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Auktionen als Radikale Märkte

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Das Problem rührt aus Ideen oder vielmehr dem Mangel an Ideen. Die Argumente der Rechten und Linken hatten zur Zeit ihrer Entstehung im 19. und frühen 20. Jahrhundert etwas zu bieten, doch heute ist ihr Potenzial erschöpft. Sie sind nicht mehr kühne Reformen, sondern engen unsere Gestaltungsspielräume ein. Um unsere gesellschaftlichen Möglichkeiten zu erschließen, müssen wir für radikale Umgestaltungen offen sein. Um das Problem an der Wurzel zu packen, müssen wir verstehen, wie unsere wirtschaftlichen und politischen Institutionen funktionieren, und dieses Wissen nutzen, um eine Antwort zu formulieren. Genau dies tun wir in diesem Buch.

Unserer Auffassung nach sind und bleiben Märkte auch mittelfristig der beste Weg, eine Gesellschaft zu organisieren. Doch während unsere Gesellschaft angeblich von Wettbewerbsmärkten strukturiert ist, behaupten wir, dass die wichtigsten Märkte monopolisiert sind oder gänzlich fehlen und dass wir durch die Schaffung von wirklich wettbewerbsorientierten, offenen und freien Märkten die Ungleichheit drastisch abbauen, den Wohlstand mehren und die ideologischen und sozialen Gräben überwinden können, die unsere Gesellschaft spalten.

Wie die Vertreter des rechten Flügels sind wir der Ansicht, dass die Märkte gestärkt, erweitert und bereinigt werden müssen. Allerdings scheint es uns auf der Rechten einen verhängnisvollen Fehler zu geben: Sie war und ist zaghaft und einfallslos in ihrer Vision der notwendigen gesellschaftlichen Veränderungen, um die Märkte in Schwung zu bringen. Viele im rechten Lager befürworten einen Marktfundamentalismus, eine Ideologie, die ihrer Vorstellung nach in der Wirtschaftstheorie und der historischen Erfahrung erwiesen wurde. In Wirklichkeit ist er wenig mehr als ein nostalgisches Bekenntnis zu einer idealisierten Version der Märkte, wie sie in der angelsächsischen Welt im 19. Jahrhundert existierten. (Wir verwenden den Begriff Kapitalismus, um uns auf diese idealisierte, historische Version der Märkte zu beziehen, in der Regierungen sich auf den Schutz des Privateigentums und die Einhaltung von Verträgen konzentrieren.) Dem Marktfundamentalismus stellen wir den Marktradikalismus gegenüber, der unser eigenes Bemühen ist, Märkte von Grund auf zu verstehen, neu zu strukturieren und zu verbessern.

Mit den Vertretern der Linken teilen wir die Auffassung, dass bestehende soziale Regelungen ungerechte Ungleichheit erzeugen und kollektives Handeln untergraben. Der Fehler der Linken war allerdings ihr Vertrauen in die Ermessensspielräume staatlicher bürokratischer Eliten, um soziale Missstände zu beheben. Von der Linken als wohlwollend, ideologisch neutral und dem Gemeinwohl verpflichtet angesehen, sind diese Eliten manchmal willkürlich, korrupt, inkompetent oder werden von der Öffentlichkeit mit Argwohn betrachtet – ob diese Wahrnehmung nun zutrifft oder nicht. Um die unserer Ansicht nach inhärente Radikalität von Märkten nutzbar zu machen, müssen wir die Macht dezentralisieren und zu kollektivem Handeln anspornen.

Die von uns angestrebten Radikalen Märkte sind institutionelle Abmachungen, die den fundamentalen Prinzipien der Marktaufteilung – freier, durch Wettbewerb regulierter und für alle offener Austausch – ihre uneingeschränkte Entfaltung erlauben. Eine Auktion ist der Radikale Markt par excellence. Weil die Regeln einer Auktion das gegenseitige Überbieten erfordern, landet das zu versteigernde Objekt schließlich in den Händen der Person, die es am meisten will – mit der Einschränkung, dass unterschiedliche Gebote einen unterschiedlichen Vermögensstand und unterschiedlich dringliche Wünsche widerspiegeln können.

Obwohl die meisten Menschen außerhalb des Bereichs von Immobilien, Kunst und Benefizveranstaltungen nicht an Auktionen denken, finden sie gemeinhin im Internet statt, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Im Folgenden werden wir jedoch zeigen, wie ihre Verbreitung in der Gesellschaft insgesamt Rio – und die Welt – retten könnte.

Wir sind der Markt!

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