Читать книгу Gefangen in der Finsternis - Emma Schneid - Страница 4
II.
ОглавлениеEin gepflegtes Kleinauto, älteren Baujahres, fährt die breite, geteerte Zufahrt entlang, auf ein großes, schmuckloses Gebäude zu.
Die Fenster, die in der Sonne funkeln, geben der Klinik jedoch ein warmes Fluidum. Links und rechts tanzt das bunt gefärbte Herbstlaub im Wind einen Reigen.
Das Auto kommt auf dem Parkplatz vor dem großen Portal zum Stehen. Eine mittelgroße Frau, Anfang der Dreißig, steigt aus. Sofort zerzaust eine Windböe ihr schulterlanges, rotes Haar und schmiegt ihre legere Kleidung an ihren molligen Körper. Sie eilt bereits die Stufen zur Psychiatrie hinauf und trifft dort auf Dr. Piescher.
Mit einem erfreuten Lächeln begrüßt sie ihn: „Schönen guten Morgen Dr. Piescher!“ Dabei röten sich ihre Wangen in ihrem rundlichen Gesicht verräterisch.
Dr. Piescher hält in seinem eiligen Schritt inne und erwidert den freundlichen Gruß: „Guten Morgen Lora, schon so früh unterwegs?“, und fährt ohne eine Antwort abzuwarten fort, „Übrigens, mit den Stromwerken habe ich telefoniert, es kommt gegen 15.00 Uhr ein Monteur in Catlyns Haus, den Strom frei zu schalten. Ich habe meine Termine so gelegt, dass ich dort sein werde.“
Lora nimmt diese Worte erfreut auf und antwortet: „ Ich freue mich so für Cat, ich kann es noch gar nicht recht glauben, dass Cats Entlassung ist. Ich habe bereits Alles zur Feier vorbereitet und auch eine Geburtstagstorte gebacken.
Dr. Piescher lächelt über Loras Eifer: „Ich bin ebenso freudig erregt, wir telefonieren heute Abend und besprechen Alles für morgen. Jetzt bin ich allerdings in Eile.“, und eilt in ein Behandlungszimmer.
Lora setzt ihren Weg zu Catlyns Zimmer fort und denkt wehmütig darüber nach, dass dieser nur Dr. Piescher und sie als Freunde geblieben sind.
Cats Großmutter, die sie groß gezogen, nach dem ihre Mutter sie zurückgelassen hatte,
ist bereits verstorben.
Ihre Mutter ist damals nach Amerika gegangen und hat nach kurzer Zeit den Kontakt abgebrochen. Catlyn weiß noch nicht einmal, ob ihre Mutter noch am Leben ist und so ist es weiterhin ein Geheimnis, wer Cats Vater ist.
Sie, Lora und Catlyn, haben die in Kindertagen entstandene Freundschaft bis heute erhalten. Lora hat sich in all den Jahren, die Catlyn in der Klinik verbringen musste, treu und liebevoll um sie gekümmert.
Lora kann es kaum fassen, dass Catlyn in die Freiheit entlassen wird und zählt in Gedanken die noch verbleibenden Stunden.
Sie eilt gutgelaunt den Klinikkorridor entlang und schenkt Jedem ein strahlendes Lächeln. Vom Fenster aus sieht sie Catlyn im Garten auf einer Bank sitzen, die in ihr Tagebuch die letzten Eindrücke und Erlebnisse ihres Klinikaufenthaltes schreibt.
Lora entnimmt dem Getränkeautomat zwei Becher Kaffee und eilt zu Catlyn. Bei ihr angekommen überfällt sie diese sogleich mit der Frage: „Na meine Liebe, wie fühlst Du Dich?“
Catlyn schaut von ihrem Buch hoch und sprudelt los: „ Ich kann das Alles noch nicht fassen und glauben, ich bin Aufregung pur!“
Besorgt hinterfragt Lora: „Du freust Dich, oder?“ Lora betrachtet dabei Catlyns Minenspiel genau, denn deren Stimme war anzumerken, dass sie etwas bedrückt. Catlyns Gesichtsausdruck wirkt nachdenklich und ihre Augen sind vor Angst verdunkelt.
Lora hakt nach: „Sag schon!“ Catlyn, die nicht will, dass Lora ihre Unsicherheit spürt, antwortet betont froh: „Jaaa, ich freue mich!“ Lora noch immer nicht überzeugt: „Aber das klingt nicht so, was hast Du?“ Catlyn stammelt: „ Ich weiß einfach nicht, obwohl das Geschehene soweit zurück liegt, erscheint es mir, als wäre es gestern gewesen….“ Lora bestürzt: „Aber die Träume sind---------!“ Catlyn fällt Lora ins Wort: „Aber ich habe Angst, dass die Träume wieder kommen!!“ Lora versucht Catlyn zu beruhigen: „ Jetzt mach Dich nicht verrückt! Du hast verständlich Angst vor dem neuen Leben, aber glaub mir, das Leben da draußen hat sich kaum verändert. Du wirst Dich schnell daran gewöhnen und denken, Du wärst nie weg gewesen. Es ist vorbei, Deine Gefangenschaft, Deine Alpträume und Deine schlimmen Erlebnisse.
Ich bin da und wir werden ein gemeinsames, neues, schönes Leben aufbauen. Du weist, meine Hilfe ist Dir sicher. Denke nicht mehr an das Vergangene zurück.“ Lora setzt sich neben Catlyn auf die Bank und beide versuchen sich zu beruhigen, was ihnen auch gelingt und so genießen sie den schönen Herbsttag.