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Prolog

Nach langen Stunden unerquicklichen Wachseins und einem ausgiebigen Spaziergang zum See lag Leah endlich in ihrem Bett und schlief ein, sobald sie sich die Decke über den Kopf gezogen hatte. Nachdem sie sich noch einige Male von rechts nach links gewälzt hatte, blieb sie auf der rechten Seite zusammengerollt wie ein Embryo unbeweglich liegen. Ihr Atem ging ruhig und regelmäßig.

Leah durchstreift einen undurchdringlichen Wald, der zahlreiche Hindernisse bereit hält. Ihr Kleid ist nicht die richtige Ausrüstung für diesen unzugänglichen Dschungel. Es ist nach kurzer Zeit am unteren Saum zerrissen von den dornigen Pflanzen, von denen es im Wald nur so wimmelt. Die Dornen haben es sogar durch die Ärmel geschafft, die ebenfalls zerrissen sind und blutige Risse auf Leahs Haut hinterlassen, die sofort den Stoff am Ärmel des Kleides mit Blut durchtränken. Sogar an der Stirn hat sie sich einen Kratzer geholt, der einen blutigen Striemen vom linken Haaransatz hinunter bis zur rechten Augenbraue verursacht hat.

Als Leah stehen bleibt, um kurz ein wenig Luft zu schöpfen, hört sie jemanden im Dickicht. Das Geräusch von umknickenden Zweigen kommt immer näher. Ihr Herz klopft vor Angst. Jemand folgt ihr und schließt in jeder Sekunde näher zu ihr auf. Leah will weitergehen, um tiefer in den Wald hinein zu flüchten und sich zu verstecken. Doch in ihrer großen Furcht hat sie sich in einem Dornengestrüpp verheddert. Und je mehr sie daran zerrt, desto tiefer bohren sich die Dornen in ihr Kleid und lassen sie nicht mehr los. Leah will schreien, fürchtet aber, dadurch erst recht ihre Position zu verraten. Sie atmet stattdessen heftig ein und aus und wartet vergebens darauf, dass ihr Atem und sie selbst sich beruhigen.

„Leah!“ Es ist eine Frau, die sich durch das Unterholz kämpft. „Warum läufst du denn vor mir weg?“ Ihre sanfte Stimme jagt Leah eine Gänsehaut über den Körper.

Plötzlich steht eine Leah vollkommen unbekannte Person gegenüber. Sie ist seltsam gesichtslos. Zumindest kann Leah ihr Gesicht nicht richtig erkennen. Die Frau trägt die Uniform einer Försterin mit einem Gewehr über der Schulter.

„Ich laufe gar nicht weg, wie du siehst.“ Leah zeigt auf ihren Rock, mit dem sie in dem Gestrüpp gefangen ist.

„Warte. Ich helfe dir“, flüstert die Frau. Absurderweise beruhigt sich Leahs Atem schlagartig. Die Frau legt das Gewehr ab und befreit Leah von den Zweigen, die sie nicht haben gehen lassen wollen. Leah atmet tief aus, als sie sich wieder frei bewegen kann. Dankbar nickt sie der Unbekannten zu. Diese streicht zart über Leahs Arm und berührt vorsichtig ihre Wunden. Die nächste Gänsehaut schießt ihr dieses Mal über den Arm und breitet sich über den ganzen Körper aus.

„Lass uns zum Forsthaus gehen“, schlägt die Frau vor. „Dort werde ich dir neue Kleidung geben und deine Wunden versorgen. Komm!“

Die Frau nimmt wie selbstverständlich Leahs Hand in ihre und führt sie unbeschadet aus dem Dschungel heraus, dessen Undurchdringlichkeit sich wie durch ein Wunder in der Sekunde lichtet, in der sie Richtung des Forsthauses gehen.

Als Leahs Wunden versorgt sind und sie in einer Försteruniform am Tisch sitzt, kniet die Frau vor ihr und küsst sie sanft auf ihre Lippen. Schon wieder eine Gänsehaut. Die Lippen der anderen sind so vorsichtig und zart. Leah wollte so viel mehr von dieser anderen. Ihr Herz klopft wild, doch um nichts in der Welt, hätte sie etwas anderes gewollt, als diese warmen, zärtlichen Lippen auf ihren eigenen zu spüren, die ihren Herzschlag in die Höhe treiben.

Grenzenloses Glück

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