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9.

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Als Margret in die Bondegata kam, hatte die Turmuhr der Sofiakirche gerade neun geschlagen. Verner würde gegen elf kommen, aber Margret hatte einiges zu erledigen, bevor er kam, wollte einige Dinge herausfinden.

Waren Lasse Bergmans Verwandte benachrichtigt worden?

Wie lange konnten sie noch in der Wohnung bleiben?

Margret nahm an, dass Verner vielleicht nicht in ein Büro im Polizeigebäude auf Kungsholmen einziehen wollte. Aber irgendwo mussten sie sich aufhalten, wenn sie eine längere Zeit zusammenarbeiten wollten. Konnten sie in der Wohnung bleiben, auch nachdem sie untersucht worden und nicht länger als Tatort abgesperrt war?

Denn Margret betrachtete die Wohnung als einen Tatort, nicht als einen Unfallort. Sie war sich ziemlich sicher, dass es sich um ein Verbrechen handelte, einen Mord.

Aber sie wusste es noch nicht, es war mehr ein Gefühl.

Und dann die Verwandten. Sie wollten vielleicht in die Wohnung, wenn die Polizei ihre Arbeit erledigt hatte, den Nachlass des Toten durchgehen, das Erbe aufteilen.

In diesem Fall würde es unmöglich sein, die Wohnung als Arbeitsplatz für die weiteren Ermittlungen zu benutzen.

Dann blieb nur das Polizeigebäude.

Margret begann zu telefonieren. Zuerst mit dem Hausverwalter. War die Miete bezahlt?

Ja, die Miete wurde vierteljährlich berechnet, sie war bis April bezahlt.

Dann rief sie das Finanzamt an, das Pfarramt, die Personalabteilung von Sveriges Television, den Journalistenverband: Lebten Lars Gunnar Bergmans Eltern noch, hatte er Geschwister, eigene Kinder?

Nein, er war alleinstehend, keine nahen Verwandten, keine Erben.

Danach rief sie die Sanitärfirma an, die die Badezimmer des Hauses überprüft hatte. Einer der Mitarbeiter der Firma hatte Bergman gefunden und die Polizei gerufen. Sie bekam eine Handynummer; der Mann war gerade mit einem Auftrag unterwegs, er hieß Petur Wilhelmsson, was isländisch klang.

Margret bat Petur, der mit schonischem Akzent sprach, zu erzählen, was er gesehen hatte, als er in die Wohnung kam.

»Ich habe sofort gesehen, dass ein toter Mensch auf dem Boden lag«, antwortete Petur. »Ich habe die Polizei angerufen, und sie kamen nur ein paar Minuten später.«

»Wie sah es in der Küche aus?«

»Es lagen Sachen auf dem Boden, es war schon ein ziemliches Durcheinander, aber ich bin in die Diele gegangen und habe dort gewartet, weil ich nicht da drinnen stehen wollte.«

»Wie konntest du wissen, dass der Mann tot war?«

»Er lag völlig regungslos in einer Blutlache und sah tot aus. Ich habe die Polizisten gefragt, und sie bestätigten, dass er tot sei, und dann bin ich in die Wohnung darüber gegangen, um meine Arbeit zu erledigen.«

»Hast du jemanden vor der Wohnung oder auf der Treppe gesehen, als du gekommen bist?«

»Nein, es war niemand dort und niemand auf dem Hof.«

»Okay, ich melde mich, wenn noch was ist. Und du kannst mich ja anrufen, wenn dir was einfällt.«

»Wie ist er gestorben?«

»Wir wissen es noch nicht, wir versuchen es herauszufinden.«

Margret gab Petur aus Schonen ihre Handynummer, und er versprach, darüber nachzudenken, ob er etwas vergessen hatte.

»Kann es Mord sein?«, fragte er.

»Keine Ahnung«, antwortete Margret.

Verner kam um fünf vor elf. Er klopfte an, so wie er es bei seinem ersten Besuch getan hatte, öffnete dann die Tür und ging hinein.

Dieses Mal umarmten sie sich nicht und gaben sich auch keinen Kuss auf die Wange. Jetzt hatten sie angefangen zu arbeiten, sie ermittelten in einem Fall, sie waren Kollegen, Polizisten. Nun ja, Verner war ein ehemaliger Polizist, aber trotzdem. Polizisten küssten sich nicht, nicht im Dienst.

In diesem Moment fühlte es sich richtig an. Sie gaben sich die Hand, lächelten sich an, und sie wussten, dass dies vielleicht der Beginn von etwas Neuem war.

»Was nehmen wir zuerst?«, fragte Margret.

»Die Küche«, schlug Verner vor.

Sie standen in der kleinen Diele, jetzt gingen sie in die Küche, blieben bei dem Blutfleck stehen. Alles lag noch genauso da, nichts war entfernt worden. Die Techniker der Polizei hatten sich vorsichtig bewegt, man sah, wo sie nach Fingerabdrücken gesucht hatten, aber ansonsten war diese unaufgeräumte Küche der Ort, an dem ein älterer Junggeselle seine Feste gefeiert hatte und an dem er gestorben war.

»Vier Personen waren hier«, sagte Margret. »Also laut den Technikern, sie haben Abdrücke von vier Menschen gefunden. Glaubst du, dass Bergman mit ihnen gefeiert hat?«

»Vermutlich.«

»Wir müssen diese Personen finden.«

»Sie wohnen möglicherweise nicht weit von hier entfernt.«

»Das ist eine gute Vermutung.«

»Wir müssen mit den Nachbarn sprechen; sie wissen vielleicht, mit wem Lasse verkehrte.«

»Übrigens, Verner, hast du mit Philipsson über den Vertrag gesprochen?«

»Ich habe ihn heute morgen angerufen, bevor ich hierher fuhr.«

»Ist alles in Ordnung?«

»Ja, wir haben uns geeinigt, ich arbeite drei Monate lang als Berater.«

»Bin ich dann deine Chefin?«

»Ich glaube, ja.«

Sie begannen, alle Wohnungen im Haus abzuklappern. Sieben Mieter waren zu Hause. Drei von ihnen wussten, wer Lasse Bergman war. Eine ältere Dame sagte, dass sie manchmal mit ihm redete.

»Weißt du, ob er mit jemand Bestimmtem verkehrte?«, fragte Margret.

»Manchmal kamen ein paar Männer, ich würde sie sicherlich wiedererkennen.«

»Du weißt nicht, wie sie heißen?«

»Einer heißt Åhman, das weiß ich, denn er hat sich einmal vorgestellt. Aber an den Vornamen erinnere ich mich nicht.«

Das war alles, was sie in Erfahrung brachten. Sie beschlossen, die anderen Mieter am Abend und am nächsten Tag zu befragen. Trotzdem war es ein ganz gutes Ergebnis. Verner schlug das Telefonbuch auf, das bei Lasse in der Diele lag, suchte nach Å, fand dreieinhalb Spalten mit Åhman im Großraum Stockholm, suchte nach Adressen in der Nähe. Er ging davon aus, dass der Gesuchte ein alleinstehender Mann war.

Es dauerte nur wenige Minuten, bis Verner drei Männer namens Åhman angekreuzt hatte, einen Torbjörn, einen Björn und einen Sigvard. Er rief sie an. Torbjörn und Sigvard kannten Lasse nicht, aber Björn tat es.

Er wurde traurig und vielleicht auch ängstlich, als er hörte, was passiert war. Es war lange still am Telefon. Verner wartete eine Weile ab, dann sagte er, dass er Lasse auch gekannt habe.

»Kannst du herkommen?«, fragte Verner.

»Jetzt?«

»Ja, es ist ziemlich wichtig, du kannst uns helfen. Nimm ein Taxi und heb die Quittung auf, wir bezahlen.«

»Ich gehe, das dauert zehn Minuten. So verdammt alt bin ich nun auch wieder nicht.«

Es dauerte eine Viertelstunde, dann klopfte es an der Tür. Margret öffnete. Björn Åhman sah aus, als wäre er gut sechzig, hatte dickes graues Haar, er war sonnengebräunt und sah gesund und rüstig aus.

Margret bat ihn hereinzukommen. Björn Åhman schien zu zögern, machte einen vorsichtigen Schritt, dann noch einen.

»Er ist doch wohl nicht mehr hier?«, fragte er.

»Wenn du Bergman meinst, der ist nicht mehr hier«, antwortete Margret.

Åhman trat in die Küche. Er begrüßte Verner, der so stand, dass er die Blutlache auf dem Boden verdeckte.

»Donnerwetter, was für eine Unordnung«, sagte Åhman.

»So sieht es hier sonst nicht aus.«

»Wann warst du zuletzt hier?«

»Am Montagabend, zusammen mit ein paar anderen.«

»Wer waren sie?«

»Walter und Olle, sie wohnen in der Nähe, sie sind alte Kumpel. Und dann Lasse natürlich. Wir vier haben am Montag einen getrunken.«

»Wann bist du nach Hause gegangen?«

»Gegen Mitternacht, die anderen sind zur gleichen Zeit gegangen.«

»Wie sah es da in der Küche aus?«

»Nicht so verdammt unordentlich jedenfalls.«

»Kannst du zeigen, was du nicht wiedererkennst?«

»Ja, wir haben keine Flaschen und Gläser umgeworfen, es war ein ruhiger und netter Abend.«

»In Ordnung, Björn, das glaube ich dir. Weißt du, ob jemand anders Lasse später in der Nacht besuchen wollte?«

»Nein, zum Teufel, er war müde und wollte ins Bett gehen. Wir waren auch müde. Es war Zeit zu gehen. Es war ein guter Abend. Man hätte nie geglaubt, dass es so verdammt scheußlich enden würde.«

»Ja, es hat schlimm geendet.«

»Woran starb Lasse?«

»Das wissen wir nicht, aber wir werden es herausfinden.«

»Er hatte Halsschmerzen, aber davon stirbt man ja nicht. Es ging ihm gut, soweit ich weiß. Aber klar, es kann einen ja trotzdem erwischen, das Herz oder sowas.«

»Wir melden uns wieder, Björn. Danke für deine Hilfe. Wenn dir noch was einfällt, kannst du ja einen von uns anrufen. Und du kannst uns vielleicht Namen und Adressen der beiden anderen Männer geben, die hier waren.«

Björn Åhman schrieb zwei Namen auf ein Blatt Papier, das Margret ihm reichte. Dann gab sie ihm eine Karte mit ihrer eigenen Nummer und sie gaben sich die Hand und verabschiedeten sich.

»Gibt es eine Beerdigung?«, fragte Björn Åhman.

»Ich rufe dich an, wenn ich es weiß«, entgegnete Verner.

»Das ist gut, denn ich will hingehen. Lasse war mein Kumpel.«

»Ja, meiner auch«, antwortete Verner.

Verner und Margret erreichten Walter Olsson und Olle Magnusson am selben Nachmittag. Sie machten im Großen und Ganzen die gleichen Angaben wie Björn Åhman, und sie waren genauso erschüttert, als sie erfuhren, dass Lasse Bergman tot war. Sie wollten auch auf die Beerdigung gehen.

»Sollen wir ihnen glauben?«, fragte Margret.

»Ja, sie sagen die Wahrheit, da bin ich mir ziemlich sicher«, entgegnete Verner.

»Ich stimme dir zu.«

»Wir machen also weiter. Alle drei sagen, dass es ein ruhiges Fest war. Und niemand im Haus behauptet, dass Lasse gesoffen und Radau gemacht hat. Er trank, aber er konnte sich benehmen. Also hat er entweder auf eigene Faust ein nächtliches Fest gestartet, als die Freunde gegangen waren, oder aber jemand anders kam her und hat die Unordnung in der Küche gemacht.«

»Damit es aussehen sollte wie ein Saufgelage.«

»Gut möglich. Jemand will vielleicht, dass es so aussehen soll, als ob Lasse im Rausch gestürzt sei und sich tödlich verletzt habe. Vielleicht hat ihn jemand umgebracht und dann Unordnung in der Küche gemacht.«

»Wer hat es in dem Fall getan? Wer kann davon profitieren, den alten Lasse zu töten und es dann wie einen Unfall aussehen zu lassen? Er war keine wichtige Person, er hatte nichts von Wert in der Wohnung.«

»Oder er hatte etwas, von dem wir nichts wissen.«

»Genau, Margret, vielleicht sollten wir so denken.«

»In diesem Fall müssen wir die Wohnung noch einmal richtig gründlich durchsuchen und schauen, ob etwas fehlt. Aber das wird schwierig, denn wir wissen ja nicht, was er in seinen Geheimverstecken hatte, nicht wahr?«

»Nein, aber wir fangen einfach an und sehen dann weiter.«

Draußen dämmerte es, vor den Fenstern tropfte es von den Dächern, es war fünf Grad warm in Stockholm.

Bleierne Schatten

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