Читать книгу Vermächtnis der Toten - Emma Richi - Страница 13

Kapitel 10.

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Es war noch halb dunkel als ich aufwachte. Es war echt eng im Bett, immerhin lagen wir hier zu dritt. Ich wurschtelte mich da irgendwie raus ohne die beiden zu wecken. Ein wahres Meisterwerk. Es dauerte nicht lange und die beiden lagen zusammen gekuschelt in meinem Bett. Ich hingegen ging zur Küche. Da ich nichts zum Abendbrot hatte, hatte ich jetzt umso mehr Appetit. Vielleicht würde mich Bird dafür anschreien, aber ich würde mir jetzt etwas zu Essen raus suchen. Statt Gemüse oder irgendwas „Vernünftiges“, entschied ich mich für Eis. Walnusseis mit Himbeeren und Honig. Schon auf dem Weg zurück zum Zimmer musste ich feststellen, die absolut richtige Wahl getroffen zu haben. Einen Moment lang dachte ich darüber nach, vielleicht doch woanders hinzugehen, aber sonst starten die noch einen Amber-Alert. Ich setzte mich an den Tisch und arbeitete an meinem Laptop. Zuerst beschäftigte ich mich mit der Momentanen Wirtschaftslage und solchen Sachen. Politikzeugs eben. Irgendwann fiel mir der Siegelring wieder ein und ich kramte ich hervor. Es war ein Cyanstein als Grund eingesetzt in den silbernen Ring und darauf war wieder dieses Zeichen. Ein Fünfeck, daran fünf Dreiecke und darum ein Kreis. Innen drin war ein C für Cyankreis. Es war eine Verbindung in einer Verbindung, nur wusste ich so gut wie nichts über die Verbindung, abgesehen von dem, was Anton mir erzählt hatte. Ich konnte das doch nicht einfach googlen. Das war so gar keine Möglichkeit, aber ich könnte später Volkov und Monroe auspressen, denn ich war die Anführerin. Anführerin einer Verbindung, von der ich nichts wusste. Das muss ich dringend ändern. Aber wie kann ich diejenigen erreichen?

Eine blendende Idee, eine neue App. Ich begann zu programmieren und machte dann weiter, normalerweise dauert die Entwicklung einer App länger, doch wenn ich die nächsten Stunden wirklich konzentriert daran arbeiten würde, dann hätte ich sie zu Dienstag vielleicht schon fertig. Als App-Symbol nahm ich das Zeichen von meinem Ring auf Cyanblauem Grund. Mit den schwersten Sachen war ich schon zwei Stunden später fertig. Mein Eis hatte ich noch nicht ganz geleert, aber ich konnte es jetzt noch viel mehr genießen. Die Sonne war am Aufgehen und jemand klopfte leise an der Tür. Das niemand reinkam machte ich sie auf. Da stand Oscar mit einem ganzen Berg Klamotten auf dem Arm. Er half mir beim Einräumen und fragte dann: “Kommst du klar?“ Ich nickte nur. “Dann schätze ich, kommst du heute mit zur Messe?“ Na super, das hatte ich total vergessen. “Keine Ahnung, was sollte ich denn dazu anziehen?“ Sein Lächeln machte mir Angst. Er kramte in meinem Schrank und zog eine Hose und eine schöne Bluse hervor: “Ich würde das anziehen, darin siehst du echt schön aus.“ Ich nickte nur. Er stand auf und ging zum Tisch, wo er das Eis sah: “Eis zum Frühstück?“ Ich musste lachen, es hatte lange niemand mehr an meiner Essgewohnheit rumgemäkelt. “Ich hatte Lust drauf, außerdem ist es lecker. Walnuss mit Himbeeren und Honig. Leider schon leer, sonst hättet du probieren können“, er grinste mich an und klappte meinen Laptop zu. Was auch immer er vorhatte, ich durfte ihm keine Hoffnungen machen, denn ich würde ihm mehr als nur wehtun. Er machte leise Musik an, denn er hatte gesehen, dass seine Eltern noch schliefen. Dann packte er mich und drehte mich. Er wollte echt tanzen? “Ich würde ja draußen tanzen, aber wenn du nicht hier bist wenn meine Eltern aufwachen, dann werden die beiden Irre“, flüsterte er und hielt mich fest. Als ich versuchte mich raus zu winden, packte er mich um die Taille. Na super, das hatte schon Susann gemacht. Aber er sagte an meinem Ohr: “Was ist gestern hier passiert?“ Ich würde nicht Lügen, aber auch nicht alles erzählen. Wir setzten uns auf das andere Bett und ich begann zu erklären: “Ich wollte einfach nur mal durchschlafen, ich war wirklich fertig und die Schlaftablette hat gewirkt. Die wirken immer etwas sehr heftig, deswegen sind sie aber auch so wirksam bei mir. Ich denke, sie dachte, dass ich versucht hab mich umzubringen oder so, aber ich wollte einfach ohne Kopfschmerzen lange schlafen. Kannst du es verstehen?“ Er nickte. Natürlich konnte er es verstehen. Ich erinnerte mich an das was er mir im Verhör erzählt hatte und merkte, dass es ihm wahrscheinlich genauso beschissen geht wie mir selber.

“Warum redest du nicht über deine Pflegefamilie?“, seine Frage traf mich tief, denn die hatte ich wirklich nicht erwartet. Aber er war auch sehr ehrlich zu mir gewesen, also schuldete ich ihm quasi dasselbe. Nachdem ich mich überwinden konnte, versuchte ich es nur noch kurz zu halten: “Es war nicht die Heile Familie, die sich jeder vorstellt. Aber wenn ich dir jetzt mehr sage, dann musst du mir versprechen, es für dich zu behalten. Versprich es.“ “Versprochen, du hast ja auch nichts über meine Tante gesagt“, er klang ehrlich und das würd ich jetzt auch sein: “Mein Vater hat uns tyrannisiert. Meine sogenannte Mutter hat mit gemacht. Da war niemand der mich beschützen konnte. Immer wenn mein Onkel Anton zu uns kam, gab er mir diese Schlaftabletten, er wusste, wie schwer es war danach zu schlafen. Das war der Mann in der Mall. Er konnte mich nicht schützen, aber er konnte es leichter machen und dafür bin ich ihm mehr als dankbar. Ich hab ihn sehr lange nicht gesehen und es hat viele Erinnerungen zurückgebracht.“ Er wusste was ich meine. “Was hat er dir angetan?“ Aber darauf konnte und wollte ich nicht antworten, also sagte ich nur: “Es ist vorbei und es hat mich dazu angetrieben, kämpfen zu wollen. Ich habe gelernt meine Gefühle außen vor zu lassen beim Kampf und rational zu bleiben. Es klappt, ich fühle mich dadurch sicherer.“ “Aber?“, fragte er, er hatte es wohl heraus gehört. “Aber ihr stellt alles auf den Kopf, mein ganzes Leben und meine Gefühle. Ich hab Angst alle zu enttäuschen.“ Er nickte und meinte dann: “Tut mir leid, aber mich kannst du nicht mehr enttäuschen.“ Wir saßen einfach noch eine Weil e so da.

Oscar sah auf seine Uhr und grinste dann: “Wenn wir die zwei nicht wecken, dann werden sie nicht pünktlich zur Messen fertig.“ Und jetzt grinste ich auch. “Waschlappen?“, fragte ich und er nickte. Wir machten zwei Waschlappen nass und drückten sie den beiden auf die Stirn. Die Reaktion war erstaunlich. Nathan sprang auf und stürzte sich auf seinen Sohn. Susann war auch auf gesprungen, aber ich brachte mich hinter dem Tisch in Sicherheit. Oscar wurde unter den Achseln gekitzelt. Er lachte und wand sich. Es war wirklich lustig. Susann schnappte mich nicht, aber als Nathan von Oscar abließ, griffen mich gleich drei an. Ein Tumult in meinem Zimmer, normalerweise hätten wir für so etwas sicherlich eine Standpauke bekommen. “Macht euch fertig, wir treffen uns mit den anderen Schülern und Lehrern bei der Messe. Und Remy, du gehst nur mit uns hin, verstanden?“ Ich nickte, auch wenn das unnötig war.

Ich duschte mich. Dann zog ich mir an, was Oscar mir gegeben hatte. Es sah ganz gut aus. Dann flocht ich mir meine Haare so, dass sie mir nicht ins Gesicht fallen konnten, aber trotzdem noch offen waren. Meine blauen Flecke wollte ich nicht verstecken, also ging ich so wie ich war in den Gemeinschaftsraum und wartete. Oscar hatte ein Hemd und eine Jeans an, im Grunde so wie ich, nur eben ein weißes Hemd und keine Bluse. Er sah gut aus. Ich ging mit ihm nach unten, wo seine Eltern auf uns warteten. Er im Anzug und sie in einem wunderschönen Bleistiftrock und Bluse. Im Auto herrschte Stille bis zur Kirche. Der Father begrüßte alle und so auch uns. Er war sehr erfreut über mein kommen. Die Lehrer saßen so, dass sie jederzeit die Schüler beschützen könnten. Die Greens setzten sich Mittig, doch Oscar blieb mit mir ganz hinten. Nicht die beste Position um beschützt zu werden, aber die beste um zu verschwinden.

Die Predigt begann und als alle begannen zu zuhören, zog Oscar mich mit sich raus. “Ich dachte du hörst brav bei der Messe zu“, frotzelte ich und er grinste: “Ich bin da genauso gern drin wie du wenn viele Leute dort sind. Ich bete wenn überhaupt für mich allein.“ Das beruhigte mich in gewisser Hinsicht. “Na gut und was machen wir jetzt?“ “Meistens schlendere ich durch die Stadt, der Trödelladen hat immer offen zu dieser Zeit oder ich höre Musik und warte. Zu Ende müssen wir uns wieder reinschleichen, dann bekommen wir keinen Ärger mit irgendwem.“ “Na gut, dann zeig mir mal den Weg großer Meister.“ Er zeigte mir den Ort und dann den Trödelladen. Es war mehr ein Antiquitätenladen, aber er war wirklich putzig. Überall standen, hingen und lagen Sachen rum. “Den Preis verhandelt man an der Kasse. Das macht es irgendwie cool.“ Ich sah mich um und fand ein paar schöne Bilderrahmen, doch einer zog meine volle Aufmerksamkeit auf sich, denn da war dieses Symbol wieder drauf, nur ohne das C. Ich ging mit allem zur Kasse und fragte: “Was soll das kosten?“ Die Frau könnte meine Großmutter sein, doch sie sah ehr nach einer Knusperhäuschen Hexe aus. Ihre Stimme krächzte: “Nimm es mit und zahle eine kleine Spende für den Bund.“ Ich erstarrte, die Stimme kannte ich. Der Name fiel mir wieder ein: Anastasia Russewo. Eine Freundin meiner „Eltern“. Was machten die denn alle hier in der Gegend, erst Anton, dann sie. “Was machen sie hier?“, fragte ich und mit dieser Frage hatte sie nicht gerechnet, doch sie antwortete: “Das Rote Kreuz beschützt nur seine Tochter und Erbin.“ Fassungslos stand ich da. Diese Frau war doch irre. Ich legte ihr zwanzig Dollar hin und wollte gerade gehen, als sie meine Hand festhielt: “Wappne dich, wir befreien dich aus deinem Gefängnis.“ Meine Hand zitterte und dann zog ich sie weg. Oscar kam dazu und meinte: “Wo ist denn die Ladenbesitzerin? Miss Hamilt?“ “Ich habe ihr den Laden abgekauft. Sie wollte auf Reisen gehen.“ “Ah, das freut mich für sie.“ Anastasia sah ihn an, sie schien nicht zu wissen, wer er ist, also nutzte ich den Moment. “Schatz, wir werden erwartet“, sagte ich und nahm seine Hand. Ich wandte mich noch einmal zurück und sagte: “Hat mich gefreut Ma’am.“ Dann verließen wir den Laden. Als wir weit genug weg waren fragte ich ihn: “Wie gut kennst du diese Miss Hamilt?“ “Gut genug um zu wissen, dass sie nicht mehr Reisen würde.“ “Ich hab ein ungutes Gefühl, lass uns in der Tonne da nur mal nachsehen, okay?“ Er nickte und wir sahen nach. Darin waren einige Mülltüten. Ich öffnete eine nur um sicher zu sein. Der Kopf darin sah grauenhaft aus, doch ich musste mir sicher sein: “Ist sie das?“ Er nickte und ich machte den Sack wieder zu. Nicht direkt meine erste Leiche, aber meine erste Leiche in einem Müllsack bzw. ihr Kopf. “Lass uns gehen. Wir müssen ihnen Bescheid sagen.“ Oscar sah sich um und dann beeilten wir uns zur Kirch zurück zu kommen.

Die Messe war noch nicht vorbei, doch Oscar holte sich ein paar Lehrer. Mr. Green sah sich den Kopf an, er fragte nicht warum wir gegangen waren, sondern sagte nur: “Wo ist der Rest von ihr?“ “Wahrscheinlich in den restliche Mülltüten. In dem Container. Aber es wäre zu auffällig gewesen mit noch mehr Mülltüten rumzulaufen.“ “Wir beenden die Messe und alle werden auf direktem Weg zurück in die Schule gehen!“, sagte er und dann ging er in die Halle. Der Father verstand und schickte die Schüler nach Hause. Ohne nah zu denken quetschte ich mich durch die Mase zu Jenny und Volkov durch. “Sie sind hier und wollen mich abholen“, sagte ich und Jenny erstarrte. Volkov jedoch reagierte gespannt: “Wie kommt es, dass du das denkst?“ “Russewo ist hier, die alte. Das bedeutet es sind noch mehr von ihnen hier.“ Jetzt waren beide geschockt.

Plötzlich zog jemand an mir: “Du kommst sofort mit!“ Es war Susann, die mich wegzerrte. Sie drückte mich auf den Beifahrersitz und fuhr los. Die anderen mussten alle laufen. Es waren Schülergruppen mit je zwei Lehrern. Als wir durch das Tor fuhren, waren die anderen noch nicht da. “Was ist mit den anderen?“, fragte ich, aber sie brachte mich stumm in ihr Büro. Ich stellte mich ans Fenster, sodass ich sehen kann, wann die anderen kommen. “Du wirst dieses Gelände nicht mehr verlassen! Gar nicht mehr, nicht einmal unter Schutz!!“ Sie war besorgt und wütend und irgendwie unter Strom.“ Was soll das werden wenn es fertig ist?!“, sie steckte mich an mit ihrem Geschrei. Sie sah mich an, doch dann sagte sie mir bemüht ruhiger Stimme: “Du bist hier bei uns sicher, solange du das Gelände nicht verlässt und tust was wir sagen, werden wir das hinbekommen.“ Ich fragte nicht weiter, das wurde mir echt zu schwierig, denn ich wollte nicht lügen. Die erste Gruppe traf ein und als alle da waren, wurde das Tor verschlossen und die Wachen bekamen Befehl gefangene zu machen und keine Toten. Die Lehrer sammelten sich im Büro des Direktorates und dann ging’s erst so richtig los. “Warum in aller Welt habt ihr den Müll durchsucht?“, fragte Direktor Green und eine Antwort darauf war nur: “Ein Bauchgefühl.“ “Na herzlichen, kannst du uns dieses Bauchgefühl bitte erläutern?!“, er war unter Starkstrom und super besorgt, nicht um mich, sondern um die gesamte Schule. Bevor ich antworten konnte, kamen Volkov und Monroe reingestürmt: “Es ist das Rote Kreuz. Sie haben noch keine Truppen herbeordert, aber sie werden kommen um sie abzuholen.“ Jetzt redeten alle Lehrer durch einander. Das war mir jetzt zu doof. “Wer will mich abholen?!“, fragte ich, denn ich war mir nicht sicher worum es geht. Gestern hatte Anton mir einen Hinweis gegeben auf den Cyankreis, aber ich musste mich zwingen mich zu erinnern, denn ich dachte eigentlich, dass das so ein spaß zwischen uns ist. Ein Bund zwischen Onkel und Nichte. Niemand sagte etwas, sie hatten wohl ganz vergessen, dass ich auch noch da war. “Das ist eine Mafiaverbindung von Agenten im Untergrund, sie nennen sich das Rote Kreuz“, erklärte Susann und das ließ die Fragezeichen in meinem Gesicht explodieren. Es war auch nicht sonderlich lindernd für meine Kopfschmerzen. Jennifer Monroe erbarmte sich und erklärte: “Sie scheinen hinter dir her zu sein, denn sie haben sich noch nie so weit vor getraut. Da du eine Haze bist, wäre dein Name sicher Grund genug dich zu entführen.“ Jenny bekam böse Blicke von den anderen Lehrern, doch sie zuckte mit den Schultern: “Warum sollte sie es nicht wissen dürfen Immerhin geht es hier nicht um irgendjemanden, sondern um sie.“ Gut, das war jetzt endgültig zu viel. Erst gestern, dann heute und was kommt morgen? Ich stand, doch ich konnte mich nicht daran erinnern aufgestanden zu sein. Ich war im Begriff zu gehen, doch mir wurde die Tür von Jenny versperrt: “Du kannst nicht gehen.“ “Ich werde gehen. Wenn Sie mich nicht freiwillig gehen lassen, du kämpfe ich eben und sie dürfen sich von Mrs. Trimbee anhören, warum ich noch zwei Tage nicht Trainieren darf!!“ Sie bewegte sich nicht weg, als erwarte sie nicht, dass ich sie angriff. Doch genau das würde ich tun. Sie trat doch noch weg, gute Entscheidung. Die Tür krachte ins Schloss und ich ging Richtung Zimmer.

Ich ging hoch und da wartete niemand, man hatte sie also alle in den Essensaal gebracht. Ich stellte mich vor den Spiegel und zog meine Blus an den Schultern zur Seite. Kein Kreuz, an meinem Bauch auch keins und an meinem Rücken auch nicht. Gut, dann bin ich nicht markiert. Ich war erleichtert, aber das bedeutet im Grund gar nichts. Ich zog mir Sportklamotten an. Mit einer Wasserflasche in der Hand ging ich runter. Niemand war da der mich hätte aufhalten können. Wirklich niemand war da. Draußen lief ich ein paar Runden und dann schaltete sich den Boomboy an. Jetzt war es mir egal ob vielleicht Mrs. Trimbee etwas sagen würde. Der erste Schlag war noch schwach, aber mit jedem weiteren legte ich mehr Kraft hinein. Meine ganze Wut ließ ich an diesem scheiß Ding aus.

“Wieso eigentlich immer ich?!“ Ein Schlag. “Warum schon wieder?!“ Ein zweiter. “Holt euch doch jemand anderen!!“ Ein dritter. Ein vierter und fünfter. “Ich muss das nur durchhalten!“ Nummer Sechs. “Niemals Schwäche zeigen!“ Sieben. “Keine Tränen!!“ Acht. “Disziplin!!!“ Neun, Zehn, Elf. Ein Kick. “Keine Gefühle!“ Zwölf, dreizehn, vierzehn. “Disziplin!!“

Wie verrückt schlug ich auf den Boom typen ein. Sie ruinieren mein Leben, zum zweiten Mal! Kaum bin ich auf dem besten Weg glücklich zu werden, kommen sie wieder!“ Meine Schläge kamen in immer kürzeren Abständen. Die Sorgen, die Wut, nichts von dem ging in Rauch auf, die Flamme wurde größer und immer größer. Aber meine Kraft bleibt mir langsam weg. Ich saß vor dem Boomboy auf der Matte, mit angezogenen Beinen. Ich keuchte und gab mir Mühe wieder auf die Beine zu kommen, aber ich blieb dann doch sitzen. Ich fühlte mich erledigt, denn mit war klar, wenn ich nach so kurzer Zeit schon alle war, dann würde ich keinen ernsthaften Kampf durchstehen. Training würde ich in nächster Zeit an erste Stelle setzten. Jede Pause würde ich dazu nutzen mich zu verbessern. Ich muss gut genug sein um es zu beenden bevor es beginnt.

Ich hatte wieder genügend Kraft um weiter zu machen, also fing ich wieder von vorne an. Nur diesmal mit Kicks. Zwischendurch ein paar Schläge.

“Was wird das?!“, Grant Volkov schrie das wirklich quer über den ganzen Hof. Ich drehte mich um und erklärte: “Ich trainiere!! Das ist wichtig, denn ich will hier nicht untergehen!! Ich muss gut genug sein, damit ich hier standhalten kann!! Die Verletzungen sind nur Zeugnis von meinem nicht vorhandenen Können! Das kann ich mich nicht leisten!“ “Nun gut, aber deine Verletzungen sind nicht kuriert, leg dich gemütlich ins Bett, lies eine gute Lektüre und entspann dich Mädchen. Wir alle schützen dich.“ “Das Bett ist hier und meine Lektüre ist mein Training. Was bedeutet Schutz, wenn ich mich nicht selber schützen kann? Warum macht mir eigentlich jeder mir Vorschriften was ich zu tun und zu lassen habe?!“ Jetzt kam auch noch Oscar dazu. Na perfekt. “Beweg deinen Arsch ins Gebäude!!“, schrie Oscar mich plötzlich an. Ich tat, als würde es mich nicht interessieren und sagte: “Ich wollte eh gerade Pause machen.“ Ich ging rein, ohne einen von ihnen noch einmal anzusehen. Auf eine Dusche hatte ich keinen Bock, also ließ ich die Hose und den Pulli an. Mit meiner Wasserflasche, einem Stift und einem Block setzte ich mich in die Mensa. So gut wie niemand war mehr dort, alle waren auf ihre Zimmer gegangen. Ich war dabei in ruhe zu arbeiten, denn die anderen hatten mir gesagt, dass wir einen Aufsatz schreiben sollten für den Deutschunterricht über die Person die uns am meisten in unserem Leben beeinflusst hat. Wen sollte ich da nur nehmen? Ketherina oder vielleicht Anton? Claire oder Brant? Mrs. Daniels oder Miles? Ich bin doch nicht irre, wen ich über die schreibe, dann werde ich praktisch zu einem offenen Buch. Gar nicht gut. Na dann versuch ich mal jemanden zu finden, bei dem ich nicht lügen muss. Viel lieber würde ich jetzt weiter den roten Kerl verprügeln, stattdessen verzweifle ich an einem scheiß deutsch Aufsatz!

“Hey Rem, hast du einen Moment?“, fragte Riley und setzte sich direkt zu mir. Ich klappte meinen Block zu und sah zu ihr. “Hab ich den eine andere Chance?“, seufzte ich und sie lächelte mich nur an. Dann fuhr sie fort: “Also ich hab unsere Mutter angerufen, gestern… Und sie kommt heute her. Ich bat sie darum, aber du bist nicht verpflichtet mit mir mitzukommen. Es ist eine Chance sie kennen zu lernen. Es wäre schön wenn du dabei bist. Sie kommt mit Mrs. Keen, sie wollte wohl mit der Schulleitung sprechen wegen ihren Töchtern. Egal was du über sie denkst, du könntest sie all das selber fragen.“ “Nein“, ich wollte sie nicht sehen und schon gar nicht mit ihr sprechen. “Denk drüber nach“, etwas geknickt zog sie ab. Ich hatte noch nicht einmal meinen Block aufgeschlagen, da kam Oscar mit den Jungs und seinem Vater. Der sah aus, als würde er mich erwürgen wollen: “Du gehst nirgendwohin ohne das einer der Jungs, ein Lehrer bei dir ist! Hast du verstanden?!“ Ich nickte und wollte gerade aufstehen um zu gehen, doch dann fiel mir ein, dass ich nicht mehr allein sein werde. “Wer ist mein erster Schatten?“, fragte ich genervt und dann lächelte er, als freue er sich, weil ich es ja sooo gut verstanden hatte. Er deutete auf Oscar und meine Reaktion war nicht die, die er erwartet hatte: “Ich wird jetzt in mein Zimmer gehen und da ist Taylor, also kein Grund das er mitkommt.“

Mr. Green ließ mich genervt gehen. Sein Kopfschütteln war irgendwie verzweifelt. Ich lief durch die Gänge. Es war noch nicht einmal zwölf Uhr Mittags und ich hatte schon panische Gedanken, weil ich den Unterricht vermisse. Mir fiel zu spät auf, dass ich gar nicht auf dem Weg zum Zimmer gewesen war, sondern direkt zum Verhörunterrichtsraum. Natürlich war an einem Sonntag niemand hier, also setzte ich mich hin und begann zu arbeiten. Natürlich haben sie mich gefunden, doch Susann und Nathan wollten schon wieder mit mir allein reden. “Ich habe kein Interesse an einem Gespräch, egal worum es geht oder um wen es geht.“ Es war ihnen egal, Nathan war noch wütender als vorhin: “Du bist in Gefahr und wir wollen die beschützen. Also hör auf mit dem Terror und nimm den Schutz an!“ “Ich will nicht wie ein Hund an die Leine genommen werden! Außerdem will ich meine Ruhe!“ “Taylor passt für den absoluten Notfall auf Riley auf, dass bedeutet, dass du solange entweder bei uns beiden oder bei Mrs. Monroe bist“, Susann war schon wieder höchst besorgt, also spielte ich einfach mit: “Gut, ich wollte nur in Ruhe meinen Aufsatz schreiben. Ich komm nicht voran, also dachte ich, vielleicht trainiere ich noch einmal mit Mrs. Monroe.“ “Gut, dann bringe ich dich zu ihr. Dann könne wir uns noch einen Moment unterhalten.“ Nathan war vorgegangen und ich ging dann mit Susann.

“Ich bin mir sicher, du möchtest deine Mutter kennen lernen“, sie hörte sich ähnlich an wir Rileen, doch ich antwortete ebenfalls gleich: “Nein, egal was irgendjemand sagt, es bleibt dabei.“ “Das ist nicht die beste Idee, aber nicht nur Claudia kommt in einer Stunde an, sondern auch die Mutter von Alissia, Mrs. Keen. Sie wird mit dir reden wollen und ich denke, du solltest mit ihr sprechen.“ Ich zuckte mit den Schultern und ging zur Matte. Jenny war dort und löste Susann ab, doch sie fragte noch etwas: “Hast du deine Waffe Jenny?“ “Natürlich“, sagte sie entnervt und wandte sich mir zu. Susann ging und ich begann mit dem Training. Jenny und ich sprachen ausschließlich Russisch, nur als zusätzliches Training. Sobald jemand raus kam wechselten wir zurück zu Englisch. So ging es eine drei viertel Stunde. Dann machte ich eine Pause mit Jenny und ging in die Mensa. Nur eine Joghurt aß ich zum Mittag. Mein Appetit war nicht ganz so fröhlich über das warme Angebot. Nach dem Essen ging ich einen Moment hoch auf mein Zimmer nur um einen Moment allein zu sein im Bad.

Jenny wurde hibbelig und ich kam wieder raus. Ich konnte aus dem Fenster sehen, dass zwei schwarze Autos vorfuhren. Das sind sie dann wohl. Ich wandte mich zurück zu Jenny und sagte: “Können wir weiter machen?“ Nur ein Nicken. Wir machten uns auf den Weg. Zum Glück liefen wir niemandem über den weg, der zum Beispiel Claudia heißt. Auf der Matte machten wir nur ein paar Griffe als Übungen zum warm werden. Dann ging’s richtig zur Sache.


Riley Haze:

Ich war total nervös. Ich würd sie jetzt gleich sehen und ich hatte es nicht mal Papa erzählt oder geschrieben. Taylor ging mit mir rein. Da standen doch echt drei Frauen, alle mit einem Wasserglas in der Hand am Fenster. Sie wirkten auf mich, als wären sie beste Freundinnen. Taylor räusperte sich und alle drei drehten sich um. So was von Charlies Angels. Sie sah genauso aus, wie Remy, nur dass sie braune Augen hat, weniger dunkles Haar und etwas kleiner ist. Es war echt krass, aber ich sah meinem Vater sehr viel änlicher, nur die Größe und die Augen hatte ich von ihr. “Hi…ich bin Riley, also ich meine Rileen.“ Sie hat ein warmes Lächeln und beruhigte mich sofort: “Möchtest du vielleicht mit mir einen Tee trinken gehen?“ Wenigstens waren wir beide total nervös. Ich ging mit ihr in die Mensa. Es war wahnsinnig schön sie hier zu haben. “Was möchtest du wissen Rileen?“, fragte sie cool und ich hatte nur eine Frage: “Warum hast du mich verlassen?“ “Du musstest beschützt werden und dein Vater war dazu am geeignetsten. Niemand könnte dich besser beschützen. Oder würdest du einen Diamanten von einem Menschen beschützen lassen, der dafür nicht geeignet ist.“ Ich nickte und wir unterhielten uns einen Momentlang, bis sie auftaute und wie eine Mom sprach: “Du bist meine Kleine Große. Ich habe deine Schulakten gesehen und muss sagen, du brauchtest mich nie. Du bist gut darin allein klar zu kommen.“ “Ich habe das aber nie gewollt. Alle anderen haben immer eine Mom gehabt, die an Weihnachten sie in den Arm nimmt. Die Mom, die einem beibringt wie man sich die Schuhe bindet. Das hat mir wirklich gefehlt.“


Jemand kam zu unserem Training und es war nicht nur eine Person. Susann kam mit Alissia und ihrer Mutter zu uns. “Mrs. Keen, das ist Remington. Jenny, sie können hoch gehen, wir machen das hier allein“, wies Susann sie an. Mrs. Keen sah ihrer älteren Tochter ähnlich und sprach auch wie sie: “Ich würde gern von dir wissen, was auf der Matte vorgefallen ist.“ “Wir hatten einen Übungskampf, der war ganz nett. Sonst nichts“, um das zu untermalen, zuckte ich mit den Schultern und nahm einen Schluck aus der Flasche. Mrs. Keen versuchte es noch einmal: “Du kannst ganz ehrlich sein, also bitte.“ “Danke, dass sie sich sorgen, aber das machen wir unter uns aus, denn wir sind schon große Kinder Ma’am. Und jetzt würde ich gern mein Training fortsetzten, Lissi, hast du was dagegen?!“ Sie kam zu mir, zog ihre Jacke aus und stellte sich mir gegenüber. Doch ich hatte nicht vor hier mit ihr zu kämpfen. “Lass uns laufen, ich brauch dringend eine bessere Ausdauer“, ich hatte ihr keine Wahl gelassen und war los gelaufen. Im Wald ließ ich sie aufholen und sagte: “Warum hetzt du deine Mutter auf mich?!“ “Denkst du die Frau wäre vorher jemals hergekommen? Sie will dich kennen lernen, wie jeder andere auch. Was dachtest du? Das sie herkommt, weil sie mich liebt?“

Auf mich fiel jemand und drückte mich zu Boden, Alissia wurde auch zu Boden gedrückt. Wir hatten kaum eine Chance.

Vermächtnis der Toten

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