Читать книгу Gefangen in der Finsternis - Emma Schneid - Страница 3
Einleitung
ОглавлениеEine Großstadt - eine vornehme Wohngegend - ein ungepflegtes Haus, indem sich ein altes, abgenütztes Studierzimmer befindet.
An den Fenstern hängen, von der Zeit ausgeblichene, verstaubte Vorhänge. Durch eine kleine Spalte zwischen den Schals stiehlt sich ein dünner, vorwitziger Sonnenstrahl in den Raum und trifft auf ein Spinnennetz, das in der gegenüber liegenden Ecke hängt.
Ein kleiner, verirrter Schmetterling auf seinem Weg in die Freiheit, hat sich darin verfangen. Er kämpft und weiß nicht, dass ihn seine Kräfte schnell verlassen und die schwarze Spinne ihn in die Arme des Todes verhilft.
In der Mitte des Raumes sitzt ein alter, grauhaariger, vom Kummer gebeugter Mann an seinem Schreibtisch. Der Tisch ist mit Staub bedeckt und alte, vergilbte Aktenblätter liegen verstreut darauf und geben stellenweise den Blick auf Rotweinflecken, die sich tief in die Eichenplatte ein gegerbt haben, frei. Eine verklebte, orangefarbene Schreibtischlampe steht dazwischen und spendet ihr diffuses Licht. Der Mann ist Dr. Piescher, der lange Zeit in der Psychiatrie der städtischen Klinik als Arzt und Wissenschaftler tätig war und ist.
Er ist dabei, die Geschichte seiner Patientin Catlyn niederzuschreiben. Die mit dieser Frau verbundenen Geschehnisse haben sein gesamtes Wissen, das durch lange Berufserfahrung erworben und gefestigt worden ist, in Frage gestellt, ja, sogar seine Weltanschauung ins Wanken gebracht und ihn in seinem Glauben schwer erschüttert.
Catlyn war vom Gericht des Mordes an ihrem Freund für schuldig, aber nicht straf fähig befunden worden, da dieses der Meinung war, die junge Frau leide an einer schweren psychischen Erkrankung. Das Gericht hat Catlyn auf Grund dieser Bewertung in die Psychiatrie eingewiesen und wurde dadurch Dr. Pieschers Patientin.
Die junge Frau unterschied sich zunächst nicht von den anderen Patienten und Dr. Piescher begann mit den Therapiesitzungen. Catlyn erzählte ihm, woran sie sich noch erinnern konnte. Vor allem von ihren Alpträumen in der Mordnacht und danach, so als sei es jetzt. Vor dem Drama waren es zum Teil sehr schöne Träume und Catlyn erklärte: „ Wissen Sie, damals war ich noch nicht in der Lage, einen Zusammenhang mit der mir zur Last gelegten Tat zu erkennen.“ Diese und die folgenden Worte gingen Dr. Piescher nicht mehr aus dem Sinn: „Herr Doktor, glauben Sie nicht an die Dunkelheit, die nicht um uns, sondern in uns ist und lebt? Das der Tod nicht immer das Ende, sondern ein Anfang ist. Die Dunkelheit, die Keiner sieht, Keiner beschreiben kann, die man nur spürt und die nur Hass erzeugt und hinterlässt! E t w a s , dass man nicht begreifen kann und nichts mit der Realität zu tun hat. Diese Dunkelheit die mich in Angst einhüllt.“
So vergehen die Jahre und Dr. Piescher lernte Catlyn kennen und erkennen. So gelangte er zu der Überzeugung, dass sie nicht den Mord an ihrem Freund Karl begangen hat. Das sie ein gesundes, junges Mädchen war und ist.
Er entwickelte eine väterliche Zuneigung zu ihr, sie schenkte ihm ihre kindliche Zuneigung und es entstand ein gutes Vater/Tochter-Verhältnis. Sein Bestreben war, ihr zu helfen, ihr ein neues Leben in Freiheit zu schaffen.
Leider versteht er erst jetzt, dass er ihr nicht helfen konnte, sondern zuließ, dass „ E s „ sie vernichten konnte.
Erst viel später hat er erkannt, dass Wesen aus einer anderen Sphäre unsere Zukunft mitgestalten, uns als ihre Marionetten missbrauchen, wenn wir uns auf sie einlassen. Diese Wesen spielen mit uns, lassen uns Luftschlösser bauen, um sie im gleichen Augenblick wieder zu vernichten. Sie führen uns durch ein Labyrinth der Dunkelheit.
Den Schmerz, der von seinen Schuldgefühlen herrührte, erreichte Dr. Pieschers Seele nicht mehr, seine Zeit auf Erden ist abgelaufen, der Tod steht bereits hinter ihm, befiehlt ihm mitzukommen.
Er hinterlässt als sein Vermächtnis die Geschichte von Catlyn.