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Rio zu verkaufen: Ein Gedankenexperiment

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Angenommen, die gesamte Stadt Rio sei ständig zu versteigern. Stellen wir uns vor, jedes Gebäude, jedes Geschäft, jede Fabrik und jedes Hanggrundstück habe einen Marktpreis, und jeder, der einen höheren Preis als den Marktpreis für etwas biete, könne es in Besitz nehmen. Auktionen könnten sich auf verschiedene Arten von beweglichem Vermögen erstrecken wie Autos oder sogar auf das, was normalerweise durch den politischen Prozess bestimmt wird, wie etwa die Emissionsgrenzwerte einer Fabrik. Ein Großteil dieses Buches widmet sich Überlegungen, wie ein solches System funktionieren könnte.

Gehen wir jedoch als Gedankenexperiment zunächst davon aus, dass die Auktionen über Smartphone-Apps stattfinden, die automatisch auf der Grundlage von Voreinstellungen ein Gebot abgeben, sodass die Menschen nicht ständig berechnen müssen, wie viel sie bieten wollen. Gesetze sorgen dafür, dass die offensichtlichsten Arten von Störungen unterbleiben (etwa nach Hause zu kommen und festzustellen, dass die eigene Wohnung einem nicht länger gehört). Es gibt Anreize dafür, Vermögen zu pflegen und zu entwickeln und sicherzustellen, dass auch die Privatsphäre und andere Werte gewahrt bleiben. Alle Einnahmen aus dieser Auktion würden den Bürgern in gleichem Maß als »Sozialdividende« zurückgezahlt oder zur Finanzierung öffentlicher Projekte genutzt, so wie es bei den Einnahmen aus dem Verkauf von Erdöl in Alaska und Norwegen der Fall ist.

Das Leben unter diesen Auktionsbedingungen würde die Gesellschaft und Politik von Rio verändern. Erstens würden die Menschen anders über ihr Eigentum denken. Der krasse Unterschied zwischen dem Besitz eines Hauses und der Einnahme eines Fleckchens Strand würde verschwinden. Privateigentum würde in erheblichem Umfang öffentlich werden, und die Besitztümer von Menschen aus Ihrem Umfeld würden gewissermaßen teilweise zu Ihren werden.

Daneben würden ständige Versteigerungen dem enormen Missbrauch von Land und anderen Ressourcen entgegenwirken. Der Höchstbietende für die schönsten Hanggrundstücke wäre niemals jemand, der klapprige, verfallene Slums plant. Der Höchstbietende für Innenstadtgrundstücke wäre kein Entwickler von kleinen, noblen Eigentumswohnungen, sondern der Bauherr der Wolkenkratzer für die große neue Mittelschicht, die durch Versteigerungen entstände.

Ein drittes Ergebnis wäre das Ende der primären Ursache wirtschaftlicher Ungleichheit. Obwohl man auf den ersten Blick annehmen könnte, dass Auktionen den Reichen den Aufkauf aller Wertgegenstände ermöglichen würden, sollte man einen Augenblick innehalten. Wer ist mit »den Reichen« gemeint? Menschen, die viele Unternehmen, Grundstücke und so weiter besitzen. Doch wenn alles ständig zur Versteigerung gelangte, würde niemand solche Vermögenswerte besitzen. Ihr Nutzen würde allen gleichermaßen zugutekommen. Kapitel 1 beschreibt, wie dies geschehen könnte.

Viertens würde das Auktionssystem von Rio die Korruption eindämmen, indem es Politikern viele wichtige Entscheidungen entzöge und diese in die Hände der Bürger legte. Mit einem verbesserten öffentlichen Leben würde die Kriminalitätsrate sinken, wieder Leben in die Straßen einkehren und der Rückzug in private Gemeinschaften enden. Entgegen dem üblichen Bild der Märkte, die den öffentlichen Raum ersetzen und aushöhlen, würden Radikale Märkte das Vertrauen in das öffentliche Leben stärken. Kapitel 2 erklärt, wie eine Auktion das politische Leben strukturieren könnte.

Wir sind der Markt!

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