte mich echt unwohl dabei. “Wir machen jetzt einfach ein paar Zweikämpfe, das hält uns auch auf Trab, keine Sorge, aber versuch offensiv zu sein.“ Ich nickte, aber ganz sicher war ich mir nicht. Je länger wir trainierten, je weniger hatte ich ein Problem damit zuzuschlagen. “Gut, ich kann einen deutlichen Fortschritt sehen. Dann machen wir mal Schluss für heute. Morgen Trainiert Mr. Cameron mit dir und Mr. Green.“ “Okay, danke.“
Zurück im Schloss duschte mich erneut. Diesmal aber kürzer. Ich nahm mir den Brief und setzte mich in mein Bett. Ich sah den Briefumschlag an. Wollte ich das wirklich tun? Ja, wenn es mir egal wäre, dann wäre ich dumm. Trotzdem könnte es wehtun. Vorsichtig öffnete ich den Briefumschlag, ich wollte ihn ja nicht kaputt machen. Darin waren ein Brief und ein Foto. Auf dem Foto war eine Frau, die mir sehr ähnlich sah mit einem Baby und einem Kleinkind. Es wirkte wunderschön und vertraut. Auf der Rückseite stand: Ich liebe euch über alles. Ich bekam das nicht zusammen. Ich hatte also eine große Schwester oder war ich das Mädchen und hatte eine kleine Schwester? Auf jeden Fall habe ich eine Schwester oder hatte sie. Den Brief faltete ich ganz vorsichtig auseinander und begann zu lesen:
Geliebte Tochter,
Ich habe dich in den letzten elf Jahren allein gelassen, doch ich wollte, dass du eine Kindheit haben kannst. Eine Kindheit ohne ständige Angst oder Alleinsein. Ich habe mich entschieden dir das zu geben was du verdienst, ein Leben. Doch jetzt bist du elf und hoffe, dass du nicht sauer bist, dass ich dich schon für diese Schule angemeldet habe. Ich war auch auf der Schule und habe viele Freunde gefunden.
Mir ist wichtig, auch wenn du mich nicht sehen willst, dass du dich Verteidigen kannst wenn jemand dich angreift. Wenn du mich kennen lernen möchtest, dann weiß Susann wie man mich erreicht, sie wird für dich da sein.
Deine dich über alles lieben Mutter
Mir standen Tränen in den Augen. Sie hatte mich nicht einfach weggegeben, sie wollte mich beschützen. Sie wusste gar nicht, dass sie mich in die Hölle geschickt hatte. Ich würde mit niemandem darüber reden, was ich durchgemacht hatte, denn damit würde ich ihr wehtun. Mit diesem Beschluss legte ich mich ins Bett, ich wollte einen Moment in meinen Träumen verschwinden und danach essen gehen. Ich stand ihr gegenüber und sie nahm mich in den Arm und sagte, ich lass dich nie wieder los. Es war schön, aber als mein Magen knurrte, merkte ich, wie hungrig ich war.
Zerzaust stand ich auf und band mir die Haare zu einem Dutt zusammen. Dann ging ich runter, aber ich wollte gerade keine Gesellschaft, also suchte ich mir den Weg zur Küche. Bird stand noch am Herd und arbeitete. “Hi“, sagte ich zögerlich, vielleicht schmiss sie mich ja raus. Aber nein, sie lächelte mich freundlich an und fragte: “Was möchtest du essen? Oder schaust du lieber erstmal in den Kühlschrank?“ Jetzt musste ich grinsen, denn ich öffnete den Kühlschrank und schaute mal, was da so alles drin war. Ich suchte mir etwas Leckeres aus. Grüne Bohnen, Hackfleisch und dann eine Tomatensauce. “Darf ich?“, fragte ich noch einmal und Bird nickte, trat vom Herd weg. “Was brauchst du denn?“ “Nur eine Pfanne und einen Topf für die Bohnen.“ Sie stellte mir beides auf den Herd. Ich kochte die Bohnen und briet das Hackfleisch mit Türkischen Gewürzen an. Dann schmiss ich die Bohnen mit in die Pfanne und vermischte alles. Dann verfeinerte ich noch mit ein paar Gewürzen und teilte dann auf zwei Teller auf. Es war die perfekte Menge. “Wie nennst du das Gericht?“ “Türkische Bohnen, dazu macht man entweder Pommes oder Kartoffeln, aber ohne ist es noch viel besser.“ “Dann lass es dir schmecken Remy.“ “Sie sich auch Bird.“
Ich half ihr beim Einräumen der Spülmaschine und dann ging ich. Ich wollte meinen Kopf ganz frei bekommen, weswegen Frischeluft die beste Alternative war. Alle Schüler waren auf ihren Zimmern und in den Gemeinschaftsräumen. Allein war ich und das war es, was ich seit einer Woche nicht mehr gewesen war. Frischeluft strömte in meine Lungen und ein Gefühl von Freiheit umhüllte mich. Mit ausgebreiteten Armen drehte ich mich um mich selber. Es war ein wunderbares Gefühl. Und als mir einfiel, dass mein I-Pod in meiner Hosen Tasche ist, machte ich mir Musik an und ging auf die Kampfmatte Tanzen. Es sah wahrscheinlich bescheuert aus, aber das war egal. Es wurde dunkel und abgesehen davon, ein wenig befreiendes tanzen hatte mir noch nie geschadet. Drehend tanzte ich über die Matte. Ein paar Überschläge, einen Salto und Pirouetten später fühlte ich mich befreit von allem was allein gestern und heute passiert war. Ich machte einfach weiter, denn es nahm mir alle Last von den Schultern. Ich sang laut mit, sollte mich doch jemand hören, oder meine Musik. Es war mir schlicht weg egal.
Taylor:
Das Zimmer war leer, beim Essen war Remy auch nicht gewesen. Das letzte Mal dass ich sie gesehen hatte, war Stunden her. Man, ich bin echt ‘ne beschissene Freundin. Egal, ich muss sie finden. Vielleicht ist sie bei den Jungs. Beeilte hatte ich mich, war durch die Gänge gerannt. “Was ist los Taylor?“, fragte Oscar erstaunt mich jetzt noch bei sich im Zimmer zu sehen. Also antwortete ich atemlos: “ich kann Remy nirgends finden! Ich habe sie nach dem Verschlüsselungsunterricht mit deiner Mom gesehen, aber danach gar nicht mehr!“ “Wir gehen sie suchen, weit kann sie nicht sein, vielleicht hat sie sich auch einfach nur verlaufen“, sagte Harrison und alle rannten mit ihren Handys los um Remington zu finden. Mit Oscar lief ich zu Mrs. Green, immerhin hatte ich Remy das letzte Mal bei ihr gesehen. Wir klopften und machten dann einfach die Tür auf. Die Greens stoben auseinander, sie waren scheinbare schwer beschäftigt gewesen miteinander. Oscar schien das besonders unangenehm, seine Eltern so erwischt zu erleben, doch es schien ihn auch grinsen zu lassen. “Tut uns leid, aber wir haben Probleme Remy zu finden, ich hab einen leeren Briefumschlag bei ihr gefunden und mach mir wirklich…“, war da jemand auf der Kampfmatte? Ich trat näher ans Fenster und tatsächlich war da jemand und dieser jemand tanzte. “Ich glaub ich hab sie gefunden, komm mit“, ohne weitere Worte zog ich Oscar mit nach draußen.
Er hatte den anderen gesimst, dass sie rauskommen sollten. Wir gingen alle zusammen zur Matte, Remy tanzte, machte Überschläge und ganz viel anderes Zeug. Ich sah sie an und verstand einfach, es befreite sie von was auch immer sie belastete. Ich ging auch mit auf die Matte und tanzte mit, die Musik war wirklich gut. Die Jungs kamen auch mit dazu. Es machte Spaß und fühlte sich echt super gut an. Wir tanzten einfach weiter. Wir waren einfach zusammen und doch alle für uns allein.
Meine neuen Freunden waren dazugekommen und wir tanzten alle zusammen zu der Musik aus meinem I-Pod, ein berauschendes Gefühl. Es war als wären wir schon Ewigkeiten beste Freunde, doch eigentlich kannten wir uns gar nicht richtig. Das würden wir ändern müssen, also tanzten wir einfach noch ein bisschen weiter, bis uns die Füße wehtaten. Die Jungs waren ganze Gentleman und hielten uns jede Tür auf und begleiteten uns bis zu unserem Zimmer. Aber da sie keine Lust hatten erwischt zu werden, schliefen wir alle in unserem Zimmer. Taylor und ich schliefen in meinem Bett, Oscar nahm das neben meinem, Leroy und Timothy nahmen die unter dem Hochboden und Harrison und Jackson teilten sich den Hochboden.